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Annerose Matz Donath Geburtsname Annerose Groppler 29 August 1923 in Leipzig 27 August 2022 1 war eine deutsche Journalistin und ein Opfer des Stalinismus 2 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Die Spur der roten Sphinx 2 1 Inhalt und Entstehung 2 2 Stimmen zum Buch 3 Werke 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenNach eigener Aussage verbrachte Annerose Matz Donath die meisten Jahre in der Zeit des Nationalsozialismus unpolitisch Sie begann wahrend des Zweiten Weltkriegs ein Studium der Facher Publizistik Geschichte und Germanistik 2 an der Universitat Leipzig 3 1943 wurde sie Mutter einer Tochter Nachdem sie im Sommer 1944 durch Zufall Naheres von den Konzentrationslagern erfahren hatte wurde ihr bewusst dass Deutschland von Verbrechern regiert wurde Sie beschrieb das spater als Erkenntnisschock 2 Nachdem Deutschland 1945 von der nationalsozialistischen Herrschaft befreit war wollte sie am Aufbau eines demokratischen politisch sittlich neuen Deutschlands aktiv mitwirken Die Universitaten waren nach Kriegsende zunachst geschlossen und sie bemuhte sich ohne abgeschlossenes Studium um eine Stelle als Journalistin nachdem sie Praktika bei den Leipziger Neuesten Nachrichten und der DENA absolviert hatte Anfang 1946 bewarb sie sich als Volkskorrespondentin in Halle Saale der damaligen Hauptstadt von Sachsen Anhalt Nach mehreren erfolglosen Bewerbungen konnte sie als Volontarin im Aufbaustab der Liberal Demokratischen Zeitung der LDP Sachsen Anhalt beginnen Praktisch musste sie von Anfang an als vollwertige Redakteurin arbeiten Nach der Ubersiedlung des Chefredakteurs in den Westen wurde sie im Herbst 1947 stellvertretende Chefredakteurin Sie war verantwortlich fur das Ressort Politik 2 Eine ihrer Hauptaufgaben war es die Verbindung zu den Zensuroffizieren von der Sowjetischen Militaradministration zu pflegen obwohl diese vor jeder Zeitungsausgabe diese mehrere Stunden lang in der Redaktion und der Druckerei die Zeitung kontrollierten Dabei fielen schon Formulierungen wie warmer Westwind ihrer Zensur zum Opfer Kritische Stimmen von Parteiversammlungen der LDP oder gar ablehnende Meinungen zu allgemeinen politischen Themen Problemen und Ereignissen wurden komplett zensiert Matz Donath musste feststellen dass die LPD und ihre Zeitung der SED nur als demokratisches Feigenblatt dienten und Pressefreiheit in der SBZ nicht existierte Irgendwann konnte sie es vor sich selbst nicht mehr rechtfertigen offene Lugen zu verbreiten Uber einen Bekannten der im Zweiten Weltkrieg aktiv am Attentat vom 20 Juli 1944 beteiligt war konnte sie Informationen an General Clay uberbringen lassen Dieser sollte sie im Alliierten Kontrollrat gegenuber der sowjetischen Administration verwenden In Halle und der SBZ blieb sie in der Hoffnung auf eine versprochene Deutschlandkonferenz der Alliierten Nach dieser sollte ihrer Meinung nach die Mehrheit der Bevolkerung die in den Wahlen zum Landtag 1946 mehrheitlich nicht die SED sondern CDU und LDP gewahlt hatte eine journalistische Stimme haben Und auch wenn ihr offenes Schreiben unmoglich war hoffte sie zwischen den Zeilen Information und Lebenshilfe bieten zu konnen 2 Ihr Ehemann war seit 1948 im Westen und liess sich spater wahrend sie inhaftiert war scheiden 4 Ihre oppositionelle Haltung gegenuber der SED fiel manchem auf und sie wurde Anfang 1948 bei der Liberal Demokratischen Zeitung entlassen Der Nachfolger