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Acanthamoeba ist eine Gattung von Amoben die im Erdboden und Susswasser leben Sie konnen im Menschen und in anderen Tieren Infektionen bzw Parasitosen auslosen 1 AcanthamoebaAcanthamoeba sp TrophozoitSystematikDomane Eukaryoten Eukaryota ohne Rang AmoebozoaFamilie AcanthamoebidaeGattung AcanthamoebaWissenschaftlicher NameAcanthamoebaVolkonsky 1931Phasenkontrastaufnahme einer Zyste von Acanthamoeba polyphagaTrophozoit von Acanth amoeba sp mit charakteris tischen Acantho podien Phasen kon trast Balken 10 µm Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Arten 3 Verbreitung 4 Pathogenitat 5 Therapie 6 Bakterielle Endosymbionten und Parasiten 7 Viren 8 Sonstiges 9 Literatur 10 Einzelnachweise 11 WeblinksMerkmale BearbeitenAcanthamoeba Arten kommen in zwei Lebensphasen vor als aktive freilebende Amobe Trophozoit genannt mit etwa 13 bis 23 Mikrometer Durchmesser und als dauerhaftes Ruhestadium oder Zyste Der Namensbestandteil acanth abgeleitet von altgriechisch acanthos Dorn Stachel verweist auf stachelartige Bildungen der Oberflache der Trophozoiten die Acanthopodien eine besondere Form der Scheinfusschen oder Pseudopodien Acanthopodien sind meist relativ kurze dorn oder fingerformige Ausstulpungen des Zellkorpers die an beliebigen Stellen der Zelle ausgestulpt und wieder resorbiert werden konnen Sie sind bedeutsam fur die Adhasion an Oberflachen die Fortbewegung und die Nahrungsaufnahme der Amoben Sie erhalten ihre Struktur und Form durch zytoskelettare Elemente vor allem Mikrofilamente von Aktin Die Amoben sind zu rascher Bewegung imstande und erreichen Geschwindigkeiten bis 0 8 Mikrometer pro Sekunde Im Inneren des Zellkorpers sind Vakuolen verschiedener Form und Funktion erkennbar Nahrungsvakuolen dienen zum Verschlingen von Nahrungspartikeln durch Phagocytose Lysosomen deren Verdauung Kontraktile Vakuolen sind Elemente der Osmoregulation die uberschussiges Wasser ausscheiden Die grosste Organelle der Zellkern nimmt normalerweise etwa ein Sechstel der Grosse des Trophozoiten ein Acanthamoeba ist normalerweise einkernig als seltene Abweichung wurden aber auch mehrkernige Zellen beobachtet Eine Besonderheit der Zellmembran von Acanthamoeba ist das Biopolymer Lipophosphonoglycan einer Verbindung von Amino Phosphonaten Galactosamin und verschiedener Zuckermolekule 2 Widrige Umweltbedingungen fuhren dazu dass der Trophozoit sich in eine doppelwandige Zyste einkapselt Die aussere Wand der Zyste besteht dabei vorwiegend aus Proteinen und Polysacchariden Die innere Wand enthalt das Polysaccharid Zellulose Beide Wande sind durch einen Zwischenraum voneinander getrennt Der encystierte Zellkorper steht uber Fortsatze die beide Wande durchmessen mit der Aussenwelt in Verbindung Diese besitzen aussen kleine Offnungen Ostiolen die im Zentrum durch deckelformige Opercula geschutzt sind 2 Die Einkapselung wird ausgelost durch Nahrungsmangel aber auch durch unzutragliches chemisches Milieu und Sauerstoffmangel Hypoxie Zysten konnen Austrocknung uberleben und waren unter bestimmten Bedingungen noch nach 50 Jahren zur Wiederumwandlung in Trophozoiten befahigt Ausgetrocknete Zysten sind in der Umgebungsluft nicht selten und werden mit dem Wind verbreitet Fur die Encystierung und das Abwerfen der Zystenwand sind u a Rezeptoren verantwortlich die den Nahrstoffgehalt des Umgebungsmediums messen 3 Arten BearbeitenDie Taxonomie der Gattung Acanthamoeba ist verworren so dass kaum anzugeben ist wie viele und welche Arten existieren Die Typusart der Gattung Acanthamoeba castellanii wurde als Hartmannella castellanii 1930 in einer Zellkultur des Hefepilzes Cryptococcus pararoseus entdeckt Ein Jahr spater stellte der in Paris forschende Biologe Michel Volkonsky fur die Art auf Grundlage der doppelwandigen Zyste und des zugespitzten Spindelapparats bei der Mitose fur sie die Gattung neu auf Spatere Bearbeiter verneinten den taxonomischen Wert des Spindelapparats so dass die Gattung ausschliesslich aufgrund der Zyste diagnostiziert wurde Seit den 