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Das wurttembergische Reformationsdenkmal an der Hospitalkirche in Stuttgart ist eine Denkmalanlage die 1917 aus Anlass der Vierhundertjahrfeier von Luthers Thesenanschlag geschaffen wurde Das Denkmal wurde nach Planen von Theodor Fischer von dem Bildhauer Jakob Brullmann entworfen und in einheimischem Crailsheimer Muschelkalk ausgefuhrt Reformationsdenkmal 2014 Im Mittelpunkt der abgeschrankten Anlage thront der siegreich wiederauferstandene Christus mit der Siegesfahne Ihn umgeben Sitzfiguren des Reformators Martin Luther und von Johannes Brenz dem Reformator Wurttembergs ausserdem Reliefs mit Szenen aus dem bauerlichen Leben und Reliefs und Inschriftentafeln aus dem Reformationszeitalter Das Stuttgarter Reformationsdenkmal in Ausmassen und Komposition ein Spiegelbild der sprichwortlichen schwabischen Bescheidenheit kann sich zwar an Grosse nicht mit dem grossten Reformationsdenkmal der Welt 1 dem Lutherdenkmal in Worms messen es gilt aber zusammen mit dem Reformationsdenkmal in Genf als bedeutende und neuartige Weiterentwicklung des Denkmalgedankens 2 nicht zuletzt deswegen weil es anders als alle anderen Denkmaler nicht Luther sondern den auferstandenen Christus in den Mittelpunkt stellt Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau 2 Christus mit der Siegesfahne 2 1 Unterbau 2 2 Sarkophagreliefs 3 Luther und Brenz 4 Brustungsmauer 5 Wandreliefs und inschriften 6 Geschichte 6 1 Idee 6 2 Grundsatze 6 3 Wettbewerb 6 4 Einweihung 6 5 Zweiter Weltkrieg 7 Rezeption 8 Literatur 8 1 Allgemein 8 2 Christliches Kunstblatt fur Kirche Schule und Haus 8 3 Quellen 9 Weblinks 10 FussnotenAufbau Bearbeiten nbsp Teil der Sudfassade der Hospitalkirche mit dem Reformationsdenkmal nbsp Lageplan des geplanten Reformationsdenkmals Zeichnung von Theodor Fischer 1902 3 1 Hospitalkirche2 Reformationsdenkmal3 Mittelportal 4 Hospitalbrunnen5 Rasenflachen6 Hospitalplatz mit AlleeDas Langhaus der Hospitalkirche wurde im Zweiten Weltkrieg bis auf die Sud und Westfassade zerstort Das Denkmal lehnt sich an die verbliebene Sudfassade des Langhauses Die Westfassade musste in den funfziger Jahren dem Neubau eines Verwaltungsbaus weichen Aus dem gleichen Grund wurde die Sudfassade zum Chor hin um zwei Achsen verkurzt so dass nur noch funf Wandfelder erhalten blieben 4 Die vier ausseren Felder werden von Fenstern durchbrochen das mittlere Feld wird von dem ehemaligen Sudportal und einem daruberliegenden Fenster eingenommen nbsp Sudfassade der Hospitalkirche von hinten Das Denkmal liegt hinter dem linken Spitzbogenfenster Das Denkmal steht auf einem zweistufigen niedrigen Podest von 4 50 7 25 Metern Ausdehnung 5 und ist dem hohen Fenster rechts des ehemaligen Sudportals vorgelagert Der auferstandene und siegreiche Christus thront im hellen Licht des dahinterliegenden Fensters das den Auferstehungsgedanken unterstreicht Links und rechts wird das Denkmal von den beiden Strebepfeilern gerahmt die das Fenster flankieren An die Pfeiler lehnen sich die Sitzfiguren von Johannes Brenz und Martin Luther Die Wand zwischen der Christusfigur und den Reformatorenfiguren ist mit Inschriften und Reliefs besetzt Die Postamente der Reformatoren sind mit einer niedrigen Brustungsmauer verbunden die den Denkmalbezirk bis auf einen breiten Mitteleingang abschrankt wie dies auch bei grosseren Grabdenkmalern der Zeit ublich war Der Hospitalplatz war fruher mit einer Allee bepflanzt siehe Lageplan von der nur die Kastanienreihe an der Sudfassade der Hospitalkirche ubrigblieb Der Erbauer des Neuen Hospitalhofs Arno Lederer pladierte 2010 fur die Freistellung der Fassade und des halbversteckten Reformationsdenkmals Die gefallten