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Der Begriff Weibermacht bezeichnet ein Motiv in der Kunst und Kulturgeschichte Das Sujet beschreibt den Triumph einer Frau und ihrer erotischen Macht und der Liebe uber den Mann In Dichtungen lassen sich Manner dabei zu Liebestorheiten verleiten Besonders machtige weise starke und schone Manner verlieren Selbstbeherrschung Tugend Herrschaft oder sogar ihr Leben in Werken von Frauenlob Reinmar von Zweter Hugo von Montfort u a In der Kritik an den Zustanden der hofischen Gesellschaft wibes meisterschaft Freidank wird die Frau als Sinnbild der Wollust Luxuria gesehen sie verfuhrt zur Weltminne und lenkt von der Gottesminne ab Der Holzschnitt Weibermacht 1513 von Hans Baldung Grien Phyllis reitet auf Aristoteles Inhaltsverzeichnis 1 Motive 2 Vorkommen 3 Theorie 4 Grafik 5 Weiberlisten 6 Weiberregiment 7 Siehe auch 8 Literatur 9 AnmerkungenMotive BearbeitenIn der hofischen Umgebung erscheint das Motiv bereits seit dem hohen Mittelalter in differenzierten Ausfuhrungen Die Stoffe dazu stammen aus allen Zeiten so steht das Alte Testament neben der Marchenliteratur der Novellenliteratur Legenden und antiker Mythologie Aristoteles und Phyllis 1 Salomons Gotzendienst 2 Samson und Delilah 3 Judith und Holofernes Vergil im KorbUnter anderem auch als Verbindungen mit Adam und Eva David und Bathseba Lot und seine Tochter Jael und Sisera Isebel und Ahab Herkules und Omphale Herodes Herodias und SalomeVorkommen Bearbeiten nbsp Samson und Delilah Rathaus Tallinn nbsp Herkules bei Omphale Herkules verrichtet Frauenarbeit Lucas Cranach der AltereBesonders in der Druckgraphik sind Einzeldarstellungen in Folgen vorhanden wobei es jedoch keinen Kanon gibt Orte und Zusammenhange von Darstellungen sind sehr verschieden Als Bauschmuck finden sich u a Darstellungen an der Kathedrale von Lyon der Kathedrale von Rouen und der Kathedrale von Auxerre Auch an franzosischem niederlandischem und deutschem Chorgestuhl sind Darstellungen zu finden Ausstattungen von Rathausern zeigen auch Darstellungen der Weibermacht so u a im Rathaus von San Gimignano im Alten Rathaus Regensburg im Lubecker Rathaus im Rathaus Koln im Rathaus Dobeln und im Tallinner Rathaus Das offentliche Interesse am Sujet vom 14 16 Jahrhundert zeigt z B das Haus zur Kunkel in Konstanz mit seiner Innenausstattung Das hofische Kunsthandwerk produzierte nicht nur Kleinplastiken wie Aquamanile und Minnekastchen sondern auch Wandteppiche und Glasmalerei Auch Zeichnungen auf Gebrauchsgegenstanden sind vorhanden Theorie BearbeitenIn Gesellschaftsentwurfen der Aristokratie wie im De amore von Andreas Capellanus im Frauenbuch u a des Ulrich von Liechtenstein und in Werken von Dirc Potter unterscheidet man zwischen amor purus der puren hohen wahren und vernunftigen Liebe sowie der amor mixtus der niedrigen falschen und blinden Liebe Dabei wird die Liebe rationalisiert Merkmal des hofischen Diskurses uber die Liebe sind die Affektkontrolle und die Vergeistigung des Triebes Diese reine Liebe zeigt sich auch in dem utopischen Konzept des Minnedienstes den ein ergebener Ritter seiner Herrin leistet Im Zusammenhang mit dieser Vorstellung stellen die Stoffe der Weibermacht die Musterbeispiele der torichten Liebe dar Vor allem in der 1 Halfte des 16 Jahrhunderts gehoren Darstellungen des Motivs zur Bandbreite reprasentativer Kunst am Hof hervorzuheben sind hier besonders Gemalde der Werkstatt von Cranach d A Die Art der Darstellung von Liebestorheiten zeigt beim ritterlichen Turnier dem eigentlichen Ort des Minnedienstes auch oft eine abwertend ironische Beschreibung des Konzepts der reinen Liebe im