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Somatotopik oder Somatotopie abgeleitet von altgriechisch sῶma soma lebendiger Korper Leichnam und topos topos Ort Stelle Landstrich Gegend Ortlichkeit Raum ist eine der relativen Lage der Korperteile entsprechende Gliederung von Nervengewebe im Zentralnervensystem ZNS und peripheren Nervensystem 1 Im ZNS wird diese Gliederung in verschiedenen Abschnitten angetroffen Am deutlichsten ausgepragt ist sie im Bereich der somatosensiblen und motorischen Hirnrinde Dort hat sie zu der Bezeichnung Homunkulus gefuhrt Man bezeichnet die somatotope Gliederung auch als topographisch genetische Gesetzmassigkeit die neben der funktionellen Gliederung der Nervenbahnen in den sogenannten Tractus oder Leitungsbundeln den Aufbau der Nervensubstanz des ZNS bestimmt Es handelt sich somit um einen neuroanatomischen Bauplan wie er nicht nur beim Menschen sondern auch bei verschiedenen Tierarten wie z B bei Primaten nachgewiesen werden kann Inhaltsverzeichnis 1 Ursprung und Fortentwicklung des Begriffs 2 Anatomisch bestatigte Somatotopik 2 1 Ruckenmark 2 2 Pyramidenbahn 2 3 Sensomotorischer Cortex 2 4 Fossa Sylvii 2 5 Kleinhirnrinde 2 6 Segmentale Gliederung 2 7 Somatotopische Varianten 2 7 1 Verzerrungen und Sprunge des Homunkulus 2 7 1 1 Urbild und Abbild 2 7 1 2 Bandformige Abbildung 2 7 2 Lateralisation des Gehirns 2 7 3 Sehvermogen und Somatotopik 2 7 4 Horvermogen und Somatotopik 2 7 5 Neuroplastizitat 3 EinzelnachweiseUrsprung und Fortentwicklung des Begriffs BearbeitenDie Zuordnung und Entsprechung von Korperregionen und Hirnrindenfeldern war bereits im 19 Jahrhundert von John Hughlings Jackson 1835 1911 gefordert worden Bereits vor ihm hatte eine lokalisatorische Bewegung viele natur und geisteswissenschaftliche Forscher ergriffen Hiervon zeugt noch heute der Begriff Phrenologie Der Begriff Somatotopik wurde von dem Neurochirurgen Wilder Penfield 1891 1976 um 1940 bis 1950 gepragt um die motorischen und sensiblen Zentren im Bereich des menschlichen Cortex und des Kleinhirns naher zu beschreiben Seine Kenntnisse beruhten auf der Gehirnchirurgie am geoffneten Schadel 2 Seither wurden nach dem Prinzip der sensomotorischen Projektionsbahnen weitere ahnliche topische Funktionsprinzipien des ZNS beschrieben Es handelt sich um die im Kap 2 7 beschriebenen somatotopischen Varianten Diese Varianten beziehen sich zunachst auf die klassischen funf Sinnesgebiete vgl dazu die Bezeichnungen Tonotopie Retinotopie usw Von den funf klassischen Sinnesmodalitaten war bekanntlich die Haut und der ihr zugeschriebene Tastsinn bzw das Gefuhl fur den Begriff Somatotopie bestimmend Entsprechend dem Grundsatz kortikale Reprasentationen von Sinnesleistungen als sensorische Zentren zu bezeichnen wurde auch die sich auf den Tastsinn beziehende kortikale Reprasentation als somatosensorischer Cortex benannt Die auf den Tastsinn zuruckfuhrbare Reprasentation des kortikalen Homunkulus wurde insofern folgerichtig als somatotope Reprasentation festgelegt Auf der Stufe des Ruckenmarks werden afferente Bahnen bekanntlich als sensible und nicht als sensorische Bahnen benannt Der ab etwa 1940 bis 1950 neu gepragte Begriff der Somatotopik hatte und hat weitreichende Bedeutung fur das Verstandnis der Arbeitsweise des Gehirns erlangt Die eine weitgehende gestaltliche bzw korperliche Einheit