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Die Vulgata Sixtina oder Sixtinische Vulgata ist eine 1590 erschienene lateinische Bibel Es handelte sich um die erste papstlich promulgierte Bibelfassung der Kirchengeschichte Sie wurde von Papst Sixtus V als offizielle fur den kirchlichen Gebrauch verbindliche Ausgabe der Vulgata veroffentlicht Nach dem Tod des Papstes wurde sie allerdings rasch eingezogen und 1592 durch die Vulgata Clementina ersetzt Der Verkauf der Vulgata Sixtina wurde verboten erhaltene Exemplare vernichtet Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte und Entstehung 2 Widerstand gegen die Vulgata Sixtina 3 Nachleben und Erforschung 4 Ausgaben 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVorgeschichte und Entstehung Bearbeiten nbsp Frontispiz der Sixtinischen VulgataDas Konzil von Trient hatte neue verbesserte Ausgaben der wichtigsten Schriften der katholischen Kirche Bibel Corpus Iuris Canonici Kirchenvater Liturgie gefordert Insbesondere hatte es am 8 April 1546 bestimmt dass die Vulgata haec vetus et vulgata editio in offentlichen Lesungen Disputationen und Predigten als authentische Fassung gelten und in verbesserter Form neu gedruckt werden solle mit vulgata editio war allerdings keine bestimmte der vielen existierenden Druckausgaben der Vulgata gemeint 1 Das Konzil vermied dabei die Erwahnung der hebraischen und griechischen Urtexte als Grundlage einer solchen Verbesserung Dies war nach Aussage der papstliche Legaten von der Furcht motiviert sonst die protestantische und innerkatholische Kritik an der Vulgata zu fordern 2 Mit kaiserlicher Forderung arbeiteten katholische Gelehrte vor allem in Lowen an der Verbesserung der Vulgata Wichtigstes Ergebnis war die noch 1546 erschienene Lowener Vulgata Vulgata Lovaniensis Die erste Auflage hatte Jan Henten unter Nutzung der Stephanus Bibel die 1540 von Robert Estienne veroffentlicht worden war erstellt 1574 und 1583 erschienen verbesserte Neuauflagen der Lowener Vulgata bei Christoph Plantin in Antwerpen Auch in Rom hatten sich seit 1569 mehrere papstliche Kommissionen mit der Verbesserung des Vulgata Textes beschaftigt Bis zum Beginn des Pontifikats von Sixtus V 1585 hatten diese aber noch keine neue Bibelfassung erarbeitet Sixtus ernannte eine neue Kommission unter der Leitung von Antonio Carafa Diese arbeitete unter anderem mit der Lowener Vulgata und dem Codex Amiatinus Das Handexemplar der Lowener Ausgabe mit den Korrekturen der Kommission ist erhalten Codex Carafianus heute BAV Vat lat 12959 12960 die enthaltenen Konjekturen werden bis heute wissenschaftlich hoch geschatzt 3 Am 17 November 1588 prasentierte Carafa dem Papst die Vorschlage der Kommission und ubergab ihm den Codex Carafianus Sixtus verwarf die Vorschlage und begann stattdessen damit selbst den Bibeltext zu uberarbeiten Der Verzicht auf Textkritik und die Kollationierung von Textzeugen 4 erlaubten es Sixtus sehr viel schneller zu arbeiten als es die zuvor mit der Aufgabe betrauten Kommissionen getan hatten Bereits etwas mehr als ein Jahr nach Beginn der Arbeit hatte er einen neuen Bibeltext erstellt die nach ihm benannten Vulgata Sixtina Sie wurde in der Vatikanischen Druckerei unter Leitung von Aldus Manutius d J gedruckt Die Bulle Aeternus ille mit der die Sixtina promulgiert wurde ist auf den 1 Marz 1589 datiert ab Ende Mai wurden Exemplare als Geschenke an katholische Fursten