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Acetonperoxid oder APEX ist ein hochexplosiver Stoff mit der Schlagempfindlichkeit eines Initialsprengstoffs Es kommt in den Formen di tri und tetrameres cyclisches Acetonperoxid vor die unter unterschiedlichen Bedingungen z B in Abhangigkeit vom benutzten Katalysator in verschiedenen Anteilen entstehen Nach seiner hauptsachlich vorkommenden trimeren Form ist es auch unter dem Namen Triacetontriperoxid oder kurz TATP bekannt Das nur in Losung bestandige Dimethyldioxiran kann als das monomere Acetonperoxid angesehen werden StrukturformelDas Dimer oben und das Trimer TATP unten AllgemeinesName AcetonperoxidAndere Namen trimeres Acetonperoxid dimeres Acetonperoxid Triacetontriperoxid TATP Tricycloacetonperoxid TCAP IUPAC 3 3 6 6 Tetramethyl 1 2 4 5 tetraoxan Dimer IUPAC 3 3 6 6 9 9 Hexamethyl 1 2 4 5 7 8 hexaoxonan Trimer 3 3 6 6 9 9 Hexamethyl 1 2 4 5 7 8 hexaoxacyclononan Acetonperoxyd APEX Summenformel C6H12O4 Dimer C9H18O6 Trimer Kurzbeschreibung farblose monokline Kristalle mit wurzigem Geruch 1 Externe Identifikatoren DatenbankenCAS Nummer 1336 17 0 unspez 1073 91 2 Dimer 17088 37 8 Trimer PubChem 15908632Wikidata Q329022EigenschaftenMolare Masse 222 24 g mol 1 Trimer Aggregatzustand festDichte 1 22 g cm 3 1 Schmelzpunkt 91 C Trimer 2 3 Dampfdruck 6 46 Pa 30 C Trimer 3 45 53 Pa 50 C Trimer 3 Loslichkeit nahezu unloslich in Wasser schwerloslich in Ethanol Isopropanol Glycerin und Eisessig 1 loslich in Aceton Ether Ethylacetat Hexan und Benzol 1 SicherheitshinweiseGHS Gefahrstoffkennzeichnungkeine Einstufung verfugbar 4 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Acetonperoxid ist wie die meisten anderen organischen Peroxide und im Unterschied zu weniger gefahrlichen Peroxiden wie etwa Dibenzoylperoxid sehr empfindlich gegen Schlag Reibung und Warme Es zerfallt leicht was zu heftigen Detonationen fuhren kann Aufgrund der leichten Erwerbbarkeit der Ausgangssubstanzen und der einfachen Synthese ist TATP ein haufig genutzter Sprengstoff bei Anschlagen von islamistischen Terroristen 5 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Darstellung 3 Eigenschaften 4 Analytik 5 Besondere Gefahren 6 Rechtsstatus 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAcetonperoxid wurde im Jahr 1895 von Richard Wolffenstein an der Technischen Hochschule Charlottenburg bei der Untersuchung der Oxidation von Coniin mit Wasserstoffperoxid in Aceton als Losungsmittel zufallig entdeckt 6 Ein Herstellungsverfahren fur Acetonperoxid wurde von ihm im Jahr 1895 unter der Nummer D R P 84953 in Deutschland zum Patent angemeldet 7 Adolf von Baeyer und Victor Villiger publizierten im Jahr 1899 und 1900 einige Artikel uber die Bildung dimeren und trimeren Acetonperoxids 8 9 Im Jahr 1925 wurde es zwar unter der Nummer D R P 423 176 in Deutschland und verschiedenen anderen Landern von den Sprengstoffwerken Dr R Nahnsen amp Co AG Hamburg als angeblich sicherer und stabiler Initialsprengstoff zum Patent angemeldet 10 jedoch verhinderten die extreme Schlagempfindlichkeit Fluchtigkeit 6 5 in 24 h bei 14 18 C und mangelnde Stabilitat jegliche praktische Nutzung 11 A E Thiemann schlug im Jahr 1942 die Nutzung von Acetonperoxid als Zusatz zur Verbesserung der Zundwilligkeit des Dieselkraftstoffs vor 12 d h zur Erhohung der Cetanzahl Da es preisgunstigere