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Die Warmeleitungsgleichung oder Diffusionsgleichung ist eine partielle Differentialgleichung zur Beschreibung der Warmeleitung Sie ist das typische Beispiel einer parabolischen Differentialgleichung beschreibt den Zusammenhang zwischen der zeitlichen und der raumlichen Anderung der Temperatur an einem Ort in einem Korper und eignet sich zur Berechnung instationarer Temperaturfelder Im eindimensionalen Fall ohne Warmequellen besagt sie dass die zeitliche Ableitung der Temperatur das Produkt aus der zweiten raumlichen Ableitung und der Temperaturleitfahigkeit ist Dies hat eine anschauliche Bedeutung Wenn die zweite raumliche Ableitung an einem Ort ungleich null ist so unterscheiden sich die ersten Ableitungen kurz vor und hinter diesem Ort Der Warmestrom der zu diesem Ort fliesst unterscheidet sich also nach dem Fourierschen Gesetz von dem der von ihm weg fliesst Es muss sich also die Temperatur an diesem Ort mit der Zeit andern Mathematisch sind Warmeleitungsgleichung und Diffusionsgleichung identisch statt Temperatur und Temperaturleitfahigkeit treten hier Konzentration und Diffusionskoeffizient auf Die Warmeleitungsgleichung lasst sich aus dem Energieerhaltungssatz und dem Fourierschen Gesetz der Warmeleitung herleiten Die Fundamentallosung der Warmeleitungsgleichung wird Warmeleitungskern genannt Modell eines Heizrohres das uber eine Metallverstrebung abgekuhlt wird bei verschiedenen Zeitpunkten Inhaltsverzeichnis 1 Formulierung 1 1 Homogene Gleichung 1 2 Nichthomogene Gleichung 2 Herleitung 3 Klassische Losungen 3 1 Fundamentallosung 3 2 Losungsformel fur das homogene Cauchyproblem 3 3 Losungsformel fur das inhomogene Cauchyproblem mit Null Anfangsdaten 3 4 Allgemeine Losungsformel 3 5 Weitere Losungen 4 Eigenschaften klassischer Losungen 4 1 Maximumprinzip 4 2 Glattungseigenschaft 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseFormulierung BearbeitenHomogene Gleichung Bearbeiten In homogenen Medien lautet die Warmeleitungsgleichung t u x t a D u x t 0 displaystyle frac partial partial t u vec x t a Delta u vec x t 0 nbsp wobei u x t displaystyle u vec x t nbsp die Temperatur an der Stelle x displaystyle vec x nbsp zum Zeitpunkt t displaystyle t nbsp D displaystyle Delta nbsp der Laplace Operator bezuglich x displaystyle vec x nbsp und die Konstante a gt 0 displaystyle a gt 0 nbsp die Temperaturleitfahigkeit des Mediums ist In der mathematischen Literatur verzichtet man haufig auf die Diffusivitat Konstante a displaystyle a nbsp das heisst man setzt a 1 displaystyle a 1 nbsp und betrachtet die kompakte Gleichung u t D u displaystyle frac partial u partial t Delta u nbsp Im stationaren Fall wenn also die Zeitableitung u t displaystyle tfrac partial u partial t nbsp null ist geht die Gleichung in die Laplace Gleichung D u 0 displaystyle Delta u 0 nbsp uber Eine haufig verwendete Vereinfachung berucksichtigt nur eine Raumdimension und beschreibt zum Beispiel die zeitliche Anderung der Temperatur in einem dunnen relativ dazu langen Stab aus festem Material Dadurch wird der Laplace Operator zu einer einfachen zweiten Ableitung t u x t a 2 x 2 u x t 0 displaystyle frac partial partial t u x t a frac partial 2 partial x 2 u x t 0 nbsp Nichthomogene Gleichung Bearbeiten In Medien mit zusatzlichen Warmequellen z B durch Joulesche Warme oder eine chemische Reaktion lautet die dann inhomogene Warmeleitungsgleichung t u x t a D u x t f x t displaystyle frac partial partial t u vec x t a Delta u vec x t f vec x t nbsp wobei die rechte Seite f displaystyle f nbsp der Quotient aus volumenbezogener Warmequelldichte der pro Volumen und Zeit produzierten Warmemenge und der volumenbezogenen