verschickt Sixtus Vorgehen gilt als willkurlich der resultierende Bibeltext aber als relativ gut und die Druckgestaltung als sorgfaltig 5 Neben Veranderungen des Wortlautes fuhrte Sixtus auch eine andere Einteilung des Bibeltextes in Kapitel und Verse ein Das 3 und 4 Buch Esra das 3 Buch der Makkabaer und das Gebet des Manasse sind in der Sixtina anders als anderen Vulgata Ausgaben nicht enthalten Sixtus berief sich dafur auf das Konzil von Trient das diese nicht zum Kanon der Bibel gerechnet hatte Ausserdem fehlen einige einzelne Bibelverse wobei nicht ganz sicher ist ob dies absichtlich geschehen ist 6 Der Druck enthalt auch die Promulgationsbulle die den Gebrauch dieser Ausgabe in scharfem Ton vorschrieb und Anderungen untersagte Wahrend das Konzil von Trient fur Predigten und ahnliche offentliche Anlasse die Vulgata vorgeschrieben hatte ohne aber eine bestimmte Ausgabe derselben als verbindlich zu bezeichnen schrieb Sixtus in Aeternus ille den Gebrauch seiner Bibelausgabe und keiner anderen in offentlichen wie privaten Kontexten vor und verbot und zwar fur immer alle auch nur geringfugig davon abweichenden Ausgaben der Bibel bei Strafe der Exkommunikation und unter Androhung gottlichen Zorns 7 8 Spatestens nach dem Tode Sixtus wurden diese Bestimmungen faktisch irrelevant Widerstand gegen die Vulgata Sixtina BearbeitenAn der Kurie gab es deutlichen Widerstand gegen die Vulgata Sixtina unter anderen durch Antonio Carafa Marco Antonio Colonna und Roberto Bellarmino Auch die zustandige Index Kongregation sprach sich mehrheitlich gegen die Publikation aus konnte aber nur eine Verzogerung der Drucklegung bis Fruhjahr 1590 erreichen Im Sommer des gleichen Jahres am 27 August 1590 starb Sixtus Wahrend der kurzen Pontifikate seiner Nachfolger wuchs der Widerstand gegen die Vulgata Sixtina weiter und vor allem Bellarmino konnte Papst Gregor XIV und spater Clemens VIII uberzeugen eine neue Fassung der Vulgata publizieren zu lassen Diese 1592 erschienene Vulgata Clementina wurde im Vorwort so prasentiert als ob es sich um lediglich eine verbesserte Sixtina handelte Im Vorwort behauptete Bellarmino Sixtus selbst habe eine solche Uberarbeitung angesichts angeblicher Druckfehler gewunscht Tatsachlich enthielt die Sixtina kaum Druckfehler und die Vulgata Clementina korrigierte nicht nur diese sondern revidierte die meisten von Sixtus vorgenommenen Eingriffe in den Wortlaut der Vulgata Insgesamt unterschieden sich die beiden Bibel Ausgaben an etwa dreitausend Stellen 9 Viele davon sind Druckfehler der Clementina Ausserdem nahm die Clementina die von Sixtus als apokryph verworfenen Bucher 3Esr 4Esr 3 Makk GebMan wieder auf allerdings nur im Anhang Die von Sixtus eingefuhrte Einteilung der Kapitel und Verse wurde ebenfalls zugunsten der von Robert Estienne verworfen Nachleben und Erforschung BearbeitenErhaltene Exemplare der Vulgata Sixtina sind sehr selten Baumgarten konnte Anfang des 20 Jahrhunderts etwa 40 Exemplare identifizieren Sixtina und Clementina wurden nicht zuletzt aufgrund der bewusst sehr ahnlichen Gestaltung und der Verschleierung der Unterschiede im Vorwort regelmassig miteinander verwechselt Das erleichterte auch Falschungen Exemplare der Clementina mit gefalschtem Titelblatt wurden teilweise als Sixtina verkauft 10 Die Sixtina wurde lange Zeit relativ wenig erforscht Aus katholischer Sicht war sie durch die Clementina ersetzt