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Unter Vermischung oder Vermengung versteht man im Sachenrecht die technische Vermischung von bisher rechtlich selbstandigen Sachen zu wesentlichen Bestandteilen einer neuen einheitlichen Menge Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Geschichte 3 Rechtsfragen 4 International 5 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenRechtsfragen zu Besitz und Eigentum rechtlich selbstandiger Sachen die durch Vermischung oder Vermengung mit anderen selbstandigen Sachen ihre Selbstandigkeit dauerhaft verlieren und dabei ursprunglich unterschiedlichen Eigentumern gehort haben sind dem Sachenrecht zuzuordnen Konstellation dieser Art kommen im Alltag recht haufig vor etwa bei der Produktion durch die Roh Hilfs und Betriebsstoffe zu einem neuen Produkt miteinander vermischt und gleichzeitig auch verarbeitet werden In der Textilindustrie gibt es die Mischung von Faden bei der ein Vermischungsvorgang vorliegt Geschichte BearbeitenBereits das romische Recht befasste sich mit der Vermischung wobei es zwischen der Vermischung von Flussigkeiten confusio und von festen Korpern commixtio unterschied So galt das Zusammenschutten zweier Fasser Wein als confusio und zweier Sacke Mehl als commixtio Bei ohne Schuld des Besitzers vermischtem Getreide hatte dieser die Wahl zwischen der Herausgabe eines entsprechenden Anteils oder der Geldentschadigung Haben die Bestandteile vor ihrer Vermischung verschiedenen Eigentumern gehort und ist eine Trennung nach ihrer Vermischung nicht mehr moglich entstand Miteigentum communio 1 das mit der Teilungsklage zur Auflosung von Miteigentum actio communi dividundo aufgeteilt werden konnte 2 Speziell geregelt war die Vermischung von Geld 3 Wer ohne Wissen oder gegen den Willen des Eigentumers mit dessen Geld bezahlte ubertrug das Eigentum hieran durch ununterscheidbare Vermischung mit eigenem Geld dem Zahlungsempfanger Dem wirklichen Eigentumer stand jedoch die Diebstahlklage actio furti zu 4 Als mit der Vermischung verwandt galt das Uferrecht bei dem ein Grundstuck an einen offentlichen Fluss grenzte und das durch Anschwemmung neu gebildete Land alluvio dem Grundstuckseigentumer gehorte Eine Freiburger Zunftordnung aus dem Jahre 1524 erwahnte einen Goldschmied der in seiner Arbeit eine falsche Vermischung wahlte Der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis vom Januar 1756 sprach davon wenn man teils eigene und teils fremde Materie gutglaubig in eine solche neue Gestalt bringe dass man beede Materien weder unterscheiden noch absondern kann so wird das Eigenthum der fremden Materie und zwar in flussigen Dingen per Cofusionem in trockenen per Commixtionem erlanget 5 Das Allgemeine Preussische Landrecht APL vom Juni 1794 ging davon aus dass die ohne Wissen und Willen des Eigentumers vermischten Sachen vom Vermischer auf seine Kosten wieder in den vorigen Stand gesetzt werden mussten I 11 298 APL 6 Ist ihre Trennung nicht mehr moglich gehorte das Eigentum dem vorherigen Eigentumer I 11 299 APL Bei einvernehmlicher Vermischung gehorte das Eigentum demjenigen der den grossten Wertanteil nachweisen konnte I 11 307 APL Der seit Marz 1807 in Frankreich geltende Code civil CC ubernahm die romisch rechtliche Vermischung unterschied jedoch nicht zwischen Vermischung und Vermengung sondern danach ob Sachen wieder voneinander trennbar sind oder nicht Wer den hochsten Wert an vermischten Sachen hielt wurde Eigentumer der Gesamtsache 7 Das im Januar 1812 in Kraft getretene osterreichische ABGB geht vom Grundsatz aus dass auch alle vermengten oder vermischten Sachen wieder abgesondert werden um sie ihren fruheren Eigentumern zuruckzugeben 415 ABGB Das im Januar 1900 in Kraft getretene BGB unterscheidet die Vermischung flussiger oder gasformiger Stoffe und Vermengung fester Stoffe untereinander 8 Allerdings ist diese Unterscheidung heute ohne Bedeutung weil die Rechtsfolgen identisch sind Das seit Januar 1912 geltende Schweizer ZGB beinhaltet ebenfalls romisch rechtliche Grundlagen Rechtsfragen BearbeitenDie Vermischung