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Toggenburger Hausorgeln sind Hausorgeln in der im Toggenburg typischen Ausbildungsform Der Toggenburger Hausorgelbau umfasst mehr als 100 Instrumente mit Datierungen von 1754 bis 1821 Sie sind geschmuckt mit Schnitzereien und bemalt mit floralen Ornamenten und Rocaillenwerk Gespielt wurden die Toggenburger Hausorgeln zumeist von Frauen Mit ihrem festlichen Klang unterstutzten die Instrumente die pietistisch getonten Hausandachten 1 Toggenburger Hausorgel von Joseph Looser Malerei vom Maler der Parchen szenen Zuschreibung 1800 Inhaltsverzeichnis 1 Vorlaufer 2 Toggenburger Orgelbauer 2 1 Wendelin Looser 2 2 Joseph Looser 2 3 Johann Melchior Grob 2 4 Ulrich Ammann 2 5 Heinrich Ammann 3 Konstruktion 4 Klang 5 Verbreitung 6 Weitere Bilder 7 Tonaufnahmen Auswahl 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseVorlaufer BearbeitenIn mehreren europaischen Landern und besonders im Elsass wo die Orgelbaukunst im grossen Stil ausgeubt wurde entwickelten sich neben den Kirchenorgeln besonders im 17 und 18 Jahrhundert die fur die Pflege der Hausmusik beliebten Hausorgeln Die in der Regel mit Lippenpfeifen ausgestatteten freistehenden Instrumente wurden Positive Haus Zimmer oder Stubenorgeln genannt In der Schweiz wurde der Instrumentenbau ursprunglich von Schreinern betrieben bis sich um 1700 einzelne Spezialisten ausbildeten Nachdem das Orgelspiel durch die Reformation aus der Kirche verbannt worden war wurde es im Zurichbiet wo der Orgelbau gut dokumentiert ist von Musikgesellschaften gepflegt Ab den 1640er Jahren sind dort mehrere Orgelbauer bekannt Toggenburger Orgelbauer BearbeitenWendelin Looser Bearbeiten Wendelin Loosers 14 April 1720 in Kappel 25 Februar 1790 Verdienst durfte es sein die Orgelbaukunst im Tal begrundet zu haben Er stammt aus dem im oberen Toggenburg sehr verbreiteten evangelischen Geschlecht Looser Seine bekannten Orgeln datieren von 1754 bis 1781 doch hat er vermutlich schon vorher Orgeln gebaut Wo Wendelin Looser seine Kunst gelernt hat ist nicht bekannt Aufschluss konnte die Kenntnis der Herkunft der bei allen seinen Orgeln verwendeten Papier Tastenblattchen geben die die Jahres Zahl 1710 tragen Sie stammen vermutlich aus dem Vorrat seines Lehrmeisters Joseph Looser Bearbeiten nbsp Joseph Looser scheint es zu Wohlstand gebracht zu haben wie das 1793 von Michael Schmid angefertigte Portrat schliessen lasst Joseph Looser 26 Oktober 1749 in Kappel 7 Marz 1822 war Sohn des Orgelbauers Wendelin Looser Er wurde von seinem Vater schon fruh in den Orgelbau eingefuhrt und arbeitete an dessen letzten Werken mit Aus Joseph Loosers Orgelbauwerkstatt gingen rund 50 Hausorgeln hervor Joseph Looser bekleidete eine Reihe von Amtern unter anderen jenes des Gemeindeammanns Johann Melchior Grob Bearbeiten Von Johann Melchoir oder Hans Melchior Grob 16 Januar 1754 im Hemberg ist nur sehr wenig bekannt Er verlegte seine Werkstatt vom Hemberg nach Ebnat wo er das Burgerrecht erwarb und am 8 Juli 1832 starb Grob konnen Stand 2019 in der Zeitspanne von 1781 bis 1813 die drei Kirchenorgeln in Granichen Lutzelfluh und Payerne sowie vier Hausorgeln zugeordnet werden 2 Er verzichtete auf Flugelturen und die in Blautonen gehaltenen ornamentalen Bemalungen Die Gehauseformen seiner Orgeln sind sehr unterschiedlich Er scheint keinen Schematismen verfallen zu sein wie sie sonst