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Wilhelm Philipps der Jungere 26 Dezember 1891 in Bommern Landkreis Hagen 20 Januar 1982 in Hagen war ein deutscher evangelischer Theologe und Pfarrer Wilhelm Philipps der Jungere Foto aus den 1930er Jahren Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Anfange 1891 1932 1 2 Vorsteher des Evangelischen Johannesstifts 1932 1939 1 3 Oberkonsistorialrat in Munster 1939 1945 und Gemeindepfarrer in Bunde Westfalen 1946 1955 1 4 Geschaftsfuhrender Direktor der Berliner Inneren Mission 1956 1962 1 5 Geschaftsfuhrer der Diakonie im Evangelischen Kirchenkreis Hagen 1964 1966 1 6 Pensionarszeit und Arbeiten am Nachlass 2 Ehrungen 3 Familie 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenDie Eltern von Wilhelm Philipps waren der evangelische Pfarrer in Bommern Emil Philipps 1861 1921 und Wilhelmine geb Plath 1869 1961 Anfange 1891 1932 Bearbeiten Philipps wuchs als altestes von acht Kindern im Pfarrhaus auf Von 1904 bis 1910 besuchte er das Evangelisch Stiftische Gymnasium Gutersloh und studierte zwischen 1910 und 1913 evangelische Theologie in Bonn und Berlin u a bei Heinrich Bohmer Adolf Harnack und Heinrich Scholz Gleich im ersten Jahr seines Studiums wurde er im Bonner Wingolf aktiv 1914 1915 absolvierte Philipps das Vikariat als Synodalvikar beim Hammer Superintendenten D Wilhelm Nelle und versah anschliessend seinen Militardienst in der Kaserne da er nur als garnisonverwendungsfahig eingestuft worden war 1916 bestand er das 2 Theologische Examen in Munster mit der Gesamtnote sehr gut Nach einem kurzen Lehrvikariat bei Superintendent Friedrich Niemann in Herford wurde Philipps am 11 Marz 1917 in Herford Stiftberg ordiniert und trat unmittelbar danach eine Stelle als Hilfsprediger in Amelunxen an Von 1917 bis 1922 war Philipps als Pfarrer in Hoxter tatig Als Gemeindepfarrer in Herdecke bekleidete er von 1922 bis 1926 zugleich das Amt des westfalischen Landesjugendpfarrers 1926 trat er die Stelle des Jugendpfarrers in Dusseldorf an und ubernahm die Leitung des dortigen Evangelischen Jugend und Wohlfahrtsamtes 1 In Vortragen Berichten und anderen kleineren Veroffentlichungen aus den 1920er Jahren drang Philipps als Jugendpfarrer darauf im Blick auf junge Menschen die christliche Wahrheit vor den Angriffen des Zeitgeistes zu verteidigen Als Akteure des Zeitgeistes machte er im Anschluss an den Tubinger Theologen Karl Heim den sozialistischen Materialismus den freidenkerischen Atheismus den liberalen Individualismus sowie einen allgemeinen Werterelativismus aus 2 Vorsteher des Evangelischen Johannesstifts 1932 1939 Bearbeiten 1932 trat Philipps auf Vermittlung und Anraten seines Onkels Wilhelm Philipps des Alteren das Amt des Vorstehers im Evangelischen Johannesstift in Berlin Spandau Hakenfelde an als Nachfolger von D Helmuth Schreiner 3 Philipps begrusste 1933 die Machtubernahme durch den Nationalsozialismus Er versprach sich von der politischen Umwalzung eine geistig moralische Wende zugunsten der Kirche und zur sittlichen Starkung des deutschen Volkes Zum 01 Mai desselben Jahres wurde er in die NSDAP aufgenommen und fuhrte Verhandlungen uber einen Beitritt zur Glaubensbewegung Deutsche Christen DC Der Stiftsvorsteher kam damit auch der Aufbruchstimmung in grossen Teilen der Diakonenschaft entgegen Den kirchenpolitischen Vorgaben der Landeskirche folgend besetzte er als Kuratoriumsvorsitzender im September 1933 das Aufsichtsgremium des Johannesstifts mehrheitlich mit Vertretern der Deutschen Christen neu 4 Zugleich stand er dem Nationalistisch Volkischen