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Dieser Artikel betrifft den arabischen Gelehrten zum agyptischen Verteidigungsminister siehe ʿAbd al Latif al Baghdadi Politiker Muwaffaq ad Din Abu Muhammad ibn Yusuf Abd al Latif al Baghdadi kurz Abd al Latif al Baghdadi arabisch عبد اللطيف البغدادي DMG ʿAbd al Laṭif al Baġdadi Marz 1162 in Bagdad 8 November 1231 ebenda war ein arabischer Reisender Universalgelehrter Historiker und Mediziner Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 2 1 Bericht uber Agypten 3 Ausgaben und Ubersetzungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenLeben BearbeitenAbd al Latif al Baghdadi entstammte einer aus Mossul stammenden der Oberschicht angehorenden Familie und war der Sohn von Yusuf einem Kenner und Kommentator des Koran Viele Details seines Lebens konnen seiner Autobiographie entnommen die teilweise u a in der 1242 verfassten Biographien Sammlung Quellen von Nachrichten uber Arztegenerationen des syrischen Arztes Ibn Abi Usaibiʿa erhalten ist mit dem er in seinen spaten Lebensjahren in Korrespondenz getreten war Seine Jugendjahre verbrachte Abd al Latif in seiner Heimatstadt Bagdad und studierte hier u a arabische Grammatik Recht Medizin und arabische Tradition bei mehreren damals beruhmten Gelehrten Ein nach Bagdad gereister Maghrebiner veranlasste ihn auch Philosophie Naturwissenschaft und Alchemie zu erlernen Die letztgenannte Disziplin gab er aber auf da er sie fur eine irrationale Praktik hielt Auf dem Gebiet der Mathematik studierte er u a Euklidische Geometrie 1 2 Im Alter von 27 Jahren verliess Abd al Latif Bagdad und begab sich lange Zeit auf ausgedehnte Bildungsreisen Er reiste zunachst nach Mossul wo er an einer Madrasa als offentlicher Lehrer angestellt wurde In Mossul machte er sich auch mit den Werken des persischen Philosophen Suhrawardi vertraut doch sagten sie ihm nicht zu Bereits nach einem Jahr verliess er Mossul und ging nach Damaskus wo Sultan Saladin zahlreiche bekannte Gelehrte seiner Zeit versammelt hatte Abd al Latif traf in Damaskus den Grammatiker al Kindi al Baghdadi und verfasste einige grammatische und philologische Schriften unter denen eine Erklarung der in der arabischen Tradition vorkommenden dunklen Ausdrucke die bedeutendste ist Von Damaskus aus reiste er 1191 uber Jerusalem zu Saladins Lager vor Akkon Dort machte er die Bekanntschaft des Chronisten Imad ad Din al Isfahani Auch empfing ihn der Oberrichter des Heers Baha ad Din ibn Schaddad dem eine Lebensbeschreibung des Sultans verdankt wird und stellte ihn Kadi al Fadil vor der ein wichtiger Berater Saladins war Kadi al Fadil unterhielt sich mit Abd al Latif uber verschiedene wissenschaftliche Gegenstande Da Abd al Latif den Wunsch ausserte nach Kairo zu reisen stellte Kadi al Fadil ihm einen Geleitbrief an seinen dortigen Haushofmeister aus der ihm einen der Palaste von Kadi al Fadil als Wohnung anwies und ihn mit Geld und Lebensmitteln versah 1 2 In Kairo lernte Abd al Latif den beruhmten judischen Gelehrten Maimonides kennen In derselben Stadt traf er auch Abu al Qasim al Shari i der ihn erstmals mit den Werken der antiken Philosophen Aristoteles Alexander von Aphrodisias und Themistios sowie des arabischen Philosophen al Farabi vertraut machte Auf der Grundlage der Schriften der antiken Philosophen prufte Abd al Latif die Lehren Avicennas und kam zum Schluss dass diese nur geringen Gehalt hatten Dennoch konnte er sich nicht sofort von dem bis dahin von ihm sehr geschatzten Gelehrten lossagen Als sich Saladin wahrend des mit den Kreuzfahrern im September 1192 geschlossenen dreijahrigen Waffenstillstandes in Jerusalem aufhielt begab sich And al Latif zu ihm Der Sultan sicherte ihm ein monatliches Gehalt zu und ernannte ihn zum Verwalter der Umayyaden Moschee in Damaskus Dort ubte Abd al Latif auch mit Erfolg eine Lehrtatigkeit aus 1 2 Nach Saladins Tod 1193 kehrte Abd al Latif nach Kairo zuruck wo ihm Al Malik al Aziz Saladins jungerer Sohn und dessen Nachfolger in Agypten ein ansehnliches Gehalt aussetzte Diese Position behielt er auch nachdem Saladins Bruder Al Malik al Adil 1200 in Agypten die Macht ergriffen hatte Wahrend seinem Aufenthalt