Baume sollten durch eine Baumreihe auf der gegenuberliegenden Strassenseite ersetzt werden 6 Dieser Vorschlag wurde jedoch abgelehnt 7 Christus mit der Siegesfahne Bearbeiten nbsp Die Figur des siegreich wiederauferstandenen Christus thront auf einem etwa 3 Meter hohen Unterbau der wie die Reformatorenfiguren mit dem Kappgesims der beiden flankierenden Strebepfeiler abschliesst Die Figur Christi ist mit etwa 2 30 Meter etwas hoher als die Reformatorenfiguren mit 1 90 Metern Hohe 8 Ein Bein der halb knienden Figur ist wie in Sitzhaltung rechtwinklig abgewinkelt wahrend das andere mit dem Knie den Boden beruhrt Die dadurch entstehende scheinbare Schreitbewegung deutet darauf hin dass Christus gerade erst dem Grabe entstiegen ist Das korperlange wehende Gewand legt sich in strenge schwungvolle Falten die den Eindruck des Emporschwebens 9 unterstutzen In der rechten Hand halt Christus die Siegesstandarte das Zeichen seines Sieges uber den Tod Der reich gedrechselte Fahnenstock tragt ein starres Querbanner von schmaler langlicher Form das in einem zweizipfligen Schwalbenschwanz endet Christus halt die Fahne die fast die Breite des dahinterliegenden Kirchenfensters einnimmt hinter seinem Kopf so dass sein Gesicht nicht verdeckt wird Die Standarte zeigt das kreuztragende Lamm als Symbol des Kreuzestods Christi den Abendmahlkelch mit schwebender Hostie sowie zwei Rosetten zwei funfzackige Sterne und andere nicht gedeutete Ornamente 10 Unterbau Bearbeiten nbsp Der Unterbau der zentralen Christusfigur besteht aus einer Inschriftentafel symbolischen Figuren der vier Evangelisten und dem Sarkophag auf dem Christus thront Die Inschriftentafel tragt einen Ausspruch Jesu Ich bin der Weg die Wahrheit und das Leben niemand kommt zum Vater denn durch mich Johannes 14 5 Der Sarkophag ruht auf blockhaft stilisierten Symbolfiguren der vier Evangelisten Fussklotze links Mensch und Lowe fur Matthaus und Markus rechts Stier und Adler fur Lukas und Johannes Das schwarze Loch zwischen den beiden Blocken mit den Evangelistenfiguren kann als Symbol des Grabes angesehen werden dem Christus entstiegen ist Die tief schattende Hohlung unter dem Sarkophag ist wesentlich dafur die Christusfigur als auferstehend erscheinen zu lassen 11 Sarkophagreliefs Bearbeiten nbsp Frontrelief des Sarkophags und Fussklotze mit Evangelistensymbolen Auf der Frontseite des Sarkophags ist die Grablegung des nackten Christusleichnams durch Josef von Arimathaa und Nikodemus dargestellt Die beiden Seitenreliefs des Sarkophags werden dominiert durch ein grosses Rundmedaillon mit einem Tatzenkreuz als Symbol des Kreuzestods Christi von dem ein Strahlenkranz ausgeht als Symbol seiner Wiederauferstehung Die Ecken der Reliefs sind mit kleinen Rundmedaillons mit christlichen Symbolen besetzt nbsp Linke Seitenreliefs Eckmedaillons von links oben nach rechts unten Dreieck Symbol der Dreifaltigkeit Golgothakreuz die Gabelung am Kreuzende symbolisiert den Berg Golgotha Flammendes Herz Jesu Kelch mit schwebender Hostie Symbol des Abendmahls nbsp Rechte Seitenreliefs Eckmedaillons von links oben nach rechts unten Krone Symbol fur Christi Himmelskonigtum Funfzackiger Stern Symbol der funf Wundmale Christi Alpha und Omega Symbol fur Christus als Anfang und Ende Offenbarung des Johannes 22 13 Luther und Brenz Bearbeiten nbsp Johannes Brenz nbsp Martin Luther Die beiden Reformatoren der Reformator Wurttembergs Johannes Brenz und der deutsche Reformator Martin Luther sitzen Christus zu Fussen Die Figuren enden auf der Hohe des Kappgesimses der beiden flankierenden Strebepfeiler das gleichzeitig die Fusslinie der Christusfigur bildet Die etwa 1 90 Meter hohen Statuen sind in sitzender Haltung dargestellt