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Querelle des femmes auch Querelle des sexes bezeichnet die jahrhundertelange Debatte uber die Geschlechterordnung in Texten und Bildern seit dem Spatmittelalter bis zur Franzosischen Revolution Der Begriff der Ende des 19 Jahrhunderts von der Romanischen Literaturwissenschaft gepragt wurde 1 stellt ein Phanomen zunachst der franzosischen Kulturgeschichte dar das sich auf ganz Europa ausdehnte Inhaltsverzeichnis 1 Wortbedeutung 2 Geschichte 3 Siehe auch 4 Literatur 5 EinzelnachweiseWortbedeutung BearbeitenDie Bedeutung von querelle selbst ist einem historischen Wandel unterworfen Der Begriff verweist auch in seiner englischen spanischen und italienischen Entsprechung quarrel querela auf Streitgesprach Auseinandersetzung Kontroverse Hinsichtlich seiner sprachlichen Gestalt ist er mehrdeutig Querelle des femmes des sexes deutsch Frauen Geschlechter kann sowohl Streit der Frauen beziehungsweise der Geschlechter als auch Streit um die Frauen beziehungsweise um die Geschlechter bedeuten Frauen konnen somit sowohl Subjekte als auch Objekte der Debatte sein Heute wird unter Querelles des Femmes ein umfassender Geschlechterstreit in Wort und Bild verstanden der sich seit seinem Beginn mit der sozialen und geistigen Stellung der Frau innerhalb der Gesellschaft befasste Er dauerte bis zur Franzosischen Revolution und daruber hinaus und erstreckte sich uber ganz Europa 2 Geschichte BearbeitenGesichert ist dass es spatestens seit dem 14 Jahrhundert einen regen Verkehr an Schriften gab in denen uber die Stellung der Frauen und die Geschlechterordnung diskutiert wurde Ausgehend von einem rein theologischen Bestreben durch gottliche Ordnung das naturliche Chaos der Geschlechter zu uberwinden eigneten sich zunachst Juristen die Thematik an um die Rechtsungleichheit von Mann und Frau zu untermauern Weltliche Gelehrte nahmen den Diskurs schliesslich auf und er verbreitete sich langsam im Bewusstsein aller gesellschaftlichen Schichten Es blieb ein uberwiegend mannlicher Diskurs auch wenn sich zunehmend gelehrte Frauen und Kunstlerinnen beteiligten Gestritten wurde uber mannliche und weibliche Tugenden Laster und Fahigkeiten um Geschlechterhierarchien und darum ob die mannliche Behandlung des weiblichen Geschlechts in der Literatur wie im Alltagsleben angemessen oder verfehlt sei Die franzosische Schriftstellerin Christine de Pizan 1364 1429 war die erste Frau die sich in dieser Frage zu Wort meldete Um 1404 5 schrieb sie das umfangreiche Werk Le Livre de la Cite des Dames Das Buch von der Stadt der Frauen zur Verteidigung der Frauen und als Antwort auf den Rosenroman des Klerikers Jean de Meun 1240 1305 in dem er das misogyne Frauenbild seiner Zeit zusammenfasste Pizans Schrift gilt als der Beginn der Querelle des femmes 3 Ein weiteres Beispiel ist die Schrift des Universalgelehrten und Arztes Agrippa von Nettesheim 1486 1535 Von dem Vorzug und der Furtrefflichkeit des weiblichen Geschlechts vor dem mannlichen in der er sich fur die Gleichheit der Geschlechter starkmachte 4 5 Im 16 Jahrhundert seit der Zeit der Regentschaft Elisabeths I entstanden Texte britischer Frauen als Antwort auf misogyne Tiraden geschrieben zu dem Zweck diese zu widerlegen 6 In den Salons des 17 Jahrhunderts wurde der Debatte ein Ort gegeben wo unter der Leitung von Frauen uber gesellschaftliche Probleme diskutiert wurde Dort wurden auch der Cartesianismus mit feministischen Komponenten versehen und verbreitet sowie Konzepte fur ein anderes Geschlechterverhaltnis erstellt Die Pragung des Begriffs Preziositat als Lebens Empfindungs und Ausdrucksweise eines vorab weiblichen Salonpublikums spielte sich im Rahmen der laufenden emanzipatorischen Diskussionen ab Die damit verbundene teilweise uberspitzte Kultiviertheit wurde von Moliere in seiner Komodie Les Precieuses ridicules Die lacherlichen Preziosen dem Gelachter preisgegeben Mit dem Aufkommen der Akademien wurde der weibliche Einfluss jedoch gehemmt da Frauen nicht zugelassen waren und somit der offizielle Ausschluss von Frauen aus der Wissenschaft begann Francois Poullain de La Barre gilt als der erste der eine philosophische Untermauerung fur die Theorie der Gleichheit der Geschlechter entwickelte In seinem viel rezipierten Werk De l Egalite des deux Sexes 1673 argumentiert er dass die mannliche Herrschaft nicht naturbedingt sondern