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Der supraleitende Darmstadter Elektronenlinearbeschleuniger englisch superconducting Darmstadt electron linear accelerator S DALINAC ist ein Teilchenbeschleuniger fur Elektronen am Institut fur Kernphysik der Technischen Universitat Darmstadt Er wurde als Nachfolger eines gepulsten normalleitenden Linearbeschleunigers DALINAC der von den 1960er bis in die 1980er Jahre in Betrieb war in den 1980er Jahren von der Forschungsgruppe um Achim Richter konzipiert und aufgebaut und in seinem derzeitigen Layout im Jahr 1991 in Betrieb genommen Er wird fur Experimente der Grundlagenforschung verwendet 1 Inhaltsverzeichnis 1 Funktionsprinzip 2 Experimentelle Einrichtungen und wichtige Ergebnisse 3 Finanzierung 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseFunktionsprinzip BearbeitenDer S DALINAC stellt Elektronenstrahlen von einigen Megaelektronenvolt MeV bis zu ca 90 MeV zur Verfugung er war ursprunglich fur 130 MeV maximale Energie konzipiert Die Hochfrequenz der Beschleunigerstrukturen aus Niob bestehende Hohlraumresonatoren die bei der Temperatur von ca 2 K supraleitend sind betragt 3 GHz Die supraleitenden Strukturen erlauben einen kontinuierlichen Betrieb bei mittleren elektrischen Feldgradienten von typisch 5 MV m das heisst die kinetische Energie der Elektronen nimmt pro Meter Beschleunigungsstrecke um ca 5 MeV zu Die Hohlraumresonatoren des S DALINAC bestehen aus 20 Zellen Die durchschnittlichen Elektronenstrahlstrome sind variabel von einigen Nanoampere bis zu 60 Mikroampere am sog Injektorlinac bzw 20 µA hinter dem sog Hauptbeschleuniger variabel Der S DALINAC besitzt eine thermionische Elektronenkanone zur Erzeugung eines unpolarisierten Strahls und seit 2011 auch eine Quelle spinpolarisierter Elektronen die auf dem photoelektrischen Effekt beruht 2 Die Quellen emittieren Elektronen mit 250 keV bzw 100 keV kinetischer Energie durch elektrostatische Hochspannung Die Elektronen werden dann im sog Injektorlinac auf bis zu 10 MeV Energie beschleunigt Fur hohere Energien kann der Strahl in den sog Hauptbeschleuniger eingeschossen werden der die kinetische Energie um bis zu 40 MeV erhohen kann Indem der Hauptbeschleuniger bis zu drei Mal durchlaufen werden kann Rezirkulation errechnet sich die Maximalenergie zu ca 130 MeV Diese Werte werden jedoch typischerweise nicht erreicht da die Kuhlleistung des Heliumverflussigers nicht ausreicht Experimentelle Einrichtungen und wichtige Ergebnisse BearbeitenAm S DALINAC werden unterschiedliche Experimente zur Untersuchung von Atomkernen und von Protonen durchgefuhrt Am Experimentierplatz hinter dem Injektor wird Bremsstrahlung genutzt um Atomkerne anzuregen oder zu spalten Hinter dem Hauptbeschleuniger kann Bremsstrahlung zur Untersuchung des Protons genutzt werden sowie fur das Studium von Kernanregungen mit energiemarkierten Photonen Photonentagger Weitere Arbeiten beschaftigen sich mit der inelastischen Elektronenstreuung die Aufschluss uber die Prozesse liefert die bei Anregungen des Atomkerns ablaufen Am S DALINAC und seinem Vorganger dem DALINAC wurden einige wegweisende Entdeckungen zur Kernphysik erzielt Am DALINAC hat die Gruppe um Peter Brix Kernradien durch elastische Elektronenstreuung bestimmt Die Quadrupol Riesenresonanz wurde erstmals am DALINAC beobachtet 3 Anregungen durch Anderung des Spins einzelner Teilchen an Schalenabschlussen wurden studiert z B in der Kalzium Isotopenkette 4 1983 gelang Achim Richter und Mitarbeiter die Identifikation einer kollektiven magnetischen Kernanregung die auf die Bahnbewegung der Protonen und Neutronen zuruckgefuhrt werden kann der sog Scherenmode Scissors Mode 5 das Studium verwandter Kernanregungen wird bis heute fortgesetzt In Elektronenstreuung unter Ruckwartswinkeln wurden Hinweise auf die Elastizitat von Kernmaterie gefunden durch Entdeckung der sog M2 Twist Mode 6 Koinzidenzexperimente bei denen ein nach Anregung des Kerns freigesetztes Teilchen gleichzeitig mit dem gestreuten Elektron nachgewiesen wird wurden bei diversen Fragestellungen