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Die Fundamente der langst verschwundenen Wustungskirche beim Hof Harmuthshausen wurden zufallig entdeckt und im Jahr 1975 freigelegt Anlass fur die Ausgrabung waren eine mittelalterliche Grabplatte die einige Jahre zuvor beim Pflugen zutage gefordert wurde und ein menschliches Skelett das beim Nachgraben an dieser Stelle zum Vorschein kam Etwas spater fand man den Kirchenbau aus dem 11 bis 14 Jahrhundert dessen Uberreste im Gelande restauriert wurden Die kleine Kapelle gehorte vermutlich zu Hademarshausen einer wust gefallenen Siedlung von bislang unbekannter Grosse und Ausdehnung und war wie der Ort vollig in Vergessenheit geraten und in der Landschaft nicht mehr sichtbar Nur der uberlieferte Flurname Beim Kirchhof erinnerte noch an das Gotteshaus 1 Die Relikte der Kirche werden wegen ihrer geschichtlichen Bedeutung als ein Kulturdenkmal geschutzt 2 Reste der Grundmauern des schmalen Anbaus und der Nordmauer des Kirchensaals Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Kirche 3 Grabplatten 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLage Bearbeiten nbsp Relikte der Fundamente des KirchensaalsDie ausgegrabenen Uberreste der Kirche des Dorfes Hademarshausen befinden sich unterhalb der Boyneburg auf einem sudlich des Gutshofes Hartmuthshausen gelegenen Acker der nach Nordwesten sanft abfallt Das Gut liegt im sudlichen Teil der Gemarkung von Datterode einem Ortsteil der Gemeinde Ringgau im nordhessischen Werra Meissner Kreis Westlich sudlich und ostlich grenzt der Bereich an die Gemarkung von Wichmannshausen einem Ortsteil der Stadt Sontra Naturraumlich wird das Gebiet in dem Grenzbereich des Sudlichen Ringgaus und der langgestreckten Netra Ifta Talung den Nordwestlichen Randplatten des Thuringer Beckens zugerechnet Nach Westen geht die Landschaft in die Teileinheit Hosbach Sontra Bergland des Fulda Werra Berglands uber 3 In den Schriftquellen wurde das Dorf am Fusse der Boyneburg zu dem die Kirche gehorte um 1141 vermutlich als Hatheburghusen 4 und 1320 erstmals als Hademarishusen gesichert erwahnt Damals war es mit drei Hofen und ebenso vielen Hufen im Besitz derer von Boyneburg Es wird vermutet dass nach 1370 der Ort in der Wustungsperiode des Spatmittelalters aufgegeben worden ist Spatestens um 1585 stand im Bereich der ehemaligen Dorfstatte wieder ein Hof mit dem Namen Hermanshausen als Besitz derer von Boyneburg Spater nannte man diesen Hof Harmeshausen und erstmals im Jahr 1738 so wie heute Harmuthshausen 1 5 Kirche BearbeitenDie Grundmauern der Kirche wurden von der Aussenstelle Marburg der Abteilung Archaologische Denkmalpflege im Landesamt fur Denkmalpflege Hessen 1975 vollstandig freigelegt Der alteste Teil des zweiperiodischen Kirchenbaus bestand aus einem einfachen Saal mit einer halbrunden Apsis und dem darin stehenden Altar In einer spateren Zeit wurde der Altarraum zu einem Rechteckchor erweitert so dass danach die aussere Gesamtlange der Kirche 16 20 m betrug Dicht vor der Ostwand des Chors wurden bei den Ausgrabungen uber der alteren Apsismauer Reste des Fundaments des Altars aus dieser Bauphase gefunden nbsp Unter dem Gitter befindet sich ein rund zweieinhalb Meter tiefer recht eckiger Schacht aus bearbeiteten Quader steinen eines vermutlichen BrunnensAn der Nordseite des Saals war nachtraglich ein schmaler Anbau errichtet worden der im Inneren etwas mehr als zwei Meter breit war Von einem weiteren Anbau nordlich des rechteckigen Chors zeigten sich nur noch luckenhafte Reste des Fundaments An seiner Nordostecke fand sich ein rund zweieinhalb Meter tiefer sich nach unten erweiternder rechteckiger Schacht aus gesetzten Quadersteinen der oben zwischen funfzig und achtzig Zentimeter breit ist Das raumliche und zeitliche Verhaltnis zu dem Anbau des vermutlich als ein Brunnen gegrabenen Schachts blieb unklar Eine fruher vermutete liturgische Funktion wird nicht mehr angenommen Die zwischen Saal und Chor verlaufende Mauer konnte ein Spannfundament gewesen sein Auf dem in Mortel gebundenen Estrichboden des Kirchensaals kam eine bis zu 10 cm dicke Brandschicht zum Vorschein die als Zerstorungsschicht angesehen werden kann die aber auch durch einen Brand nach der Aufgabe der Kirche entstanden sein konnte Der Eingang war nicht sicher nachzuweisen moglicherweise lag er an der sudlichen Saalwand In dem ausserhalb der Kirche untersuchten Bereich wurden einige Graber ausgegraben Auch innerhalb der Kirche fanden sich mehrere Beisetzungen In dem kleinen seitlichen Anbau bestattete man vermutlich adlige zur Boyneburg gehorende Personen Bei vielen Grabern war ein zeitliches Verhaltnis zu der Kirche nicht feststellbar Auch das Gebaude war archaologisch nicht zu datieren Es muss aber nach Ausweis der altesten Grabplatte die in die Zeit