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Reliefenergie Reliefunterschied relative Hohe oder relatives Relief sind Werte in der Geomorphologie um die tatsachlichen relativen Hohenunterschiede verschiedener Gelandeausschnitte unabhangig von der absoluten Hohe uber dem Meeresspiegel miteinander zu vergleichen Damit entsteht ein Mass fur die potentielle Energie der Gelandeformen fur das gewahlte Gebiet Es gibt zwei klassische Verfahren Berechnung des durchschnittlichen maximalen Hohenunterschiedes der Gelandeeinheit durch Feststellung der Unterschiede zwischen dem hochsten und niedrigsten Punkt im untersuchten Raumausschnitt im Allgemeinen in Meter auf eine bestimmte Entfernung bezogen die durch ein entsprechend grosses Raster festgelegt wird beispielsweise in einem Radius von funf Kilometern Luftlinie oder auf eine Flacheneinheit bezogen etwa m km fruher eher vage auf die Gesamtflache bezogen etwa Gebirge und Umland Statt des Hohenunterschiedes wird bei den gleichen vorgenannten Ausgangsvoraussetzungen die durchschnittlichen Steilheit in Grad oder Prozent ermittelt Die grosste Reliefenergie der Landoberflache hat die Dhaulagiri Sudwand im nepalesischen Himalaya mit 4 622 m Hohenunterschied Die Verwendung eines statischen Rasters ist wenig sinnvoll weil dabei zwangslaufig Zellen entstehen bei denen der hochste oder tiefste Punkt an einem Hang liegt wahrend die tatsachlichen Gipfel oder Senken bereits in der benachbarten Zelle liegen Dies wird bei modernen computergestutzten Berechnungen mit der sogenannten moving window Technik vermieden bei der die gleich grossen Rasterzellen den tatsachlichen Gegebenheiten angepasst werden siehe Abbildung Beispiel Harz Trotz allem sind die Werte bei diesem Verfahren aufgrund der Reduktion aller Zwischenhohen ungeeignet um quantitative Vergleiche verschiedener Gebirge anzustellen zwei Gebirge mit einer identischen Reliefenergie konnen grundverschiedene Gelandeformen Hangneigungen und unterschiedlich viele Gipfel aufweisen Daher wird die Reliefenergie haufig nur qualitativ im Sinne kategorialer Begriffe gering massig stark steil schroff u a oder zur groben Reliefklassifikation der Gebirgstypen verwendet Berechnung der Reliefenergie am Beispiel Harz Beim statischen Raster 5 5 km schwarze Zellen ist der hochste Punkt Brocken nicht uberall ganz erfasst und der niedrigste Punkt liegt in der Beispielzelle unten links ebenfalls ungunstig sodass die Reliefenergie hier nur 505 m maximaler Hohenunterschied betragt wahrend sie mit der moving window Technik bei der die rote Zelle sinnvoll ausgerichtet ist realistischer bei 691 m liegt Obwohl der Brocken klimatisch und okologisch knapp bis in die Hochgebirgsregion reicht weist die Reliefenergie den Harz klar als Mittelgebirge ausInhaltsverzeichnis 1 Definition 1 1 Verwendung in der theoretischen Geomorphometrie 1 2 Verwendung in der geowissenschaftlichen Praxis 2 Auswirkungen hoher Reliefenergie 2 1 Naturraum 2 2 Wirtschaft 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseDefinition BearbeitenDer Begriff Reliefenergie 1 geht auf Albrecht Penck 1894 2 zuruck Um einer praziseren Bezeichnung willen spricht man heute jedoch meist vom relativem Relief Die Ergebnisse verschiedener Autoren sind nur bedingt miteinander vergleichbar da es keine einheitliche Festlegung der untersuchten Flachengrosse beziehungsweise der