Warmekapazitat dem Produkt aus Dichte und massebezogener Warmekapazitat ist Im stationaren Fall wenn also die Zeitableitung null ist geht die Gleichung in die Poisson Gleichung uber Herleitung BearbeitenEs wird die Warmebilanz an einem kleinen Volumenelement Volumen V displaystyle V nbsp betrachtet In einem abgeschlossenen System welches keine Volumenarbeit leistet ist die im System vorhandene Energie gemass dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik erhalten und es gilt d U d Q displaystyle dU delta Q nbsp Die Kontinuitatsgleichung fur die innere Energie kann somit geschrieben werden als q t q 0 displaystyle frac partial q partial t vec nabla cdot vec q 0 nbsp wobei d q d Q V displaystyle delta q tfrac delta Q V nbsp die Anderung der Warmedichte bezeichnet und q l T displaystyle vec q lambda vec nabla T nbsp mit der Warmeleitfahigkeit l displaystyle lambda nbsp die Warmestromdichte ist Mit dem Zusammenhang zur Warmekapazitat C displaystyle C nbsp beziehungsweise der spezifischen Warmekapazitat c displaystyle c nbsp uber Q C T c m T displaystyle Q CT cmT nbsp mit der Masse m displaystyle m nbsp und entsprechend bei der volumenbezogenen Grosse q c r T displaystyle q c rho T nbsp mit der Dichte r displaystyle rho nbsp ergibt sich unter der Annahme dass es keinen Massentransport oder Warmestrahlungsverluste gibt sowie der Homogenitat des Materials c r T t l T c r T t l D T 0 displaystyle c rho frac partial T partial t vec nabla cdot lambda vec nabla T c rho frac partial T partial t lambda Delta T 0 nbsp Mit der Temperaturleitfahigkeit a l r c displaystyle a tfrac lambda rho c nbsp folgt obige Gleichung T t a D T 0 displaystyle frac partial T partial t a Delta T 0 nbsp Klassische Losungen BearbeitenFundamentallosung Bearbeiten Eine spezielle Losung der Warmeleitungsgleichung ist die sogenannte Fundamentallosung der Warmeleitungsgleichung Diese lautet bei einem eindimensionalen Problem H x t 1 4 p a t exp x 2 4 a t displaystyle H x t frac 1 sqrt 4 pi at exp left frac x 2 4at right nbsp und bei einem n displaystyle n nbsp dimensionalen Problem H x t 1 4 p a t n 2 exp x 2 4 a t displaystyle H vec x t frac 1 4 pi at n 2 exp left frac vec x 2 4at right nbsp wobei x 2 k 1 n x k 2 displaystyle textstyle vec x 2 sum k 1 n x k 2 nbsp das Quadrat der euklidischen Norm von x displaystyle vec x nbsp ist H displaystyle H nbsp wird auch als Warmeleitungskern oder engl heat kernel bezeichnet Die funktionale Form entspricht der einer Gauss schen Normalverteilung mit s 2 2 a t displaystyle sigma 2 2at nbsp Losungsformel fur das homogene Cauchyproblem Bearbeiten Mit Hilfe der oben angegebenen Fundamentallosung der Warmeleitungsgleichung kann man fur das homogene Cauchyproblem der Warmeleitungsgleichung eine allgemeine Losungsformel angeben Dazu stellt man fur gegebene Anfangsdaten u 0 displaystyle u 0 nbsp zur Zeit t 0 displaystyle t 0 nbsp zusatzlich die Anfangsbedingung x R n u x t 0 u 0 x displaystyle forall vec x in mathbb R n u vec x t 0 u 0 vec x nbsp in Form einer Delta Distribution dar Die Losung u x t displaystyle u vec x t nbsp des homogenen Anfangswertproblem erhalt man fur t gt 0 displaystyle t gt 0 nbsp durch die Faltung der Fundamentallosung H displaystyle H nbsp mit den gegebenen Anfangsdaten u 0 displaystyle u 0 nbsp u x t H u 0 x t R n H x y t u 0 y d y displaystyle u vec x t H u 0 vec x t int mathbb R n H vec x vec y t u 0 vec y d vec y nbsp Losungsformel fur das inhomogene Cauchyproblem mit Null Anfangsdaten Bearbeiten Fur das inhomogene Anfangswertproblem mit Null Anfangsdaten u 0 x 0 displaystyle u 0 vec x 0 nbsp erhalten wir analog zum homogenen Fall durch die Faltung der Fundamentallosung H displaystyle H nbsp mit der gegebenen