in dem Nil Land erlebte Abd al Latif die schreckliche von 1200 bis 1201 wutende Hungersnot infolge einer ungenugenden Nilschwemme Von diesem Ereignis gibt er in seinem erhaltenen Werk uber Agypten eine grauenerregende Schilderung z B uber Kannibalismus Nach seiner um 1206 erfolgten Abreise aus Agypten hielt er sich einige Zeit wieder in Jerusalem auf unterrichtete dort mehrere Wissenschaften und verfasste zahlreiche Werke 1208 wahlte er wieder Damaskus zu seinem Wohnsitz und ubte in dieser Stadt nicht nur eine Lehrtatigkeit aus sondern praktizierte auch als erfolgreicher Arzt und erlangte in der Heilkunst einen grossen Ruf 1 2 Von Damaskus reiste Abd al Latif nach einigen Jahren nach Aleppo und von dort um 1223 nach Erzincan Arzinjan Erzindhan in Armenien am Oberlauf des Euphrat in der heutigen Turkei Dort weilte er am Hof des Mengucekherrschers Ala al Din Da udsah Ala al Din Da udshah einem Freund der Naturwissenschaften und erlangte dessen Protektion Mehrere um diese Zeit verfassten Schriften widmete Abd al Latif seinem Gonner der ihm eine bedeutende Pension zukommen liess Als Sultan Ala ad Din Kaikobad I Ala al Din Kay Qubadh I der Furst im Sultanat der Rum Seldschuken Erzincan 1228 eroberte verliess Abd al Latif Stadt und Land Er wandte sich nun wieder nach Aleppo und fand hier teils als Arzt teils als Lehrer in verschiedenen Wissenschaften Beschaftigung Al Malik al Aziz Muhammad ein Enkel Saladins war damals Emir von Aleppo aber die Regierung fuhrte vornehmlich sein erster Minister Shihab al Din Tughril der Abd al Latif forderte Trotz seines fortgeschrittenen Alters entschloss sich Abd al Latif noch zu einer Wallfahrt nach Mekka Er nahm den Weg uber Bagdad um dem Abbasiden Kalifen Al Mustansir bi llah einige seiner Werke zu uberreichen Aber kaum war er in Bagdad eingetroffen warf ihn eine Krankheit nieder an der er am 8 November 1231 69 jahrig verstarb Er wurde an der Seite seines Vaters auf dem Wardiyya Friedhof beigesetzt 1 2 Werk BearbeitenAbd al Latif al Baghdadi eignete sich auf seinen Reisen durch Kontakte mit anderen Gelehrten eine umfassende Kenntnis der damaligen Wissenschaften an und hinterliess ein gewaltiges Werk uber fast das gesamte Wissen seiner Zeit vor allem in den Sparten Philologie Philosophie Grammatik Recht arabische Tradition Medizin und Mathematik Eine Liste von 173 von Abd al Latif verfassten Werken darunter auch kleine Abhandlungen gibt der syrische Arzt Ibn Abi Usaibiʿa am Ende des ihm gewidmeten Artikels in der Biographien Sammlung Quellen von Nachrichten uber Arztegenerationen Von diesen Schriften von denen nur ein kleiner Teil erhalten blieb beziehen sich 53 auf Medizin und 48 auf Philosophie Abd al Latif kannte Werke mehrerer antiker Autoren u a schrieb er Kommentare auf und Epitomen von Schriften von Aristoteles Dioskorides Hippokrates und Galen 1 Bericht uber Agypten Bearbeiten Unter dem Titel Kitab Al Ifada wa l I tibar Kitab Al Ifadah Wa l I Tibar Das Buch des Nutzens und der Belehrung verfasste Abd al Latif eine kurze zwei Bucher umfassende Reisebeschreibung Agyptens die teils der geographisch naturwissenschaftlichen teils der historisch annalistischen Literatur angehort Hierbei konnte er sich auf seine eigene Autopsie stutzen Im ersten Buch berichtet der Autor zunachst Allgemeines uber das Nil Land sodann mit wissenschaftlichem Interesse uber die dortige Flora und Fauna sowie uber bedeutende Bauwerke der Pharaonen Das zweite Buch informiert anfangs uber den Nil und die Wichtigkeit der Nilschwemme fur das Land Im Anschluss stellt Abd al Latif seine Beobachtungen uber eine in den Jahren 1200 und 1201 wutende Seuche und Hungersnot dar die durch zu niedriges Hochwasser des Nils ausgelost worden war Es kam damals zu einer zunehmenden Verrohung der hungernden Einwohner Kairos wobei Falle von Kannibalismus auftraten ebenso Morde auf offener Strasse Dies ermoglichte Abd al Latif eigene Skelettuntersuchungen auf deren Basis er anatomische Fehler des antiken Arztes Galen korrigierte Laut Abd al Latif hatten sogar Eltern wahrend der Hungersnot haufig ihre Kinder ermordet und verzehrt und obwohl solche Straftaten mit Verbrennung bei lebendigem Leib geahndet