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Die Kirche St Marien zu Netzelkow ist ein Kirchengebaude in der Gemeinde Lutow auf dem Gnitz im Landkreis Vorpommern Greifswald in Mecklenburg Vorpommern St Marien Netzelkow Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Baugeschichte 3 Baubeschreibung 3 1 Das Aussere 3 2 Das Innere 3 2 1 Taufstein 3 2 2 Orgel 3 2 3 Buntglasfenster 3 2 4 Grabmal 3 3 Glocken 4 Gemeinde 5 Literatur 6 Quellen 6 1 Gedruckte Quellen 6 2 Ungedruckte Quellen 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Ostgiebel mit ApsisDie kleine Ansiedlung Netzelkow war einst Hauptort auf der Halbinsel Gnitz und neben Lutow und Neuendorf eine alte Besitzung 1 der Familie von Lepel die dort seit 1358 ihre Rittersitze hatten Schon 1229 wurde erstmals ein Geistlicher Phylippus sacerdos de Gnez auf der Halbinsel Gnitz erwahnt 2 Sehr wahrscheinlich bezog sich diese Angabe auf einen alteren Kirchenbau 3 Zu der Zeit war ein slawischer Adliger Heinrich vom Gnitz als Kastellan von Usedom in den Diensten des pommerschen Herzogs Vielleicht war seine Familie Grunderin der ersten Kirche auf dem Gnitz In einer Urkunde vom 12 August 1230 bestatigte der Kamminer Bischof Konrad II der Kirche zu Buckow dem heutigen Krummin die sogenannten Bischofsabgaben Das bedeutete den zehnten Teil aller Ertrage aus den umliegenden Dorfern darunter war auch Gnezow das heutige Netzelkow 4 Baugeschichte BearbeitenDie heutige Kirche St Marien ist wohl noch im 14 Jahrhundert 5 sicher aber Anfang des 15 Jahrhunderts mit dem sehenswerten Ostgiebel erbaut worden Als Patronatskirche der alteingesessenen Familie von Lepel nahm sie schon fruh eine zentrale Stellung auf der Halbinsel Gnitz ein Im 16 Jahrhundert soll noch ein Westturm mit quadratischem Grundriss aus einer Holzkonstruktion bestanden haben Die Fundamente wurden 1934 freigelegt Als Kirchenpatron liess 1747 die Familie von Lepel an der sudwestlichen Seite des Langhauses fur ihren bedeutenden Vertreter Christian Carl von Lepel eine Grablege anbauen 6 1860 wurde die Kirche durch einen Brand in Mitleidenschaft gezogen Die danach erfolgte Umgestaltung auch im Kircheninnern dieses mittelalterlichen Bauwerks gibt ein Beispiel fur den veranderten Kunstgeschmack des 19 Jahrhunderts Die Chorapsis die Nordsakristei und die Leichenhalle sind zwischen 1876 und 1879 errichtet worden Dabei hatte man den grossten Teil der Innenausstattung erneuert und eine Holzdecke eingefugt das Masswerk der Langhausfenster verandert den oberen Teil des Westgiebels ausgebessert und eine Giebelbekronung aufgesetzt In den 1970er Jahren war die Kirche stark baufallig geworden Nach ersten Notsicherungen erfolgte von 1985 bis 1986 eine umfassende Renovierung der St Marien Kirche Im Jahr 2001 gab es einen Einbruch in das Gotteshaus Neben der beschadigten Eingangstur hatten die Diebe diverse Kunstgegenstande gestohlen Darunter waren die Altarbibel das Kruzifix und Altarleuchter Diese wurden spater stark beschadigt im Achterwasser aufgefunden und mussten zwischenzeitlich restauriert werden Aus Sicherheitsgrunden konnen diese Kunstgegenstande nur noch selten gezeigt werden 7 Von 2003 bis 2005 konnten mit finanzieller Hilfe auch der Familie von Lepel bauliche Erhaltungsmassnahmen an der St Marien Kirche durchgefuhrt werden Mit ihrer abgeschiedenen Lage hat die Netzelkower Kirche bis heute nichts von ihrem ursprunglich landlichen Charakter eingebusst Baubeschreibung BearbeitenDer kleine rechteckige Backsteinbau ohne Turm steht inmitten eines von einer Feldsteinmauer begrenzten Kirchhofs am Achterwasser Das Aussere Bearbeiten Die Kirche ist ein gotischer Rechteckbau mit polygonaler