1930er Jahren wurden nach und nach 18 neue Arten beschrieben deren Diagnose ausschliesslich auf der Form und Ausbildung der Zysten beruhte Nach der Zystenform wurden drei Artengruppen aufgestellt 4 Modernere phylogenomische Untersuchungen Untersuchungen von Verwandtschaftsbeziehungen anhand des Vergleichs homologer DNA Sequenzen vor allem der mitochondrialen DNA erwiesen die Monophylie der Gattung Ihre Schwestergruppe ist danach die Gattung Balamuthia mit der einzigen Art Balamuthia mandrillaris Innerhalb der Gattung erwies sich das Bild aber als unklar Es konnten anhand DNA 15 Sequenztypen unterschieden werden die sich aber nicht mit den klassischen anhand der Zystenmorphologie umschriebenen Arten decken Von den drei Artengruppen der klassischen Morphologie erwies sich nur eine als monophyletisch Zahlreiche klassische Arten darunter die Typusart Acanthamoeba castellanii waren nach den DNA Daten polyphyletisch d h kunstlich zusammengefugte Gruppen ohne nahere innere Verwandtschaft Weiter verkompliziert wurde das Bild dadurch dass zwei Arbeitsgruppen noch jeweils einen neuen untereinander aber verschiedenen Sequenztyp entdeckten den sie beide T16 nannten dieser Name ist dadurch nun doppelt vergeben In der Praxis werden heute deshalb innerhalb der Gattung normalerweise keine Arten mehr unterschieden sondern die untersuchten Stamme analog zu Bakterienstammen werden nur jeweils einem der Sequenztypen zugeteilt Weiter verkompliziert wird das Bild dadurch dass auch die krankheitserregenden pathogenen Stamme von Acanthamoeba weit und ohne Regelmassigkeit uber die 17 Sequenztypen verteilt sind So ist der Sequenztyp T4 gleichzeitig der haufigste Pathogen wie auch in Boden am weitesten verbreitet 5 Verbreitung BearbeitenVertreter von Acanthamoeba sind weltweit verbreitet und in allen Lebensraumen ubiquistisch in Boden und in Suss und Salzwasserbiotopen anzutreffen sie gehort zu den haufigsten bodenlebenden Protisten uberhaupt Die Gattung besitzt moglicherweise eine grosse Bedeutung fur den Umsatz von Nahrstoffen in Boden Obwohl sie alle Arten organischer Substanz phagozytieren und nutzen konnen besteht ihre prinzipielle okologische Bedeutung vor allem im Abweiden von Bakterien wodurch sie Bakterienpopulationen zu verstarktem Wachstum und Stoffumsatz anregen Daneben ist die Gattung als opportunistischer Krankheitserreger auch beim Menschen bekannt und in dieser Rolle weitaus intensiver erforscht worden Pathogenitat BearbeitenAcanthamoeben konnen die Acanthamoebenkeratitis auslosen eine Infektion des Auges Zudem sind sie die Erreger der Granulomatosen Amoben Encephalitis auch Acanthamobiasis genannt 1 Therapie BearbeitenEine durch Acanthamoeba verursachte Parasitose kann mit Polyhexamethylenbiguanid oder Propamidin Isoethionat behandelt werden Zusatzlich erfolgt die Gabe von Neomycin Polymyxin B Gramidin Propamidin Isothionat Salbe und ggf Voriconazol Auch Liposomales Amphotericin B ist wirksam 6 Bakterielle Endosymbionten und Parasiten BearbeitenMehrere humanpathogene beim Menschen Krankheiten verursachende Bakterienarten sind auch in der Lage Acanthamoeba Arten zu infizieren und sich in ihnen zu vermehren 7 8 9 darunter Legionellen wie Legionella pneumophila und ahnliche Erreger Pseudomonas aeruginosa sowie Stamme von Escherichia coli und Staphylococcus aureus 10 7 Fur einige dieser Bakterien wurde die Vermehrung im Inneren von Acanthamoeba mit einem verstarkten Wachstum auch in Makrophagen und einer erhohten Resistenz gegen einige Antibiotika in Verbindung gebracht Aufgrund der grossen Haufigkeit Pravalenz von Acanthamoeba in der Umwelt gibt es den Verdacht dass diese Amoben als Umweltreservoir fur derartige menschliche Krankheitserreger dienen konnten 7 9 Viren BearbeitenMitglieder der Gattung Acanthamoeba werden von verschiedenen Viren der Klade Mimiviridae Gruppe I Unterfamilie Megamimivirinae inklusive Gattung Mimivirus parasitiert neben der Gattung Mimivirus insbesondere von den Gattungen Megavirus und Moumouvirus Umgekehrt werden Acanthamoben gerne benutzt um diese Viren in Co