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Der Ausdruck Moskau Drittes Rom russisch Moskva tretij Rim wird im 16 Jahrhundert in drei Briefen des Philotheus Filofei Starez des Pskower Eleazar Klosters an den Grossfursten Wassili III an den Kirchenschreiber Misjur Munechin und an Iwan den Schrecklichen gepragt Seitdem wurde diese Wendung als vorgebliche Staatstheorie immer wieder aufgegriffen um den Machtanspruch Russlands zu untermauern Inhaltsverzeichnis 1 Erstes und Zweites Rom 2 Konzept 3 Entwicklung 4 Entstehung des Begriffs 5 Problematik des Begriffs 6 Die Unterstutzer der Idee 7 Wirkung 8 Literatur 9 Siehe auch 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseErstes und Zweites Rom BearbeitenDas Erste Rom ist die Stadt Rom als Zentrum des Romischen Reichs Der Untergang Roms wird mit der Annahme des romisch katholischen Glaubens gleichgesetzt als Rom Mittelpunkt der romisch katholischen Kirche wurde Als Zweites bzw Neues Rom wird Konstantinopel betrachtet oder das Heilige Romische Reich als der Nachfolger des Westromischen Reichs Vereinzelt zahlt auch der papstliche Kirchenstaat als zweites Rom Konzept BearbeitenUrsprunglich war das Konzept vom Dritten Rom weniger imperial als vielmehr apokalyptisch zu verstehen Das Furstentum Moskau war nach dieser Idee der letzte kleine Rest in der Wildnis von der einstmals grossen christlichen Zivilisation nachdem uberall sonst die Haresie Einzug gehalten hatte Sowohl der Katholizismus als auch der Islam wurden von vielen Orthodoxen als haretische Seitenzweige des judisch christlichen Stammes gesehen Moskau wurde verglichen mit jenen siebentausend Israeliten die sich nach dem Bericht im biblischen 1 Buch der Konige zur Zeit des Propheten Elija geweigert hatten den Ba al anzubeten Erst mit der Zeit wandelte sich diese Vorstellung zu einer Grossreichsidee Entwicklung BearbeitenDer Grossfurst von Kiew Wladimir I heiratete 989 Anna die Schwester des byzantinischen Kaisers Basileios II und trat zum griechisch orthodoxen Glauben uber Mit ihm wurden auch seine russischen Untertanen christianisiert Seit dem Fall Konstantinopels 1453 durch das Osmanische Reich betrachtet die russisch orthodoxe Kirche Moskau als das Dritte Rom d h als Zentrum des orthodoxen Christentums Die Heirat des Grossfursten Iwan III mit Sofia Palaiologa der Nichte des letzten byzantinischen Kaisers Konstantin XI Palaiologos 1448 1453 unterstrich die Stellung Moskaus Entstehung des Begriffs BearbeitenNach der Eroberung von Konstantinopel durch den osmanischen Sultan Mehmed II im Jahre 1453 war der Grossfurst von Moskau der fuhrende Vertreter der orthodoxen Christen Damit wurde die Machtstellung Moskaus auch ideologisch untermauert Die Theorie des Dritten Roms entstand daher und wurde unter anderem vom Monch Filofei um 1500 nach den geschichtlichen Ereignissen konstruiert In dieser Theorie beschreibt Filofei auch den genealogischen Anschluss durch die Heirat Iwans III mit Sofia Palaiologa Sofia soll in ihrer Person die byzantinische Tradition verkorpert haben und hat durch griechische und romische Begleiter angeblich die byzantinische Kultur am Moskauer Hof verbreitet Mit der Eheschliessung wurden in Moskau der byzantinische Hofritus sowie das Wappen mit dem Doppeladler und der Titel Zar als Symbole der orthodoxen Kaisermacht eingefuhrt Problematik des Begriffs BearbeitenDiese Theorie wurde erst spater um 1510 von Filofei niedergeschrieben und orientierte sich an den geschichtlichen Ereignissen Sofia hatte zwei Bruder Manuel und Andreas Iwan III konnte daher keine Erbanspruche auf den byzantinischen Kaiserthron geltend machen Ihr Bruder Andreas verkaufte sogar seine byzantinischen Erbanspruche 1483 an einen spanischen Granden und 1494 nochmals an Konig Karl VIII von Frankreich Auch soll man nicht vergessen dass Sofia nicht griechisch orthodox war als sie nach Moskau kam sondern der Unierten Kirche angehorte Sie hatte Byzanz nie gesehen somit ist es eher unwahrscheinlich dass sie das byzantinische Hofzeremoniell nach Moskau brachte Der Doppeladler taucht erst in der 1 Halfte des 14 Jahrhunderts in Byzanz auf und war nie ein unmittelbares Herrschaftszeichen des byzantinischen Kaisers Auf Munzen und Siegel befand sich immer der Herrscher Im Westen hingegen tritt der Doppeladler schon sehr bald auf Es ist nicht genau festzuhalten ab wann Iwan III den Adler in seinem Siegel benutzt Erst Wassili III hat ihn endgultig verwendet Der Titel Zar fur den Moskauer Grossfursten lasst sich schon fur fruhere Zeiten nachweisen hatte anfangs aber eher eine stilistische Funktion Im Bericht uber das Konzil von Florenz