fuhrt zu einem originaren Eigentumserwerb Sie ist ein Realakt so dass der Vermischende nicht geschaftsfahig sein muss In 948 Abs 1 BGB ist vorgesehen dass bei der untrennbaren Vermischung oder Vermengung beweglicher Sachen die Vorschriften des 947 BGB uber die Verbindung entsprechende Anwendung finden Damit hangt es auch bei der Vermischung davon ab ob einer der vermengten oder vermischten Ausgangsstoffe als Hauptsache anzusehen ist oder nicht 9 Ist einer der Ausgangsstoffe die Hauptsache so wird der Eigentumer dieser Sache der Alleineigentumer der neuen Sache ansonsten entsteht anteiliges Miteigentum aller Eigentumer der Ausgangsstoffe Durch Vermischung kann eine neue Sache entstehen wenn die hergestellte Sache eine neue Bezeichnung eine erhebliche Form oder Wesensveranderung oder eine vollig andere oder weitergehende wirtschaftliche Funktion erhalt 10 Ist in der Verbindung oder Vermischung auch eine Verarbeitung zu sehen gehen die Verarbeitungsvorschriften vor 11 Erloschen durch Vermischung die Rechte Dritter an den vermischten Sachen etwa bei Eigentumsvorbehalt oder Sicherungseigentum so erloschen auch die sonstigen an der Sache bestehenden Rechte 949 BGB Erwirbt ihr bisheriger Eigentumer jedoch Miteigentum so bestehen seine Rechte anteilsmassig fort Geht das Eigentum durch Vermischung unter so erhalten die betroffenen Eigentumer gemass 951 Abs 1 BGB einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den neuen Alleineigentumer 812 BGB International BearbeitenIn Osterreich stellt 414 ABGB auf die Ruckfuhrbarkeit ab und will jedem sein Eigentum zuruckgeben Ist jedoch gemass 415 ABGB die Zurucksetzung in den vorigen Stand nicht moglich so gehort die Sache den Eigentumern als Miteigentum Werden in der Schweiz bewegliche Sachen verschiedener Eigentumer so miteinander vermischt oder verbunden dass sie ohne wesentliche Beschadigung oder unverhaltnismassige Arbeit und Auslagen nicht mehr getrennt werden konnen so entsteht fur die Beteiligten Miteigentum an der neuen Sache Art 727 ZGB Nach Art 726 ZGB ist das Eigentum an der neuen Sache vom Arbeitswert der Verarbeitung abhangig Ist die Arbeit kostbarer als der Stoff gehort die neue Sache dem Verarbeiter andernfalls dem Eigentumer des Stoffes In Frankreich ist die Vermischung oder Vermengung melange in Art 573 CC geregelt Er sieht vor dass bei vermischten und wieder trennbaren Sachen ihre Trennung division verlangt werden darf Sind sie nicht mehr trennbar entsteht Miteigentum im anteiligen Verhaltnis der Quantitat Qualitat und des Werts das zu versteigern ist Art 575 CC Italien sieht fur den Fall der Vermischung commistione in Art 939 Abs 1 Codice civile Miteigentum vor In England unterscheidet man zwischen der Vermischung von Flussigkeiten confusion of liquids und der Vermengung von Stoffen commixtion of solids Werden gleichartige Substanzen miteinander vermischt so entsteht Miteigentum bei Vermischung unterschiedlicher Substanzen zu einer neuen Sache gelten wohl die Regeln der Verarbeitung 12 Einzelnachweise Bearbeiten Muzio Pampaloni Apunti sulla confusione e sulla commixtione Bull 37 1929 S 33 ff Gaius Digesten 41 1 7 8 Freiherr Fritz von Schwind Romisches Recht I Geschichte Rechtsgang System des Privatrechtes 1950 S 218 Lucius Iavolenus Priscus 11 ex Cass D 46 3 78 Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis 1756 Teil 2 Kapitel 3 15 Allgemeines Landrecht fur die Preussischen Staaten Band 1 1794 S 221 Burkard Wilhelm Pfeiffer Franz Georg Pfeiffer Napoleons Gesetzbuch Band 1 1808 S 263 Anton Haimberger Reines Romisches Privat Recht nach den Quellen und den Auslegungen der vorzuglichsten Rechtsgelehrten 1835 S 51 ff Harry Westermann Karl Heinz Gursky Dieter Eickmann Sachenrecht 1998 S 427 Jurgen F Baur Rolf Sturner Sachenrecht 17 Auflage 1999 53 Rn 18 Otto Palandt Peter Bassenge BGB Kommentar 73 Auflage 2014 950 Rn 1 David Walker The Law of Delict The Law of Delict in Scotland 1989 S 370Normdaten Sachbegriff GND 4228729 7 lobid OGND AKS Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vermischung Recht amp oldid 218063968