www.wikidata.de-de.nina.az
Dieser Artikel beschreibt den sprachwissenschaftlichen Begriff zum finanzwirtschaftlichen Terminus siehe Arbitrage Arbitraritat aus lateinisch arbitrarius zugehoriges Adjektiv arbitrar wortlich willkurlich daher auch Willkurlichkeit bedeutet die Entstehung oder Beschaffenheit einer Sache aufgrund von Willkur anstelle einer naturlichen Notwendigkeit In der Sprachwissenschaft und Semiotik bezeichnet der Begriff eine grundlegende Eigenschaft sprachlicher Zeichen Die Beziehung zwischen dem Bezeichnenden Signifikant Lautbild Zeichengestalt und dem Bezeichneten Signifikat beruht auf menschlicher Konvention und Vereinbarung statt auf einer naturgegebenen Gesetzmassigkeit Begriffsgeschichte Bearbeiten nbsp Das Lautbild b a u m frz arbre ist der Vorstellung concept Baum zugeordnetDer Schweizer Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure pragte den Begriff der Arbitraritat in seinem 1916 posthum veroffentlichten Werk Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft franzosischer Originaltitel Cours de linguistique generale Saussure bezieht Arbitraritat auf das Verhaltnis von Lautbild image acoustique und Vorstellung concept eines sprachlichen Zeichens Er belegt die Willkurlichkeit dieser Zuordnung mit der Tatsache dass dasselbe Objekt der Realitat von Sprache zu Sprache verschieden benannt wird Arbitraritat bedeutet nicht dass ein einzelner Sprecher bei der Konstruktion sprachlicher Ausdrucke grundsatzlich frei wahlen kann abgesehen von der Erzeugung eines Neologismus Beim Spracherwerb und in der Kommunikation mit anderen Personen erfahrt der Sprecher den Zusammenhang zwischen Zeichen und Bedeutung als eine gewohnheitsmassige Verbindung Die Zuordnung von Bezeichnungen und Bedeutungen ist somit durch die Konventionen einer Sprachgemeinschaft geregelt Arbitraritat bedeutet vielmehr dass es keinen objektiven Grund gibt warum konventionell einem Objekt oder Konzept ein ganz bestimmtes Lautbild zugeordnet ist Arbitraritat bedeutet auch nicht dass die Gestalt des Signifikanten grundsatzlich nicht durch das Signifikat motiviert sei Lautmalerische Worter Onomatopoien die einen Naturlaut nachahmen Kuckuck Kikeriki oder grammatische Phanomene wie in einigen Sprachen die Pluralbildung durch Reduplikation zeigen vielmehr dass auch sprachliche Zeichen hauptsachlich Ikonizitat oder teilweise durch eine Ahnlichkeitsbeziehung zum Bezeichneten motiviert sein konnen Man spricht im letzteren Fall von relativer Motiviertheit des Zeichens bei gleichzeitig prinzipiell bestehender Arbitraritat Der geschichtliche Hintergrund fur den Begriff in der modernen Sprachwissenschaft liegt in der sprachphilosophischen Auseinandersetzung zwischen Konventionalisten und Naturalisten wie ihn in ausfuhrlicher Form Platon in seinem Dialog Kratylos dargestellt hat Ausserhalb des europaischen Kontextes finden sich ahnliche Ideen auch in den Inneren Kapiteln des daoistischen chinesischen Klassikers Zhuangzi Wahrend der Konventionalismus die Entstehung der Sprache auf menschliche Setzung und Ubereinkunft zuruckfuhrt vertritt der Naturalismus die Auffassung dass die Worter der Sprache aufgrund einer naturlichen Affinitat zwischen ihrer Lautgestalt und ihrer Bedeutung das Wesen der bezeichneten Sache darstellten Eine solche Affinitat wird nicht nur bei offensichtlichen Onomatopoien gesehen sondern es gibt nach platonischer Vorstellung vielmehr eine ursprungliche naturliche Beziehung zwischen den einzelnen Lauten und den dadurch bezeichneten sachlichen Eigenschaften Vorgangen und Handlungen z B zwischen dem Vibrationslaut r und der Eigenschaft Bewegung Diese naturliche Beziehung zwischen sinnvollen Wortbildungsmustern und Bedeutungsubertragungen tragt sich in der Sprachentwicklung fort und ermoglicht es bei der Untersuchung eines Wortes von dessen Lautgestalt und Herkunft auf das Wesen der bezeichneten Sache schliessen zu konnen Der Ansatz hat sich besonders in der antiken und mittelalterlichen Etymologie als ausserordentlich fruchtbar erwiesen Wenn zum Beispiel das lateinische Wort vulpes Fuchs damit erklart werde dass der Name dieses Tieres aus veloces pedes entstanden sei und also auf die schnellen Fusse des Fuchses hinweise Literatur BearbeitenAllgemeinFranz Dotter Nichtarbitraritat und Ikonizitat in der Syntax Beitrage zur Sprachwissenschaft 4 Buske Hamburg 1990 ISBN 3 87118 964 2 Zugleich Klagenfurt Universitat Habilitations Schrift 1988 Franz von Kutschera Sprachphilosophie Uni Taschenbucher 80 Fink Munchen 1971 ISBN 3 7705 0628 6 Ferdinand de Saussure Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft 3 Auflage mit einem Nachwort von Peter Ernst De Gruyter Berlin u a 2001 ISBN 3 11 017015 9 Edmond L Wright Arbitrariness and Motivation A New Theory In Foundations of Language Jg 14 Nr 4 1976 ISSN 0015 900X S 505 523 JSTOR 25170085 Speziell zu Saussures BegriffRudolf Engler Lexique de la terminologie saussurienne Spectrum Utrecht u a 1968 Gerold Ungeheuer Zum arbitraren Charakter des sprachlichen Zeichens Ein Beitrag zum Verhaltnis von synchronischer und ahistorischer Betrachtungsweisen in der Linguistik In Sprache Gegenwart und Geschichte Probleme der Synchronie und Diachronie Institut fur Deutsche Sprache Jahrbuch 1968 ISSN 0537 7900 Sprache der Gegenwart 5 ISSN 0341 9304 Padagogischer Verlag Schwann Dusseldorf 1969 S 65 77 urn nbn de bsz mh39 10389 Nachgedruckt in Gerold Ungeheuer Sprache und Kommunikation Signifikation 4 3 erweiterte und vollig neu eingerichtete Auflage herausgegeben und eingeleitet von Karin Kolb und H Walter Schmitz Nodus Munster 2004 ISBN 3 89323 654 6 S 35 44 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Arbitraritat Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wiktionary arbitrar Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wiktionary Willkurlichkeit Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Arbitraritat amp oldid 231482337