Apsis und ohne Turm Nach der Stellung der Strebepfeiler war der im Osten gerade geschlossene Backsteinbau ursprunglich dreijochig Die abgetreppten Strebepfeiler sind an den Ecken des Gebaudes ubereck gestellt Im Ostgiebel befinden sich zweiteilige Spitzbogenblenden mit Scheitelkreis Uber der polygonalen Apsis wurden im 19 Jahrhundert zwei Lanzettfenster hinzugefugt Im Sudwesten befindet sich ein schlichter Anbau mit korbbogiger Tur und Kreuzblende Das Westportal ist spitzbogig und hat eine abgefaste Laibung Wahrend der Umbauarbeiten im 19 Jahrhundert wurde auch das Giebelfeld verandert Im Osten und Westen befinden sich Giebelreiter der ostliche ist mit einer Wetterfahne einem Kreuz einem Hahn und einer Inschrift Wachet und betet versehen An der Sudseite des Langhauses befindet sich eine in Klosterformat Backsteinen eingeritzte Sonnenuhr Das Innere Bearbeiten Die Netzelkower Kirche besteht aus einem kleinen Saalbau als Gemeinderaum Das Kirchenschiff hat eine erst spater eingefugte dreiseitig gebrochene Holzdecke mit eisernen Zugankern Putzlisenen gliedern die Wandflachen und nehmen die Balkenauflagen der Decke auf Die Chorapsis schliesst mit einem Rundbogen an uber dem eine Zweiergruppe spitzbogiger Fenster als uberhohendes Motiv in die Langhauswand einschneidet Die Spitzbogenfenster und Turen sind Zutaten aus den Umbauten im 19 Jahrhundert Die Apsis hat ein Gratgewolbe und besass ursprunglich einen gemalten Sternenhimmel Der nuchterne Raum ist kaum belebt lediglich der Chorbereich wird verhalten betont Nur die Decke bildet mit ihrer Konstruktion und Materialverschiedenheit einen Kontrast zu den massigen mittelalterlichen Langhauswanden als Gesamteindruck des Innenraums 8 Zum Inventar von 1860 zahlt neben den Gestuhlreihen im Langhaus und der Orgelempore im Westen die Ausstattung im Chorbereich Die rechteckige Altarmensa mit ihren korinthisierenden Saulchen und die Kanzel links am Chorbogen sind Zutaten aus dieser Umbauzeit Die Kanzel erhebt sich uber einem hohen Kanzelfuss und der polygonale Kanzelkorb ist uber eine Treppe zu erreichen Die Ornamentik an den Korbseiten hat gotische Masswerkformen Das Gemalde an der sudlichen Langhauswand zeigt die Beweinung Christi und wurde von Ottokar Schmieder nach einem im Ersten Weltkrieg zerstorten Gemalde des flamischen Malers Anthonis van Dyck kopiert Es handelt sich hier um eine der drei auf der Insel Usedom vorhandenen Kopien Diese hangen in den Kirchen in Heringsdorf und Benz Taufstein Bearbeiten Der im Langhaus vor dem Chor aufgestellte Taufstein aus schwedischem Kalkstein stammt aus dem 14 Jahrhundert und ist der einzige aus dem Mittelalter vollstandig erhaltene auf der Insel Usedom Er besteht aus einem konischen Schaft mit dickem Wulst die Kuppa ist zwolfseitig gebrochen Erwahnenswert ist auch der kaum beachtete links neben dem Eingang aus der Wand herausragende kleine Feldstein Es durfte sich um einen Mahlstein handeln der wahrscheinlich sogar aus der fruhslawischen Zeit uberkommen und schon vor 1520 als Weihwasserbecken eingemauert wurde 9 Nach der Reformation diente er dann noch lange Zeit als Kollektenbuchse Orgel Bearbeiten Der dreiteilige Orgelprospekt besteht aus einem erhohten Mittelteil und niedrigeren Seitenteilen Die gotisierenden Verzierungen aus Filialbekronung und stehenden Vierpassen verweisen in das 19 Jahrhundert Die Orgel aus der Werkstatt von Barnim Gruneberg ist im Zuge der inneren Umgestaltung 1879 eingefugt worden 1986 erfolgte eine Generaluberholung 10 Buntglasfenster Bearbeiten Die drei einbahnigen rot blau und gelbfarbigen Glasfenster im Chor wurden 1879 eingesetzt Das mittlere Fenster mI ist eine inschriftlich