Rasterzellengrosse gibt sodass dieser Bezugswert bei jeder Beurteilung relativer Hohen mit berucksichtigt werden muss So wahlte etwa Joseph Partsch 1911 eine Grosse von 32 km je Zelle wahrend Norbert Krebs 1922 gar kein Raster verwendete und sich stattdessen auf benachbarte Taler und Hohen bezog 3 Je kleiner die betrachtete Flacheneinheit desto kleiner sind in der Regel die Hohenunterschiede allerdings werden die Unterschiede pro Kilometer grosser Dieser Umstand fuhrt dazu dass fur Hochgebirge eher kleine Rasterzellen fur Mittelgebirge mittelgrosse und fur schwache Reliefformen Hugelland Ebenen grosse Rasterzellen Abstande der Hohendifferenz verwendet werden siehe Tabelle im nachsten Abschnitt Verwendung in der theoretischen Geomorphometrie Bearbeiten Der Begriff Reliefenergie wurde deshalb eingefuhrt um die Hohenunterschiede in einem Gebiet unabhangig vom Meeresspiegel absolute Hohe besser fassen zu konnen So liegen zwar Hochplateaus zum Beispiel Hochland von Tibet oft in grosser Hohe uber dem Meeresspiegel weite Gebiete sind jedoch relativ eben und besitzen kaum Reliefenergie Die Seealpen am Mittelmeer reichen zwar nur in relativ geringe Hohe haben aber aufgrund ihres Fusses auf Meeresspiegelniveau eine grosse Reliefenergie Verwendet wird die Grosse etwa fur die Definition geomorphometrischer Terrain Klassen sofern zusatzliche Werte wie Flachenreliefbezug oder absolute Hohe angegeben sind gelten sie als und Verknupfung mit der Hohendifferenz Beispiele fur unterschiedliche Relief Klassifikationen Typ Relatives Relief flachenbezogen Hohendifferenz streckenbezogen bezogen auf zum Vergleich Barsch amp Caine 1984 4 1 Hilly terrain Hugelland 50 m 50 100 m 1 km 5 km 10 20 m kmMountainous terrain Bergland Mittelgebirge 100 m 100 500 m 20 100 m kmMountain system Gebirge 200 m 500 1000 m 100 200 m kmHigh mountain system Hochgebirge 500 m gt 1000 m gt 200 m kmNationalatlas Bundesrepublik Deutschland 2003 5 Geringe Reliefenergie Norddeutsches Tiefland 0 50 m 2 9 km o ca 1 km Distanz 0 50 m kmMittlere Reliefenergie Mittelgebirgsschwelle Schichtstufenland 50 300 m 50 300 m kmHohe Reliefenergie Alpen Schwarzwald Bayrischer Wald u a 300 1840 m 300 1840 m kmBhunia et al 2012 relative relief fur die Morobe Province Papua Neuguinea 6 Very low sehr niedrig lt 500 m 100 km o ca 6 km Distanz lt 83 m kmLow niedrig 500 1000 m 83 167 m kmModerate massig 1000 1500 m 167 250 m kmHigh hoch 1500 2000 m 250 333 m kmVery high sehr hoch gt 2000 m gt 333 m kmAbsolute Hohe Hohendifferenz streckenbezogen bezogen auf zum Vergleich Siegfried Passarge 1921 1 Flachland 0 50 m Umland 20 km 0 2 5 m kmHugelland 50 200 m 2 5 10 m kmBergland 200 500 m 10 25 m kmMittelgebirge 500 1000 m 2 5 50 m kmHochgebirge gt 1000 m gt 50 m kmMeybeck et al 2001 Relief roughness 7 Plains Tiefebenen 0 200 m lt 140 m 28 km lt 5 m kmLowlands amp platforms Hugelland 0 500 m 140 560 m 5 20 m kmMid altitude plains Mittelhohe Ebenen u Tafelland 200 500 m lt 140 m lt 5 m kmHigh altitude plains Hohe Hochebenen gt 500 m lt 140 m lt 5 m kmRugged lowlands amp hills Rumpfflachen u niedrige Mittelgebirge 200 500 m gt 560 m gt 20 m kmLow amp mid altitude mountains Mittelhohe Gebirge 500 2000 m gt 560 m gt 20 m kmLow amp mid altitude plateaus Plateauberge u Vorgebirgsplateaus 500 2000 m 140 1120 m 5 40 m kmHigh amp very high plateaus Hochplateaus 2000 6000 m 280 1120 m 10 40 