durchgefuhrt Vor kurzem wurde z B der Formfaktor fur den Aufbruch des Deuterons vermessen und die Ergebnisse im Hinblick auf die primordiale Nukleosynthese der nuklearen Astrophysik interpretiert 7 Am Bremsstrahlungsmessplatz wurden in den letzten Jahren Experimente zur Untersuchung von Kernanregungen unterhalb der Dipol Riesenresonanz im Bereich der Pygmy Resonanz durchgefuhrt 8 oder zur Photo Dissoziation von Kernen 9 Die Ergebnisse der letzteren Experimente sind von Interesse fur das Verstandnis der Entstehung neutronenarmer schwerer Atomkerne in explosiven astrophysikalischen Umgebungen Betrieb und kontinuierliche Weiter Entwicklung des S DALINAC werden vor allem im Rahmen von Studien und Doktorarbeiten durchgefuhrt Die Ergebnisse fliessen in zahlreiche Abschlussarbeiten und Dissertationen ein In den 1990er Jahren war der S DALINAC Treiber fur den ersten Freie Elektronen Laser in Deutschland 10 Daruber hinaus wurden Experimente zur Erzeugung schmalbandiger Rontgenstrahlung in der Wechselwirkung des Elektronenstrahls mit Kristallen durchgefuhrt Finanzierung BearbeitenDer Aufbau des S DALINAC wurde in den 1980er und 1990er Jahren durch das damalige Bundesministerium fur Forschung und Technologie gefordert Seit den 1990er Jahren werden Weiterentwicklung und Experimente am S DALINAC durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG gefordert Zurzeit sind die Arbeiten am S DALINAC Teil des Sonderforschungsbereichs 634 der DFG Laufzeit 2003 2015 Die Grundausstattung fur den Betrieb sowie die Infrastrukturkosten werden im Wesentlichen uber die Technische Universitat Darmstadt vom Land Hessen getragen Weblinks BearbeitenHomepage des S DALINAC Homepage des Sonderforschungsbereichs 634Einzelnachweise Bearbeiten A Richter Operational experience at the S DALINAC PDF 2 6 MB In Proc EPAC 1996 Sitges Barcelona S 110 Y Poltoratska u a Status and recent developments at the polarized electron injector of the superconducting Darmstadt electron linear accelerator S DALINAC In Journal of Physics Conference Series Band 298 2011 S 012002 doi 10 1088 1742 6596 298 1 012002 R Pitthan Th Walcher Inelastic electron scattering in the giant resonance region of La Ce and Pr In Physics Letters B Band 36 Nr 6 1971 S 563 564 doi 10 1016 0370 2693 71 90090 6 W Steffen H D Graf W Gross D Meuer A Richter E Spamer O Titze W Knupfer Backward angle high resolution inelastic electron scattering on 40 42 44 48Ca and observation of a very strong magnetic dipole ground state transition in 48Ca In Physics Letters B Band 95 Nr 1 1980 S 23 26 doi 10 1016 0370 2693 80 90390 1 D Bohle A Richter W Steffen A E L Dieperink N Lo Iudice F Palumbo O Scholten New magnetic dipole excitation mode studied in the heavy deformed nucleus 156Gd by inelastic electron scattering In Physics Letters B Band 137 Nr 1 2 1984 S 27 31 doi 10 1016 0370 2693 84 91099 2 P von Neumann Cosel u a Spin and Orbital Magnetic Quadrupole Resonances in 48Ca and 90Zr from 180 Electron Scattering In Physical Review Letters Band 82 Nr 6 1999 S 1105 1108 doi 10 1103 PhysRevLett 82 1105 N Ryezayeva u a Measurement of the Reaction 2H e e at 180 Close to the Deuteron Breakup Threshold In Physical Review Letters Band 100 Nr 17 2008 S 172501 doi 10 1103 PhysRevLett 100 172501 z B A Zilges S Volz M Babilon T Hartmann P Mohr K Vogt Concentration of electric dipole strength below the neutron separation energy in N 82 nuclei In Physics Letters B Band 542 Nr 1 2 2002 S 43 48 doi 10 1016 S0370 2693 02 02309 2 P Mohr K Vogt M Babilon J Enders T Hartmann C Hutter T Rauscher S Volz A Zilges Experimental simulation of a stellar photon bath by bremsstrahlung the astrophysical g process In Physics Letters B Band 488 Nr 2 2000 S 127 130 doi 10 1016 S0370 2693 00 00862 5 M Brunken u a First lasing of the Darmstadt cw free electron laser In Nuclear Instruments and Methods in Physics Research Section A Accelerators Spectrometers Detectors and Associated Equipment Band 429 Nr 1 3 1999 S 21 26 doi 10 1016 S0168 9002 99 00060 1 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