vermerkte Stiftung des Evangelischen Kunstvereins zu Berlin Es zeigt einen stehenden Christus im Segensgestus der in der linken Hand eine Weltkugel mit aufgesetztem Kreuz als Symbol der siegreichen Herrschaft des Glaubens halt Ausgefuhrt und signiert wurde die Arbeit von G Fischer im Koniglichen Institut fur Glasmalerei zu Berlin 11 Im nordlichen Fenster nII befindet sich die Darstellung des Apostels Paulus mit Schwert und aufgeschlagenem Buch seine Korperhaltung und Blickrichtung sind auf das mittlere Fenster mit Christus ausgerichtet In der Sockelzone mit Sanctus Paulus bezeichnet Im Fenster sII ist mit dem Apostel Petrus mit Schlussel und Buch gestaltet bezeichnet mit Sanctus Petrus Ein Schriftzug am rechten Fenster nennt die Stifterin Maria von Lepel Neuendorf 1879 der Patronatsfamilie In der unteren rechten Ecke des Fensterspiegels halb von einem Bleiprofil verdeckt steht die Signatur des Glasmalers im Koniglichen Institut fur Glasmalerei Berlin Ferd inand Ulrich 12 Die Okuli der Fenster enthalten symbolische Darstellungen Die Chorfenster wurden wahrscheinlich 1985 86 teilweise neu verbleit und mit gelben Ornamentglas mI sowie fremden Glasmalereien sII notdurftig ausgebessert und aussenseitig durch Schutzgitter gesichert Grabmal Bearbeiten nbsp Sarkophag Christian Carl von LepelAn der sudlichen Westwand neben dem Eingang ist das holzerne Grabmal des Christian Carl von Lepel 1668 1747 aus dem 18 Jahrhundert aufgestellt 13 Auf dem Sarkophag ist die lebensgrosse liegende Vollplastik des verstorbenen Freiherrn angebracht Er stutzt sich mit einem Arm auf und wird auch durch die gesamte Haltung als Lebender einer fur diese Zeit typischen Darstellungsweise wiedergegeben Lanze und Helm zeichnen ihn als Soldaten im Harnisch mit Trophaenbundel aus In der Kartusche ist das farbige Wappen der Familie von Lepel abgebildet Die hier neun Loffel im Wappenbild der Familie nehmen auf die mittelniederdeutsche Bezeichnung lepel fur Loffel Bezug An den Seiten des Sarkophages sind das Leben Carl von Lepels und seine Kriegsdaten inschriftlich niedergelegt 9 Die Inschrift berichtet die Gebeine des wohlseeligen Herren Chr Carl von Lepell weylandt seiner konigl Majestat gewesener Obrist Lieutenant geboren anno 1668 seelig entschlaffen zu Netzelkow Glocken Bearbeiten nbsp GlockenstuhlDie beiden im freistehenden Glockenstuhl vor der St Marien Kirche hangenden Glocken stammen noch aus dem 14 und 15 Jahrhundert Die altere und grossere ist am oberen Rand mit der lateinischen Inschrift O Rex Glorie Christe Veni cum pace Beata es Virgo Maria deutsch O Christe Konig der Herrlichkeit komm mit Frieden selig bist du Jungfrau Maria versehen Auf dem Glockenmantel ist in flachem Relief das Lepelsche Wappen wiedergegeben Es hat auf gleichem Schilde einen gotischen Helm dem unmittelbar eine Krone und zwar aus nur aus funf Loffeln aufgesetzt ist Die entspricht einer sehr fruhen Wappenform wie sie im 14 Jahrhundert in Gebrauch war Auch im Vergleich zu den Wappen am Sarkophag erweist es sich in der einfachen Ausbildung als die altere Form Demnach ware die Entstehung der Glocke schon im 14 Jahrhundert anzusetzen 14 Am oberen Rand der kleineren Glocke befinden sich Rundschilde die moglicherweise Heiligendarstellungen beinhalten sollten Durch einen glucklichen Zufall ist sie bis heute erhalten geblieben 1942 wurde auch diese Glocke als Kriegsmaterial fur den Zweiten Weltkrieg abgeliefert jedoch nicht mehr eingeschmolzen Kurz nach Kriegsende fand man sie unbeschadigt auf einem Hamburger Glockendepot und wurde 1950 nach Netzelkow zuruckgebracht 15 Neben einer Glocke in Stolpe soll diese zu den altesten aus dem Mittelalter