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Vom judischen Theater ist ein Prosafragment von Franz Kafka das im Jahre 1917 entstand und in den nachgelassenen Schriften und Fragmenten abgedruckt ist Jizchak Lowy gastiert 1916 in BudapestEs enthalt von Kafka niedergeschriebene Erinnerungen seines Freundes Jizchak Lowy der ein judisches Theater leitete das einige Monate in Prag stationiert war und in dem uberwiegend jiddisch gesprochen wurde Lowy ist nicht verwandt mit Kafkas gleichnamigen Angehorigen mutterlicher Herkunft Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Inhalt 3 Form und Textanalyse 4 Biografische Bezuge 5 Zitat 6 Ausgabe 7 Literatur 8 Einzelnachweise 9 WeblinksEntstehung BearbeitenDieses Stuck aus den nachgelassenen Schriften entstand im Sommer 1917 als Kafka seinen Freund Lowy zufallig in Budapest wieder traf 1 Sie hatten in den Jahren 1911 und 1912 eine enge Freundschaft gepflegt wie es Kafkas Tagebuchern zu entnehmen ist 2 Es handelt sich um Aufzeichnungen im Rahmen der sogenannten Konvolute das vorliegende als Konvolut Vom judischen Theater bezeichnet 3 Das Fragment ist nicht in allen handelsublichen Kafka Ausgaben zu finden wird aber von aktuellen Biographen und Publikationen erwahnt Siehe Peter Andre Alt Kafka Der ewige Sohn Reiner Stach Kafka Die Jahre der Entscheidungen Internetauftritt The Kafka Projekt von Mauro Nervi das den Text enthalt Inhalt BearbeitenDas Prosastuck will keine objektiven Fakten wiedergeben sondern personliches Erleben und Erfahren Lowy berichtet von seinem Aufwachsen in Warschau in einer Familie in der das Theater als trefe galt Nur am Purim Fest einem frohlichen judischen Feiertag habe sich ein Vetter verkleidet und einen lustigen Handelsjuden gespielt Der achtjahrige Lowy sei ganz bezaubert davon gewesen und habe sich vorgenommen es seinem Vetter gleichzutun wenn er alter sei Spater habe er erfahren dass es in Warschau ein Theater in einem prachtigen Gebaude gebe in dem an jedem Abend und nicht nur zu Purim gespielt werde Als er dies in seiner Familie angesprochen habe sei er angeschrieen worden ein judisches Kind durfe vom Theater nichts wissen das sei nicht erlaubt das Theater sei nur fur Goim und eine verbotene und sundhafte Sache Aber es lasst ihm keine Ruhe Mit 14 Jahren besucht er heimlich das grosse Theater Es wird die Oper Die Hugenotten von Giacomo Meyerbeer gegeben Lowy kennt daraus viele Melodien weil sie von ihm und seinen Mitschulern in der Talmudschule schon langst gesungen werden Er ist nun haufig heimlicher Gast im Theater sieht dort auch Friedrich Schillers Rauber Um standesgemass gekleidet zu sein kauft er sich fur jeden Abend einen neuen Kragen und Manschetten die er auf dem Nachhauseweg in die Weichsel wirft Dann erfahrt er dass es auch ein judisches Theater gibt Er wagt zunachst nicht es zu besuchen seine Eltern hatten davon leicht erfahren konnen Aber es lasst ihm keine Ruhe Schon beim ersten Besuch fuhlt er sich dort sehr wohl als ein junger Mann mit seinem langen Kaftanchen unter locker gekleideten laut jiddisch sprechenden Menschen Er erlebt ein komisches Drama mit Gesang und Tanz teils deutsch teils jiddisch gesprochen Es gefallt ihm besser als die Oper das dramatische Theater und die Operette zusammen genommen denn alles war enthalten Drama Tragodie Gesang Komodie Ihm war damit klar dass er ein judischer Schauspieler werden wollte Am nachsten Tag folgt die Unterredung mit dem Vater in Anwesenheit der Mutter Beide sind tief betrubt dass man ihn im judischen Theater gesehen hat Der Vater klagt dass dies Jizchak weit sehr weit fuhren wurde Und Jizchak bekraftigt abschliessend dass der Vater recht gehabt habe Form und Textanalyse BearbeitenDas Prosastuck nennt einleitend den Namen des Protagonisten Jizchak Lowy dessen Theaterleben Kafka beschreibt Der erste Absatz ist eine Art Prolog der ausfuhrt was dieses Fragment nicht leisten will namlich die Wiedergabe nuchterner Fakten uber das judische Theater Gleichzeitig wird auf eine im weiteren Text nicht mehr naher thematisierte Wunde und deren notwendiges Heilmittel im Zusammenhang mit diesem Theater hingewiesen Dieser erste Absatz ist in einem unpersonlichen Erzahlstil gehalten und scheint im Gegensatz zum weiteren Stuck das von Lowys konkreten Jugenderinnerungen in der Ich Form handelt eine direkte Aussage Kafkas zu sein Die Erwahnung von verdeckter Wunde Krankheit und Suche nach einem Heilmittel lasst an die Vorgange in der Erzahlung Ein Landarzt denken Im Rest des vorliegenden Fragmentes also in der Aussage die eindeutig Lowy zugerechnet werden kann kommt die