Minnedienst Goldenes Dachl Margarete von Angouleme verteidigte die reine Liebe noch 1558 in ihrem posthum erschienenen Werk Heptameron gegen mannlichen Hohn Der geltenden ungleichen Moral im Geschlechterverhaltnis von Frauen und Mannern wird die parodistische Umkehrung der Rollen in der Gesellschaft an die Seite gestellt Anspielungen auf Lustgewinn durch Kontrollverlust bzw Rollentausch oder auch Fingerzeige auf weibliche erotische Ausstrahlung sind gerade bei Hochzeiten von Fursten zu finden In Folge der Reformation wurde die Rolle der Frau reformuliert Flugblatter die das Motiv nur noch adaptierten persiflierten die Suche nach einer neuen Rangordnung der Partner in der Ehe Der Humor ging dabei jedoch meist auf Kosten der Frauen Grafik Bearbeiten nbsp Buchstabe N Figurenalphabet Eine junge Frau schlagt mit dem Stock auf den blossen Hintern des vor ihr knienden Monchs dem wurdelos die Zunge aus dem Hals hangt Meister E S Beginnend mit der zweiten Halfte des 15 Jahrhunderts verbreitete sich das Sujet in der Druckgraphik Meister E S Hausbuchmeister Meister MZ Ambrosius Holbein Mair von Landshut Albrecht Altdorfer Hans Baldung Georg Pencz Hans Sebald Beham Besonders die Holzschnittfolgen von Hans Burgkmair und Lucas van Leyden sind hervorzuheben Dirck Volkertszoon Coornhert nach Maarten van Heemskerck und Philipp Galle fertigten Kupferstiche mit dem Motiv Die lateinischen oder niederlandischen Texte die den Bildern zum Teil beigegeben sind sehen Wollust Ehebruch usw als Laster der Frauen Weiberlisten Bearbeiten nbsp Stehende Hexe mit Ungeheuer Hans BaldungAb 1500 wurden Frauen fur das Sexualverhalten der Manner und deren Selbstdisziplin verantwortlich gemacht Triebhaftigkeit und Willensschwachheit im Kontext der Weibermacht noch auf die Manner projiziert wurden nun den Frauen zugeschrieben In der literarischen Standekritik fand zuvor eine Themenverschiebung statt von der triumphalen Liebe zum Gegensatz gute reine Frau zu bose sundige Frau Geschichten der Weibermacht wurden umgedeutet zu Geschichten der Weiberlist Die Weiberlist wolle Manner betrugen und ihnen schaden sie konne einen erotischen Aspekt haben Im Narrenschiff lassen sich Beispiele dafur finden Der Begriff Weiberlist ist als buler kunst und bulschaft einseitig negativ besetzt beispielsweise in Kapitel 13 Von Buhlschaft Venus mit dem strohernen Steiss In Kapitel 64 Von bosen Weibern wird von Salome und Medea berichtet Doktor Murners Narrenbeschwerung und Gauchmat von Thomas Murner sind weitere Beispiele sowie Fastnachtsspiele von Hans Sachs und Hans Folz Das hangt erkennbar zusammen mit der Verbreitung einer ehelichen Moralvorstellung bzw eines Ehemodells in gleichzeitig erscheinender moraldidaktischer Literatur besonders zur Zeit der Reformation Der Charakter der Hexe wird in theologischen und moralistischen Traktaten und Texten Hexenhammer in der 2 Halfte des 15 Jahrhunderts zum Archetypus der Weiberlist Die Hexe als Inbegriff des Topos zeigt nicht nur Listigkeit sondern auch erotische Macht Diese Macht erscheint jedoch nicht nur in der positiven Form der Verfuhrung sondern in der Verzauberung beispielsweise auch in negativer Form So wurde Hexen vorgeworfen die mannlichen Genitalien weggehext und den Mann dadurch impotent gemacht zu haben oder Frauen unfruchtbar gehext zu haben Taten des Schadenszaubers sind eine besonders radikale Art der Weiberlisten Weibermacht die von Hexen ausgeht wird als besonders gefahrlich gesehen Sie entspringt der Damonologie und ruhrt von einem Pakt mit dem Teufel In der Figur der Hexe konnen unterschiedliche Motive der Weibermacht ineinander greifen Illustrierende Holzschnitte dienen in