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Der Geier ist ein kleines parabelartiges Prosastuck von Franz Kafka aus dem Jahr 1920 Ein Geier zerfleischt die Fusse eines Menschen ohne dass diesem geholfen wird Schliesslich mundet es in ein Blutgemetzel Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Inhalt 3 Form 4 Textanalyse 5 Bezug zu anderen Kafka Werken 6 Zitat 7 Textausgaben 8 Literatur 9 Einzelnachweise 10 WeblinksEntstehung BearbeitenIm Herbst 1920 loste sich Kafka von seiner Geliebten Milena Jesenska 1 Es entstanden in einem produktiven Schub eine Reihe kurzer Prosastucke 2 Zu nennen sind hier Das Stadtwappen Der Steuermann Nachts Gemeinschaft Unser Stadtchen liegt auch bekannt unter Die Abweisung Zur Frage der Gesetze Die Truppenaushebung Die Prufung Der Kreisel Kleine Fabel Poseidon und eben auch Der Geier Diese kleinen Werke mit ihren inneren Zusammenhangen hat Kafka nicht selbst veroffentlicht die Titel stammen weitgehend von Max Brod 3 Inhalt BearbeitenEin Ich Erzahler schildert wie ihm ein Geier der schon seine Stiefel und Strumpfe aufgerissen hat in die Fusse hackt Ein Herr kommt vorbei und fragt warum er den Geier dulde Der Erzahler bezeichnet sich als wehrlos Er habe die Fusse geopfert um zu verhindern dass das Tier ihm sonst ins Gesicht gesprungen ware Der Herr wundert sich uber diese Qualerei und meint dass der Geier durch einen Schuss erledigt ware Der Erzahler bittet den Herrn das fur ihn zu tun Allerdings muss erst das Gewehr geholt werden Der Geier hat die Unterhaltung verfolgt und offensichtlich verstanden Mit grossem Schwung stosst er seinen Schnabel durch den Mund des Erzahlers In den entstehenden Unmengen von Blut ertrinkt der Geier unrettbar wahrend der Erzahler sich befreit fuhlt Form BearbeitenDas Prosastuck das vielfach direkte Rede enthalt ist nicht in sich gegliedert Inhaltlich ist eine Dreiteilung zu erkennen Einleitende Darstellung der Situation mit dem Geier Gesprach mit dem Herrn als langster Part des Stuckes Reaktion und Tod des Geiers Die Erzahlperspektive ist mehrschichtig Da ist ein Ich Erzahler der am Schluss vom Tod des Geiers spricht Dass er selbst auch den Tod findet scheint sich angesichts der Blutstrome zunachst aufzudrangen aber das wird nicht explizit gesagt Ausserdem wie konnte er uns dann die Geschichte prasentieren Spricht er aus dem Totenreich oder hat er im Moment der grossten Gefahr in einer Art Katharsis den Tod uberwunden Textanalyse BearbeitenDer Erzahler wird von einem grossen Aasfresser attackiert Der Erzahler bezeichnet dies als die Arbeit des Geiers also etwas fast Legitimiertes Zwangslaufiges Wie der Tausch des Gesichtes gegen die angebotenen Fusse zustande kam wird nicht naher erlautert Da hat es offensichtlich eine Verstandigung gegeben zumindest in Gesten Das Gesprach mit dem Herren wirkt wunderlich Aus der Situation heraus ware ein sofortiges Eingreifen bzw das Auffordern zum sofortigen Eingreifen angebracht gewesen und nicht dieses umstandliche Reden das eher eine Rechtfertigung ist warum sich der Erzahler eben nicht konsequent wehrt Das Tier dagegen ist machtig in seiner ruhigen korperlichen Kraft und zielstrebigen Art im Gegensatz zum zogerlichen Erzahler der den Geier fast zu bewundern scheint Dem Gesprach der beiden Manner hat der Geier ruhig zugehort eigentlich wie ein dritter stiller Gesprachsteilnehmer um dann in furioser Weise sein Vernichtungswerk zu verrichten Die kleine Geschichte baut sich zunachst fast ungelenk auf vor allem durch die direkten Reden des Mittelteils Die beiden letzten Satze aber erscheinen wie eine dicht gedrangte Abfolge bis zum Hohepunkt in dem sich alles bundelt die Absicht des Geiers der schreckliche Schnabelhieb das Befreiungsgefuhl des zuruckfallenden Erzahlers die Blutstrome in denen der Geier ertrinktBezug zu anderen Kafka Werken BearbeitenEs erscheint hier ein Grundmuster Kafkas namlich die Darstellung eines qualenden Zustandes der durch Untergang Vernichtung Tod beendet wird wobei dieses Ende als Befreiung empfunden wird Der Tod