protestantische Gelehrte konzentrierten sich meist auf die griechische und hebraische Uberlieferung der Bibel Die Seltenheit der Exemplare erschwerte zudem jede nahere Untersuchung Eine polemisch motivierte Ubersicht uber die Unterschiede zwischen Sixtina und Clementina legte zuerst im Jahr 1600 Thomas James unter dem Titel Bellum papale vor 11 Noch umfassender ist die genaue Beschreibung der Unterschiede von Hendrik van Bukentop seine Liste umfasst uber 3000 Bibelstellen mit meist kleinen Varianten 12 Im Umfeld des und nach dem Ersten Vatikanischen Konzil das die papstliche Unfehlbarkeit zum Dogma erhoben hatte bemuhte sich ein Teil der katholischen Forschung um den Nachweis dass auch die von Sixtus V erstellte Bibelfassung und die Promulgationsbulle keine Irrtumer enthielten die die papstliche Unfehlbarkeit in Frage stellen konnten 13 Zugleich verteidigten sie die Clementina deren Publikation dem Wortlaut der Promulgationsbulle der Sixtina nach verboten zu sein schien Die Bulle sei aus formalen Grunden ungultig 14 anderslautende papstliche Quellen seien gefalscht 15 die Neuausgabe von 1592 habe daher nicht gegen geltendes Kirchenrecht verstossen Aus dem Verzicht auf eine gultige Promulgation konne man ferner schliessen dass Sixtus selbst eine Neubearbeitung gewunscht habe Ausserdem sei die Clementina der Sixtina so ahnlich dass ohnehin kein dogmatisch relevanter Widerspruch zwischen den beiden papstlich promulgierten Bibelfassungen bestehe 16 Ausgaben BearbeitenBiblia sacra vulgatae editionis tribus tomis distincta Rom 1590 Digitalisat Leander van Ess Hrsg Biblia Sacra Vulgatae Editionis Sixti V et Clementis VIII 1590 1592 1593 1598 3 Bande Tubingen 1822 Digitalisat Literatur BearbeitenPaul Maria Baumgarten Die Vulgata Sixtina von 1590 und ihre Einfuhrungsbulle Aktenstucke und Untersuchungen Aschendorff Munster 1911 Otto Fridolin Fritzsche und Eberhard Nestle Bibelubersetzungen 2 lateinische In Realencyklopadie fur protestantische Theologie und Kirche RE 3 Auflage Band 3 Hinrichs Leipzig 1897 S 24 58 Digitalisat Klaus Ganzer Sixtus V In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 31 de Gruyter Berlin New York 2000 ISBN 3 11 016657 7 S 347 349 Bruce Gordon Euan Cameron Latin Bibles in the Early Modern Period In Euan Cameron Hrsg The New Cambridge History of the Bible Volume 3 From 1450 to 1750 Cambridge University Press Cambridge 2016 ISBN 978 0 521 51342 5 S 187 216 hier S 211 215 doi 10 1017 cho9781139048781 010 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Vulgata Sixtina Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Text der Vulgata Sixtina Wikisource sehr unvollstandig Text von Aeternus Ille Wikisource nach der Ausgabe von van Ess Einzelnachweise Bearbeiten Edmund F Sutcliffe The Council of Trent on the Authentia of the Vulgate In The Journal of Theological Studies Band 49 Nr 193 194 1948 ISSN 0022 5185 S 35 42 JSTOR 23952997 Wim Francois Antonio Gerace Trent and the Latin Vulgate A Louvain Project In Wim Francois Violet Soen Hrsg The Council of Trent Reform and Controversy in Europe and Beyond 1545 1700 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2018 ISBN 978 3 525 55107 3 S 131 174 hier S 141 doi 10 13109 9783666551079 131 Joseph Ziegler Einleitung In idem Hrsg Sapientia Jesu filii Sirach Septuaginta Band 12 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2015 ISBN 978 3 525 53419 9 S 7 122 hier S 20 