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Translatio imperii lateinisch Ubertragung des Reichs ist eine politische Theorie des Mittelalters und der fruhen Neuzeit der zufolge ein Weltreich das andere ablost Sie basiert auf der im Mittelalter verbreiteten theologisch begrundeten Geschichtsauffassung dass Geschichte linear verlaufe und eine Herrschaft eines Fursten oder eines Landes stets zu einer Folgeherrschaft eines anderen Fursten oder Landes fuhre Bei dieser eschatologischen Vorstellung unterschieden mittelalterliche Geschichtsschreiber nicht zwischen gottlicher und weltlicher Geschichte welche als untrennbare Einheit erachtet wurden Inhaltsverzeichnis 1 Translatio imperii im Mittelalter 2 Translatio imperii in der Neuzeit 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 AnmerkungenTranslatio imperii im Mittelalter BearbeitenDie Idee der translatio imperii basiert auf der Vier Reiche Lehre die wiederum auf das Buch Daniel Dan 2 21 EU zuruckgeht In seinem Kommentar zum Buch Daniel ordnete der spatantike Kirchenvater Hieronymus der Textstelle andere Reiche zu Babylon Persien Griechenland und Rom Nach dem letzten Reich sollte das Weltende folgen 476 erlosch das romische Kaisertum im Westen wahrend im Osten das ostromisch byzantinische Reich weiterbestand Die Sultane sahen sich nach der osmanischen Eroberung von Konstantinopel Istanbul 1453 in der Kontinuitat des damit endgultig eroberten Ostromischen Reichs Sultan Mehmed II der Eroberer brachte das durch die Ubernahme des Kaisertitels zum Ausdruck Im Mittelalter wurde im Westen nach der Kaiserkronung Karls des Grossen in Rom durch Papst Leo III am 25 Dezember 800 die Idee eines erneuerten Romerreichs vertreten womit das 4 Reich nicht untergegangen war Allerdings sind direkte Bezuge darauf dass die romische Kaiserwurde auf die Franken ubergegangen sei erst um die Mitte des 9 Jahrhunderts greifbar Spater wurde auch das Vier Reiche Schema im eschatologischen Sinne wieder aufgenommen Nach dem Zerfall des Frankenreichs trat schliesslich das Ostfrankische Reich an dessen Stelle dessen Herrscher Otto I 962 die Kaiserwurde erlangte Die Vorstellung dass das Imperium in der Nachfolge des Romerreichs stehen wurde kam aber erst im Laufe des 10 11 Jahrhunderts auf und seit dem 13 Jahrhundert wurde das Reich als Heiliges Romisches Reich bezeichnet Somit bezeichnet im Mittelalter translatio imperii in erster Linie die Ubertragung der romischen Kaiserwurde wobei auch eine kuriale Translationstheorie entstand wonach das Kaisertum nur durch den Papst ubertragen werden konne Die Kaiser des Heiligen Romischen Reiches stutzten sich auf ihre romischen Vorganger und leiteten so ihre Befugnis ab Gesetze zu erlassen Im Zusammenhang mit dieser Lehre steht die Anwendung des Corpus Iuris Civilis eines Gesetzeswerkes des ostromischen Kaisers Justinian I Die Vorschriften wurden zwar gewohnheitsrechtlich ubernommen im Mittelalter bestand aber das Bedurfnis die Geltung dieser Rechtssatze auf eine Autoritat zu stutzen So entstand die Legende Kaiser Lothar habe dieses Gesetzeswerk wiederentdeckt und zu geltendem Recht erklart Lotharische Legende Auf der Grundlage der translatio imperii erschien es auch konsequent romisches Recht fortzufuhren Gelehrte unterschiedlicher Herkunft versuchten ihr Land an das Ende einer Herrschaftskette zu setzen und entwickelten alternative Interpretationen der translatio imperii Otto von Freising deutscher Bischof 12 Jh Rom Byzanz Frankenreich Langobardenreich Heiliges Romisches Reich Chretien de Troyes franzosischer Dichter 12 Jh Griechenland Rom Frankreich 1 Richard de Bury englischer Bischof 14 Jh Athen Griechenland Rom Paris Frankreich GrossbritannienTranslatio imperii in der Neuzeit BearbeitenIn der Neuzeit setzten sich die aufstrebenden Grossmachte Spanien 16 Jahrhundert Frankreich 17 Jahrhundert und England 17 Jahrhundert in die Tradition der translatio imperii teils im Glauben als funftes Reich das Konigreich Gottes zu verwirklichen teils ohne den apokalyptischen Bezug Inzwischen trat eine weitere Auffassung hinzu die der zivilisatorischen Westwanderung Dem Lauf der Sonne folgend ex oriente lux hatte sich das sein Zeitalter beherrschende Land und damit Zentrum der damaligen Zivilisation immer weiter nach Westen verschoben z B Persien Griechenland Rom Spanien oder Persien Griechenland Rom England Diese Auffassung war besonders in den jungen Vereinigten Staaten verbreitet Die ehemaligen Kolonisten sahen sich und ihre Staatsform den absolutistischen Systemen der Alten Welt uberlegen und leiteten daraus in ihrem Fortschrittsoptimismus einen Ubergang der Zivilisation vom englischen Empire auf das funfte Reich god s own country ab Fur den Aufbau eines den Vorgangerimperien vergleichbaren Reiches war eine weitere Besiedlung des amerikanischen Kontinents notig siehe Manifest Destiny Als Rechtfertigung fur den amerikanischen Imperialismus um 1900 wurde die Idee wieder aufgegriffen das Licht der Zivilisation weiter nach Westen uber den Pazifik z B auf die Philippinen zu tragen Vertreter des Gedankens eines funften Reichs in Amerika waren z B George Berkeley und Josiah Strong Siehe auch BearbeitenRestauratio imperii Drittes RomLiteratur BearbeitenWerner Goez Translatio Imperii Ein Beitrag zur Geschichte des Geschichtsdenkens und der politischen Theorien im Mittelalter und in der fruhen Neuzeit Mohr Siebeck Tubingen 1958 DNB 451597591 zugleich Dissertation an der Universitat Frankfurt am Main Heinz Thomas Translatio Imperii In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 8 LexMA Verlag Munchen 1997 ISBN 3 89659 908 9 Sp 944 946 Cristian Bratu Translatio autorite et affirmation de soi chez Gaimar Wace et Benoit de Sainte Maure In The Medieval Chronicle Band 8 2013 S 135 164 Weblinks BearbeitenEdgar Hosch Die Idee der Translatio Imperii im Moskauer Russland In Europaische Geschichte Online hrsg vom Institut fur Europaische Geschichte Mainz 2010 Anmerkungen Bearbeiten De Troyes Chretien Cliges Circa 1176 Normdaten Sachbegriff GND 4185907 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Translatio imperii amp oldid 236094356