im Toggenburger Hausorgelbau zu finden sind 3 Ulrich Ammann Bearbeiten nbsp Ulrich AmmannUlrich Ammann 13 Februar 1766 in Alt St Johann 27 April 1842 hatte als Orgelbauer nur geringe Bedeutung Nachdem er von Johann Melchior Grob als Lehrling abgewiesen worden war baute er in vierjahriger Arbeit 1780 bis 1784 selbst eine Hausorgel die sein einziges Werk blieb Ulrich Ammann wurde spater durch seine Stock Floten und Stock Klarinetten beruhmt die als Bergstock verwendbar in der napoleonischen Zeit durch franzosische Offiziere bekannt wurden und als Kuriositaten geschatzt waren Testamentarisch bedachte er die Sekundarschule Nesslau und der Primarschule Unterwasser mit Legaten Heinrich Ammann Bearbeiten Heinrich Ammann 18 September 1763 in Wildhaus baute einige Hausorgeln Neben der Orgel im Toggenburger Museum ist je eine in der Kapelle von Obermutten in der Kirche von Tschiertschen und im Museum Ackerhus in Ebnat Kappel bekannt 4 Ammann war 1814 als Schreinermeister in Wildhaus nachweisbar Spater zog er nach Grabs wo er am 2 Januar 1836 starb nbsp Funfteilige Hausorgel von Joseph Looser 1784Beim Uberfahren mit der Maus wird der Name des jeweiligen Bestandteils angezeigt Konstruktion BearbeitenDie Toggenburger Hausorgeln sind im Wesentlichen nach einem einheitlichen Schema angefertigt Es sind verhaltnismassig einfache Positive bei deren Bau die geringe Hohe der Wohnraume berucksichtigt werden musste Im meist aus Tannenholz gefertigten Orgelgehause befindet sich unten das Geblase und daruber der Windkasten mit der Schleiflade Diese ist ein Holzrahmen der in so viele Kammern geteilt ist wie Tasten vorhanden sind Das ganze Gehause ist ahnlich wie die Schranke und Truhen der damaligen Zeit mit Ornamenten bemalt In der Mitte vor der Organistin ist das Manual das mit einem Schiebedeckel verschlossen wird Es erstreckt sich uber vier Oktaven und besteht aus 49 Tasten Oben geben die Flugelturen nach dem Offnen den Blick auf den Prospekt frei der aus den in der Grosse nach in verschiedener Weise geordneten Metallpfeifen besteht Die der Tonleiter aufeinander folgenden Pfeifen sind wie im Orgelbau allgemein ublich um ein Mitklingen zu vermeiden abwechslungsweise rechts und links angeordnet sog C und Cis Seite Klang BearbeitenDie Labialpfeifen sind offene und gedeckte Holzpfeifen und offene Metallpfeifen Die Toggenburger Hausorgeln sind mit zwei bis acht Registern ausgestattet Bei Anwendung aller Register zeigen Toggenburger Hausorgeln einen raumfullenden warmen Klang Sie sind somit nicht nur historisch bedeutsame sondern auch musikalisch wertvolle Instrumente und eignen sich vor allem zum Vortrag von Orgelkompositionen der alteren deutschen Meister bis zu Johann Sebastian Bach Verbreitung Bearbeiten nbsp Hausorgel von Wendelin Looser mit geschlossenen nbsp und offenen Flugelturen 1772 nbsp Kleines Orgelpositiv von Joseph Looser ohne sichtbare Pfeifen um 1780 Pfingstrosenmaler nbsp Hausorgel von Melchior Grob ohne die bei anderen Orgelbauern ubliche Bemalung 1793Im Toggenburg handelt es sich um einen raumlich und zeitlich begrenzten Ableger der Orgelbaukunst die durch zwei Generationen gepflegt wurde Diese Entwicklung war durch einen besonderen Umstand bedingt den Pietismus 5 Er war eine Stromung die im 17 Jahrhundert innerhalb des Protestantismus entstand 6 und im Toggenburg recht weite Verbreitung fand 7 Der pietistische Glaube entzundete