machte aus der Zeitung ein reines Hetzblatt im Sinne der SED in dem alle anders Denkenden als westliche Kapitalisten Kriegstreiber und Imperialisten bezeichnet wurden Annerose Matz Donath konnte es beim LDP Parteivorstand erreichen dass sie und der alte Chefredakteur wieder eingestellt wurden und ihre Nachfolger die Zeitung wieder verliessen Wenige Monate spater wurde sie von der sowjetischen Geheimpolizei und der von der SED im Aufbau befindlichen politischen Polizei K5 morgens fruh verhaftet Nach mehreren Monaten mit unmenschlichen Haftbedingungen und Verhoren mit Folter wurde sie am 23 Oktober 1948 wegen Spionagetatigkeit zu 25 Jahren Arbeitserziehungslager verurteilt 2 Inhaftiert war sie zuerst im Gefangnis Halle danach zwischenzeitlich im Speziallager Sachsenhausen bevor sie nach einem weiteren Aufenthalt in Halle im Gefangnis Bautzen eingesperrt wurde Im Sommer 1950 wurde sie ins Frauengefangnis Hoheneck verbracht Nach einem Hungerstreik der dortigen Gefangenen im Oktober 1953 wurde sie mit 52 anderen Frauen als Radelsfuhrerin ins Gefangnis Brandenburg Gorden gebracht von wo sie 1956 wieder nach Halle verlegt wurde 5 Auch nach mehreren Amnestie Terminen im DDR Strafvollzug wie 1953 nach Stalins Tod und 1956 als alle SMT verurteilten Frauen ausser NS Taterinnen entlassen wurden blieb sie weiter eingesperrt Obwohl sich ihre Familie und auch die Bundesregierung im Westteil Deutschlands unablassig um ihre Freilassung bemuhten und sogar Wilhelm Pieck als Staatsprasident der DDR einen Entlassungsvorschlag befurwortet hatte blieb sie sie wegen eines Aktenvermerks der von Erich Mielke zumindest mit verantwortet war bis zum 25 Oktober 1959 inhaftiert Dazu musste sie sich im Gefangnis als Geheime Mitarbeiterin des Staatssicherheitsdienstes verpflichten was sie wenn auch nur zum Schein auch tat Ihre Tochter die sie zuletzt als Dreijahrige sah konnte sie erstmals wiedersehen 2 Sie fluchtete 1959 in den Westen wo sie auch von ihrer erzwungenen Verpflichtung sofort berichtete Dort arbeitete sie fur viele Jahre bei der Deutschen Welle im politischen Programmbereich Zeitweise war sie verantwortlich fur das russische Programm Daneben koordinierte und leitete sie die Arbeitsgemeinschaft Lernt deutsch zur Produktion von Deutschkursen fur das Ausland Beteiligt an der Arbeitsgemeinschaft waren die Deutsche Welle das Goethe Institut das Auswartige Amt und der Deutschlandfunk 2 5 1970 heiratete sie wieder 4 1986 musste sie aufgrund der in der langen Haftzeit entstanden Gesundheitsschaden vorzeitig in den Ruhestand gehen Nachdem sich ihre Gesundheit wieder verbessert hat forscht sie seit 1990 in deutschen und russischen Archiven zum Schicksal verfolgter Frauen in der kommunistischen Diktatur Die Ergebnisse erganzt um 130 Interviews mit Zeitzeuginnen hat sie im Jahr 2000 in dem Buch Die Spur der roten Sphinx veroffentlicht 5 Sie hatte dort auch die soziologischen Daten der Gefangenen aufgeschlusselt was mit den spateren Arbeiten der Historiker Lutz Niethammer und Natalja Jeske erstmals dokumentierte dass nur ein kleiner Teil der Inhaftierten Tater wahrend der NS Zeit waren und selbst diese nur als sogenannte kleine Nazis Die meisten Haftlinge waren willkurlich aufgrund des politischen Artikel 58 des Strafgesetzbuches der RSFSR inhaftiert worden 6 Annerose Matz Donath sieht in der nicht vorhandenen fotografischen Dokumentation der Leiden in den Speziallagern und Gefangnissen der SMAD und spater der DDR einen wichtigen Grund