m kmHigh amp very high mountains Hochgebirge gt 2000 m gt 1120 m gt 40 m kmKaragulle et al 2018 Relative relief 8 Low mountains Mittelgebirge 300 900 m 6 km 50 150 m kmHigh mountains Hochgebirge gt 900 m gt 150 m km Der Vergleich der Werte Meter pro Kilometer m km bei Meybeck et al mit der Einheit zeigt die schwierige Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Ansatze Die durchschnittliche Distanz Luftlinie in einer quadratischen Rasterzelle entspricht der Halfte der langstmoglichen diagonalen und senk waagerechten Strecken Der Abstand zwischen Gipfelregionen und Gebirgsumland wurde nach Stichprobenkontrollen mit 20 km gemittelt Meybeck et al verwenden ein Raster aus 30 30 Winkelminuten des Erdkreises 55 56 55 56 km und teilen die Distanz durch eine halbe Rasterzellenlange 27 78 km Verwendung in der geowissenschaftlichen Praxis Bearbeiten Der grosste Hohenunterschied eines Gebirges liegt bei 10 203 m zwischen dem Gipfel des Mauna Kea Hawaii und der tiefsten untermeerischen Stelle am Fuss des Berges Meran Sudtirol und seine Bergwelt Der Hohenunterschied zwischen Etschtal Grund und den 3000er Berggipfeln betragt 2500 m Die Karte des IOR Monitors zeigt anschaulich die unterschiedlichen Reliefenergien in Deutschland Rasterweite 1 km Die Reliefenergie wird in der Praxis vor allem angewendet um mit ihrer Hilfe eventuell auftretende Bodenerosion besser abschatzen zu konnen Sie ist keine absolute Grosse sondern von der speziellen Wahl der Bezugflache je nach Fragestellung abhangig kann also fur einen Hang ebenso ermittelt werden wie fur den ganzen Bergstock oder einen grossen Gebirgsraum Fur flachendeckende Darstellung wird auch ein gleitendes Mittel errechnet je nach Feinheit etwa fur jeden Punkt in einem 10 km Radius womit sich die Topographie ganzer Landschaftsraume darstellen lasst Damit gewinnt man auch Aussagen uber die Reliefvariabilitat Vielfaltigkeit und Abwechslungsreichtum des morphometrischen Formenschatzes einer Region was mit zunehmender feinskaligen Auswertung digitaler Gelandemodelle die heute auf satellitengestutzten Laserscan Daten beruhen sehr prazise Modellierungen erlaubt 9 Eine solche Modellierung bietet der Monitor der Siedlungs und Freiraumentwicklung IOR Monitor Hier wird deutschlandweit die Reliefenergie bzw das relative Relief dargestellt So kann die physische Gliederung des Landes nachvollzogen werden da auf Grundlage des Digitalen Gelandemodells DGM 10 die Differenz zwischen maximalem und minimalem Hohenwert fur jede Gebietseinheit ermittelt wird In der Abbildung sind deutlich zu erkennen die Mittelgebirgsregionen in Mittel und Suddeutschland sowie das Alpenvorland an der Grenze zur Schweiz und Osterreich Wie stark die Gebietseinheiten durch das Relief gepragt sind wird vor allem durch die Wirkung von Flussen bzw Flusszulaufen sichtbar Besonders deutlich zeigt sich reliefgestaltende Wirkung an der Donau und ihren Zuflussen im Alpenvorland 10 Auswirkungen hoher Reliefenergie BearbeitenJe grosser relative Hohenunterschiede im Gelande sind desto grosser sind auch ihre Auswirkungen auf die naturraumliche Gliederung sowie auf die Wirtschaft Naturraum Bearbeiten Wahrend die absolute Hohe einer Landschaft die extrazonal klimatischen Hohenstufen der Vegetation und der Oberflachenformen bestimmt fuhren grosse relative Hohenunterschiede und steile Hange vor allem zu azonalen