Kultur zu kultivieren Prominentestes Beispiel ist Acanthamoeba polyphage Mimivirus ApMV wiss Mimivirus bradfordmassiliense Andere Acanthamoeba Viren gehoren zur Familie Marseilleviridae Mamonoviridae alias Medusaviride oder zu bisher noch nicht klassifizierten Gruppen Pandoravirus Pithovirus Pacmanvirus Mollivirus dazu kommen Virophagen Familie Lavidaviridae Laut Geballa Koukoulas et al 2022 sind die Acanthamoeba Arten heute die Protisten mit der grossten Vielfalt an identifizierten Viren uberhaupt 51 GenBank Eintrage voll oder teilweise sequenzierter Virusgenome 11 Details finden sich bei den genannten Virusgattungen Sonstiges BearbeitenIm Jahr 2012 ist die Gattung Acanthamoeba von der Deutschen Gesellschaft fur Protozoologie zum Einzeller des Jahres gekurt worden 12 Literatur BearbeitenFrederick C Page Re Definition of the GenusAcanthamoebawith Descriptions of Three Species In The Journal of Protozoology 14 1967 S 709 doi 10 1111 j 1550 7408 1967 tb02066 x Einzelnachweise Bearbeiten a b F Marciano Cabral G Cabral Acanthamoeba spp as agents of disease in humans In Clinical microbiology reviews Band 16 Nummer 2 April 2003 S 273 307 PMID 12692099 PMC 153146 freier Volltext Review a b Ruqaiyyah Siddiqui amp Naveed Ahmed Khan 2012 Biology and pathogenesis of Acanthamoeba Parasites amp Vectors 2012 5 6 doi 10 1186 1756 3305 5 6 David Lloyd 2014 Encystment in Acanthamoeba castellanii A review Experimental Parasitology 145 S20 S27 doi 10 1016 j exppara 2014 03 026 G S Visvesvara 1991 Classification of Acanthamoeba Reviews of Infectious Diseases 13 Supplement 5 International Symposium on Acanthamoeba and the Eye S369 S372 online bei JSTOR Stefan Geisen Anna Maria Fiore Donno Julia Walochnik Michael Bonkowski 2014 Acanthamoeba everywhere High diversity of Acanthamoeba in soils Parasitology Research 113 9 3151 3158 doi 10 1007 s00436 014 3976 8 Marianne Abele Horn Antimikrobielle Therapie Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten Unter Mitarbeit von Werner Heinz Hartwig Klinker Johann Schurz und August Stich 2 uberarbeitete und erweiterte Auflage Peter Wiehl Marburg 2009 ISBN 978 3 927219 14 4 a b c Francine Marciano Cabral Guy Cabral Acanthamoebaspp as Agents of Disease in Humans In ASM Journals Clinical Microbiology Reviews Band 16 Nr 2 1 April 2003 doi 10 1128 CMR 16 2 273 307 2003 PMID 12692099 PMC 153146 freier Volltext Sharon A Huws Robert J Morley Martin V Jones Michael R W Brown Anthony W Smith Interactions of some common pathogenic bacteria withAcanthamoeba polyphaga In FEMS Microbiology Letters Band 282 Nr 2 1 Mai 2008 S 258 265 doi 10 1111 j 1574 6968 2008 01123 x PMID 18399997 englisch a b Matthias Horn Michael Wagner Bacterial Endosymbionts of Free living Amoebae In The Journal of Eukaryotic Microbiology Band 51 Nr 5 September Oktober 2004 S 509 514 doi 10 1111 j 1550 7408 2004 tb00278 x Epub 11 Juli 2005 Frederick L Schuster Govinda S Visvesvara Opportunistic amoebae challenges in prophylaxis and treatment In Drug Resistance Updates Band 7 Nr 1 Februar 2004 S 41 51 doi 10 1016 j drup 2004 01 002 PMID 15072770 Khalil Geballa Koukoulas Bernard La Scola Guillaume Blanc Julien Andreani Diversity of Giant Viruses Infecting Vermamoeba vermiformis In Frontiers in Microbiology Band 13 22 April 2022 S 808499 doi 10 3389 fmicb 2022 808499 PMID 35602053 PMC 9116030 freier Volltext PDF Einzeller des Jahres 2012 Acanthamoeba Deutsche Gesellschaft fur Protozoologie Memento im Webarchiv vom 6 Dezember 2014 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Acanthamoeba Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Einzeller des Jahres in Deutschland Pantoffeltierchen 2007 Tetrahymena 2009 Augentierchen 2010 Dictyostelium 2011 Acanthamoeba 2012 Actinophrys 2013 Trompetentierchen 2014 Vampiramoben 2015 Trichomonas vaginalis 2016 Diaphanoeca grandis 2017 Dictyocysta mitra 2018 Nuclearia 2019 Dinophysis acuta 2020 Physarum polycephalum 2021 Blastocystis 2022 Ophrydium versatile 2023 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Acanthamoeba amp oldid 238800335