theologischen Traktaten den Anklagen der Inquisition und agitieren fur die Hexenverfolgung Tractatus von den bosen weibern die man nennet Hexen Ulrich Molitor Der neu Layenspiegel Hans Schaufelin Hexen dienen in der bildenden Kunst als Gestalten der Wildleute Altdorfer als allegorisches Element in der Verkehrten Welt Durer sie reflektieren erotische Fiktionen und sie bedienen mannliche Voyeure auf erotischen Akten Kombinationen verschiedener Aspekte der Weibermacht als vollends nicht hinnehmbarer Tausch der Geschlechterrollen sind in den folgenden Jahrhunderten bei der Neudefinition der Rollen von Bedeutung Weiberregiment BearbeitenIm Unterschied zur Weibermacht beschreibt das Weiberregiment veranschaulicht seit dem spaten Mittelalter als Kampf um die Hose den Kampf um die Herrschaft im Haus Das Motiv ist oft verbunden mit der bosen und schlagenden Frau Der Begriff zeigt nicht nur die Angst vor der korperlichen Anziehungskraft der Frau sondern auch vor ihrer dominanten Stellung als Frau des Hauses Theologen verurteilten diesen Zustand seit dem Mittelalter als Perversion der gottlichen Ordnung also Umkehrung der Geschlechterordnung Augustinus bezeichnete es als dominum mulierum In der Literatur des Grobianismus im 16 Jahrhundert erlebt das Thema einen ersten Hohepunkt Das Motiv der Verkehrten Welt kann auch mit dem Weiberregiment zusammenhangen In polemischen Karikaturen vom 16 19 Jahrhundert wird das Motiv in aktuelle Zusammenhange mit dem Geschlechterkampf gestellt Seit dem 18 Jahrhundert werden internationale Machtkampfe von Staaten allegorisch mit dem Motiv dargestellt Siehe auch BearbeitenFemme fatale Querelle des femmes Meister der Weibermacht MaltererteppichLiteratur BearbeitenE A Seemann Weiberregiment Weibermacht Weiberlisten Lexikon der Kunst Band 7 Leipzig 1994 S 739 740 Digitale Bibliothek Band 43 Lexikon der Kunst S 37722 3 Kristina Bake Ein neuer Korb voll Venuskinder die Weibermacht auf illustrierten Flugblattern des 16 und 17 Jahrhunderts aus Bestanden des Grafischen Kabinetts Staatl Galerie Moritzburg Halle 2001 S 3 5 Jutta Held Die Weibermacht in Bildern der Kunst von der fruhen Neuzeit bis zum Beginn des 20 Jahrhunderts in Ursula Aumuller Roske Hrsg Frauenleben Frauenbilder Frauengeschichten Centaurus 1988 S 61 74 Susan Louise Smith To women s wiles I fell the power of women topos and the development of medieval secular art Ph D University of Pennsylvania 1978 Valeska Doll Paar Darstellungen bei Hans Baldung Grien unter besonderer Berucksichtigung der Weibermacht Thematik speziell bei Phyllis und Aristoteles und Adam und Eva Darstellungen Magisterarbeit Ludwig Maximilians Universitat Munchen 1995 Wolfgang Stammler Aristoteles Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte I 1936 S 1027 1040 Leopold Ettlinger Ehebrecherfalle Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte IV 1956 786 791 Andras Vizkelety Minnesklaven Lexikon der christlichen Ikonographie Band 3 1971 Sp 269 Friedrich Mauer Der Topos von den Minnesklaven Zur Geschichte einer thematischen Gemeinschaft zwischen bildender Kunst und Dichtung im Mittelalter in Deutsche Vierteljahresschrift fur Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 27 1953Anmerkungen Bearbeiten N H Ott Aristoteles D Ikonographie in Lexikon des Mittelalters Band 1 Metzler Stuttgart 1977 1999 Spalten 947 948 J Engemann Salomo D Ikonographie in Lexikon des Mittelalters Band 7 Metzler Stuttgart 1977 1999 Spalte 1313 1314 N H Ott Samson jud Heros II Westen in Lexikon des Mittelalters Band 7 Metzler Stuttgart 1977 1999 Spalte 1345 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Weibermacht amp oldid 236007969