Standorten fur die Pflanzenwelt da sie primar die Bodeneigenschaften und oder den Wasserhaushalt beeinflussen etwa Fels starkerer Wasserabfluss Solifluktion u a Die daraus resultierende Pflanzendecke etwa Hang oder Schluchtwald fast vegetationsfreie Felswande Schuttvegetation uvm und die morphologische Struktur der Hange haben ebenfalls Auswirkungen auf die Tierwelt und ihre Lebensraume etwa Verstecke Hohlen Vogelfelsen schnelle Fliessgewasser u a Wirtschaft Bearbeiten Die naturraumlichen Besonderheiten haben direkte Auswirkungen auf landwirtschaftliche Aktivitaten So sind die Anbau oder Weideflachen haufig kleinflachiger und fragmentierter und Felsen und Gesteinsschutt erschweren die Urbarmachung Samtliche infrastrukturellen wirtschaftlichen Vorhaben wie der Bau von Verkehrswegen und Versorgungsleitungen aber auch viele gewerbliche oder private Bauvorhaben werden ebenfalls erschwert und damit erheblich kostenintensiver Da eine hohe Reliefenergie mit Verwerfungen des Gesteins einhergeht ist das fur den Bergbau vorteilhaft Den grossten Nutzen haben bergige Landschaften einerseits fur die Nutzung der regenerativen Energiequellen Wasser und Wind und andererseits durch ihren oftmals asthetischen Reiz fur den Tourismus 11 Literatur BearbeitenAlbert Schlapfer Die Berechnung der Reliefenergie und ihre Bedeutung als graphische Darstellung Diss Thesis Zurich Huber Zurich 1938 OCLC 2801061Weblinks BearbeitenA Burak H Zepp und L Zoller Reliefenergie wo die Hohenunterschiede am starksten sind Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland Relief Boden und Wasser PDF Datei Einzelnachweise Bearbeiten a b c Stefan Rasemann Geomorphometrische Struktur eines mesoskaligen alpinen Geosystems Dissertation Rheinische Friedrich Wilhelms Universitat Bonn Bonn 2003 2 1 2 Definition und Abgrenzung des Hochgebirges Relatives Relief S 16 f urn nbn de hbz 5n 02113 Albrecht Penck Morphologie der Erdoberflache Engelhorn Stuttgart 1894 S o A Fritz Gassmann und Heinrich Gutersohn Kotenstreuung und Relieffaktor in Geographica Helvetica Band 2 Bern 1947 S 122 123 D Barsch N Caine The nature of mountain geomorphology In Mountain Research and Development 4 1984 S 287 298 Fundstelle S o A Burak Zepp und Zoller siehe Weblinks Gouri Sankar Bhunia Sailesh Samanta und Babita Pal Quantitative analysis of relief characteristics using space technology in International Journal of Physical and Social Sciences Vol 2 Issue 8 August 2012 ISSN 2249 5894 Online Zugang Michel Meybeck Pamela Green Charles Vorosmarty A New Typology for Mountains and Other Relief Classes in Mountain Research and Development Vol 1 Nr 1 1 Februar 2001 S 34 45 doi 10 1659 0276 4741 2001 021 0034 ANTFMA 2 0 CO 2 Deniz Karagulle Charlie Frye Roger Sayre Sean Breyer Peter Aniello Randy Vaughan und Dawn Wright A New High Resolution Map of World Mountains and an Online Tool for Visualizing and Comparing Characterizations of Global Mountain Distributions in Mountain Research and Development Vol 38 Nr 3 August 2018 S 240 249 DOI 10 1659 MRD JOURNAL D 17 00107 1 eine Anwendung der Okologie vergl etwa Reliefvariabilitat Ministerium fur Wirtschaft Klimaschutz Energie und Landesplanung Rheinland Pfalz wald rlp de 1 IOR Monitor Abgerufen am 10 November 2016 Burak Zepp und Zoller siehe Weblinks Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reliefenergie amp oldid 227497550