weshalb diese von der Gesellschaft nicht gesehen werden Ihr wird vorgeworfen dass sie damit aussagen will deren Leiden wurden im Vergleich zu denen der KZ Insassen wahrend des Nationalsozialismus nur deshalb weniger registriert 7 Seit 1991 engagiert sie sich in verschiedenen Gruppen ehemaliger Haftlinge und steht als Referentin zur Verfugung Dabei hilft sie auch anderen ehemaligen Gefangenen bei deren Rehabilitationsantragen 4 Am 21 Juni 1993 wurde sie von der Militar Generalstaatsanwaltschaft in Moskau rehabilitiert da man sie schuld und grundlos verhaftet und rechtswidrig aus politischen Grunden verurteilt hatte 5 Zu ihrer Zeit in der SBZ sagte sie spater Geblieben ist nichts als unser teuer bezahltes gutes Gewissen Wir kampften tapfer gegen die gleiche Art der Vergewaltigung von Menschen und Recht wie sie schon in der Nazizeit stattgefunden hatte Und niemand kann uns den Vorwurf machen dass wir ein zweites Mal willig mitgelaufen sind Annerose Matz Donath 2 Die Spur der roten Sphinx BearbeitenInhalt und Entstehung Bearbeiten Schon kurz nach ihrer Freilassung 1960 hatte Annerose Matz Donath erstmals begonnen ein biografisches Buch uber ihr Erleben zu schreiben Damals hatte sie aber keine Chance als unbekannte ehemalige Inhaftierte einen Verlag zu finden Auch war es nach ihrer Erfahrung fast unmoglich gegen den sich spater in der 68er Bewegung zeigenden Zeitgeist anzukommen in dem es nicht opportun war Verbrechen des Kommunismus zu benennen 8 1990 fing sie an die nach dem Niedergang des Kommunismus geoffneten russischen Archive und deutsche Archive zum Schicksal verfolgter Frauen in der SBZ und danach in der DDR zu erforschen Zusatzlich befragte sie 130 Zeitzeuginnen von denen allerdings viele anonym bleiben wollten Ausgedruckt ergaben die Protokolle ihrer Interviews 10 000 Seiten 8 Authentisch schildert das Buch sowohl die Inhaftierung Tausender Frauen die von der SMAD im ehemaligen KZ Sachsenhausen meist ohne Gerichtsurteil eingesperrt wurden als auch von den wahrend der Prasidentschaft von Walter Ulbricht 1 300 unschuldig verurteilten Frauen im Gefangnis Hoheneck Eingegangen wird auch auf die uber 1000 dort geborenen Kinder welche ihren Muttern nach der Geburt entrissen wurden Ebenso beschreibt das Buch Schicksale von ungefahr 1000 Kindern ab neun Jahren die im Speziallager Nr 2 Buchenwald inhaftiert waren Ein Teil des Werks widmet sich dem Schicksal von uber 10 000 unschuldig inhaftierten Jugendlichen von denen laut sowjetischen Akten fast 3500 die Lagerhaft nicht uberlebten Geschildert wird dass es zwar keine geplanten Massenmorde in den Lagern gab die Lagerbedingungen kurz nach dem Krieg mit Hunger Entkraftungen sowie unbehandelten Krankheiten und Seuchen aber Lebensbedingungen als perfekte Sterbehilfe organisierten Das Buch geht auch auf die nicht gewahrte Hilfe und Haftentschadigung fur viele der vorher unschuldig Eingesperrten durch die Bundesrepublik Deutschland ein 9 Der Druck des Buches wurde von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur gefordert 10 Der Titel des Buchs nimmt Bezug auf ein Sphinx Standbild in Sankt Petersburg fur Opfer des Terrors unter Lenin und Stalin 8 Stimmen zum Buch Bearbeiten Wolfgang Thierse schrieb als damaliger Bundestagsprasident dass ihn das Buch zutiefst erschuttert habe Es gebe den damals entstandenen Leiden ein Gesicht Ein besonderes Verdienst von Matz Donath sei es dass keine Verbitterung bleibt und Versohnliches Platz greift 11 Die Mitteldeutsche