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Christine de Pizan bzw de Pisan 1364 in Venedig nach 1429 vermutlich in Poissy war eine franzosische Schriftstellerin und Philosophin venezianischer Herkunft Sie gilt als die erste Autorin der franzosischen Literatur die von ihren Werken leben konnte Ihr heute bekanntestes Werk ist Le Livre de la Cite des Dames Das Buch von der Stadt der Frauen das aus heutiger Sicht als eines der ersten feministischen Werke Europas gilt und Ausloser fur die Querelle des femmes war 1 Christine de Pizan mit ihrem Sohn Jean de Castel Bedford Meister Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Schaffen 2 Werke 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben und Schaffen BearbeitenGeboren in Venedig als Tochter des Astrologen und Arztes Tommaso da Pizzano 2 kam sie als vierjahriges Madchen nach Paris als ihr Vater zum Astrologen und Leibarzt von Konig Karl V berufen wurde Ihrem Vater verdankte sie eine gute Bildung in Latein Geometrie und Arithmetik die sie spater durch umfangreiche Lekture alterer und zeitgenossischer theologischer und profaner Literatur in franzosischer und lateinischer Sprache erweiterte Im Alter von funfzehn Jahren wurde Christine mit dem kleinadeligen koniglichen Sekretar Etienne du Castel 1354 1390 verheiratet und bekam in der Folge drei Kinder mit ihm Nach dem Tod ihres Vaters 1387 und dem ihres Mannes der 1390 einer Seuche erlag hatte sie mit langwierigen Erbschaftsprozessen und daraus resultierenden finanziellen Problemen zu kampfen Neben ihren Kindern musste sie auch ihre Mutter und zwei jugendliche Bruder versorgen Da an eine Wiederverheiratung mit solchem Anhang und ohne Vermogen kaum zu denken war besann sie sich auf ihr dichterisches Talent und begann Balladen Lais und Rondeaus zu verfassen wobei sie sich Eustache Deschamps zum Vorbild nahm Fur ihre Kinder verfasste sie zunachst das Erziehungsbuch Buch der Klugheit das sie gegen das hierbei ubliche Entgelt Philipp dem Kuhnen widmete dem Herzog von Burgund einem Sohn des franzosischen Konigs Johann II nbsp Christine de Pizan liest vor einer Mannergruppe Hiernach gewann sie rasch weitere zahlungskraftige Mazene denen sie ihre Werke widmete und uberreichte darunter die franzosische Konigin Isabeau de Baviere und die ebenfalls zur koniglichen Familie gehorenden Herzoge Johann von Berry Ludwig von Orleans und Johann Ohnefurcht von Burgund der Nachfolger Philipps des Kuhnen Christine thematisierte als Lyrikerin zunachst die Liebe wobei sie vor allem in sehr personlich wirkender Weise den Verlust ihres Gatten beklagte Ballades du veuvage Cent ballades d amant et de dame Spater verfasste sie nicht nur in Versform sondern auch in Prosa mehr lehrhaft philosophische Werke z B den Furstenspiegel L Epitre d Othea 1400 3 oder die Betrachtungen uber das Wirken Fortunas in der Geschichte und in ihrem eigenen Leben in La Mutation de Fortune 1403 Daruber hinaus reagierte sie in politisch motivierten Werken auf die Burgerkriege im Frankreich des intermittierend geistesgestorten Konigs Karl VI 1380 1422 hinter dem standig verschiedene Personen und Parteien insbesondere die Bourguignons und Armagnacs um die Macht im Staate kampften und dabei immer wieder auch England in ihre Streitereien hineinzogen Burgerkrieg der Armagnacs und Bourguignons Schlacht von Azincourt Zu diesen Werken zahlen beispielsweise Le Livre des faits d armes et de chevalerie 1410 Lamentations sur les maux de la guerre 1410 und Le Livre de la paix 1413 Ebenfalls politisch intendiert war eine apologetische Biografie 1404 des Gonners ihres Vaters und grossen Konigs Karl V der mit Hilfe seines tuchtigen Feldherrn Bertrand du Guesclin die Englander fast aus Frankreich hinausgedrangt und das Land vorubergehend befriedet hatte Vielleicht war es Christine die Karl den Beinamen der Weise le Sage verschaffte 1399 kritisierte sie die Misogynie der Manner ihres gesellschaftlichen Umfeldes und insbesondere die von Jean de Meung im Rosenroman womit sie die sogenannte Querelle du Roman de la rose entfesselte den ersten Pariser Literatenstreit in der Geschichte der franzosischen Literatur in den sie selbst mit ihrer Epitre au dieu d amours ebenfalls 1399 eingriff 1401 verfasste sie Le Dit de la rose der die fiktive