wahrende Punkt zu Punkt Anordnung von Korperreprasentationen erfullt ubergeordnete integrative Funktionen innerhalb des ZNS Vor allem in der Neurophysiologie aber auch in der Psychologie und Psychosomatischen Medizin erfullt der Begriff der Integration eine wichtige Rolle 3 Der lediglich auf den Tastsinn bezogene Begriff der Somatotopie und das mit ihm verdeutlichte einheitliche Funktionsprinzip der topischen Integration im ZNS bedurfte eines Oberbegriffs fur die entsprechenden Gesichtspunkte der anderen Sinnesleitungen Auch in der Psychologie ist der Begriff Topik bedeutsam Er erscheint fur die im ZNS topisch unterschiedlich angeordneten Sinnesmodalitaten als Oberbegriff insbesondere unter physiologischen bzw empirischen Gesichtspunkten brauchbar Er ware fur die neuronalen Vorgange im Sinne einer anatomischen Topik angebracht In der englischen Sprache wird verallgemeinernd von place theory gesprochen Aber haufig wird der Begriff Somatotopie im wissenschaftlichen Schrifttum noch immer verallgemeinernd fur die spezifisch topische Gliederung im ZNS als Oberbegriff auch fur andere Sinnesleistungen als die verschiedenen Qualitaten des Fuhlens verwendet 4 Das im Falle der Somatotopik zu erkennende Funktionsprinzip im Bereich des ZNS beschrankt sich nicht nur auf die Anwendung innerhalb eines sensibel motorischen Systems Vielmehr ist dieses nur eines aus einer Vielzahl von ruckgekoppelten Systemen nicht nur im Nervensystem Bereits die unterschiedlichen somatosensorischen Zentren innerhalb des Kleinhirns und des Grosshirns machen eine weitere Integration der verschiedenen Funktionskreise erforderlich Auch in der Gestaltpsychologie spielen somatotope Gesichtspunkte eine Rolle Neuerdings ist diese Integrationsleistung des Nervensystems durch Netzwerksimulationen wie z B Kohonennetze naher erforscht und verstandlich gemacht worden Hierbei spielt die Gliederung eines solchen Netzes nach ganz bestimmten oder sehr unterschiedlichen Merkmalen und nicht nur nach korperlichen Gestaltsprinzipien eine entscheidende Rolle Die korperlich gestaltliche Gliederung im Falle der Somatotopie ist nur eines der Beispiele fur eine Gestaltung von Kohonenkarten Diese erfolgt allgemein nach den Prinzipien der Ahnlichkeit Haufigkeit und Wichtigkeit Relevanz 5 Anatomisch bestatigte Somatotopik BearbeitenRuckenmark Bearbeiten nbsp Somatotopologische Anordnung der Leitungsbahnen im Ruckenmark Links rot die motorischen bzw absteigenden Bahnen und rechts blau die sensiblen bzw aufsteigenden Bahnen Die Beschreibung der somatotopischen Gliederung der Leitungsbahnen im Hinterstrang kann naturlich nur dann als konzentrisch angesehen werden wenn das Septum posterius als zur ausseren Circumferenz des RM gehorig gedacht wird Im Ruckenmark fuhrt die somatotopische Gliederung zu einem konzentrischen bzw lamellar geschichteten Aufbau der weissen Substanz um die zentrale graue Substanz Schmetterlingsfigur Die zu hoheren z B cervikalen Abschnitten des Ruckenmarks gehorigen Leitungsbahnen liegen dabei der zentralen grauen Schicht an die zu tieferen z B sacralen Abschnitten gehorigen Leitungsbahnen liegen weiter aussen Im Gegensatz zu dieser konzentrischen somatotopischen Gliederung ist die funktionelle Gliederung fur Leitungsbahnen wie Druck Schmerz und Temperaturempfinden radiar gegliedert 6 Pyramidenbahn Bearbeiten Die aus der Hirnrinde