21 doi 10 13109 9783666534195 7 Viele dieser Korrekturen hat Kardinal Antonius Caraffa einer der besten Grazisten seiner Zeit gemacht oft sind seine Korrekturen nach dem griechischen Text vortrefflich gelungene Konjekturen die mit Recht in den Text der offiziellen Ausgabe Aufnahme fanden und hier auch standigen Sitz beanspruchen konnen Carl Alois Kneller Zur Vulgata Sixtus V In Zeitschrift fur katholische Theologie Band 46 Nr 2 1922 ISSN 0044 2895 S 313 325 hier S 317 JSTOR 24184456 Im Vergleich mit den Eingriffen die er Sixtus sich bei dem Kirchenlehrer d h in der von ihm besorgten Ambrosius Ausgabe erlaubte ist das Schlimmste was man seiner Vulgata nachsagte rein textkritisch betrachtet doch noch verhaltnismassig unschuldig Allein das andert am Endurteil nichts Sixtus V war vieles andere aber er war kein Textkritiker der Text musste sich ihm fugen oder zerbrechen Otto Fridolin Fritzsche und Eberhard Nestle Bibelubersetzungen 2 lateinische In Realencyklopadie fur protestantische Theologie und Kirche RE 3 Auflage Band 3 Hinrichs Leipzig 1897 S 24 58 hier S 47 Es ist jedenfalls eine sehr ehrenwerte litterarische Arbeit der Text beruht auf alten Handschriften und ist verhaltnismassig gar nicht ubel Die Druckfehler die ubersehen wurden sind nicht sehr erheblich Peter R Ackroyd Christopher Francis Evans S L Greenslade Geoffrey William Hugo Lampe The Cambridge History of the Bible Volume 3 The West from the Reformation to the Present Day Cambridge University Press 1963 ISBN 978 0 521 29016 6 S 208 210 google com abgerufen am 20 November 2022 Franz Kaulen Geschichte der Vulgata F Kirchheim Mainz 1868 hier S 454 458 und 474 475 google de Otto Fridolin Fritzsche und Eberhard Nestle Bibelubersetzungen 2 lateinische In Realencyklopadie fur protestantische Theologie und Kirche RE 3 Auflage Band 3 Hinrichs Leipzig 1897 S 24 58 hier S 47 Henricus de Bukentop Lux de luce libri tres in quorum primo ambiguae locutiones in secundo variae ac dubiae lectiones In tertio agitur de editione Sixti V facta anno 1590 typis Wilhelmi Friessem Koln 1710 hier fol 319r 383r google de abgerufen am 22 November 2022 Paul Maria Baumgarten Neue Forschungen zur Vulgata Sixtina von 1590 In Zeitschrift fur schweizerische Kirchengeschichte Band 16 1922 S 161 191 hier S 163 doi 10 5169 seals 122541 Thomas James Bellum Papale sive Concordia Discors Sixti Quinti et Clementis Octavi circa Hieronymianam editionem etc Georgius Bishop Radulphus Newberie amp Robertus Barker London 1600 google com abgerufen am 22 November 2022 Henricus de Bukentop Lux de luce libri tres in quorum primo ambiguae locutiones in secundo variae ac dubiae lectiones In tertio agitur de editione Sixti V facta anno 1590 typis Wilhelmi Friessem Koln 1710 hier fol 319r 383r google de abgerufen am 22 November 2022 Franz Kaulen Geschichte der Vulgata F Kirchheim Mainz 1868 hier S 472 476 google de Carl A Kneller Neue Studien zur sixtinischen Vulgatabulle Schluss In Zeitschrift fur katholische Theologie Band 59 Nr 2 1935 ISSN 0044 2895 S 268 290 hier S 290 JSTOR 24226917 Paul Maria Baumgarten Neue Forschungen zur Vulgata Sixtina von 1590 In Zeitschrift fur schweizerische Kirchengeschichte Band 16 1922 S 161 191 hier S 162 doi 10 5169 seals 122541 Franz Kaulen Geschichte der Vulgata F Kirchheim Mainz 1868 hier S 473 474 google de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vulgata Sixtina amp oldid 234176566