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Die Rheinufervorschiebung war ein umfassendes Bauprojekt der Stadtentwicklung am Rheinufer in Dusseldorf in den Jahren 1898 bis 1902 Es diente dem Bau einer neuen Uferbefestigung und einer oberen Deichmauer die den Hochwasserschutz der Altstadt und Carlstadt verbessern sollten sowie der Schaffung einer Rheinuferstrasse und promenade oberhalb der oberen Mauer ausserdem dem Bau einer Ladestrasse fur Hafenzwecke unterhalb dieser Mauer Hierzu wurde die Ufergrenze bis zu 37 Meter vor die alte Uferlinie geschoben Dadurch gewann man dem Strom auf einer Lange von rund 850 Metern eine Flache von mehr als einem Hektar ab Eng verknupft war das Projekt mit der Anhebung Erschliessung und Baureifmachung der nordlich der Altstadt gelegenen Golzheimer Insel fur die geplante Ausrichtung der Industrie und Gewerbeausstellung Dusseldorf 1902 und eines Bauplatzes zur Errichtung eines dauerhaften Ausstellungsgebaudes fur die Dusseldorfer Kunstlerschaft des Kunstpalastes Dusseldorf Aussicht an der Terrasse am Rheinufer nach Fertigstellung der Rheinufervorschiebung 1902 kolorierte Postkarte Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Rheinufer vor der Vorschiebung des Rheinufers 1897 links das Gelande des bereits eingeebneten Sicherheitshafens davor ein im Bau befindlicher Bruckenpfeiler der Oberkasseler Brucke rechts die alte Schiffbrucke nbsp Historische Rheinufer Bebauung an der Kramerstrasse Mitte sowie Dusseldorfer Schloss rechts auf einem Gemalde von Franz Stegmann 1882 nbsp Bau der Oberkasseler Brucke im Zuge der Rheinufervorschiebung 1898 nbsp Stadtansicht nach der Rheinufervorschiebung Foto von Erwin Quedenfeldt 1915In der Phase der Hochindustrialisierung gehorte Dusseldorf zu den Stadten mit den geringsten Steuersatzen im deutschen Kaiserreich Dies zog viele Unternehmen an was das Einwohnerwachstum das durch starke Geburtenraten ohnehin hoch war zusatzlich anregte Begunstigt durch seine verkehrliche Lage an bedeutenden Eisenbahnlinien und am Rhein sowie durch die Standortfaktoren einer gewachsenen wirtschaftlich breit aufgestellten Stadt mit Provinziallandtag und regionalen Verwaltungsbehorden einem beachtlichen kulturellen Angebot und einer etablierten industriell gewerblichen und kunstlerischen Ausstellungstradition begann die Stadt als Sitz bedeutender Produktionsstatten Verbande und Kartelle von Industrie Handel und Wirtschaft der Schreibtisch des Ruhrgebiets zu werden 1896 wurde der neue Dusseldorfer Hafen eingeweiht Hafenfunktionen hatten bis 1831 der Alte Hafen an der Hafenstrasse ferner das unregelmassige Altstadt Rheinufer und der Sicherheitshafen am Nordrand der Altstadt innegehabt Nach der Inbetriebnahme des neuen Hafens stieg der jahrliche Guterumschlag darunter ein hoher Anteil hochwertiger Guter wie Rohren Maschinen und Glaswaren innerhalb von funf Jahren von 33 000 auf 620 000 Tonnen 1 Mit dem Bau der Oberkasseler Brucke am Nordrand der Altstadt ging bis 1898 der Bau der K Bahn der ersten elektrischen Kleinbahnlinie mit stadteverbindendem Schnellzugbetrieb in Europa und die stadtebauliche Erschliessung des neuen linksrheinischen Stadtteils Oberkassel nach einem Konzept des Stadtplaners Josef Stubben einher Stubben hatte sich zusammen mit Jean Geoffroy Conrath und Franz Andreas Meyer bereits 1884 gutachterlich mit Dusseldorf beschaftigt und weitreichende grunderzeitliche Stadtumbau und Stadterweiterungsmassnahmen fur einen Stadtentwicklungsplan vorgeschlagen insbesondere die Anlage sogenannter Stubbenringe auch um dem grossstadtischen Wachstum der Verkehrsstrome in stadtebaulich angemessener Weise Rechnung zu tragen nbsp Dusselschlosschen nbsp Pegeluhr nbsp Brustung mit Jugendstil Gitter an einer Treppe der heutigen Rheinuferpromenade nbsp Jugendstilhauser an der Rheinfront die nach dem Bau der hochwasserfreien Promenadenstrasse heute