austretenden Fasern des sensomotorischen Primargebiets bilden einen breiten zunachst frontal gestellten Facher der sich beim Eintritt in das Marklager der Hemisphare schnell verschmalert und in die innere Kapsel gelangt Dabei kommt es zu einer schraubenformigen Verdrehung der ganzen Faserplatte Innerhalb der Capsula interna liegen die im frontal ausgerichteten Facher des Gyrus praecentralis anfanglich am weitesten unten entspringenden Fasern nach der Drehung rostral die oben entspringenden am weitesten occipital Im Bereich der Hirnschenkel liegen dann die im frontal ausgerichteten Facher des motorischen Primargebiets anfanglich am weitesten unten entspringenden Fasern nach der Drehung medial Die oben in der Hirnrinde entspringenden Fasern bilden die seitlichen bzw lateralen Anteile des Bundels 7 Sensomotorischer Cortex Bearbeiten nbsp Homunkulus Sensomotorischer Cortex Nach Penfield und Rasmussen 1950 Der sensomotorische Cortex ist das Paradebeispiel somatotopischer Gliederung Er hat die Bezeichnung Homunkulus gepragt Da die korrespondierende sensomotorische Gliederung mit Wahrnehmungs und Bewusstseinsqualitaten einhergeht sind damit notwendig auch neuropsychologische Qualitaten verbunden siehe Agnosien Korperschema Topik Psychologie Wahrnehmungspsychologie Durch Verlagerung primarer Reize durch die sog sensorischen Projektionsbahnen zu sekundaren und tertiaren Assoziationszentren entstehen jeweils neue Wahrnehmungsqualitaten Die Homunkulustheorien der Wahrnehmung sind sowohl als Gegenstand der Philosophiegeschichte als auch der Psychologiegeschichte anzusehen Zu beachten ist ausserdem dass die Abbildung zur Korperrepresentation hier teilweise falsch bzw veraltet ist da nach einer Studie nun belegt ist dass die menschlichen Genitalien zwischen dem Rumpf und den Beinen und nicht unterhalb der Zehen in der Fissura longitudinalis reprasentiert werden 8 Fossa Sylvii Bearbeiten In der Tiefe der Fossa Sylvii findet sich eine sekundare motorische Region Feld II mit umgekehrter somatotopischer Gliederung 9 Kleinhirnrinde Bearbeiten Das Kleinhirn erhalt praktisch von allen Teilen des Nervensystems Meldungen und kann seinerseits uber seine Efferenzen Einfluss ausuben Mittels evozierter Potentiale liessen sich enge somatotopische Verbindungen zum Grosshirn nachweisen Derartige somatotopische Vertretungen wurden im Kleinhirn experimentell bei verschiedenen Tierarten wie z B auch bei Primaten nachgewiesen weshalb eine ahnliche Somatotopik in der menschlichen Kleinhirnrinde vermutet wird 10 11 Segmentale Gliederung Bearbeiten nbsp Segmentale Gliederung der DermatomeEine Somatotopie ist auch in der segmentalen oder radikularen Gliederung der nervlichen Versorgung von Haut Dermatome und Muskulatur Myotome zu erkennen Die segmentale Innervierung bezieht sich auf abschnittsweise gegliederte nervale Versorgung des Korpers entsprechend der embryonalen Verknupfung der Ursegmente Somiten der Chorda dorsalis mit zugeordneten benachbarten Abschnitten der selbst anatomisch fassbar nicht gegliederten Ruckenmarksanlage Mit radikular ist die Innervation durch einzelne Spinalnerven gemeint 12 Somatotopische Varianten Bearbeiten Verzerrungen und Sprunge des Homunkulus Bearbeiten Urbild und Abbild Bearbeiten Die bisher dargestellte Topik der sensorischen Projektionszentren bezieht sich auf den menschlichen Korper und