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Theorie der rationalen Entscheidung englisch rational choice theory raeʃ e nel ˈtʃɔɪs 8ɪeɹi ist eine Sammelbezeichnung fur verschiedene Ansatze einer Handlungstheorie der Sozialwissenschaften zur Untersuchung getroffener Entscheidungen Die normative Entscheidungstheorie basiert auf der Theorie der rationalen Entscheidung und normativen Modellen Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Ziel und Methode 3 Umstrittene Punkte 4 Bekannte Vertreter 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenGenerell schreiben diese Ansatze handelnden Subjekten Akteuren rationales Verhalten zu wobei diese Subjekte aufgrund gewisser Praferenzen ein nutzenmaximierendes z B kostenminimierendes Verhalten zeigen Wahrend diese Verhaltensannahme in der Volkswirtschaftslehre dominierend ist stellt die Theorie der rationalen Entscheidung in anderen Sozialwissenschaften einen Ansatz unter weiteren dar Es gibt jedoch Beobachtungen dass oft minimale Veranderungen in der Art der Informationsvermittlung und geringfugige Variationen des Entscheidungskontextes zu oft dramatischen Veranderungen im Entscheidungsverhalten fuhren 1 Dieses als Framing Effekt bezeichnete Phanomen 1 legt nahe dass Entscheidungen nicht immer rein rational getroffen werden Es wird als Anomalie des Rational Choice Ansatzes betrachtet 1 Auch aus anderer Perspektive sind die Annahmen der Theorie der rationalen Entscheidung als realitatsfremd kritisiert worden Heute wird daher der Rational Choice Ansatz kaum noch als Theorie im wissenschaftstheoretischen Sinn verwendet Ziel und Methode BearbeitenDie Theorien der rationalen Entscheidung orientieren sich an der klassischen Nationalokonomie Adam Smiths berufen sich auf Max Webers Programm einer verstehenden Soziologie und auf die Ideen von Hans Morgenthau Sie versuchen komplexe soziale Handlungen mit Hilfe moglichst einfacher Modellannahmen zu fassen In der fruhen Anwendung des Rational Choice Ansatzes etwa in der Politikwissenschaft durch William H Riker an der US amerikanischen University of Rochester war das angestrebte Ziel soziale Gesetze zu finden die universelle Gultigkeit und logische Koharenz wie etwa die der Newtonschen Physik besitzen Moderne Vertreter des Rational Choice Ansatzes verweisen auf die Vorteile der logisch deduktiven Eigenschaften mathematischer Modelle fur rigoroses Theoretisieren Sie verweisen zudem auf die Vorteile des Ansatzes fur das Generieren von Kausalerklarungen auf der Ebene des Individuums In Anlehnung an das Makro Mikro Makro Schema betonen Vertreter der Theorie der rationalen Entscheidung dass sich gesellschaftlicher Wandel nicht nach strengen Gesetzen vollziehe Allgemeine Gesetze fanden sich nur auf der Ebene des menschlichen Verhaltens Erst diese menschlichen Verhaltenskonstanten ermoglichen gemeinsam mit den jeweiligen Randbedingungen einer sozialen Situation Voraussagen uber die Handlungen der Akteure Erklarungsmodelle der rationalen Entscheidung reichen vom klassischen Homo oeconomicus bis zum RREEMM Modell Restricted Resourceful Expecting Evaluating Maximising Man der modernen Soziologie Uber den Rationalitatsbegriff des rationalen Individuums gibt es ebenso wie uber die Gewichtung und Entstehung der Praferenzen keine Einigkeit Einige Autoren nehmen lediglich an dass Akteure uber transitive und vollstandig bekannte Praferenzen verfugen Wieder andere treffen Annahmen uber den Verlauf der Nutzenfunktionen Weiterhin besteht keine Einigkeit daruber ob nur objektiv messbare Grossen z B Geldgewinne oder ob auch subjektive Empfindungen z B die Freude an altruistischem Handeln als Nutzen in die Modelle miteinbezogen werden sollen Objektive Grossen erhohen die empirische Prufbarkeit der Theorien Subjektiver Nutzen gestaltet die Modelle zwar realistischer birgt aber die Gefahr dass praktisch jede Handlung durch die beliebige Einfuhrung weiterer nicht oder nur schwer uberprufbarer subjektiver Praferenzen erklart werden kann Damit verliert die Theorie