Rathausufer errichtet wurdenAm 13 Dezember 1898 beschloss die Dusseldorfer Stadtverordneten Versammlung eine Vorlage des Beigeordneten Wilhelm Marx zur Vorschiebung des Rheinwerfts und Anhebung der Golzheimer Insel Diese Vorlage sah unter dem Punkt Vorschiebung des Rheinufers eine tiefliegende Losch und Ladestrasse fur den Schiffsverkehr mit zwei Doppelgleisen bis zur Golzheimer Insel sowie eine hochwasserfreie Fahr und Promenadenstrasse vor Dieses Bauwerk sollte sich vom Rheinknie Petroleumhafen am Westende der Haroldstrasse bis auf die Hohe der Ritterstrasse erstrecken Die tiefliegende Losch und Ladestrasse das untere Werft auf der ein Ladekran und Guterzuge verkehren sollten war auf eine Breite von 20 Meter dimensioniert welche sich am Schlossturm auf 9 Meter verjungte Die 3 3 Meter hoher gelegene hochwasserfreie Fahr und Promenadenstrasse war auf einen Querschnitt von 24 6 Meter angelegt davon 5 Meter Burgersteig vor einer Hauserfront 11 Meter fur den Fahrdamm und 8 6 Meter fur die Promenade Untereinander sollten die Ebenen durch zwei Rampen verbunden sein 2 Marx der damals bereits zum Oberburgermeister Dusseldorfs gewahlt aber noch nicht durch Wilhelm II bestatigt worden war begrundete die kalkulierten Kosten der Massnahmen 3 Millionen Mark fur die Vorverschiebung des Rheinwerfts davon 1 8 Millionen fur Arbeiten der Firma Philipp Holzmann und 1 2 Millionen Mark fur Grundstuckserwerb Gleise Strassenbefestigung und Kanale 1 12 Millionen Mark fur die Anhebung der Golzheimer Insel abzuglich eines staatlichen Zuschusses von gut 100 000 Mark der im Zuge der Genehmigung der Uferlinie gewahrt worden war mit den Vorteilen fur die Stadtentwicklung Verschonerung der Rheinfront durch Umgestaltung mit positiven Folgen fur den Tourismus Nutzbarmachung und Erschliessung eines attraktiven Gelandes fur die Industrie und Gewerbeausstellung 1902 die mit 145 Morgen eine mehr als doppelt so grosse Flache wie die Gewerbe Ausstellung fur Rheinland Westfalen und benachbarte Bezirke von 1880 beanspruche sowie fur eine dauerhafte Halle fur Kunstausstellungen der Dusseldorfer Kunstlerschaft deren Fortbestand und Erfolg von einer solchen Halle abhange 3 Mit der Verwirklichung der Massnahmen die am 1 Mai 1899 mit Steinschuttungen zur Grundung der unteren Ufermauer begannen war auch der Ankauf der gesamten Westseite der Kramerstrasse und der Abriss der dort vorhandenen historischen Gebaude ab 1896 verbunden Zusammen mit dem Architekten Johann Georg Eberlein konkretisierte der um 1900 nach Dusseldorf berufene Architekt Johannes Radke ein Fachmann fur fantasievolle Ausstellungsarchitekturen im Jahr 1901 die Planungen fur die Gestaltung der oberen Uferschutzmauer die 1898 weiteren Entschliessungen der Stadtverordneten Versammlung vorbehalten worden war Hierzu entwickelte er an einer geplanten Platanenallee als Promenade der Hochuferstrasse in Formen des Jugendstils eine Natursteinbrustung die auf der mit Basalt verkleideten Ufermauer welche ab 1900 ausgefuhrt worden war aufgesetzt wurde Die Ufermauer erhielt nach dem Vorbild von Kasematten an geeigneten Stellen Offnungen fur unterirdische Lagerraume um unschone Lagerbaracken an der Ladestrasse zu vermeiden Radke erganzte seinen Entwurf mit zahlreichen Treppen die eine Verbindung zwischen der unteren Ebene und der Promenade herstellten Ausserdem gliederte er sein Bauwerk durch eine vorspringende Terrasse durch Stelen und Obelisken mit elektrisch beleuchteten Kandelabern sowie durch ein Pegel und Uhrhauschen Die bauplastischen Objekte waren bildhauerisch ausgefuhrt und durch kunsthandwerklich anspruchsvolle Schmiedearbeiten erganzt Den Hohepunkt seines Entwurfs bildete das sogenannte Dusselschlosschen ein mehrgeschossiges Weinlokal in der Form einer von Rhein und Burgenromantik inspirierten Jugendstil Miniaturburg am Burgplatz Am 8 Marz 1902 wurde feierlich der Schlussstein gelegt 4 Das