und ungefahrlichere Losungen gibt wird es fur diesen Zweck nicht verwendet Darstellung BearbeitenAcetonperoxid kann in erheblichen Mengen beim blossen Vermischen von Aceton mit wasserstoffperoxidhaltigen Losungen nach mehrtagiger Lagerung des Gemischs entstehen So entdeckte es der Berliner Chemiker Richard Wolffenstein bereits 1895 6 Trimeres Acetonperoxid Schmelzpunkt 91 5 C entsteht bei Einwirken von Wasserstoffperoxid auf Aceton in Gegenwart verdunnter Sauren als Katalysator 6 9 nbsp Bildung von trimerem Acetonperoxid aus Aceton und Wasserstoffperoxid Bei Anwesenheit von Salzsaure Schwefelsaure oder Phosphorsaure verlaufen die Reaktionen in Abhangigkeit vom pH Wert unterschiedlich stark exotherm Explosionsgefahr Bei mangelnder Kuhlung entsteht bei der Reaktion mit Salzsaure unter Kochen das Tranengas Chloraceton Das dimere Produkt lasst sich entweder durch die Umsetzung von Aceton mit Peroxomonoschwefelsaure Carosche Saure 8 13 durch die Oxidation von Diisopropylether mit Luftsauerstoff oder durch Ozonolyse herstellen Bei unsachgemasser Lagerung von Diisopropylether kann daher Acetonperoxid entstehen Zur Vernichtung solcher Peroxide werden Kupfer I Verbindungen zur Reduktion eingesetzt Tetrameres Acetonperoxid wurde 1998 in obiger Reaktion bei Verwendung von Lewis Sauren als Katalysator gewonnen 14 Eigenschaften Bearbeiten nbsp AcetonperoxidkristalleAcetonperoxid ist fluchtig an Luft wurziger Geruch Substanzverlust durch Sublimation 6 5 in 24 Stunden 1 und fluchtig mit Wasserdampf oder Ether Trimeres Acetonperoxid zerfallt beim Erwarmen mit verdunnten Sauren H2SO4 10 unter Ruckfluss quantitativ in Aceton und Wasserstoffperoxid 1 Es wird von Essigsaureanhydrid nicht verandert und reagiert nicht mit Kaliumiodid Essigsaure Von 1 molarer Natronlauge wird es auch bei Erwarmen nicht angegriffen Zinkstaub und Natronlauge reduzieren dimeres Acetonperoxid langsam in der Kalte Acetonperoxid ist reizend bei nur geringer akuter Toxizitat entzundlich und hochexplosiv Besonders empfindlich ist es auf Zundung durch Flamme Warme Schlag und Reibung Eine Lagerung unter Wasser verringert die Empfindlichkeit und verhindert die Sublimation Die Detonationsgeschwindigkeit betragt 5290 5400 m s 1 Dichte 1 18 1 20 g cm 3 Trimer 1 Die Sauerstoffbilanz ist 151 3 2 Die Bleiblockausbauchung betragt 250 ml 10 g fur das Trimer 2 Die Schlagempfindlichkeit betragt 0 3 J Trimer die Reibempfindlichkeit 0 1 N Stiftbelastung Trimer 2 Die Sprengkraft von Acetonperoxid liegt je nach Testmethode bei 80 100 der Sprengkraft von Trinitrotoluol TNT Bei der Explosion von Acetonperoxid entstehen die fur die Sprengwirkung verantwortlichen Gasmolekule ohne dass es zu einer extremen Hitzeentwicklung kommt wie dies bei vielen anderen Sprengstoffen ublich ist 15 16 In einem Fallhammerversuch mit einem 1 kg Fallhammer ublich sind bei normalen Sprengstoffen Untersuchungen mit einem 2 kg Fallhammer detoniert es bei einem Schlag aus nur 3 cm Hohe Acetonperoxid lasst sich mit herkommlichen auf Nitroverbindungen empfindlichen Sprengstoffdetektoren nicht detektieren Analytik BearbeitenZur sicheren forensischen Identifizierung von TATP an Tatorten oder substanzexponierten Personen kommen nach adaquater Probenahme 17 18 die Kopplung der Gaschromatographie mit der UV Spektroskopie 19 oder der Massenspektrometrie 20 21 zur Anwendung