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Die Anastasiusmauer oder Lange Mauer ist eine nach dem ostromischen Kaiser Anastasios I 491 518 benannte Sperrmauer zum Schutz der Hauptstadt Konstantinopel Sie erstreckte sich vom Marmarameer bis zum Schwarzen Meer AnastasiusmauerAlternativname a Lange Mauer b Anastaseio Teixos c Anastasius Suru d Makra Teixh ths 8rakhs e Uzun DuvarLimes ThrakienDatierung Belegung 5 bis 7 Jahrhundert n ChrTyp Sperrmaueranlage der Spatantike mit Turmen Kleinkastellen und GrabenEinheit Ostromische ArmeeGrosse Lange 56 km Breite circa 3 30 m Hohe 4 mBauweise SteinbauweiseErhaltungszustand Mauer im Nordsektor oberirdisch noch in grossen Teilen sichtbar Ort Evcik Iskelesi SilivriGeographische Lage 41 26 50 N 28 22 43 O 41 447222222222 28 378611111111 Koordinaten 41 26 50 N 28 22 43 O hfAnschliessend Theodosianische MauerMunzbild des AnastasiosVerlauf der AnastasiusmauerInnenseite der Anastasiusmauer bei KaracakoyDie Sperrmauer stellt eine der grossten Verteidigungsanlagen der romischen Antike in Europa dar und ist in ihren Dimensionen mit dem Hadrianswall vergleichbar Von ihr hat sich bis heute etwas weniger als die Halfte ihrer Bausubstanz erhalten Besonders in den dicht bewaldeten Regionen des nordlichen Sektors ist sie noch in einem verhaltnismassig guten Zustand Teilweise erreicht sie dort noch eine Hohe von bis zu vier Metern Vom sudlichen Sektor sind heute kaum noch Reste zu sehen 1 Neben der Mauer selbst sind noch vereinzelt Graben Tore und Festungen erhalten geblieben In den antiken Quellen wird sie als Lange Mauer griech ta makra teiche oder auch Langer Wall des Anastasios griech to makron teichos to legomenon Anastasiakon bezeichnet In der Neuzeit bedrohten immer wieder Strassenbauarbeiten die Anlage Von 1994 bis 2000 wurde die Anastasiusmauer im Rahmen eines britischen Forschungsprojektes unter Leitung von James Crow University of Newcastle upon Tyne umfassend erforscht Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Funktion 3 Datierung 4 Entwicklung 5 Gesamtanlage 6 Anmerkungen 7 Literatur 8 WeblinksLage BearbeitenDie Mauer befindet sich etwa 65 Kilometer westlich des heutigen Istanbul und riegelte die Halbinsel an deren Ostspitze sich die Stadt befindet ab Sie verlauft in Nord Sud Richtung von der Ortschaft Evcik Iskelesi am Schwarzen Meer bis zum Marmarameer an dessen Kuste sie etwa sechs Kilometer westlich von Silivri endet Funktion BearbeitenDie Mauer diente laut Johannes Malalas zur Sicherung der Hauptstadt sowie der Provinz Europa vor Einfallen der Hunnen Awaren Slawen und Protobulgaren aus dem Westen nicht aber wie man lange irrtumlich vermutete auch der Hauptwasserleitung von Konstantinopel 2 Die Aquadukte verlaufen zu weit westlich als dass die Mauer einen wirksamen Schutz hatte bieten konnen 3 Die Anastasiusmauer war als eine vorgelagerte Verteidigungslinie der ostromischen Hauptstadt und der westlich von ihr gelegenen Stadte Rhegion und Selymbria Silivri konzipiert Sie stand auch fur eine neue Verteidigungsstrategie des Ostromischen Reiches denn die Zeiten der offensiven Vorwartsverteidigung waren voruber und auch der Limes an der Donaugrenze bot keinen Schutz mehr Ostrom blieb nur die Wahl sich einzuigeln Defensive und Bewahrung der noch vorhandenen Provinzen hatten nun oberste Prioritat Von Edward Gibbon wurden die Grenzmauern deswegen auch als last frontier bezeichnet Datierung BearbeitenIn dem in diesem Zusammenhang nicht sehr zuverlassigen Chronicon Paschale Osterchronik von 629 wird als Grundungsdatum der Mauer das Jahr 507 