grossteils anerzogen sei und pladiert fur eine Verbesserung der Frauenbildung Seine Schlussfolgerung lautete Der Verstand hat kein Geschlecht Eine konsequente Praktikerin der Verbesserung der gesellschaftlichen Stellung der Frauen im fruhen 17 Jahrhundert war die englische Adlige Maria Ward die auf der Basis des versuchten Aufbaus eines Frauenordens Institute zur Ausbildung fur Madchen und junge Frauen in Mitteleuropa grundete Sie konnte erst von der hochsten kirchlichen Instanz den Papsten blockiert werden doch setzte sich ihr Werk unter ihren Nachfolgerinnen und mit zunehmender kirchlicher und weltlicher Unterstutzung kontinuierlich fort 1877 erhielten die Institute der englischen Fraulein die papstliche Anerkennung und 2009 wurde Maria Ward von Papst Benedikt XVI der Ehrentitel Ehrwurdige Dienerin Gottes zuerkannt Die Gegenposition die auf einem fundamentalen Unterschied der Geschlechter und der Nachrangigkeit der Frau beharrte setzte sich jedoch ab der Franzosischen Revolution durch was wiederum ausgehend vom Gleichheitsversprechen der europaischen Aufklarung die Kritik daran zur Folge hatte Umstritten ist ob die heterogenen fruhneuzeitlichen Schriften der Querelles des femmes als Feminismus avant la lettre auch Fruh oder Proto Feminismus gelten konnen Die Philosophiehistorikerin Elisabeth Gossmann betont die praktische Relevanz der Querelles fur die Frauen und Madchenbildung ein Thema das in der Ersten Frauenbewegung zentral wurde Gisela Bock zieht das Fazit dass die Querelles des Femmes breiter gefasst seien als der moderne Feminismus Begriff da sie nicht nur die frauenfreundlichen sondern auch die frauenfeindlichen Texte einschliesst 7 Siehe auch BearbeitenFrauengeschichte Frauenbewegung Feminismus Ob die Weiber Menschen seyn oder nicht Literatur BearbeitenClaudia Opitz Belakhal Querelles des femmes als Proto Feminismus In dies Geschlechtergeschichte Historische Einfuhrungen Campus Verlag 2010 ISBN 978 3 593 39183 0 S 130f Friederike Hassauer Hrsg Heisser Streit und kalte Ordnung Epochen der Querelle des femmes zwischen Mittelalter und Gegenwart Wallstein Verlag Gottingen 2008 ISBN 978 3 8353 0124 5 Gisela Bock Margarete Zimmermann Hrsg Die europaische Querelle des Femmes Geschlechterdebatten seit dem 15 Jahrhundert Querelles Jahrbuch Band 2 1997 PDF Magdalena Drexl Weiberfeinde Weiberfreunde Die Querelles des Femmes im Kontext konfessioneller Konflikte um 1600 Geschichte amp Geschlechter Band 52 Campus Verlag Frankfurt am Main 2006 ISBN 3 593 38001 3 Gisela Engel Friederike Hassauer Brita Rang Heide Wunder Hrsg Geschlechterstreit am Beginn der europaischen Moderne Die Querelle des Femmes Ulrike Helmer Verlag Konigstein im Taunus 2004 ISBN 3 89741 170 9 Elisabeth Gossmann Hrsg Archiv fur philosophie und theologiegeschichtliche Frauenforschung Bande 1 8 Iudicium Munchen 1984 2004 Einzelnachweise Bearbeiten Elisabeth Gossmann Frauengelehrsamkeit 17 Jahrhundert In Andrea van Dulmen Hrsg Frauen Ein historisches Lesebuch Beck sche Reihe Munchen 1988 ISBN 3 406 33117 3 S 232 234 hier S 232 nach Gisela Brinker Gabler Hrsg Deutsche Literatur von Frauen Gisela Bock Margarete Zimmermann Die Querelle des Femmes in Europa Eine begriffs und forschungsgeschichtliche Einfuhrung Querelles Jahrbuch fur Frauenforschung Band 2 1997 PDF Ute Gerhard Geschlechterstreit und Aufklarung In dies Frauenbewegung und Feminismus Eine Geschichte seit 1789 2 Auflage C H Beck Munchen 2012 ISBN 978 3 406 56263 1 S 11 f Claudia Opitz Belakhal Geschlechtergeschichte Historische Einfuhrungen Campus Verlag 2010 ISBN 978 3 593 39183 0 S 130 f Jorg Jungmayr Einfuhrung zu Henricus Cornelius Agrippa von Nettesheim zu Valens Acidalius und der Gegenschrift von Gediccus Deutsche Ubersetzung von 1540Vom Adel vnnd furtreffen Weibliches geschlechts Herrn Henrici Cornelij Agrippe Loblichs Buchlin In Elisabeth Gossmann Hrsg Archiv fur philosophie und theologiegeschichtliche Frauenforschung Band 4 Iudicium Munchen 1996 erste Auflage 1988 ISBN 3 89129 004 7 S 46 52 und 63 100 Moira Ferguson Feministische Polemik Schriften englischer Frauen von der Spatrenaissance bis zur Franzosischen Revolution In Querelles Jahrbuch 2 1997 S 292 316 pdf Claudia Opitz Belakhal Geschlechtergeschichte Historische Einfuhrungen Campus Verlag 2010 ISBN 978 3 593 39183 0 S 132 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Querelle des femmes amp oldid 228281454