rechten Seite f displaystyle f nbsp der Differentialgleichung als Losungsformel u x t H f x t 0 t R n H x y t s f y s d y d s displaystyle u vec x t H f vec x t int 0 t int mathbb R n H vec x vec y t s f vec y s d vec y ds nbsp Allgemeine Losungsformel Bearbeiten Die Losungsformel fur das inhomogene Cauchyproblem mit beliebigen Anfangsdaten erhalt man aufgrund der Linearitat der Warmeleitungsgleichung durch Addition der Losung des homogenen Cauchyproblems mit der Losung des inhomogenen Cauchyproblems mit Null Anfangsdaten insgesamt also u x t R n H x y t u 0 y d y 0 t R n H x y t s f y s d y d s displaystyle u vec x t int mathbb R n H vec x vec y t u 0 vec y d vec y int 0 t int mathbb R n H vec x vec y t s f vec y s d vec y ds nbsp Weitere Losungen Bearbeiten In manchen Fallen kann man Losungen der Gleichung mit Hilfe des Symmetrieansatzes finden u x t f x a t displaystyle u x t f left frac x sqrt at right nbsp Dies fuhrt auf die folgende gewohnliche Differentialgleichung fur f displaystyle f nbsp 3 f 3 2 f 3 displaystyle xi f prime xi 2f prime prime xi nbsp Eine weitere eindimensionale Losung lautet u x t sin 2 c 2 a t x c exp c x displaystyle u x t sin left 2c 2 at xc right exp cx nbsp wobei c displaystyle c nbsp eine Konstante ist Mit ihr kann man das Warmespeicherungsverhalten modellieren wenn ein Gegenstand mit einer zeitlich sinusformigen Temperatur erhitzt wird Eigenschaften klassischer Losungen BearbeitenMaximumprinzip Bearbeiten nbsp Losung einer zwei dimensio na len WarmeleitungsgleichungSei u displaystyle u nbsp eine Funktion die die Temperatur eines Festkorpers in Abhangigkeit vom Ort und der Zeit angibt also u u x 1 x 2 x 3 t displaystyle u u x 1 x 2 x 3 t nbsp u displaystyle u nbsp ist zeitabhangig weil sich die thermische Energie mit der Zeit uber das Material ausbreitet Die physikalische Selbstverstandlichkeit dass Warme nicht aus dem Nichts entsteht schlagt sich mathematisch im Maximumprinzip nieder Der Maximalwert uber Zeit und Raum der Temperatur wird entweder am Anfang des betrachteten Zeitintervalls oder am Rand des betrachteten Raumbereichs angenommen Diese Eigenschaft gilt allgemein bei parabolischen partiellen Differentialgleichungen und kann leicht bewiesen werden Glattungseigenschaft Bearbeiten Eine weitere interessante Eigenschaft ist dass selbst wenn u displaystyle u nbsp zum Zeitpunkt t t 0 displaystyle t t 0 nbsp eine Unstetigkeitsstelle hat die Funktion u displaystyle u nbsp zu jedem Zeitpunkt t gt t 0 displaystyle t gt t 0 nbsp stetig im Raum ist 1 Wenn also zwei Metallstucke verschiedener Temperatur bei t t 0 displaystyle t t 0 nbsp fest verbunden werden wird sich nach dieser Modellierung an der Verbindungsstelle schlagartig die mittlere Temperatur einstellen und die Temperaturkurve stetig durch beide Werkstucke verlaufen Siehe auch BearbeitenPorose Medien Gleichung Crank Nicolson Verfahren Konvektions Diffusions GleichungLiteratur BearbeitenGerhard Dziuk Theorie und Numerik partieller Differentialgleichungen de Gruyter Berlin 2010 ISBN 978 3 11 014843 5 S 183 253 Lawrence C Evans Partial Differential Equations Reprinted with corrections American Mathematical Society Providence RI 2008 ISBN 978 0 8218 0772 9 Graduate studies in mathematics 19 John Rozier Cannon The One Dimensional Heat Equation Addison Wesley Publishing Company Cambridge University Press 1984 ISBN 978 0 521 30243 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Warmeleitungsgleichung Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Lawrence C Evans Partial Differential Equations American Mathematical Society 1998 ISBN 0 8218 0772 2 S 49 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Warmeleitungsgleichung amp oldid 238096887