www.wikidata.de-de.nina.az
Altmediterrane Sprachen oder mediterrane Altsprachen nennt man Sprachen die rings um das Mittelmeer fast ausschliesslich in der ur bzw fruhgeschichtlichen Zeit der jeweiligen Region gesprochen wurden Dies umfasst einerseits die Sprachsituation vor der Dominanz des Griechischen des Latein und des Arabischen in den entsprechenden Kolonien und Herrschaftsgebieten andererseits fur den nordlichen Bereich die alteuropaischen Sprachen vor der Ausbreitung des Indogermanischen Eine linguistische Klassifikation dieser Sprachen ist damit nicht impliziert weder als Sprachverwandtschaft untereinander noch als Abgrenzung zu anderen Die einzigen heute noch aktiv gebrauchten Sprachen dieser Gruppe sind das Baskische und einige Berbersprachen Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Geschichte 3 Ubersicht uber die Altmediterranen Sprachen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenFast alle altmediterranen Sprachen verschwanden in der Antike Einige der Sprachgruppen zahlten zu den vor indogermanischen Sprachen Sie waren schon vor dem Eintreffen indoeuropaisch sprechender Bevolkerungsgruppen im Mittelmeerraum ansassig Ein Teil gehorte wie etwa das Phonizische oder das Ugaritische zu den semitischen Sprachen nbsp Verbreitung der phonizischen Sprache Beispiel fur eine semitische Sprache in der Gruppe der altmediterranen Sprachen hier als gelbe Kontur dargestelltVon einigen Sprachen gibt es schriftliche Uberlieferungen von anderen wiederum etliche Berichte in romischen und griechischen Quellen 1 Die Forschung der historischen Linguistik konnte einige Worte aus gegebene Ortsnamen und Substratworter rekonstruieren Geschichte BearbeitenNach Auffassung des Sprachwissenschaftlers Harald Haarmann gehen diese Sprachen auf die altsteinzeitlichen Bevolkerungen Europas zuruck was auch durch humangenetische Untersuchungen belegt wurde So haben diese Bevolkerungsgruppen eine hohe Frequenz der Blutgruppe 0 und des negativen Rhesusfaktors Dies sind Merkmale die auch noch auf die heutige baskische Bevolkerung zutreffen nbsp Verbreitung der Haplogruppe R1b Y DNA in der rezenten ansassigen Bevolkerung Westeuropas 2 Daruber hinaus lasst sich eine bestimmte Haplogruppe des Y Chromosoms so die Haplogruppe R1b Y DNA in ihrer grossten Verbreitung in der rezenten Bevolkerung Westeuropas finden und zwar im Suden von England mit etwa 70 im nordlichen und westlichen England Wales Schottland Irland mit bis zu uber 90 in Spanien mit 70 in Frankreich mit 60 3 In Portugal sind es uber 50 4 Bei den Basken sind es 88 1 Letzterer Wert suggeriert dass schon die verschiedenen alteuropaischen Stamme die vor der Ankunft der Kelten in Westeuropa lebten Trager von R1b waren 5 Die europaischen Varianten deuten auf einen Grundereffekt hin 6 In Europa sind mehrere Ereignisse einer Genkonversion aufgetreten 7 Es existieren nur wenige Schriftdokumente der altmediterranen Sprachen Deshalb konnen sie nur unzureichend rekonstruiert werden und es ist unbekannt ob sie einer oder mehreren Sprachfamilien angehorten Die Verwandtschaft einiger dieser Sprachen untereinander wie etwa des Baskischen mit dem Iberischen wurde und wird in der Wissenschaft diskutiert hat sich aber nicht als Lehrmeinung durchsetzen konnen Die altmediterranen Sprachen wurden durch die Einwanderung von Indoeuropaern seit etwa 4400 v Chr in die Balkanregion und den Mittelmeerraum immer weiter zuruckgedrangt Aber noch zur Zeitenwende gab es rund um das Mittelmeer zahlreiche altmediterrane Sprachinseln Fast alle dieser Sprachen erloschen in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung als die einfache Bevolkerung des Mittelmeerraumes ihre eigenen Sprachen nach der romischen Eroberung zugunsten des Lateins oder des Vulgarlateins und spater der sich daraus entwickelnden romanischen Sprachen aufgaben Nur das Baskische Vaskonische Hypothese wird bis heute von etwas weniger als einer Million Menschen gesprochen Diese Rekonstruktion setzt die Richtigkeit der Kurgan Hypothese voraus die in der Sprachwissenschaft eine grosse Akzeptanz erfahrt wahrend in der Archaologie auch andere Hypothesen zum Ursprung der Indoeuropaer wie die Anatolien Hypothese vertreten werden Ubersicht uber die Altmediterranen Sprachen BearbeitenTartessisch Sudspanien Schriftzeugnisse aus der Periode zwischen dem 7 Jahrhundert v Chr bis um 200 v Chr Iberisch Ostspanien schriftliche Uberlieferung 5 bis zum 1 Jahrhundert v Chr Aquitanisch Nordspanien Sudwestfrankreich schriftlos untergegangen wahrend der Spatantike naher Verwandter oder Vorstufe des Baskischen Baskisch Baskenland Nordspanien Sudwestfrankreich wird bis heute gesprochen