Vorstellung von Wunde und Heilungsnotwendigkeit im Zusammenhang mit dem judischen Theater nicht mehr vor Aus dem Fragment spricht vielmehr die grosse begeisterte Hinwendung Lowys an das Theater allgemein und das judische Theater insbesondere allen familiaren Widerstanden zum Trotz Den letzten Satz des Vaters der als Drohung und Befurchtung gemeint war interpretiert Lowy zu seinen Gunsten Denn er kommt spater tatsachlich mit dem judischen Theater weit in der Welt herum und er hat in Kafka und dessen Umfeld intellektuelle Freunde und Zuschauer gefunden zu denen er sonst nie Zugang gehabt hatte Lowys Erzahlung uber seine fast zwanghafte Annaherung an das Schauspielertum ist durchsetzt von jiddischen Begriffen Siehe trefe nicht koscher chaser Schwein Cheder Raum Klaus Talmudschule Kasche Haferbrei hier etwas braut sich zusammen Biografische Bezuge Bearbeiten nbsp Jizchak Lowy um 1911Kafka hat im Herbst 1911 die ersten Auffuhrungen des judischen Theaters unter der Leitung von Lowy gesehen 4 und war sofort beruhrt von der Vitalitat den ausdrucksstarken Gesten der Vermischung von Gesang Tanz und Drama Das judische Theater hat seine Wurzeln in Osteuropa 5 Als die bekanntesten Stuckeschreiber dieses Genres sind Abraham Goldfaden und Jakob Gordin zu nennen Kafka hatte schnell Zugang zu der Theatergruppe um Lowy gefunden und diese zum Teil auch organisatorisch unterstutzt Die Schauspielerinnen Klug und Tschissik ubten erotische Anziehung auf ihn aus 6 Lowy selbst wurde ein Freund mit dem er zum Leidwesen seines Vaters taglich Umgang hatte Des Vaters Kommentar zu dieser Freundschaft lautete Wer sich mit Hunden zu Bett legt steht mit Wanzen auf Jahre spater thematisiert Kafka diesen herabwurdigenden Spruch in seinem Brief an den Vater Zitat Bearbeiten1 Abs Kafka Nur nach Erkennen der Krankheit lasst sich ein Heilmittel finden und moglicherweise das wahre judische Theater schaffen Lowy Die ganze Nacht habe ich vor Aufregung nicht geschlafen das Herz sagte mir dass auch ich einst im Tempel der judischen Kunst dienen ein judischer Schauspieler werden soll Ausgabe BearbeitenMalcom Pasley Hrsg Nachgelassene Schriften und Fragmente I Fischer Taschenbuch Verlag ISBN 3 596 15700 5 S 217 224 Literatur Bearbeiten nbsp Dieses nicht niederzudruckende Feuer des Lowy Guido Massino 2007 Peter Andre Alt Franz Kafka Der ewige Sohn Eine Biographie C H Beck Munchen 2005 ISBN 3 406 53441 4 Reiner Stach Kafka Die Jahre der Entscheidungen S Fischer Verlag Frankfurt am Main 2004 ISBN 3 596 16187 8 Malcom Pasley Hrsg Nachgelassene Schriften und Fragmente I Apparatband Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main ISBN 3 596 15700 5 S 217 224 Guido Massino Franz Kafka Jizchak Lowy und das jiddische Theater Dieses nicht niederzudruckende Feuer des Lowy Ubersetzung aus dem Italienischen Norbert Bickert Frankfurt am Main Stroemfeld 2007Einzelnachweise Bearbeiten Alt S 236 Franz Kafka Tagebucher S 57 379 Nachgelassene Schriften und Fragmente I Anhang Inhalt S 2 Franz Kafka Tagebucher S 79ff Alt S 229 Stach 50 51Weblinks BearbeitenText des Fragmentes Kafka und das JudentumWerke von Franz Kafka Zu Lebzeiten veroffentlicht Ein Damenbrevier Gesprach mit dem Beter Gesprach mit dem Betrunkenen Die Aeroplane in Brescia Richard und Samuel Grosser Larm Betrachtung Das Urteil Der Heizer Die Verwandlung Vor dem Gesetz Der Mord Ein Brudermord In der Strafkolonie Ein Landarzt Der Kubelreiter Josefine die Sangerin oder Das Volk der Mause Ein HungerkunstlerPostum veroffentlicht Auswahl Bilder von der Verteidigung eines Hofes Beschreibung eines Kampfes Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande Kleine Seele Der kleine Ruinenbewohner Unter meinen Mitschulern Skizze zur Einleitung fur Richard und Samuel Die stadtische Welt Ein junger ehrgeiziger Student Einleitungsvortrag uber Jargon Erinnerungen an die Kaldabahn Der Dorfschullehrer Blumfeld ein alterer Junggeselle Der Gruftwachter Die Brucke Eine Kreuzung Der Schlag ans Hoftor Der Jager Gracchus Beim Bau der Chinesischen Mauer Eine alltagliche Verwirrung Der Nachbar Vom judischen Theater Die Prufung Der Geier Prometheus Die Zurauer Aphorismen Brief an den Vater Der grosse Schwimmer Unser Stadtchen liegt Heimkehr Zur Frage der Gesetze Die Wahrheit uber Sancho Pansa Das Stadtwappen Der Steuermann Kleine Fabel In unserer Synagoge Das Schweigen der Sirenen Poseidon Die Truppenaushebung Forschungen eines Hundes Das Ehepaar Fursprecher Gibs auf Der Unterstaatsanwalt Der Process Das Schloss Der Verschollene Der Aufbruch Der Bau Abgerufen 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