wird der Titel fur Wassili II verwendet Offiziell wird der Titel Zar erstmals im 1474 geschlossenen Waffenstillstand mit Livland genannt Dort werden Iwan III und sein Sohn als Zaren bezeichnet Dennoch andert sich bei der Betitelung Iwans III etwas anstatt sich wie zuvor Herr zu nennen nennt er sich immer haufiger Herrscher Die Unterstutzer der Idee BearbeitenDa die Idee Moskau als Erbe Byzanz und somit als Drittes Rom zu sehen erst spater niedergeschrieben wurde finden sich vor allem nach der Regentschaft Iwan III Anhanger dieser Idee Fur Iwan III und Wassili III bedeutete Zar nichts anderes als grosser Herrscher Iwan III hat nicht daran gedacht das universale Erbe des byzantinischen Kaisers anzutreten sondern vor allem Fluchtlinge aus Byzanz und Serbien sahen den Hort der Rechtglaubigkeit im Moskauer Reich da es als einziger Vertreter der orthodoxen Kirche frei handeln konnte Die Ausformung dieser Ideologie stammt aus dem monchischen Bereich Filofej von Pskow Pleskau Der Erzbischof Feofil war mit der Politik Iwans III unzufrieden Die Kirche musste 1478 viele Landereien an Grossfursten ubergeben und 1479 endete der Besuch Iwans III in Gross Nowgorod mit der Verhaftung Feofils Nach dem Monch Filofei ist Moskau als Drittes Rom auch das letzte Rom ein Viertes wird es nicht geben chetvyortomu ne byti weil das Weltende nahe ware Wirkung BearbeitenDie Benennung von Sankt Petersburg 1703 durch Peter den Grossen ist in diesen Zusammenhang zu stellen Der Politikwissenschafter Jorg Himmelreich wies darauf hin dass das Verstandnis der russischen Geschichte als fortlaufender Teil der Heilsgeschichte die politischen Systeme nicht nur des Zarenreiches sondern auch der Sowjetunion gepragt habe und mit der Herrschaft Wladimir Putins starker denn je das russische Staatsdenken pragt Wie in der jahrhundertelangen Vergangenheit ist die orthodoxe Kirche auch heute wieder Dienerin ihres Herrn Diese jahrhundertealte Staatsideologie der orthodoxen Kirche ist tief in die russische Herrschaftspsychologie eingraviert Selbst der Sowjetkommunismus trug orthodoxe Herrschaftsmerkmale Er war am Ende nichts anderes als eine ins Weltlich Politische verwandelte irdische Ideologie der russischen Orthodoxie so wie sie der Monch Filofej schon 400 Jahre fruher formuliert hatte Die messianische Heilserwartung des Dritten Rom entspricht dem weltlichen Befreiungsgedanken der kommunistischen Ideologie Als letztes Rom der Christenheit allein im Besitz der letzten absoluten Wahrheit zu sein verweist auf den totalitaren Anspruch des Sowjetkommunismus Wie schon seit Wladimirs Taufe 988 die russische Orthodoxie auch dazu diente Ziele politischer Macht der russischen Herrschaft nur zu verkleiden so war auch unter Stalin die Ideologie des Sowjetkommunismus nur noch notdurftige moralische Hulle nackter Gewaltausubung Orthodoxie und Sowjetkommunismus bilden als Zwillingspaar uber ein Jahrtausend hinweg die wesentliche Legitimationsquelle russischer Autokratie und russischer Expansion So bildet die historische orthodoxe Herrschaftsideologie auch heute wieder den Goldgrund fur Putins autokratisches Regime und seinen wiederbelebten russischen Expansionismus Jorg Himmelreich 1 Literatur Bearbeitenin der Reihenfolge des Erscheinens Hildegard Schaeder Moskau das Dritte Rom Studien zur Geschichte der politischen Theorien in der slavischen Welt Friederichsen de Gruyter amp Co Hamburg 1929 Neuausgabe Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1957 Wilhelm Lettenbauer Moskau das dritte Rom Zur Geschichte einer politischen Idee Munchen 1961 Hans Heinrich Nolte Wolfgang Vetter Der Aufstieg Russlands zur europaischen Grossmacht Klett Cotta Stuttgart 1994 ISBN 3 12 429900 0 Edgar Hosch Die Idee der Translatio Imperii im Moskauer Russland in Europaische Geschichte Online 2010 pdf Zugriff am 8 Marz 2021 Illya Kozyrev Moskau das dritte Rom Eine politische Theorie mit ihren Auswirkungen auf die Identitat der Russen und die russische Politik Cuvillier Gottingen 2011 ISBN 978 3 86955 625 3 Siehe auch BearbeitenAlexander Dugin Grundlagen der Geopolitik Die geopolitische Zukunft Russlands 1997 Michail Jurjew Das Dritte Imperium 2006 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Drittes Rom Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Wolfram von Scheliha Drittes Rom In Enzyklopadie des Europaischen OstensEinzelnachweise Bearbeiten Jorg Himmelreich Putins Dienerin Die russisch orthodoxe Kirche und ihre Mission Neue Zurcher Zeitung 2 April 2015 Normdaten Sachbegriff GND 4207361 3 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Drittes Rom amp oldid 233412608