seine aussere Gestalt Man kann diese aussere Gestalt auch als somatisches Korrelat oder Urbild und die auf somatotopischen Hirnrindenkarten trotz gewisser Verzerrungen und Sprunge noch immer erkennbare Form des Korpers als Projektion oder Abbild bezeichnen Bandformige Abbildung Bearbeiten Verzerrungen und Sprunge sind darauf zuruckzufuhren dass die exakterweise eigentlich nur raumlich abbildbaren Funktionen im Gehirn auf einer Hirnwindung bandformig und somit gewissermassen nur eindimensional zur Abbildung kommen So werden z B die taktilen Empfindungsqualitaten des Korpers in den primaren Projektionszentren des Gyrus postcentralis bandformig reprasentiert Diese Organisation erscheint zunachst wegen der notwendigen engen topischen Gegenuberstellung von sensorischen und motorischen Arealen im sensomotorischen Cortex sinnvoll Sie ist deshalb jedoch nicht zwingend nach Art eines monosynaptischen Reflexbogens aufzufassen Auch der Gehorsinn wird bandformig auf die Gyri temporales transversi Heschlsche Querwindungen projiziert 13 Entsprechend Tierexperimenten ist die Basilarmembran in allen Zentren der Horbahn aufgerollt 14 Ein Sprung des gestaltlichen Kontinuums besteht z B zwischen Daumen und Nacken bzw zwischen Hand und Kopf In der Hirnwindung des Gyrus postcentralis und auch des Gyrus praecentralis schliesst sich abweichend von der als Urbild dienenden Korpergestalt der Nacken unmittelbar an den Daumen an Als in ihren Relationen scheinbar verzerrt abgebildet kann man die grossenmassig uberproportional reprasentierte Hand ansehen Die scheinbare Verzerrung einzelner Korperabschnitte auf dem Gyrus postcentralis wie z B auch der Zunge hangt mit der topographisch unterschiedlichen Differenzierung des taktilen Auflosungsvermogens zusammen Dieses wurde bereits 1837 durch Ernst Heinrich Weber mit Hilfe des Tastzirkels experimentell untersucht Das Auflosungsvermogen ist am grossten im Bereich von Zunge Lippen und Fingern Die dem unterschiedlichen Auflosungsvermogen der Haut entsprechende unterschiedlich stark ausgepragte Reprasentanz in der Hirnrinde wird auch als Feinheit des sensorischen Korns bezeichnet 15 Korperabschnitte mit hohem taktilen Auflosungsvermogen sind topisch im Vergleich zur realen menschlichen Gestalt scheinbar uberproportional im Gyrus postcentralis reprasentiert und erscheinen somit topisch verzerrt vgl auch Abb des Homunkulus Diese Topik basiert somit auf der anatomischen Gliederung der taktilen sensorischen Reizaufnahme und der noch in Ansatzen erkennbaren segmentalen Gliederung nervoser Versorgung der Muskulatur Bei anderen Sinnesorganen liegen jeweils andere somatische Qualitaten als Urbild zugrunde Dies versteht sich zumal dann wenn diese Sinnesqualitaten nicht zum proprioceptiven System gehoren Exterozeption siehe auch Retinotopie und Tonotopie Lateralisation des Gehirns Bearbeiten Die Lateralisation des Gehirns ist auch als somatotopische Variante anzusehen Beide Gehirnhalften arbeiten nicht unabhangig voneinander sondern sind durch Kommissurenbahnen miteinander verbunden insbesondere im Corpus callosum Diese die Mittellinie kreuzenden Bahnen erfullen konkrete physiologische Aufgaben vergleichbar mit denen der Assoziationsbahnen Es ist namlich anzunehmen dass beide Hirnhalften unterschiedliche Funktionen erfullen ebenso wie auch die durch Assoziationsfasern verbundenen