kritisch gegenuber Schon 1924 hatte er Anlass gehabt fur den evangelischen Standpunkt einzutreten dass wir zwar als Christen auch immer deutsche Christen sind dass aber fur das Wesentliche der religiosen Haltung die Zugehorigkeit zu einem bestimmten Volkstum ohne Bedeutung ist Wenn es sich fur uns um den wesentlichen Gehalt unserer religiosen Uberzeugung handelt stehen wir nicht in der Linie die uber Fichte Kant und Luther in die deutsche Vorzeit sich verliert sondern in der anderen die uber den Deutschen Luther und den Mauren Augustinus und den Juden Paulus bis ins Alte Testament zuruckgeht 5 Theologisch unakzeptable Ausserungen des DC Gauobmanns Reinhold Krause auf der Sportpalastversammlung im November 1933 fuhrten Philipps vor Augen dass mit der deutschchristlichen Umformung der evangelischen Kirche die Grundlagen des christlichen Bekenntnisses in Gefahr gerieten In seinen Erwartungen enttauscht kundigte er Anfang 1934 die Beziehung zu den Deutschen Christen auf Zudem emporte ihn die Bereitwilligkeit mit der die deutschchristliche Reichskirchenleitung die evangelische Jugendvereinsarbeit in die Hitlerjugend uberfuhrt hatte Philipps seit 1933 auch Vorsitzender der Bruderhausvorsteherkonferenz und damit Sprecher der mannlichen Diakonie ruckte vom kirchenpolitischen Kurs des Nationalsozialismus zunehmend ab Zeit seines Lebens legte Philipps Wert darauf niemals formal Mitglied der Deutschen Christen geworden zu sein auch wenn Aussenstehende vom erfolgten Gegenteil ausgegangen waren 6 Obwohl sich Philipps in politischer Hinsicht nach aussen hin weitgehend loyal verhielt geriet er ins Fadenkreuz der Gestapo und wurde im Dezember 1937 als mutmasslicher Unterstutzer der Apologetischen Centrale verhort Die Schliessung dieser kirchlichen Einrichtung die gegen die Religion des nordischen Blutes des NS Ideologen Alfred Rosenberg Stellung bezogen hatte konnte er nicht verhindern Um das Fortbestehen des Evangelischen Johannesstifts nicht zu gefahrden trug er im Kirchenkampf den Neutralitatskurs der Inneren Mission soweit es moglich und vertretbar war mit Durch sein Manovrieren wurde er vom Spandauer Superintendenten Martin Albertz als eine der schwankensten Gestalten bezeichnet die ihm je im Kirchenkampf begegnet waren 7 1935 erklarte Philipps dem westfalischen Prases Karl Koch gegenuber seinen personlichen Beitritt zur Bekennenden Kirche BK Zum radikalen auf Konfrontationskurs mit der Regierung gehenden Flugel der BK hielt Philipps Abstand nahm stattdessen eine gemassigte Position ein und wusste sich darin mit Friedrich von Bodelschwingh Leiter der Betheler Anstalten auf derselben Linie Dieser ermutigte Philipps nach Westfalen zuruckzukehren und auf Vorschlag von Prases Koch im Sommer 1939 die Stelle eines theologischen Oberkonsistorialrates anzunehmen Oberkonsistorialrat in Munster 1939 1945 und Gemeindepfarrer in Bunde Westfalen 1946 1955 Bearbeiten Als ranghochster Theologe in einer kirchenpolitisch gespaltenen Provinzialkirche hat Philipps in den Jahren 1939 bis 1945 die Linie des Konsistoriums Munster vertreten und mit seiner pragmatischen Vorgehensweise gepragt Dabei versuchte er im Einvernehmen mit dem Konsistorialprasidenten Gerhard Thummel von Fall zu Fall sachlich berechtigte Interessen sowohl der Bekennenden Kirche als auch der Deutschen Christen zu berucksichtigen was ihm vor und nach 1945 von Vertretern beider Seiten gleichermassen verubelt wurde Deutschvolkische Orientierungen hatte er hingegen stets als nicht bekenntnisgemass abgelehnt so dass in seinen stellenpolitischen Massnahmen Vertreter der radikalen