auf der Insel Usedom erhaltenen Glocken gehoren Gemeinde BearbeitenNetzelkow bildete einst die kleinste Pfarrstelle auf der Insel Usedom und war dem Patronat der Freiherren von Lepel aus Neuendorf unterstellt Seit 1979 gehort Netzelkow zur Kirchgemeinde Krummin Karlshagen Zinnowitz mit dem Pfarramt Zinnowitz der Pommerschen Evangelischen Kirche und seit 2001 zur Propstei Pasewalk im Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis der Evangelisch Lutherischen Kirche in Norddeutschland Das Pfarrhaus war 1797 Geburtsort des Pfarrersohns Johann Wilhelm Meinhold dem Verfasser des Romans Maria Schwedler die Bernsteinhexe Meinhold war Rektor in Usedom Pfarrer in Koserow und Krummin bevor er die Insel verliess Literatur BearbeitenHellmut Hannes Mittelalterliche Kirchen auf der Insel Usedom 1982 In Baltische Studien NF 68 S 25 44 Karin Hosch Zinnowitz Netzelkow Passau 1994 ISBN 3 930102 34 X S 10 15 Landesamt fur Denkmalpflege Mecklenburg Vorpommern Hrsg Die Bau und Kunstdenkmale in Mecklenburg Vorpommern Vorpommersche Kustenregion Henschelverlag Berlin 1995 S 340 341 Georg Dehio Handbuch der Kunstdenkmaler Mecklenburg Vorpommern Munchen Berlin 2000 ISBN 3 422 03081 6 S 354 Reinhard Kuhl Glasmalereien des 19 Jahrhunderts Mecklenburg Vorpommern Leipzig 2001 ISBN 3 361 00536 1 S 138 139 Dirk Schleinert Die Geschichte der Insel Usedom Rostock 2005 ISBN 3 356 01081 6 S 58 65 110 137 Karla Bilang Kloster der Zisterzienserinnen und ihre Kirche St Michael in Krummin auf Usedom Wolgast 2008 ISBN 978 3 00 023843 7 Brigitte Metz Kirchen auf Usedom Greifswald 2009 ISBN 978 3 937040 23 3 S 69 71 Quellen BearbeitenGedruckte Quellen Bearbeiten Pommersches UrkundenbuchUngedruckte Quellen Bearbeiten Stadtarchiv Stralsund 1 3 3 Gerichtswesen auswartige Gerichtsinstanzen Nr 1233 Beschwerde des Predigtamtskandidaten und spateren Pastors Cornelius zu Netzelkow 1834 1836 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Marienkirche Netzelkow Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Sarkophag von Christian Carl von Lepel Quellen und Volltexte Literatur uber St Marien Kirche in der Landesbibliographie MV Evangelische St Marien Kirche NetzelkowEinzelnachweise Bearbeiten Andreas Hansert Oskar Matthias Freiherr v Lepel Klaus Bernhard Freiherr v Lepel Herbert Stoyan Historisch genealogisches Handbuch der Familie v Lepel Lepell auf der Grundlage familiengeschichtlicher Quellen In Vorstand des Verbandes der Familie v Lepel Hrsg Deutsches Familienarchiv Ein genealogisches Sammelwerk Band 151 Verlag Degener amp Co Inhaber Manfred Dreiss Insingen Vallendar Hannover Bonn 2008 ISBN 978 3 7686 5201 8 S 18 f d nb info abgerufen am 15 September 2021 PUB I Nr 171 181 225 Karin Hosch Netzelkow 1994 S 10 Karla Bilang St Michael in Crominio Krummin wird Klosterkirche 2008 S 31 Georg Dehio Netzelkow 2000 S 354 Brigitte Metz Kirchen auf Usedom 2009 Kirche Netzelkow S 69 der erste Anbau wird mit 1781 angegeben Evangelische Kirchgemeinde Ostseebad Zinnowitz Kirche Kultur und Meer Wir uber uns 2015 Karin Hosch Netzelkow 1994 S 12 a b Karin Hosch Netzelkow 1994 S 13 Karin Hosch Netzelkow 1994 S 14 Reinhard Kuhl Glasmalereien des 19 Jahrhunderts 2001 S 138 Reinhard Kuhl Glasmalereien des 19 Jahrhunderts 2001 S 139 Dirk Schleinert Kunst und Architektur des 17 und 18 Jahrhunderts In Die Geschichte der Insel Usedom 2005 S 110 Hellmut Hannes Mittelalterliche Dorfkirchen auf der Insel Usedom 1982 S 38 Brigitte Metz Kirchen auf Usedom 2009 Kirche Netzelkow S 69 70 54 023673 13 905518 Koordinaten 54 1 25 2 N 13 54 19 9 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title St Marien Kirche Netzelkow amp oldid 228436021