Grundung eines die Frauen schutzenden Rosenordens beschreibt Von 1404 datiert ein Traktat zur richtigen Erziehung der Madchen Le Livre des trois vertus nbsp Miniatur in einer Pariser Handschrift der Cite des Dames Anfang 15 Jh Meister der Cite des Dames 1405 stellte sie ihr aus heutiger Sicht interessantestes Werk fertig Le Livre de la Cite des dames In ihm weist sie in Reaktion auf eine Veroffentlichung von Matthaeus von Boulogne und am Beispiel bedeutsamer Frauengestalten aus der biblischen und profanen Geschichte auf die verkannten Fahigkeiten der Frau hin und entwickelt das Bild einer utopischen Gesellschaft in der den Frauen gleiche Rechte gewahrt werden Hierin schreibt sie u a Diejenigen die Frauen aus Missgunst verleumdet haben sind Kleingeister die zahlreichen ihnen an Klugheit und Vornehmheit uberlegenen Frauen begegnet sind Sie reagierten darauf mit Schmerz und Unwillen und so hat ihre grosse Missgunst sie dazu bewogen allen Frauen Ubles nachzusagen Da es aber kaum ein bedeutendes Werk eines angesehenen Verfassers gibt das nicht Nachahmer fande so gibt es gar manche die sich aufs Abschreiben verlegen Sie meinen das konne gar nicht schiefgehen da andere bereits in ihren Buchern das gesagt haben was sie selbst sagen wollen wie etwa die Frauenverunglimpfung von dieser Sorte kenne ich eine ganze Menge Das Buch von der Stadt der Frauen S 51 52 Daruber hinaus zeigte sie in ihrem Hauptwerk wie die negativen Aussagen der Gelehrten uber das weibliche Geschlecht 4 auf die Frauen wirkten Sie beschreibt ihre eigenen Zweifel in einem fiktiven Dialog mit Gott in dem sie ihm zunachst vorwirft Gott habe mit der Frau ein niedertrachtiges Wesen erschaffen um dann jedoch zu dem Schluss zu kommen dass Du Gott selbst und zwar auf eine ganz besondere Weise die Frau erschaffen hast Es ist doch undenkbar dass du in irgendeiner Sache versagt haben solltest Ihr Vertrauen in Gottes Weisheit lasst sie ihre Selbstzweifel uberwinden und ermutigt sie dazu Das Buch von der Stadt der Frauen zu verfassen Nachdrucklich betont sie ihren Glauben daran dass nicht der geringste Zweifel daran bestehen kann dass die Frauen ebenso zum Volke Gottes gehoren wie die Manner Zitate Das Buch von der Stadt der Frauen S 37 und S 218 Ab 1418 dem Beginn einer der schlimmsten Phasen des Hundertjahrigen Krieges wohnte sie zuruckgezogen bei ihrer Tochter Marie im Kloster der Dominikanerinnen von Saint Louis de Poissy Dort erlebte sie 1429 noch die militarischen Leistungen von Jeanne d Arc der Jungfrau von Orleans und widmete ihr 1430 nach schon langerem Schweigen einen Lobpreis das Dictie en l honneur de la Pucelle Hiernach ist nichts mehr bekannt uber sie Vermutlich starb sie bald nach 1430 in Poissy In der franzosischen Literaturgeschichtsschreibung wurde Christine de Pizan lange Zeit eher stiefmutterlich behandelt doch heute gilt sie als die mit Abstand produktivste und vielseitigste aller Autorinnen ihrer Generation Literatur und Sozialwissenschaftlerinnen schatzen sie daruber hinaus auch als eine Frauenrechtlerin avant la lettre Einige Texte Pizans wurden von Komponisten ihrer Zeit vertont Ihr Liebesgedicht Dueil angoisseus rage demeseuree avancierte in der Fassung von Gilles Binchois zu einer der schonsten und traurigsten Balladen des 15 Jahrhunderts 5 Zwei ihrer Werke erschienen 1489 und 1521 in englischer Ubersetzung 6 Werke BearbeitenCent Ballades 1399 Epistre au Dieu d amours 1399 Le Debat de deux amants 1400 Le Livre des trois jugements amoureux 1400 Le Dit de Poissy 1400 L Epistre Othea 1400 Lettres sur le Roman de la Rose 1401 Oraison Nostre Dame 1402 Le Livre du Chemin de longue estude 1402 Le Dit de la Pastoure 1403 Le Livre de la Mutacion de Fortune 1403 Epistre a Eustache Morel E Deschamps 1404 Le Livre des faits et bonnes mœurs du sage roy Charles V 1404 Le Livre du duc des vrais amans 1404 Le Livre de la Cite des Dames 1405 Le Livre des Trois Vertus oder Le Tresor de la Cite des Dames 1405 Epistre a la Royne 1405 Le Livre de l advision Cristine 1405 Le Livre de Prudence oder Le Livre de la prod homie de l homme 1405 Le Livre du corps de policie 1407 Le Livre des fais d armes et de chevalerie 1410 La Lamentacion sur les maux de la France 1410 Le Livre de la Paix 1413 Epistre sur la prison de la vie humaine 