Nationalkirchlichen Einung nicht gefordert wurden 8 Im Fruhjahr 1945 rieten Exponenten der BK Prases Koch zu Philipps das Vertrauen zu entziehen und ihn aus seiner kirchenleitenden Stellung zu entlassen Philipps fuhlte sich und seine Tatigkeit falsch beurteilt erklarte jedoch einer Neuordnung der kirchlichen Verhaltnisse in Westfalen nicht im Weg stehen zu wollen Er wechselte 1946 mit Hilfe seines spateren Vertrauten dem damaligen Herforder Superintendenten Hermann Kunst auf eine Gemeindepfarrstelle in Bunde 9 In den kirchlichen Spruchkammerverfahren gegen ehemalige Pfarrer der DC trat Philipps mehrfach als Zeuge auf Dabei setzte er sich fur diejenigen ein die sich seiner Meinung nach in ihrer theologischen Verkundigung nicht der Irrlehre schuldig gemacht hatten sondern allein in ihrer kirchenpolitischen Haltung auf der falschen Seite gestanden hatten Geschaftsfuhrender Direktor der Berliner Inneren Mission 1956 1962 Bearbeiten 1956 wurde Philipps zum Geschaftsfuhrenden Direktor des Gesamtverbandes der Berliner Inneren Mission erneut an die Spree gerufen In engem Austausch mit dem evangelischen Bischof der Berlin Brandenburgischen Kirche Otto Dibelius setzte er den in der Nachkriegszeit begonnenen Auf und Ausbau der diakonischen Arbeitsfelder fort 10 Inmitten des Kalten Krieges wurde Philipps Zeuge der Auflosung kirchlicher Bahnhofsmissionsarbeit auf dem Gebiet der DDR sowie des Berliner Mauerbaus im Jahre 1961 Geschaftsfuhrer der Diakonie im Evangelischen Kirchenkreis Hagen 1964 1966 Bearbeiten Nach der Beendigung dieser zweiten Berliner Arbeitsphase am 31 Dezember 1962 nahm der im 73 Lebensjahr Stehende 1964 den Auftrag an bis Ende 1966 die Geschaftsfuhrung des Vereins fur Innere Mission im Evangelischen Kirchenkreis Hagen zu ubernehmen Das unter wirtschaftlichen Druck geratene Diakonische Werk wurde von Philipps einer grundlichen Umstrukturierung unterzogen Dabei erhielt er volle Unterstutzung durch den Hagener Superintendenten Kurt Rehling der bis 1945 einer seiner scharfsten Kritiker gewesen war Von 1957 bis 1969 war Philipps stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Bahnhofsmission Pensionarszeit und Arbeiten am Nachlass Bearbeiten Philipps verbrachte die Zeit des Ruhestands bis zu seinem Tod im Jahre 1982 in Hagen In den letzten Jahren verfasste er autobiographische Texte die er jedoch zusammen mit gesammelten Dokumenten aus sieben Jahrzehnten nicht mehr selber zur Veroffentlichung bringen konnte Das Grab von Wilhelm Philipps dem Jungeren befindet sich auf dem Evangelischen Friedhof Bommern an der Deipenbecke Ehrungen Bearbeiten1961 wurde Philipps das grosse Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen Zugleich wurde er mit der Wichern Plakette geehrt 1966 erhielt er fur seine Verdienste um die Innere Mission das Kronenkreuz in Gold Familie BearbeitenWilhelm Philipps entstammte einer Familie die in Westfalen zahlreiche Pfarrer und Superintendenten hervorgebracht hat Wilhelm Philipps der Altere war sein Onkel Er leitete als Vorsteher das Evangelische Johannesstift bis 1912 und war in der Zeit der Weimarer Republik ein namhafter Sozialpolitiker Wilhelm Philipps der Jungere heiratete am 9 Oktober 1917 die Arzttocher Gertrud Wulffers 1895 1957 aus Wetter Ruhr Mit ihr hatte er funf Sohne Zwei starben als Soldaten im Zweiten Weltkrieg Der zweitalteste Sohn Karl 1920 1982 kehrte als hochdekorierter Offizier zuruck und nahm nach seiner Kriegsgefangenschaft das Studium der evangelischen Theologie auf 1955 wurde er Gemeindepfarrer in Gladbeck Brauck 1961 Superintendent des Kirchenkreises Gladbeck