bald nach 1100 datiert wurde spatestens im fruhen 12 Jahrhundert errichtet worden sein Der Zeitpunkt der Aufgabe lag vermutlich fruhestens am Ende des 14 Jahrhunderts der endgultige Abbruch war eher spater 1 Grabplatten Bearbeiten nbsp Die Grabplatte mit der Plastik einer Frau wurde 1971 zutage gefordert Die einem steinernen Sarkophag nachgebildete Grabplatte aus rotem Buntsandstein mit der darin eingebetteten Plastik einer Frau wurde 1971 an der damals noch nicht entdeckten Nordmauer der Kirche zutage gefordert Ein zehn Zentimeter breiter Rahmen umschliesst einen acht Zentimeter tiefen Reliefraum in dem erhaben die nicht deutbare menschliche Figur herausgearbeitet wurde Der ungewohnlichen Haltung ihrer ausgestreckten Arme mit den nach innen abgewinkelten Handen begegnet man nur noch an einer figurlichen Grabplatte in der Kirche zu Trebsen an der Mulde Der uberregional bedeutende Fund steht nach Meinung des Historikers Friedrich Karl Azzola am Anfang der figurlichen in Stein gehauenen Grabplastik des hohen Mittelalters Mit den jungeren Grabplatten der Abtissinnen der ehemaligen Stiftskirche St Servatius zu Quedlinburg und einigen anderen ist die Platte aus der ergrabenen Kirche von grosser Bedeutung fur die Sepulkralkultur des thuringisch sachsischen Hochadels in der ersten Halfte des 12 Jahrhunderts Fur Azzola entstand die Platte vor 1144 als die Boyneburg noch im Besitz der Grafen von Northeim war Offensichtlich diente die kleine Kirche unter der Boyneburg als Grablege da die Northeim Boyneburger sich noch nicht das Kloster Cornberg als Grablege gestiftet hatten nbsp Die mit einem Kreuz verzierte Grabplatte wurde 1975 unbeschadigt aus grosserer Tiefe im nordlichen Anbau der Kirche geborgen Die andere Grabplatte wurde im Jahr 1975 unbeschadigt aus grosserer Tiefe im nordlichen Anbau der Kirche geborgen Sie lag bei ihrer Auffindung wahrscheinlich nicht mehr in der ursprunglichen Position Die Platte mit einem in erhabenem Flachrelief verzierten Kreuz das unten in einer kleinen Scheibe endet ist etwas junger als die figurliche Platte und durfte in der zweiten Halfte des 12 Jahrhunderts entstanden sein als auf der Boyneburg Reichsministeriale sassen Nach Ansicht Azzolas folgten die Angehorigen der oder des Verstorbenen offensichtlich nicht dem damaligen Brauch eine Grabplatte mit einem schlichten Stabkreuz zu versehen Sie orientierten sich vielmehr bei dieser Platte fur ihre Grablege unter der Burg an ihrem zeitgenossischen Christusbild der Majestas Domini und gaben dementsprechend ein Kreuz mit einer Erdscheibe als Fuss in Auftrag 6 7 8 Die beiden an der Kirche freigelegten Grabplatten werden am Gut Harmuthshausen unter einem Schutzdach ausgestellt Literatur BearbeitenKlaus Sippel Die Wustungskirche bei Hof Hartmutshausen Fuhrungsblatt zu einer wiederentdeckten Kirche unterhalb der Boyneburg bei Ringgau Datterode Herausgegeben von der Abteilung Archaologische und Palaontologische Denkmalpflege im Landesamt fur Denkmalpflege Hessen und der Archaologischen Gesellschaft in Hessen e V Wiesbaden 1997 Erich Hildebrand Bearb Land an Werra und Meissner Ein Heimatbuch 3 Auflage Historische Gesellschaft des Werralandes Hrsg Eschwege 1990 S 429 f Karlfritz Saalfeld Kleindenkmaler im Werra Meissner Kreis Eine erste Dokumentation Selbstverlag des Werratalvereins Witzenhausen Witzenhausen 1995 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Wustungskirche beim Hof Harmuthshausen Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten a b c Klaus Sippel Die Wustungskirche bei Hof Harmuthshausen Fuhrungsblatt zu einer wiederentdeckten Kirche unterhalb der Boyneburg Peer Zietz in Zusammenarbeit mit Thomas Wiegand Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Kulturdenkmaler in Hessen Werra Meissner Kreis I Altkreis Eschwege S 303 f Hans Jurgen Klink Blatt 112 Kassel In Naturraumliche Gliederung nach der Geographischen Landesaufnahme des Instituts fur Landeskunde Julius Schmincke Das ehemalige Gericht Jestadt in Zeitschrift des Vereins fur hessische Geschichte und Landeskunde Zehnter Band Kassel 1865 S 3 Harmuthshausen Werra Meissner Kreis Historisches Ortslexikon fur Hessen Stand 5 Oktober 2018 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Hessisches Institut fur Landesgeschichte abgerufen am 3 Mai 2022 Friedrich Karl Azzola Fruhe mittelalterliche Steinbildwerke im Werra Meissner Kreis In Land an Werra und Meissner Ein Heimatbuch S 105 f Friedrich Karl Azzola Die beiden an der Kirche freigelegten Grabplatten Informationstafel der Historischen Gesellschaft des Werralandes 1988 Karlfritz Saalfeld Kleindenkmaler im Werra Meissner Kreis S 203 f 51 101706 10 025469 Koordinaten 51 6 6 1 N 10 1 31 7 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wustungskirche beim Hof Harmuthshausen amp oldid 222571963