angegeben Vermutlich entstanden aber erste Sperrwerke schon um 469 oder 478 in den Regierungszeiten der Kaiser Leo I 457 474 und Zenon 476 491 Zwischen 490 und 500 fielen die Protobulgaren wiederholt in Thrakien ein Nach 502 ebbten diese Uberfalle wieder ab Anastasius liess vermutlich die Sperrmauer in diesen Jahren vollstandig ausbauen und spater noch weiter verstarken In den dafur massgeblichen Quellen wird er mehrfach als eigentlicher Auftraggeber dieses Bauwerkes erwahnt 4 In der Vita des Saulenheiligen Daniel aus der Zeit des Kaiser Leo I und in einem Fragment des Geschichtswerkes des Historikers Malchos aus dem spaten 5 Jahrhundert ist ebenfalls von einer Langen Mauer die Rede In der Antike existierten allerdings schon weit fruher mehrere derartige Bauwerke wie beispielsweise die beruhmten Sperrmauern der Hafenanlagen von Athen in Piraus und Phaleron Die Halbinsel Gallipoli war durch eine schon im spaten 6 Jahrhundert v Chr unter Miltiades dem Alteren angelegte Sperrmauer zum Landesinneren hin geschutzt den sogenannten Chersones Wall An der nordlichen Sektion der Stadtmauer der Hafenstadt Salmydessos fand man archaologische Hinweise auf eine Verbindung der Stadtbefestigungen und des Chersones Walles mit der Anastasiusmauer 5 Vermutlich beziehen sich die Erwahnungen in der Daniels Vita und bei Malchos auf dieses Bauwerk 6 Konstantinopel wurde im 5 Jahrhundert mehrmals angegriffen und belagert vorgelagerte Mauern werden aber in den zeitgenossischen Quellen mit keinem Wort erwahnt Anders verhalt es sich um 500 als die Mauer des Anastasius in den Schilderungen der Chronisten immer wieder eine tragende Rolle spielt 7 Bei archaologischen Untersuchungen konnte eindeutig nachgewiesen werden dass diese Mauer aus der Zeit des Anastasios stammt Da der Kaiser gemass einer Aussage in der Geheimgeschichte des Prokopios von Caesarea bei seinem Tode einen Staatsschatz von 320 000 Pfund Gold hinterliess wirtschaftete er bei der Errichtung der Verteidigungsanlage ausserst massvoll Entwicklung BearbeitenDer Mauerbau war nicht die einzige Massnahme die Anastasios zum Schutz der NW Flanke des Reiches in Angriff nahm Der Kaiser versuchte auf diese Weise vor allem die Kerngebiete Ostroms zu schutzen Er loste die Diozese Thrakien auf und unterstellte das Gebiet zwischen der Mauer und Konstantinopel zwei vicarii Beamten der Ziviladministration die dem Praefectus praetorio Orientis unterstellt waren Fur die militarischen Belange war ein magister militum praesentalis der hochste Militarbefehlshaber des Reiches zustandig Die Verteilung der Aufsicht auf die beiden vicarii konnte sich aber auf Dauer nicht bewahren da Justinian 535 das Amt eines praetor Iustinianus in Thracia einrichtete die Diozese Thracia wiederherstellte und die Region als neue Provinz Europa verwalten liess Zusatzlich wurden einige Kastelle und Stadte an der Schwarzmeerkuste Scythia und der unteren Donau wieder aufgebaut bzw verstarkt was der zeitgenossische Geschichtsschreiber Prokopios in seinem Werke Die Bauten erwahnt 8 Derartige militarische Baumassnahmen wurden teilweise schon unter Anastasios eingeleitet Aufgrund ihrer aussergewohnlichen Lange war es laut Prokopios sehr schwierig die Anastasiusmauer ausreichend zu bemannen Deswegen lobt er Kaiser Justinian in seinem Werke dafur dass er die Wachmannschaften verstarkt habe 9 Den Protobulgaren und Kutriguren gelang es 540 bzw 558 559 dennoch sie ohne grosse Muhe zu uberwinden da das Reich unter einem chronischen Mangel an ausgebildeten Soldaten litt und auch das Erdbeben von 557 schwere