primaren Rindengebiete Erst beide Hirnhalften gemeinsam erfullen integrative Funktionen unterschiedlicher Zentren Insofern stellen neuronale Bahnen die zur Gegenseite kreuzen nicht nur eine Abgleichung mit der Gegenseite her die vor allem bei Schadigung einer Seite von Bedeutung ist sondern erfullen eine spezifische Aufgabe im Sinne der Komplementaritat ahnlich wie die primar somatosensorische und die primar motorische Rinde sensomotorischer Cortex Konkretes Beispiel fur das mangelnde Zusammenarbeiten beider Gehirnhalften ist die Split Brain Symptomatik Sehvermogen und Somatotopik Bearbeiten nbsp Somatotopie Das in die anatomische Organisation des Sehens eingebaute Fadenkreuz als geometrisches Urbild beim SehenoderRaumliche Orientierung und der Ursprung der vier OpticusfasernDies wird auch als Retinotopie bezeichnet Beim Sehvermogen ist die Gliederung der Nervenbahnen raumlich an einem in 4 Quadranten geteilten Gesichtsfeld orientiert einem zunachst abstrakt zu denkenden Koordinatensystem des Bildes der sichtbaren Aussenwelt Fadenkreuz siehe die Abb Entsprechend den vier Quadranten eines solchen gedachten Koordinatensystems gibt es jedoch konkret vier funktionell verschiedenartige Leitungsbahnen vom Auge zum Gehirn die sog Opticusfasern Ahnlich wie beim sensomotorischen Rindengebiet ist auch beim Sehvermogen die Abbildung der Sinnesreize in den primaren Sinneszentren des Sulcus calcarinus Area striata bandformig wenn auch zweidimensional reprasentiert d h als flachenhaftes Bild Das dreidimensionale raumliche Sehen ist eine Leistung der hoheren visuellen Sinneszentren die durch Fusion der beiden in jeder Hirnhalfte empfangenen zweidimensionalen Bilder entstehen 16 Horvermogen und Somatotopik Bearbeiten nbsp Resonanz Bei zwei nebeneinander stehenden Harfen schwingt nach Zupfen einer Saite bei einem Instrument die gleichgestimmte Saite des anderen Instruments mit nbsp Somatotopie Spiralformiges geometrisches Urbild beim HorenoderTransformation des akustischen Wellenbandes in ein bandformiges somatisches Kontinuum durch das Corti Organ Dies wird auch als Tonotopie bezeichnet Beim Gehor ist die exakte Wahrnehmung einer Schallquelle einschliesslich ihrer Lokalisierung zwar ebenfalls ein primar raumliches Problem der Orientierung Stereognosie bzw ein raumliches Horen Wesentlich ist jedoch im Zusammenhang der Somatotopik auch die Erkennung der Tonhohe und der Unterschiede in der Tonhohe einer Schallquelle Wie es bereits der Begriff Tonhohe als solcher nahelegt wird dem Horen von Tonhohen ein raumliches Schema zugrunde gelegt namlich das von hohen und tiefen Tonen Im Folgenden wird dargestellt dass ein spiralformig aufgerolltes Band als geometrisches Urbild fur die Wahrnehmung der Tonhohe im Cortischen Organ zu finden ist Dem hat der laufende Stand der Wahrnehmungstheorie beim Horen Rechnung getragen Hermann von Helmholtz 1821 1894 ist der Begrunder der Resonanztheorie des Horens 1863 1870 Diese Theorie besagt dass die Basilarmembran der Schnecke Cortisches Organ die Rolle von Saiten wie z B denen einer Harfe siehe Abb einnimmt die durch entsprechende aussere Tonquellen gezielt zur Resonanz gebracht werden konnen Mit der Vorstellung eines Saiteninstruments wurde so ein raumliches Schema als Urbild der Erkennung von Tonhohen angenommen Die in der Basilarmembran vorhandenen in radiarer Richtung von der