Gesamtprojekt verknupfte moderne Infrastruktur und Verkehrsplanungen mit dem Gedanken der Stadtverschonerung wie er durch Camillo Sittes Schrift zur Stadtbaukunst 1889 neue Impulse erhalten hatte In diesem Sinne verfolgte die Stadt Dusseldorf zeitgleich zur Verschonerung ihrer Rheinfront auch die Umgestaltung des Stadtgrabens und die Aufwertung der Stadtraume an der Konigsallee sowie die Restrukturierung des alten innerstadtischen Garnisonsstandorts an der Kasernenstrasse zu einem modernen Banken und Verwaltungsstandort Die Erschliessungs und Aufwertungsmassnahmen der Rheinufervorschiebung zogen in den Folgejahren die Ansiedlung von herrschaftlichen Etagenhausern und palastartigen Verwaltungs und Firmensitzen nach sich Im Suden am heutigen Mannesmannufer entstanden das Landeshaus Dusseldorf und die Villa Horion 1909 1911 sowie das Mannesmann Haus 1911 1912 im Norden am Kaiser Wilhelm Park 1906 und an der Cecilienallee ab 1906 im Ensemble mit dem Kunstpalast 1902 wurden die Gebaude der Koniglich Preussischen Regierung 1907 1911 und des Oberlandesgerichts 1910 errichtet beide mit reprasentativen Wohn und Amtssitzen fur ihre Prasidenten Durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg wurde das Dusselschlosschen im August 1941 beschadigt und unmittelbar nach dem Krieg abgerissen Der damalige Beigeordnete Walter Kongeter und der damalige Planungsamtsleiter Friedrich Tamms schufen durch den Abriss Platz fur eine neue breitere Rheinuferstrasse Reichsstrasse 1 spater Bundesstrasse 1 um nach dem Leitbild der autogerechten Stadt dem anwachsenden motorisierten Verkehr zu entsprechen Weitere Veranderungen und Uberformungen entstanden in den 1990er Jahren im Zuge der Errichtung des Rheinufertunnels und der Umgestaltung des Rheinufers zur heutigen Rheinuferpromenade Die verbliebenen Reste der von Radke und Eberlein entworfenen Anlagen insbesondere die Pegeluhr die Terrasse die Rampe die Mauern und Treppen an der Gaststattenzeile Dusseldorfer Kasematten stehen seit dem 2 September 1987 als Baudenkmal unter Schutz 5 Literatur BearbeitenWilhelm Zimmermann Rheinufer Vorschiebung Dusseldorf Festschrift Dusseldorf 1902 Oliver Karnau Der Dusseldorfer Hafen Wirtschaftspolitik und Stadtausbau in wilhelminischer Zeit Studien zur Dusseldorfer Wirtschaftsgeschichte Band 4 Droste Verlag Dusseldorf 1990 ISBN 978 3 7700 3034 7 Hermann Kleinfeld Das Dusseldorfer Rheinufer im Wandel der Jahrhunderte Historische Betrachtungen aus aktuellem Anlass In Schlossturm 42 1990 Heft 2 S 32 46 Oliver Karnau Aus den Erinnerungen des ersten Hafendirektors Wilhelm Zimmermann In Dusseldorf und seine Hafen Zur Verkehrs und Wirtschaftsgeschichte der Stadt aus Anlass des 100jahrigen Hafenjubilaums 1896 1996 Wuppertal 1996 S 56 83 Oliver Karnau Dusseldorf am Rhein Die architektonische und stadtebauliche Neugestaltung des Rheinufers um 1900 Grupello Verlag Dusseldorf 2000 ISBN 978 3 9337 4979 6 Weblinks BearbeitenDie Feier der Schlusssteinlegung der Rheinuferverschiebung Datenblatt im Portal deutsche digitale bibliothek deEinzelnachweise Bearbeiten Hugo Weidenhaupt Kleine Geschichte der Stadt Dusseldorf 9 Auflage Triltsch Dusseldorf 1983 ISBN 3 7998 0000 X S 126 Die Rheinufer Vorschiebung In Burger Zeitung fur Dusseldorf und Umgebung Ausgabe Nr 243 vom 19 Oktober 1899 Digitalisat Sitzung der Stadtverordneten Versammlung vom 13 Dezember 1898 In Dusseldorfer Volksblatt Ausgabe Nr 335 vom 14 Dezember 1898 Digitalisat Rheinufervorschiebung und Aufhohung der Golzheimer Insel In Bericht uber den Stand und die Verwaltung der Gemeinde Angelegenheiten der Stadt Dusseldorf fur den Zeitraum vom 1 April 1901 bis 31 Marz 1902 Dusseldorf 1902 S 180 f Digitalisat Rheinwerft Hochwasserschutzanlage mit Aufbauten Webseite im Portal archive ph abgerufen am 13 August 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rheinufervorschiebung amp oldid 236707976