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Ikonizitat ist ein Fachbegriff aus der Linguistik der sich im Wesentlichen auf den Begriff des Ikons im Sinne von Charles Sanders Peirce bezieht Mit dem Begriff beschreibt man ein Ahnlichkeitsverhaltnis zwischen der Oberflachenform eines Sprachzeichens und einem potentiellen Referenten Haufig wird Ikonizitat schlicht als Ahnlichkeit zwischen einem Klang und einer Bedeutung definiert 1 Diese Definition erweist sich allerdings als zu grob da es auch Sprachen gibt die nicht gesprochen sondern gebardet werden siehe unten Bereits ab dem 19 Jahrhundert wurde in der Sprachwissenschaft die Ansicht vertreten dass es ein wesentliches Kennzeichen naturlicher Sprachen sei dass die Verbindung zwischen einem Zeichen und seinen potentiellen Referenten arbitrar sei es also keinen direkten Zusammenhang zwischen der Form des Zeichens und der Form seiner potentieller Referenten gibt Der Klang eines Wortes sagen wir Sofa hat nichts damit zu tun wie ein Sofa beschaffen ist Es ist also mehr oder weniger Zufall dass ein Sofa Sofa heisst Dass es keine direkte Verbindung zwischen Sprachzeichen und Bedeutung gibt ist auch dadurch belegt dass viele Sprachen vollkommen andersklingende Worter fur Sofa haben Die Ansicht dass Arbitraritat ein wesentliches Kennzeichens naturlicher Sprachen sei wurde beispielsweise von Georg von der Gabelentz und Ferdinand de Saussure vertreten Als modernerer Vertreter dieser Ansicht kann Charles Hockett gelten 2 Arbitraritat kann als Gegenbegriff zu Ikonizitat aufgefasst werden Bereits Ferdinand de Saussure wies darauf hin dass nicht alle sprachlichen Zeichen arbitrar sind und es Ausnahmen gibt Im Deutschen ist etwa das Wort Kuckuck ikonisch da das Wort und das Gerausch das seine Referenten machen in einem Ahnlichkeitsverhaltnis stehen Wahrend die Rolle der Ikonizitat in naturlichen Sprachen innerhalb der Sprachwissenschaft zunachst heruntergespielt wurde ruckte sie spater vermehrt ins Interesse der Forschung Mittlerweile geht man nicht mehr davon aus dass Arbitraritat eine notwendige Eigenschaft naturlicher Sprachen ist da viele Sprachen uber einen mal grosseren mal kleineren Anteil an ikonischen Sprachzeichen enthalten Das Japanische verfugt beispielsweise uber einen relativ grossen ikonischen Wortschatz und viele Gebarden in Gebardensprachen sind ikonisch Dass Gebardensprachen einen hoheren Ikonizitatsgrad aufweisen als Lautsprachen liegt daran dass Gebardensprachen visuelle Sprachen sind und sich so dafur eignen die visuellen Charakteristika der Welt in ihrem Lexikon abzubilden Wahrend es beispielsweise nicht moglich ist dass Lautsprachen uber ein ikonisches Wort fur Sofa verfugen da Sofas keine typischen Gerausche machen haben Sofas visuelle Eigenschaften die in einer Gebarde abgebildet werden konnen Sofas haben typischerweise eine flache langliche Liegeflache 3 Ikonizitat und Arbitraritat bilden zwei Pole auf einer Skala Nicht alle sprachlichen Zeichen lassen sich in diese beiden Kategorien einordnen Dies lasst sich besonders gut an Gebardensprachen illustrieren Die Gebarde fur Deutschland in der Deutschen Gebardensprache wird beispielsweise gebildet indem man die Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger an die Stirn bewegt der Zeigefinger zeigt nach oben Auf den ersten Blick konnte man annehmen die Gebarde sei arbitrar Die Gebarde bildet jedoch ikonisch eine Pickelhaube nach hat also einen ikonischen Ursprung Dennoch ist die Gebarde keinesfalls so transparent dass jemand der die Bedeutung der Gebarde nicht kennt diese Bedeutung erraten konnte Bei solchen Zwischenstufen zwischen Arbitraritat und Ikonizitat spricht man von Motiviertheit 4 Siehe auch Arbitraritat und OnomatopoesieLiteratur BearbeitenFranz Dotter Nichtarbitraritat und Ikonizitat in der Syntax Buske Hamburg 1990 ISBN 3 87118 964 2 Umberto Eco Zeichen Einfuhrung in einen Begriff und seine Geschichte Suhrkamp Frankfurt a M 1977 ISBN 3 518 10895 6 Willi Mayerthaler Ikonismus in der Morphologie in Posner Roland u a Hrsg Ikonismus in den naturlichen Sprachen Zeitschrift fur Semiotik 2 1 2 Wiesbaden Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion 1980 Willi Mayerthaler Morphologische Naturlichkeit Wiesbaden Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion 1981 Roland Posner Ikonismus in den naturlichen Sprachen in Posner Roland u a Hrsg Ikonismus in den naturlichen Sprachen Zeitschrift fur Semiotik 2 1 2 Wiesbaden Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion 1980 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Ikonizitat Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Claus D Pusch Ikonizitat PDF Datei 95 kB Quellen Bearbeiten Siehe dazu z B Jespersen Otto 1922 Language Its nature development and origin London George Allen amp Unwin S 396 oder die Definition von Jakobson Roman amp Linda Waugh 1979 The sound shape of language Brighton Sussex Harvester Press S 178 a natural similarity association between sound and meaning Hockett Charles 196 The Origin of Speech In Scientific American 203 S 89 97 Bross Fabian 2014 Ikonizitat in Gebardensprachen In Kritische Ausgabe Zeitschrift fur Germanistik und Literatur 26 S 95 100 Siehe das sogenannte Polmodell von Ronald Langacker z B Langacker Ronald W 1987 Foundations of Cognitive Grammar Band 1 Theoretical prerequisites Stanford Stanford University Press Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ikonizitat amp oldid 225888363