Schneckenachse bzw von der Spindel Modiolus aus verlaufenden etwa 24000 Fibrillen wurden als Horsaiten bezeichnet die gesamte Basilarmembran als Resonatorenersatz 17 18 Diese Horsaiten sind in der basalen Schneckenwindung am kurzesten und an der Schneckenspitze am langsten Damit konnte z B erklart werden dass bei den die Schneckenspitze Helicotrema betreffenden Krankheitsprozessen eine Basstaubheit beobachtet wird Nicht passend zu dieser Theorie sind die exakten messbaren Langenverhaltnisse dieser Saiten zu den ebenfalls messbar gehorten Frequenzbereichen an jeweils ganz prazisen Orten der Basilarmembran Auch wenn diese Theorie inzwischen in einzelnen Teilen widerlegt wurde so bleibt die von Helmholtz begrundete Ein Ort Theorie des Horens dennoch weiterhin gultig Ebenfalls als uberholt wird die Schallbildtheorie von Ernst Julius Richard Ewald angesehen Inzwischen wurde angenommen dass die durch den Steigbugel auf das ovale Fenster der Schnecke ubertragenen Schwingungen eine Wanderwelle erzeugen deren Energie sich entsprechend den Elastizitatsverhaltnissen fur verschiedene Wellenlangen auf verschiedene Stellen der Basilarmembran ubertragt Je hoher die Frequenz desto naher liegen diese Stellen in Ubereinstimmung mit der Resonanztheorie an der Schneckenbasis Fur diese sogenannte Dispersionstheorie des Horens Wanderwellentheorie erhielt 1961 Georg von Bekesy 1899 1972 den Nobelpreis 19 Es stellt sich die Frage inwiefern die neuere Theorie des cochlearen Verstarkers zu den Grundlagen der Somatotopie in Verbindung steht Mit Hilfe unterschiedlicher neurowissenschaftlicher Verfahren sind mehrere tonotope Karten im menschlichen Gehirn beschrieben worden 20 Neuroplastizitat Bearbeiten Als Variable in der grundsatzlich zu fordernden naturlichen somatotopischen Organisation ist das Prinzip der Neuroplastizitat anzusehen Hierunter versteht man die Fahigkeit des Gehirns sich bestandig an die Erfordernisse des Gebrauchs anzupassen Nervenzellen konnen also unter geanderten ausseren Bedingungen ihre Funktionen umstellen Das Prinzip der Neuroplastizitat ist dem der Somatotopie oder dem der spezifischen Lokalisierbarkeit von Hirnleistungen entgegengesetzt 21 Neuroplastizitat besagt dass die Leistungen von Hirnzellen umtrainiert werden konnen so z B bei Phantomerlebnissen also nach Verletzungen die das topische Kontinuum verandern Aber nicht nur bei Verletzungen und Verlust peripherer nervoser Versorgungsgebiete wie z B bei Verlust von Gliedmassen zeigt sich die Wirkung der Neuroplastizitat auch bei zentralen Lasionen wie z B bei Apoplexien ist dies der Fall Neuroplastizitat ist Voraussetzung dafur verlorene neuronale Fahigkeiten durch neues Erlernen wieder zuruckzugewinnen Hierdurch ist also eine starre Bezogenheit auf spezifische Hirnleistungen und feste Hirnkarten nicht gegeben Das Prinzip der Somatotopie ist somit nicht starr sondern plastisch 22 Einzelnachweise Bearbeiten Norbert Boss Hrsg Roche Lexikon Medizin 2 Auflage Hoffmann La Roche und Urban amp Schwarzenberg Munchen 1987 ISBN 3 541 13191 8 S 1592 Wilder Penfield Theodore Rasmussen The Cerebral Cortex of Man A Clinical Study of Localization of Function The Macmillan Comp New York 1950 Thure von Uexkull Grundfragen der psychosomatischen Medizin Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1963 S 97f 149 219 ff In diesem Buch wird sogar an