Ligurisch Nordwestitalien Sudostfrankreich schriftlos untergegangen wahrend der Spatantike Palaosardisch Sardinien schriftlos untergegangen wahrend der Spatantike Camunisch sudliche Alpenregion Inschriften aus dem 1 Jahrhundert v Chr Nordpikenisch Provinz Pesaro und Urbino Inschriften aus dem 6 Jahrhundert v Chr Ratisch sudliche Alpenregion Inschriften ca 500 bis 15 v Chr Etruskisch Toskana Schriftzeugnisse 7 1 Jahrhundert v Chr Sikanisch unsicher zentrales und sudwestliches Sizilien nur sehr fragmentarisch uberliefert untergegangen wahrend der Antike Lemnisch Lemnos Schriftzeugnisse aus dem 6 Jahrhundert v Chr Minoisch jungeres Stadium Eteokretisch Kreta Schriftzeugnisse in Linear A von der Mitte des 3 Jahrtausends v Chr bis ins 12 Jahrhundert v Chr in Hieroglyphenschrift von ca 2000 v Chr bis ins 16 Jahrhundert v Chr Kypro Minoisch jungeres Stadium Eteokyprisch Zypern Schriftzeugnisse in Kypro Minoischer Schrift und Levanto Minoisch von ca 1500 bis ins 12 Jahrhundert v Chr Inschriften in Kyprisch Syllabisch 11 3 Jahrhundert v Chr Philistisch palastinische Kuste nur wenige potenzielle Schriftzeugnisse Hattisch Zentralanatolien keine eigene Schrifttradition aber in hethitischen Texten finden sich Einsprengsel in hattischer Sprache im 15 Jahrhundert v Chr untergegangen Hurritisch nordliches Mesopotamien Schrifttum 2230 ca 1200 v Chr um 1000 v Chr untergegangen Urartaisch ostliches Anatolien und sudliche Kaukasusregion Schriftzeugnisse ca 850 v Chr ca 600 v Chr noch vor der Zeitenwende untergegangen Hurritisch und Urartaisch sind miteinander verwandt und bilden die hurro urartaische Sprachfamilie Des Weiteren wird eine Verwandtschaft zwischen Ratisch Etruskisch und Lemnisch vermutet siehe Tyrsenische Sprachen Nicht berucksichtigt werden in dieser Liste semitische wie zum Beispiel die akkadische Sprache verschiedene kanaanaische Sprachen oder die aramaischen Sprachen und andere afro asiatische Sprachen des Mittelmeerraumes in der Antike Siehe auch BearbeitenAgaische Sprachen Altorientalische Sprachen Isolierte Sprachen Vorindogermanisches SubstratLiteratur BearbeitenHarald Haarmann Weltgeschichte der Sprachen Von der Fruhzeit des Menschen bis zur Gegenwart Band 1703 Becksche Reihe Munchen 2010 ISBN 3 406 55120 3 Harald Haarmann Lexikon der untergegangenen Sprachen Beck Munchen 2004 ISBN 3 406 47596 5 Kausen Ernst Die Sprachfamilien der Welt Teil 1 Europa und Asien Buske Hamburg 2013 ISBN 978 3 87548 655 1 Kapitel 6 Uwe Hinrichs Hrsg Handbuch der Eurolinguistik Bd 20 Slavistische Studienbucher Otto Harrassowitz Verlag Wiesbaden 2010 ISBN 3 4470 5928 1 Einzelnachweise Bearbeiten Harald Haarmann Lexikon der untergegangenen Sprachen Beck Munchen 2004 ISBN 3 406 47596 5 S 36 37 Dieter H Steinbauer Vaskonisch Ursprache Europas In Gunter Hauska Hrsg Gene Sprachen und ihre Evolution Wie verwandt sind die Menschen wie verwandt sind ihre Sprachen Universitatsverlag Regensburg 2005 ISBN 3 930480 46 8 Ornella Semino A Silvana Santachiara Benerecetti Francesco Falaschi L Luca Cavalli Sforza Peter A Underhill Ethiopians and Khoisan Share the Deepest Clades of the Human Y Chromosome Phylogeny In The American Journal of Human Genetics Band 70 Heft 1 Januar 2002 S 265 268 R Goncalves A Freitas M Branco A Rosa A T Fernandes L A Zhivotovsky P A Underhill T Kivisild A Brehm Y chromosome lineages from Portugal Madeira and Acores record elements of Sephardim and Berber ancestry In Annals of Human Genetics Band 69 Heft 4 Juli 2005 ISSN 0003 4800 S 443 454 doi 10 1111 j 1529 8817 2005 00161 x PMID 15996172 K L Young G Sun R Deka M H Crawford Paternal genetic history of the Basque population of Spain In Human biology Band 83 Nummer 4 August 2011 ISSN 1534 6617 S 455 475 doi 10 3378 027 083 0402 PMID 21846204 N M Myres S Rootsi A A Lin M Jarve R J King I Kutuev V M Cabrera E K Khusnutdinova A Pshenichnov B Yunusbayev O Balanovsky E Balanovska P Rudan M Baldovic R J Herrera J Chiaroni J Di Cristofaro R Villems T Kivisild P A Underhill A major Y chromosome haplogroup R1b Holocene era founder effect in Central and Western Europe In European journal of human genetics EJHG Band 19 Nummer 1 Januar 2011 ISSN 1476 5438 S 95 101 doi 10 1038 ejhg 2010 146 PMID 20736979 PMC 3039512 freier Volltext S M Adams T E King E Bosch M A Jobling The case of the unreliable SNP recurrent back mutation of Y chromosomal marker P25 through gene conversion In Forensic science international Band 159 Nummer 1 Mai 2006 ISSN 0379 0738 S 14 20 doi 10 1016 j forsciint 2005 06 003 PMID 16026953 Normdaten Sachbegriff GND 4252182 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Altmediterrane Sprachen amp oldid 237022302