Auch die Kopplung der HPLC mit der Massenspektrometrie eignet sich zur Bestimmung von TATP 22 Ein kurzlich entwickeltes spezifisches elektrochemisches Verfahren erlaubt ebenfalls die Unterscheidung des TATP von Sprengstoffen wie PETN RDX HMX und TNT 23 Besondere Gefahren BearbeitenAcetonperoxid ist wie andere ahnlich gebaute Peroxide ausserst explosiv Acetonperoxid Kristalle sind generell nicht stabil jederzeit konnen Kristallbruche entstehen die zu einer Spontanexplosion fuhren etwa durch Temperatur und Lichtunterschiede Trimeres Acetonperoxid sublimiert schon bei 14 18 C daher bilden sich bei Raumtemperatur in einem geschlossenen Gefass im Bereich des Gefassverschlusses schnell kleine Kristalle aus die durch die Reibung beim Offnen des Gefasses zerbrechen und eine Explosion des Gefassinhaltes auslosen Bei erhohten Lagertemperaturen zersetzt sich Acetonperoxid innerhalb weniger Stunden Wird eine Temperatur von 130 C erreicht fuhrt dies zur Explosion es detoniert feucht noch bei einem Wassergehalt von 25 Bei direkter Beruhrung eines einzelnen kleinen Kristalls mit einer Flamme erfolgt dagegen eine relativ harmlose Verpuffung Als chemisches Experiment wurde an Schulen und Universitaten gelegentlich das Erhitzen feuchten trimeren Acetonperoxids im Milligramm Bereich frei auf einer stabilen Eisenplatte bis zum Detonieren des Peroxids vorgefuhrt Alternativ kann auf Hexamethylentriperoxiddiamin HMTD ausgewichen werden das bei geringerer Schlagempfindlichkeit und fehlender Tendenz zur Sublimation den gleichen didaktischen Vorfuhrungswert hinsichtlich der Detonation hat Aufgrund der Handhabungsunsicherheit von Acetonperoxid und HMTD sowie der teils problematischen Vernichtung von Restmengen sind beide Stoffe fur Lehrversuche jedoch generell einer kritischen Betrachtung zu unterziehen Rechtsstatus BearbeitenAcetonperoxid ist nach dem SprengG als explosionsgefahrlich eingestuft und wurde der Stoffgruppe A zugeordnet 24 Es unterliegt dem Sprengstoffrecht insbesondere der Erlaubnispflicht aus 27 des Sprengstoffgesetzes sofern keine Ausnahmen nach der 1 Verordnung zum Sprengstoffgesetz fur Forschung und Lehre greifen Literatur BearbeitenRichard Escales Initialexplosivstoffe Survival Press Radolfzell 2002 ISBN 3 8311 3939 3 Beilsteins Handbuch der Organischen Chemie Hrsg v Beilstein Inst fur Literatur der Organischen Chemie 31 Bande 4 Auflage Springer Berlin 1918 31 Alfred Rieche Kurt Koch Die Oxydation des Diisopropylathers XIV Mitteil uber Athylperoxyde In Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft A and B Series 75 1942 S 1016 doi 10 1002 cber 19420750815 R Criegee W Schnorrenberg J Becke Zur Konstitution von Ketonperoxyden In Justus Liebigs Annalen der Chemie 565 1949 S 7 doi 10 1002 jlac 19495650103 Rudolf Criegee Karl Metz Uber ein drittes kristallisiertes Acetonperoxyd In Chemische Berichte 89 1956 S 1714 doi 10 1002 cber 19560890720 Tadeusz Urbanski Chemie und Technologie der Explosivstoffe Band 3 Deutscher Verlag fur Grundstoffindustrie Leipzig 1964 S 194 ff M Rohrlich W Sauermilch Sprengtechnische Eigenschaften von Trizykloazetonperoxyd In Zeitschrift fur das gesamte Schiess und Sprengstoffwesen 38 1943 S 97 99 J Gartz Vom griechischen Feuer zum Dynamit eine Kulturgeschichte der Explosivstoffe E S Mittler amp Sohn Hamburg 2007 ISBN 978 3 8132 0867 