vielen Stellen ausdrucklich von einem Integrationsraum gesprochen siehe die Seiten 128 131 224 f 229ff 234 f Peter Duus Neurologisch topische Diagnostik Anatomie Physiologie Klinik Thieme Stuttgart 1990 ISBN 3 13 535805 4 S 112 Dort heisst es bei der Beschreibung retinotopischer Sachverhalte vor und nach der Kreuzung der Fasern des Sehnervs im Chiasma opticum Trotz der teilweisen Kreuzung wird eine strenge somatotopische Punkt zu Punkt Anordnung bis in die Sehrinde hinein beibehalten Der Begriff der Retinotopie wird gleichwohl an anderer Stelle verwendet namlich auf den Seiten 367 und 373 Manfred Spitzer Geist im Netz Modelle fur Lernen Denken und Handeln Spektrum Heidelberg 1996 ISBN 3 8274 0109 7 S 116 Alfred Benninghoff u a Lehrbuch der Anatomie des Menschen Dargestellt unter Bevorzugung funktioneller Zusammenhange 3 Band Nervensystem Haut und Sinnesorgane Urban und Schwarzenberg Munchen 1964 S 133f Alfred Benninghoff u a Lehrbuch der Anatomie des Menschen Dargestellt unter Bevorzugung funktioneller Zusammenhange 3 Band Nervensystem Haut und Sinnesorgane Urban und Schwarzenberg Munchen 1964 S 247ff Christian Kell et al The Sensory Cortical Representation of the Human Penis Revisiting Somatotopy in the Male Homunculus The Journal of Neuroscience Frankfurt am Main 2005 Alfred Benninghoff u a Lehrbuch der Anatomie des Menschen Dargestellt unter Bevorzugung funktioneller Zusammenhange 3 Band Nervensystem Haut und Sinnesorgane Urban und Schwarzenberg Munchen 1964 S 250 Peter Duus Neurologisch topische Diagnostik 5 Auflage Thieme Stuttgart 1990 ISBN 3 13 535805 4 S 239 W Kahle Taschenatlas der Anatomie Band 3 Thieme Stuttgart 1979 Norbert Boss Hrsg Roche Lexikon Medizin 2 Auflage Hoffmann La Roche und Urban amp Schwarzenberg Munchen 1987 ISBN 3 541 13191 8 S 1556 1441 Peter R Hofstatter Hrsg Psychologie Fischer Frankfurt am Main 1972 ISBN 3 436 01159 2 Stichwort Gehorsinn bandformige Reprasentation des Kontinuums der Tonhohen S 142 Alfred Benninghoff u a Lehrbuch der Anatomie des Menschen Dargestellt unter Bevorzugung funktioneller Zusammenhange 3 Band Nervensystem Haut und Sinnesorgane Urban und Schwarzenberg Munchen 1964 Kap Das Acusticussystem S 267 Peter R Hofstatter Hrsg Psychologie Fischer Frankfurt am Main 1972 ISBN 3 436 01159 2 Stichwort Gehirn Verzerrung des homunculus S 133 Stichwort Hautsinne taktiles Auflosungsvermogen S 176 Alfred Benninghoff u a Lehrbuch der Anatomie des Menschen Dargestellt unter Bevorzugung funktioneller Zusammenhange 3 Band Nervensystem Haut und Sinnesorgane Urban und Schwarzenberg Munchen 1964 Kap Die Sehbahn S 264f Hermann Voss Robert Herrlinger Taschenbuch der Anatomie Band III Nervensystem Sinnessystem Hautsystem Inkretsystem Fischer Verlag Jena 1964 S 254 Helmut Ferner Anatomie des Nervensystems und der Sinnesorgane des Menschen Reinhardt Munchen 1964 S 288f Hofstatter Hrsg Psychologie Fischer Frankfurt am Main 1972 ISBN 3 436 01159 2 Stichwort Gehorsinn S 143 C N Woolsey Multiple auditory maps Cortical sensory organisation Band 3 Humana Press Clifton N J 1982 Hermann Rein Max Schneider Physiologie des Menschen 15 Auflage Springer Berlin 1964 S 526 Manfred Spitzer Geist im Netz Modelle fur Lernen Denken und Handeln Spektrum Heidelberg 1996 ISBN 3 8274 0109 7 S 148 182 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Somatotopik amp oldid 221067531