unter Umstanden einen ihrer Hauptvorteile die Moglichkeit zur Ableitung moglichst praziser Hypothesen Anwendungen aus der Spieltheorie zur Untersuchung der Theorie der Rationalen Entscheidung sind insbesondere die Ultimatumspiele Weiterhin untersucht die Verhaltensforschung Entscheidungsverhalten das arbitrar wirkt und damit im Widerspruch zu rationalem Verhalten zu stehen scheint 2 3 Umstrittene Punkte BearbeitenWahrend die Theorie der rationalen Entscheidung in den Wirtschaftswissenschaften ein bedeutendes Paradigma ist und es in vielen Modellen fur ausreichend gehalten wird von rationaler Entscheidung ausgehen zu konnen wird die Theorie in der Soziologie Psychologie und der Politikwissenschaft kontrovers diskutiert Einer der Hauptstreitpunkte ist der verwendete methodologische Individualismus es wird debattiert ob sich soziales Verhalten und soziale Gesetze durch das Verhalten vieler einzelner Individuen bestimmen lassen oder ob das soziale Handeln eigene kollektivistische Gesetzmassigkeiten aufweist Eine schwachere Version dieser Kritik wirft dem Ansatz der Rationalen Entscheidung vor soziale Probleme strukturell bedingt unterkomplex zu fassen Zum anderen steht die starke Modellhaftigkeit des Ansatzes in der Kritik Es gibt empirische Evidenz dass Menschen nur begrenzt rational handeln und dass das fur die Beteiligten von Vorteil ist Die meisten Theoretiker der Rationalen Entscheidung raumen das ein machen aber geltend dass rationale Nutzenmaximierung eine plausible Grundannahme darstelle von der aus die Modelle bestimmten arbeits und lebensweltlichen Situationen angepasst werden konnten Bekannte Vertreter BearbeitenRobert Axelrod Gary Becker Duncan Black Raymond Boudon James M Buchanan James Samuel Coleman Anthony Downs An Economic Theory of Democracy 1957 Jon Elster Hartmut Esser John Harsanyi George C Homans Siegwart Lindenberg Mancur Olson Karl Dieter Opp Franz Urban Pappi Adam Przeworski Werner Raub Joseph Schumpeter Rudolf Schussler Thomas VossLiteratur BearbeitenGary Becker The Economic Way of Looking at Life Nobel Lecture 9 Dezember 1992 uchicago edu PDF 161 kB Norman Braun amp Thomas Gautschi Rational Choice Theorie Juventa Verlag Weinheim Munchen 2011 ISBN 978 3 7799 1490 7 Hartmut Esser Soziologie Spezielle Grundlagen Band 1 Situationslogik und Handeln Campus Frankfurt New York 2002 ISBN 3 593 37144 8 Hans Bernd Schafer amp Klaus Wehrt Hrsg Die Okonomisierung der Sozialwissenschaften Campus Verlag Frankfurt New York 1989 ISBN 3 593 34183 2 Amartya Sen Rational Fools A Critique of the Behavioural Foundations of Economic Theory In ders Choice Welfare and Measurement Blackwell Oxford 1982 Kritik Eine schlechte deutsche Ubersetzung ist erschienen als Rationalclowns Eine Kritik der behavioristischen Grundlagen der Wirtschaftstheorie In Karl Peter Markl Hrsg Analytische Politikphilosophie und okonomische Rationalitat Band 2 Westdeutscher Verlag Opladen 1984 Herbert A Simon Homo rationalis Die Vernunft im menschlichen Leben Campus Verlag Frankfurt New York 1993 ISBN 3 593 34846 2 Volker Kunz Rational Choice Campus Verlag Frankfurt New York 2004 ISBN 3 593 37237 1 Weblinks BearbeitenAndreas Diekmann und Thomas Voss Die Theorie rationalen Handelns Stand und Perspektiven PDF 84 kB Tyler Cowen How Do Economists Think About Rationality englisch PDF 138 kB Clemens Kroneberg und Frank Kalter Rational Choice Theory and Empirical Research Methodological and Theoretical Contributions in Europe englisch Einzelnachweise Bearbeiten a b c Volker Stocke Framing und Rationalitat Die Bedeutung der Informationsdarstellung fur das Entscheidungsverhalten Oldenbourg Munchen 2002 ISBN 3 486 56646 6 S 10 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche P M Driver D A Humphries Protean Behaviour The Biology of Unpredictability 1988 Dylan Evans Hrsg m Pierre Cruse Emotion Evolution and Rationality Oxford 2004 Normdaten Sachbegriff GND 4274923 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Theorie der rationalen Entscheidung amp oldid 237608940