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Acetonperoxid Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g Eintrag zu Acetonperoxid In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 1 Juni 2014 a b c d J Kohler R Meyer A Homburg Explosivstoffe 10 vollstandig uberarbeitete Auflage Wiley VCH 2008 ISBN 978 3 527 32009 7 a b c H Felix Rivera M L Ramirez Cedeno R A Sanchez Cuprill S P Hernandez Rivera Triacetone triperoxide thermogravimetric study of vapor pressure and enthalpy of sublimation in 303 338 K temperature range In Thermochim Acta 514 2011 S 37 43 doi 10 1016 j tca 2010 11 034 Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefahrlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlassliche und zitierfahige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden Anis Amri Der Lkw war nur Plan B In Zeit Online 13 Dezember abgerufen am 21 Dezember 2018 a b c Richard Wolffenstein Ueber die Einwirkung von Wasserstoffsuperoxyd auf Aceton und Mesityloxyd In Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 28 1895 S 2265 doi 10 1002 cber 189502802208 Digitalisat Patent DE84953C Darstellung von Cycloacetonsuperoxyd C3H6O2 3 Angemeldet am 2 Juni 1895 veroffentlicht am 4 Januar 1896 Erfinder Richard Wolfenstein a b Adolf Baeyer Victor Villiger Einwirkung des Caro schen Reagens auf Ketone In Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 32 1899 S 3625 doi 10 1002 cber 189903203151 Digitalisat a b Adolf Baeyer Victor Villiger Ueber die Nomenclatur der Superoxyde und die Superoxyde der Aldehyde In Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 33 1900 S 2479 doi 10 1002 cber 190003302185 Digitalisat Patent DE423176 Verfahren zur Herstellung von Initialzundmitteln Angemeldet am 8 Marz 1925 veroffentlicht am 21 Dezember 1925 Anmelder Dr R Nahnsen amp Co AG Gottfried Pyl M Rohrlich W Sauermilch Sprengtechnische Eigenschaften von Trizykloazetonperoxyd In Zeitschrift fur das gesamte Schiess und Sprengstoffwesen 38 1943 S 97 99 A E Thiemann Uber Kraftstoffzusatze in Dieselolen In ATZ Automobiltechnische Zeitschrift Band 45 16 1942 S 454 457 Robert W Murray Ramasubbu Jeyaraman Dioxiranes synthesis and reactions of methyldioxiranes In The Journal of Organic Chemistry 50 1985 S 2847 2853 doi 10 1021 jo00216a007 Heng Jiang Gang Chu Hong Gong Qingdong Qiao Tin Chloride Catalysed Oxidation of Acetone with Hydrogen Peroxide to Tetrameric Acetone Peroxide In J Chem Res S 1999 S 288 289 doi 10 1039 a809955c Faina Dubnikova Ronnie Kosloff Joseph Almog Yehuda Zeiri Roland Boese Harel Itzhaky Aaron Alt Ehud Keinan Decomposition of Triacetone Triperoxide Is an Entropic Explosion In J Am Chem Soc 127 4 2005 S 1146 1159 doi 10 1021 ja0464903 Peter Podjavorsek Detektionsverfahren fur Plastiksprengstoff In Deutschlandfunk Abgerufen am 28 Juli 2016 F S Romolo L Cassioli S Grossi G Cinelli M V Russo Surface sampling and analysis of TATP by swabbing and gas chromatography mass spectrometry In Forensic Sci Int 224 1 3 10 Jan 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electrochemical determination of triacetone triperoxide TATP In Sensors Basel 14 12 5 Dez 2014 S 23269 23282 PMID 25490589 Feststellungsbescheid Nr 413 vom 26 Februar 2002 der Bundesanstalt fur Materialforschung und prufung PDF online 53 kB Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Acetonperoxid amp oldid 239452852