Zeitung nannte das Buch ein wichtiges farbiges Nachkriegsdokument das sich spannend bis zum Schluss lesen lasse 11 Sabine Frohlich schrieb in ihrer Rezension des Buches in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das es keinen Grund gebe an dem im Buch geschilderten Unrecht der befragten Frauen zu zweifeln Sie vermisst in dem Buch die sachliche Auseinandersetzung und sprachliche Distanz Fur Frohlich relativiert das Buch die Verbrechen des Kommunismus zu denen des Nationalsozialismus Sie findet schon den Vergleich an sich fragwurdig und die gegenseitige Aufrechnung durch nichts zu rechtfertigen 10 Werke BearbeitenDeutsche Frauen vor sowjetischen Militartribunalen die Spur der roten Sphinx Lindenbaum Verlag Beltheim 2014 ISBN 978 3 938176 53 5 Die Spur der Roten Sphinx deutsche Frauen vor sowjetischen Militartribunalen Bublies Schnellbach 2000 ISBN 3 926584 11 4 Kampferinnen und Opfer Politisch verfolgte Frauen in der sowjetischen Besatzungszone In Brigitte Kaff Gefahrliche politische Gegner Widerstand und Verfolgung in der sowjetischen Zone DDR Dusseldorf 1995 S 45 105 4 Die Frau in der Werbung Eine Dokumentation der Preisverleihungen Schwarze Schwanzfeder Goldenes Ei Schriftenreihe der Aktion Klartext e V Nr 6 Baden Baden 1984 12 Literatur BearbeitenAchim Baatzsch Die Lizenzierungsgeschichte der Liberal Demokratischen Zeitung in Halle an der Saale Grin Verlag Munchen 1997 ISBN 978 3 638 70640 7 S 55 ff Weblinks BearbeitenKurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Annerose Matz Donath bei Perlentaucher Interview mit Annerose Matz Donath Annerose Matz Donath bei der GedenkbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Landesbeauftragte erinnert an Annerose Matz Donath Der Sachsische Landtag Abgerufen am 12 April 2023 a b c d e f g h i Ulrich Schacht Annerose Matz Donath In Karl Wilhelm Fricke Hrsg Opposition und Widerstand in der DDR C H Beck Munchen 2002 ISBN 978 3 406 47619 8 S 282 288 Studentischer Widerstand und politische Opposition auf den Archivseiten der Universitat Leipzig Memento des Originals vom 16 Dezember 2014 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www archiv uni leipzig de abgerufen am 15 Juni 2015 a b c d Eva Ochs Heute kann ich das ja sagen Lagererfahrungen von Insassen sowjetischer Speziallager in der SBZ DDR Bohlau Verlag Koln Wien 2006 ISBN 9783412010065 S 183 184 a b c d Annerose Matz Donath auf der Website der Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Kommunismus Ernst Zander Jugend hinter Stacheldraht und danach Bautzen Buchenwald Jamlitz Ketschendorf Muhlberg Sachsenhausen Waldheim Rainer Hampp Verlag Munchen 2010 S 170 171 Bettina Greiner Speziallager Was fur Speziallager S 110 online als pdf Memento vom 3 Juli 2015 im Internet Archive a b c Interview von Jorg Fischer mit Annerose Matz Donath Preussische Allgemeine Zeitung Die unbekannte Seite der Medaille 17 Marz 2001 a b Frankfurter Allgemeine Zeitung In Kellerverliesen gequalt 21 November 2000 a b Die Spur der roten Sphinx auf der Website des Bublies Verlag DNB 968049559 Normdaten Person GND 1061048438 lobid OGND AKS LCCN nr00037427 VIAF 59958504 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Matz Donath AnneroseALTERNATIVNAMEN Groppler Annerose Geburtsname KURZBESCHREIBUNG deutsche Journalistin Opfer des StalinismusGEBURTSDATUM 29 August 1923GEBURTSORT LeipzigSTERBEDATUM 27 August 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Annerose Matz Donath amp oldid 233363930