worden seien hatten die Behorden sie nicht verhindern konnen Diesen erschutternden Bericht gibt der Autor leidenschaftslos in einer klaren schlichten Sprache wieder In einer anderen interessanten Passage spricht er von zahlreichen Inschriften in unbekannten Schriftzeichen die sich auf der Aussenseite der Pyramiden befanden 3 Der englische Orientalist Edward Pococke entdeckte 1665 ein Manuskript dieses Werks das 1203 in Kairo geschrieben worden war und brachte es aus dem Osten nach Europa Es wird in der Bodleian Library in Oxford aufbewahrt Pococke wollte das Werk mit einer lateinischen Ubersetzung herausgeben Die Letztere verfertigte mit seiner Hilfe sein Sohn doch Pocockes Tod 1691 verhinderte die vollstandige Ausfuhrung seines Vorhabens Nachher wollten sowohl Hyde als auch Thomas Hunt das Werk herausgeben aber erst einem Oxforder Professor der hebraischen Sprache Joseph White gelang es das Unternehmen zu Ende zu fuhren Er liess den arabischen Text zuerst in Oktav abdrucken war dann aber da der Abdruck nicht ganz korrekt ausfiel im Begriff alle Exemplare zu unterdrucken Doch uberliess er dem damals in Oxford weilenden E G Paulus auf dessen Bitten die ganze Auflage die dieser 1789 in Tubingen mit einer Vorrede veroffentlichte Der zweite von White besorgte Abdruck in Quart erschien mit seiner lateinischen Ubersetzung und am Ende angehangten Anmerkungen im Jahr 1800 in Oxford Eine deutsche Ubersetzung mit erlauternden Anmerkungen edierte S Wahl unter dem Titel Abd al Latifs Denkwurdigkeiten Agyptens Halle 1790 Vor allem aber verfasste Antoine Isaac Baron Silvestre de Sacy der Begrunder der modernen Arabistik eine treffliche Ubertragung ins Franzosische mit reichhaltigem Kommentar Relation de l Egypte Paris 1810 Eine Faksimile Ausgabe des Autographs mit englischer Ubersetzung brachten K H Zand J und I Videan heraus The Eastern Key London 1965 Ausgaben und Ubersetzungen Bearbeiten Abd al Laṭif al Baġdadi Abdallatif s eines arabischen Arztes Denkwurdigkeiten Egyptens in Hinsicht auf Naturreich und physische Beschaffenheit des Landes und seiner Einwohner Alterthumskunde Baukunde und Oekonomie mit vielen medicinischen Bemerkungen und Beobachtungen historischen topographischen und andern beilaufig eingestreuten Nachrichten auch vornehmlich einer merkwurdigen Annale der Jahre 1200 und 1201 aus dem Arab ubers und erl von S F Gunther Wahl Halle Verlag des Waisenhauses 1790 Abd al Latif al Baghdadi Relation de l Egypte par Abd Allatif Impr Imperiale Paris 1810 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche arabisch كتاب الإفادة والاعتبار Ubersetzt von Silvestre de Sacy John A amp Ivy E Videan Zand amp Kamal Hafuth Ubersetzer The Eastern Key by Kitab Al Ifadah Wa l I Tibar of Abd Al Latif Al Baghdadi Allen and Unwin London 1965Literatur BearbeitenAngelika Neuwirth Abd Al Latif Al Bagdadis Bearbeitung von Buch Lambda der aristotelischen Metaphysik Dissertation Gottingen 1972 Hans Jurgen Thies Der Diabetestraktat ʿAbd al Latif al Bagdadis Untersuchungen zur Geschichte des Krankheitsbildes in der arabischen Medizin Medizinische Dissertation Bonn Orientalisches Seminar der Universitat Bonn 1971 Otto Spies Hrsg Bonner orientalistische Studien Neue Folge Band 21 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Abd al Latif al Baghdadi im Katalog der Deutschen NationalbibliothekAnmerkungen Bearbeiten a b c d e f Cecilia Martini Bonadeo Abd al Latif al Baghdadi in Stanford Encyclopedia of Philosophy 2015 a b c d e S M Stern Abd al Latif al Baghdadi in Encyclopaedia of Islam 2 Auflage Bd 1 1960 S 74 Abdallatif al Bagdadi in Kindlers Literatur Lexikon 2 Auflage 1988 92 Bd 1 S 14 f Normdaten Person GND 118500090 lobid OGND AKS LCCN nr89011237 VIAF 81975562 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Abd al Latif al BaghdadiALTERNATIVNAMEN Abd al Latif al Baghdadi al Latif Ibn al Labbad Abd al Latif al Baghdadi Muwaffak ad Din Abu Muhammad ibn YusufKURZBESCHREIBUNG arabischer Universalgelehrter Historiker und MedizinerGEBURTSDATUM Marz 1162GEBURTSORT BagdadSTERBEDATUM 8 November 1231STERBEORT Bagdad Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Abd al Latif al Baghdadi amp oldid 235827012