sich mehr in der personlichen Erweckung als in wissenschaftlicher Gelehrsamkeit Damit konnte der Hausvater des Predigens so wurdig sein wie ein gebildeter Theologe Mit den Firstkammern in den Toggenburger Hausern bot sich ein idealer Raum fur Versammlungen die man im Schatten der eigenen Kirche abhielt 6 Die Kaufer der von einheimischen Kunsthandwerkern hergestellten Hausorgeln evangelische Familien im paritatischen Toggenburg stellten die Instrumente in der Firstkammer auf und nutzten sie zur Pflege geistlicher und weltlicher Musik in den Feierstunden Dies geschah wahrend einer um die Mitte des 18 Jahrhunderts einsetzenden Periode durch die aufbluhende Heimindustrie herbeigefuhrten Wohlstandes Zum grossten Teil wurden die Toggenburger Hausorgeln in das Ober und Neutoggenburg geliefert Ahnliche Instrumente kommen vereinzelt auch anderorts vor z B in der ubrigen Ostschweiz im Wallis in Sumiswald oder im Elsass Nicht aufrechterhalten lasst sich die These dass sich die Hausorgel im Toggenburg verbreitet hatte zur Umgehung des Zwinglischen Verbots der Kirchenmusik Noch im 17 Jahrhundert war in keiner reformierten Kirche der Ostschweiz gottesdienstliche Musik zu horen Nach etwa 1750 im Vergleich zur Nachbarschaft sehr fruh ist die Orgel allmahlich in die Toggenburger Kirchen zuruckgekehrt Die erste bekannte Toggenburger Hausorgel stammt aus dem Jahr 1754 Die Blutezeit der Hausorgeln fallt in das letzte Drittel des Jahrhunderts und dauerte bis kurz nach 1810 Zu dieser Zeit waren in Kappel Krummenau Nesslau und seit 1788 in Alt St Johann bereits Kirchenorgeln vorhanden 8 Weitere Bilder Bearbeiten nbsp Hausorgel von Joseph Looser 1793 Sie besitzt 5 Register und entspricht in der Bemalung den ublichen von Looser hergestellten Orgeln nbsp Orgel mit 4 Registern und 3 Feldern im Prospekt von Heinrich Ammann um 1800 nbsp Hausorgel von Heinrich Ammann 1807Tonaufnahmen Auswahl BearbeitenToggenburger Hausorgeln gespielt von Hans Vollenweider PELCA Musikverlag zum Pelikan Zurich Literatur BearbeitenOtmar Widmer Hausorgelbau im Toggenburg In Anzeiger fur schweizerische Altertumskunde Neue Folge archiviert in E Periodica ch Text Band 39 1937 Heft 2 S 135 154 PDF 11 9 MB Beilage I und II Band 39 1937 Heft 3 S 237 250 PDF 6 3 MB Beilage III Band 39 1937 Heft 4 S 309 322 PDF 8 9 MB Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Toggenburger Hausorgel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Website des Museums Ackerhus Ebnat Kappel Website des Toggenburger Museums LichtensteigEinzelnachweise Bearbeiten Die Toggenburger Hausorgel Informationsschild im Museum Ackerhus Ebnat Kappel besucht am 13 April 2019 Hans Melchior Grob Auf der Website von Windblass Verein Toggenburger Hausorgel abgerufen am 25 Juli 2019 Markus Meier Johann Melchior Grob Toggenburger Orgelbauer In Toggenburger Jahrbuch 2014 online auf der Website von Windblass Verein Toggenburger Hausorgel abgerufen am 25 Juli 2019 Beschriftung an der Ammann Orgel im Toggenburger Museum Lichtensteig besucht am 25 Juli 2019 Jost Kirchgraber Das bauerliche Toggenburger Haus und seine Kultur im oberen Thur und Neckertal in der Zeit zwischen 1648 und 1798 VGS Verlagsgenossenschaft St Gallen 1990 ISBN 978 3 7291 1056 4 S 66 a b Kirchgraber S 60 Kirchgraber S 62 63 Kirchgraber S 65 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Toggenburger Hausorgel amp oldid 235379227