Schaden angerichtet hatte Trotz der anscheinend grossen Eile bei ihrer Errichtung kann die Bauausfuhrung den fur spatantike Befestigungen ublichen Qualitatsstandard durchaus erreichen wie die aus regelmassigen Quadern gefertigte Innenseite zeigt 558 war es dem strategischen Geschick des Feldherren Belisar zu verdanken dass dem Kaiser eine katastrophale Niederlage erspart blieb Justinian begab sich daraufhin personlich nach Selymbria um den Wiederaufbau der Langen Mauern selbst zu beaufsichtigen Dies ist ein Indiz dafur dass diese fur ihn eine grosse Bedeutung besass da der Kaiser ansonsten nur selten seine Hauptstadt verliess 10 Von 577 bis 619 konnten wiederholt Angriffe der Awaren und Slawen auf die Mauer abgewehrt werden Im Jahr 626 wurde sie aber dann doch von den Awaren uberrannt da sich fast das gesamte ostromische Heer unter Kaiser Herakleios auf einem Feldzug gegen die Perser befand Die Awaren belagerten daraufhin zwar Konstantinopel doch konnten sie letztlich unter Aufbietung aller verfugbaren Krafte zuruckgeschlagen werden Auch wenn die Anastasiusmauer in den Quellen immer wieder erwahnt wird und anscheinend auch weiter instand gehalten wurde scheint sie in spaterer Zeit bei der Verteidigung der Hauptstadt keine grosse Rolle mehr gespielt zu haben Im 7 Jahrhundert wurde sie endgultig aufgegeben da sie sich insgesamt als zu wenig effektiv erwiesen hatte und aufgrund der immer knapper werdenden Ressourcen des Reiches kein Bewachungspersonal und keine Mittel fur die Erhaltung mehr aufgebracht werden konnten Die Mauer wurde uber die Jahrhunderte von der umliegenden Bevolkerung als Steinbruch benutzt was ihren Verfall erheblich beschleunigte Gesamtanlage BearbeitenDie etwa 3 30 m breite und funf Meter hohe Mauer erstreckte sich nach ihrer Fertigstellung uber eine Lange von rund 56 Kilometern Laut Prokopios benotigte man zwei Tage um von einem Ende zum anderen zu gelangen Auf ihrer Oberseite befand sich ein durchgehender Wehrgang der beiderseits mit Zinnen als Brustwehr ausgestattet war Vor der Mauer wurde feindseitig ein Graben als Annaherungshindernis angelegt Zusatzlich wurde sie mit zahlreichen Turmen unterschiedlicher Grosse verstarkt die zu Beobachtungs und Signalzwecken dienten Wie bei der alteren Stadtmauer von Konstantinopel hatten diese entweder einen rechteckigen oder funfeckigen Grundriss und ebenso wie dort war die Mauer selbst anscheinend aus regelmassig aufgebauten Lagen von Ziegeln und Steinen errichtet Die etwas grosseren funfeckigen Turme standen an besonders exponierten Stellen oder an Punkten an denen der Mauerverlauf einen Richtungswechsel vornahm zwischen ihnen waren die etwas kleineren quadratischen Turme positioniert Bei der Ortschaft Cilingir Tepe betragt der Abstand zwischen ihnen nur etwa 45 m bei Dervis Kapi etwa auf der Halfte der Gesamtlange hingegen schon 120 160 m 5 Im durch die Via Egnatia verkehrsmassig gut erschlossenen Suden standen sie also dichter beieinander als im Norden 1 Vermutlich gelangte man ausschliesslich durch Treppenaufgange in den Turmen auf den Wehrgang der Mauer Der Hauptdurchgang nordlich des Dervis Kapi wurde durch Kleinfestungen gesichert turk bedesten Steinbau namlich durch eine kleinere Kucuk Bedesten und eine grossere Buyuk Bedesten mit Wehrgraben nahe dieser Festung wurde ein weiterer sechseckiger Turm nachgewiesen Die Kleinkastelle standen in einem Abstand von 3 5 km voneinander und beherbergten die Wachmannschaften Im zentralen Sektor der Mauer befand sich zusatzlich ein 250 300 m grosses Kastell Kastron Nordlich von Buyuk