Bottrop 11 sodann 1964 Landes und 1972 Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche von Westfalen in Bielefeld Nach dem Tod seiner ersten Frau ging Wilhelm Philipps am 24 Juni 1958 eine zweite Ehe mit der Gemeindehelferin Hedwig Bohle 1907 1965 ein Am 4 Mai 1966 ehelichte Philipps Kate Schmitz verw Oppermann 1905 2003 Schriften BearbeitenGlaube und Dienst Predigten Wichern Verlag Berlin 1937 Zur Lage der mannlichen Diakonie Referat auf der 43 Reichstagung fur Innere Mission in Berlin Sonderdruck aus Deutsches Diakonenblatt Marz 1937 Diakonische Haltung in Das Diakonenamt Vom Wesen und Wirken mannlicher Diakonie zugleich Geschichte der Deutschen Diakonenschaft 1913 1938 Jahrbuch fur mannliche Diakonie Siebente Auflage Berlin Friedenau 1938 22 26 Literatur BearbeitenThorsten Jacobi In den Riss hineinstellen Wilhelm Philipps der Jungere 1891 1982 Dokumente aus seinem Leben fur Kirche und Diakonie von der Kaiserzeit bis in die Zeit des geteilten Deutschland Unio amp Confessio 31 Bielefeld 2021 Weblinks BearbeitenFriedrich Wilhelm Bauks Die evangelischen Pfarrer in Westfalen von der Reformationszeit bis 1945 Bielefeld 1980 Nr 4746 Einzelnachweise Bearbeiten Neuausgabe der Philippica fur die Nachkommen von Wilhelm Philipps Opherdicke Stand vom 1 September 1961 Witten Bommern 1961 S 10 Thorsten Jacobi In den Riss hineinstellen Wilhelm Philipps der Jungere 1891 1982 Dokumente aus seinem Leben fur Kirche und Diakonie von der Kaiserzeit bis in die Zeit des geteilten Deutschland Bielefeld 2021 S 49 60 Helmut Brautigam Salz und Sauerteig Der Pfarrer D Wilhelm Philipps und das Evangelische Johannesstift in Berlin als christlich soziales Experimentierfeld 1892 bis 1933 in Jahrbuch fur Berlin Brandenburgische Kirchengeschichte 73 Jahrgang 2021 S 220 Helmut Brautigam Mut zur kleinen Tat Das Evangelische Johannesstift 1858 2008 Herausgegeben vom Vorstand des Evangelischen Johannesstifts Berlin 2008 S 218ff 231f Zitiert bei Thorsten Jacobi In den Riss hineinstellen Wilhelm Philipps der Jungere 1891 1982 Dokumente aus seinem Leben fur Kirche und Diakonie von der Kaiserzeit bis in die Zeit des geteilten Deutschland Bielefeld 2021 S 65 Michael Hausler Dienst an Kirche und Volk Die Deutsche Diakonenschaft zwischen beruflicher Emanzipation und kirchlicher Formierung 1913 1947 Stuttgart Berlin Koln 1995 S 227 Peter Noss Diakonie oder Ideologie Das Berliner Evangelische Johannesstift in der NS Zeit in Norbert Friedrich Traugott Jahnichen Hrsg Sozialer Protestantismus im Nationalsozialismus Diakonische und christlich soziale Verbande unter der Herrschaft des Nationalsozialismus Munster 2003 S 69f Werner Danielsmeyer Fuhrungen Ein Leben im Dienste der Kirche Bielefeld 1982 S 57 59 Jurgen Kampmann Von der altpreussischen Provinzial zur westfalischen Landeskirche 1945 1953 Beitrage zur Westfalischen Kirchengeschichte 14 Bielefeld 1998 S 210 215 Martin Backhaus Diakonisches Werk Berlin Brandenburg Entwicklung in der Nachkriegszeit Stuttgart 1992 S 30 33 57 Neuausgabe der Philippica fur die Nachkommen von Wilhelm Philipps Opherdicke Stand vom 1 September 1961 Witten Bommern 1961 S 12 Normdaten Person GND 1249172128 lobid OGND AKS VIAF 274164298385208630009 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Philipps WilhelmALTERNATIVNAMEN Philipps Wilhelm der JungereKURZBESCHREIBUNG deutscher evangelischer Theologe und PfarrerGEBURTSDATUM 26 Dezember 1891GEBURTSORT Bommern Landkreis HagenSTERBEDATUM 20 Januar 1982STERBEORT Hagen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wilhelm Philipps Theologe 1891 amp oldid 232160014