ist der Ort der befreienden Ausloschung des letzten Gedachtnisses formuliert hierzu Peter Andre Alt 4 Dieses Muster erkennt man auch in den kleinen Prosastucken Das Stadtwappen oder Poseidon Die Brucke ist insofern ahnlich als auch dort am Ende eine drastisch beruhrende korperliche Gewalteinwirkung und Verletzung geschildert wird Ein ganz paralleler Ablauf erscheint in der Geschichte Das Urteil Ein junger Mann wird von seinem Vater gescholten und verspottet also gequalt und zum Tod durch Ertrinken verurteilt Der Sohn vollzieht das Urteil wobei der Tod nicht explizit gezeigt wird Abschliessend erscheint das Bild eines vitalen Verkehrs Auch in der Verwandlung sind ahnliche Momente vorhanden Besonders diese beiden letztgenannten Stucke werden interpretiert als Kafkas Auseinandersetzung mit seinem polternden verstandnislosen Vater So liegt der Schluss nahe dass auch im Geier die Konstellation eines zaudernden unterlegenen Sohnes und eines vitalen rucksichtslosen Vaters symbolisiert wird Zitat Bearbeiten Jetzt sah ich dass er alles verstanden hatte er flog auf weit beugte er sich zuruck um genug Schwung zu bekommen und stiess dann wie ein Speerwerfer durch meinen Mund tief in mich Zuruckfallend fuhlte ich befreit wie er in meinem alle Tiefen fullenden alle Ufer uberfliessenden Blut unrettbar ertrank Textausgaben BearbeitenDer Geier Entstanden 1920 Erstveroffentlichung Beschreibung eines Kampfes Hrsg von Max Brod Prag 1936 S 100 f Titel von Max Brod Der Geier In Franz Kafka Samtliche Erzahlungen Hrsg von Paul Raabe Frankfurt a M 1977 S 405 ISBN 3 596 21078 X Franz Kafka Die Erzahlungen Originalfassung Hrsg von Roger Hermes Frankfurt a M 1997 ISBN 3 596 13270 3 Franz Kafka Nachgelassene Schriften und Fragmente II Hrsg von Jost Schillemeit Fischer Frankfurt a M 1992 S 329 330 Literatur BearbeitenPeter Andre Alt Franz Kafka Der ewige Sohn Eine Biographie C H Beck Munchen 2005 ISBN 3 406 53441 4 Manfred Engel Kleine nachgelassene Schriften und Fragmente 3 In Manfred Engel Bernd Auerochs Hrsg Kafka Handbuch Leben Werk Wirkung Metzler Stuttgart Weimar 2010 S 343 370 bes 358 f ISBN 978 3 476 02167 0 Joachim Unseld Franz Kafka Ein Schriftstellerleben Carl Hanser Verlag Munchen 1982 ISBN 3 446 13568 5Einzelnachweise Bearbeiten Peter Andre Alt Franz Kafka Der ewige Sohn Eine Biographie Verlag C H Beck Munchen 2005 ISBN 3 406 53441 4 S 548 Joachim Unseld Franz Kafka Ein Schriftstellerleben Carl Hanser Verlag 1982 ISBN 3 446 13568 5 S 194 Alt S 569 Alt S 577Weblinks BearbeitenVolltextWerke von Franz Kafka Zu Lebzeiten veroffentlicht Ein Damenbrevier Gesprach mit dem Beter Gesprach mit dem Betrunkenen Die Aeroplane in Brescia Richard und Samuel Grosser Larm Betrachtung Das Urteil Der Heizer Die Verwandlung Vor dem Gesetz Der Mord Ein Brudermord In der Strafkolonie Ein Landarzt Der Kubelreiter Josefine die Sangerin oder Das Volk der Mause Ein HungerkunstlerPostum veroffentlicht Auswahl Bilder von der Verteidigung eines Hofes Beschreibung eines Kampfes Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande Kleine Seele Der kleine Ruinenbewohner Unter meinen Mitschulern Skizze zur Einleitung fur Richard und Samuel Die stadtische Welt Ein junger ehrgeiziger Student Einleitungsvortrag uber Jargon Erinnerungen an die Kaldabahn Der Dorfschullehrer Blumfeld ein alterer Junggeselle Der Gruftwachter Die Brucke Eine Kreuzung Der Schlag ans Hoftor Der Jager Gracchus Beim Bau der Chinesischen Mauer Eine alltagliche Verwirrung Der Nachbar Vom judischen Theater Die Prufung Der Geier Prometheus Die Zurauer Aphorismen Brief an den Vater Der grosse Schwimmer Unser Stadtchen liegt Heimkehr Zur Frage der Gesetze Die Wahrheit uber Sancho Pansa Das Stadtwappen Der Steuermann Kleine Fabel In unserer Synagoge Das Schweigen der Sirenen Poseidon Die Truppenaushebung Forschungen eines Hundes Das Ehepaar Fursprecher Gibs auf Der Unterstaatsanwalt Der Process Das Schloss Der Verschollene Der Aufbruch Der Bau Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Geier Kafka amp oldid 227269487