1418 Les Heures de contemplacion sur la Passion de Nostre Seigneur 1420 Dictie en l honneur de la Pucelle oder Le Dictie de Jehanne d Arc 1429Deutsche AusgabenDas Buch von der Stadt der Frauen Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 1990 ISBN 3 423 02220 5 Das Buch von der Stadt der Frauen AvivA Verlag Berlin 2023 ISBN 978 3 949302 13 8Literatur BearbeitenFrancoise Autrand Christine de Pizan Fayard Paris 2009 ISBN 978 2 213 63642 9 Marilynn Desmond Pamela Sheingorn Myth Montage amp Visuality in Late Medieval Manuscript Culture Christine de Pizan s Epistre Othea University of Michigan Press Ann Arbor 2003 Annette Kuhn Marianne Pitzen Hrsg Stadt der Frauen Szenarien aus spatmittelalterlicher Geschichte und zeitgenossischer Kunst Frauen Museum Seminar fur Geschichte und Didaktik Politische Bildung und Frauengeschichte Universitat Bonn Zurich Dortmund 1994 Edition Ebersbach ISBN 3 905493 67 5 Ursula Krechel Mit den Bausteinen ihres Verstandes Christine de Pizan In Stark und leise Pionierinnen Jung und Jung Salzburg Wien 2015 ISBN 978 3 99027 071 4 Taschenbuchausgabe btb Munchen 2017 ISBN 978 3 442 71538 1 Monika Leisch Kiesl Die Dame Vernunft und das Schreiben von Geschichte Lady Reason and the Writing of History Christine de Pizans Livre de la Cite des Dames Georg Olms e K Hildesheim 2021 ISBN 978 3 487 16021 4 Regine Pernoud Christine de Pizan Paris 1982 in deutscher Ubersetzung Christine de Pizan Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 1990 ISBN 3 423 11192 5 Fee Isabelle Rautert Christine de Pizan zwischen Krieg und Frieden Die politischen Schriften 1402 1429 Kovac Hamburg 2005 ISBN 3 8300 2184 4 Michael Richarz Idealzustand und Krise Frankreichs in der politischen Theorie der Christine de Pizan Logos Berlin 2004 ISBN 3 8325 0784 1 Jean Yves Tilliette Cristina Christine da Pizzano de Pizan In Massimiliano Pavan Hrsg Dizionario Biografico degli Italiani DBI Band 31 Cristaldi Dalla Nave Istituto della Enciclopedia Italiana Rom 1985 Charity Willard Christine de Pizan Her Life and Works Persea Books New York 1984 Margarete Zimmermann Christine de Pizan Rowohlt Reinbek 2002 ISBN 3 499 50437 5Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Christine de Pizan Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikiquote Christine de Pizan Zitate nbsp Wikisource Christine de Pizan Quellen und Volltexte franzosisch Literatur von und uber Christine de Pizan im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Literatur von und uber Christine de Pizan im SUDOC Katalog Verbund franzosischer Universitatsbibliotheken Artikel in Namen Titel und Daten der franz Literatur Hauptquelle zum Abschnitt Leben und Schaffen Biographie und Gedichte franzosisch Christine de Pisan Livre de la mutation de fortune BSB Cod gall 11 Christine de Pisan bibliographical and biographical references Center for the History of Women Philosophers and ScientistsEinzelnachweise Bearbeiten Gerhard Ute Geschlechterstreit und Aufklarung In dies Hrsg Frauenbewegung und Feminismus eine Geschichte seit 1789 2 Auflage Beck Munchen 2012 ISBN 978 3 406 56263 1 S 11 Pizzano wo die Familie des Vaters Besitz hatte ist eine frazione von Monterenzio bei Bologna vgl Tilliette im Dizionario biografico degli Italiani Katrin Graf Christine von Pizan In Bildnisse schreibender Frauen im Mittelalter 9 bis Anfang 13 Jahrhundert Schwabe und Co AG Basel 2002 ISBN 3 7965 1589 4 S 54 bis 56 Wulf Hund Rassismus im Kontext S 12 Lexikon der Alten Musik auf BR Klassik Gilles Binchois in br klassik de 27 April 2021 abgerufen am 22 Juni 2021 Audiobeitrag inkl Musikbeispielen Gudrun Honke Margaret More Roper 1505 1544 Dir und keinem anderen Menschen sonst In Luise F Pusch Hrsg Tochter beruhmter Manner Neun biographische Portraits Insel TB Band 979 Frankfurt am Main 1988 ISBN 3 458 32679 0 S 9 45 hier S 43 Anm 20 Normdaten Person GND 118520644 lobid OGND AKS LCCN n50082339 VIAF 100188547 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Christine de PizanALTERNATIVNAMEN Christine de Pisan Cristina da PizzanoKURZBESCHREIBUNG franzosische SchriftstellerinGEBURTSDATUM 1364GEBURTSORT VenedigSTERBEDATUM nach 1429STERBEORT unsicher Poissy Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Christine de Pizan amp oldid 239024244