Bedesten liegt auf dem Hugel von Kuskaya Tepe 378 m der hochste Punkt des Mauerverlaufs von wo aus bei gunstigem Wetter die Sicht bis an die Kuste des Schwarzen Meeres im Norden und an das Marmarameer im Suden reicht Wie viele Soldaten zur Bewachung der Mauer abgestellt waren ist unbekannt Wahrscheinlich wurden grossere Truppeneinheiten nur im Krisenfall an den Wall verlegt Hierauf weist eine Episode im Oktober 610 hin als Kaiser Phokas einen seiner Kommandeure beauftragte die Mauer gegen den Vormarsch seines Rivalen Herakleios zu verteidigen Im Nordabschnitt der Anastasiusmauer sind heute noch ansehnliche Reste mit einer Hohe von rund vier Metern entlang einer Strasse zu sehen die vom Ort Karacakoy bis hin zum Schwarzen Meer fuhrt wo die Mauer auf einem Hugel beim Dorf Evcik Iskalesi endet Die sehr regelmassig errichtete Innenseite der Mauer besteht aus Lagen von Quadern die aus dem dichten Buschbewuchs hervortreten im Inneren der Zweischalenmauer befindet sich ein Gemenge aus vermortelten Bruchsteinen In dieser Gegend sind nicht nur kleinere Tore sondern auch Turme auszumachen von denen ein viereckiges Exemplar auf dem Hugel von Hisar Tepe kurz vor dem eigentlichen Mauerabschluss an der Kuste stand Anmerkungen Bearbeiten a b Meier 2009 S 142 Malalas 421 S S 86 87 Thurn Ivanov von Bulow 2008 S 74 76 Meier 2009 S 146 Meier 2009 S 143 a b Ivanov von Bulow 2008 S 76 Croke 1982 S 62 68 Since the wall across the Chersonese was known in the fifth an sixth centurie as the Long Wall and since the references to a Long Wall in Malchus and the Life of Daniel cannot be shown to exclude this wall on grounds of topography or context there is the strong lkehood that the wall refered to in both is actually that across the Chersonese Meier 2009 S 145 Meier 2009 S 147 Vgl hierzu auch Crow 1995 S 117 Meier 2009 S 143Literatur BearbeitenCarl Schuchhardt Die Anastasius Mauer bei Constantinopel und die Dobrudcha Walle In Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen Archaologischen Instituts 16 1901 S 107 127 Brian Croke The Date of the Anastasian Long Wall in Thrace In Greek Roman and Byzantine Studies 20 1982 S 59 78 James Crow The Long Walls of Thrace In Cyril Mango u a Hrsg Constantinople and its Hinterland Papers from the Twenty seventh Spring Symposium on Byzantine Studies Oxford April 1993 Variorum Aldershot 1995 ISBN 0 86078 487 8 S 109 124 James Crow Alessandra Ricci Investigating the Hinterland of Constantinople Interim Report on the Anastasian Long Wall In Journal of Roman Archaeology 10 1997 S 253 288 James Crow Der Anastasische Wall Die letzte Grenze In Gerhild Klose Annete Nunnerich Asmus Hrsg Grenzen des Romischen Imperiums Zabern Mainz 2006 ISBN 978 3 8053 3429 7 S 181 187 James Crow The Anastasian Wall and the Lower Danube Frontier Before Justinian in Lyudmil Vagalinski Hrsg The Lower Danube in Antiquity Bulgarian Academy of Sciences National Institute of Archaeology and Museum Sofia 2007 S 397 410 Rumen Ivanov Gerda von Bulow Thracia Eine romische Provinz auf der Balkanhalbinsel Zaberns Bildbande zur Archaologie Orbis Provinciarum Zabern Mainz 2008 ISBN 978 3 8053 2974 3 S 74 76 Mischa Meier Anastasios I Die Entstehung des Byzantinischen Reiches Verlag Klett Cotta Stuttgart 2009 ISBN 978 3 608 94377 1 S 141 148 Weblinks BearbeitenAnastasian Wall research project of the University of Newcastle upon Tyne Turkische Website mit Abbildungen der Mauerreste Memento vom 19 Januar 2012 im Internet Archive Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Anastasiusmauer amp oldid 235493196