Der lehnenlose Sitz ist mit einem quaderformigen Sockel von etwa 1 10 Meter Hohe verbunden der den Strebepfeilern vorgelagert ist Einschliesslich Sockel erreichen die Figuren eine Hohe von etwa 3 Metern 12 Als historische Figuren unterscheiden sie sich von dem visionaren Christus durch die volle Rundplastik und die portratmassige Ausgestaltung 13 Beide Figuren tragen fusslange Talare und haben eine aufgeschlagene Bibel vor sich auf den Knien liegen Der barhauptige bartlose Luther schaut mit fernem Blick in die Hohe und seine rechte Hand tut sich auf wie um eine Offenbarung zu fassen zu halten schriftbereit und gelost von zusammengeballten Ringen 14 Der bartige Brenz tragt ein Barett das sogenannte Brenzhutle Er blickt verinnerlicht und demutig auf die Bibel vor ihm und wahrend der linke Arm auf der Bibel ruht weist er mit der rechten Hand auf sich selbst zuruck 15 Eine Schwierigkeit lag in der Parallelisierung von Luther und Brenz angesichts der uberragenden geistigen und geschichtlichen Bedeutung Luthers Der Kunstler hat sie durch die durchdachte Kontrapost stellung der beiden Figuren der ihr geistiger Ausdruck entspricht formell uberwunden Brenz in ernstem sinnendem Nachdenken ist derjenige der die Gedanken Luthers wie der heiligen Schrift nach denkt die Dinge an ihrem Massstab misst und die Kirche nach ihnen ordnet Luther ist der ursprungliche Feuergeist dem in hochster Anspannung des inneren Ohrs die neue Anschauung aufgeht die der Mund gedrungen ist zu verkunden 16 Brustungsmauer Bearbeiten nbsp Linke Seite nbsp Rechte Seite Die beiden Stirnseiten der Brustungsmauern tragen Reliefs mit bauerlichen Darstellungen Das linke Relief zeigt eine Frau mit einer Getreidegarbe im Arm Sie unterhalt sich mit einer Mutter die mit ihren zwei Kindern unterwegs ist Daneben sieht man eine pflanzende Frau und einen Samann Das rechte Relief zeigt einen Mann und eine Frau beim Pflugen mit einem Ochsen An der Seite tragt die Brustungsmauer links die Inschrift Eingeweiht im Beisein von Konig Wilhelm II und Konigin Charlotte am 24 Juni 1917 und rechts Zum Gedachtnis der Jahrhundertfeier der Reformation 1917 Wandreliefs und inschriften Bearbeiten nbsp Wandreliefs der linkenRuckwand nbsp Nummerierung der Wandreliefs nbsp Wandreliefs der rechtenRuckwand In den Mauerfeldern zwischen dem Postament der Christusfigur und den Reformatorenfiguren sind Reliefs angeordnet die Szenen aus dem Leben der beiden Reformatoren darstellen und verschiedene Inschriften zeigen Die Reliefs wurden nach Entwurfen Jakob Brullmanns von dem Bildhauer Eberhard Pfleiderer ausgefuhrt 17 Sie sind teils verwittert teils wurden sie im Zweiten Weltkrieg zerstort 1 nbsp Altes Schloss und Stiftskirche in Stuttgart Das Alte Schloss und die Stiftskirche symbolisieren den weltlichen und den geistlichen Ausgangspunkt der Reformation in Stuttgart Das Alte Schloss war der Herrschaftssitz von Herzog Ulrich und Herzog Christoph die die Reformation in Wurttemberg einfuhrten Die Stiftskirche war der geistliche Ort der Reformation 2 nbsp Wappen Herzog Christophs Das Relief zeigt das Wappen Herzog Christophs mit Jagdhorn und Greif als Helmzier Nachdem Herzog Ulrich 1534 die Reformation in Wurttemberg eingefuhrt hatte trieb sein Sohn Herzog Christoph die Konsolidierung der wurttembergischen Landeskirche voran insbesondere durch den Erlass der Grossen Wurttembergischen Kirchenordnung von 1559 an der Johannes Brenz massgeblichen Anteil hatte Zum Vergleich siehe Wappen aus der Zeit Herzog Ulrichs an der Alten Kanzlei in Stuttgart 3 nbsp Austeilung des Abendmahls Das Relief zeigt die Austeilung des Abendmahls an die Glaubigen Das Abendmahl und die Taufe sind die beiden Sakramente des Protestantismus 4 nbsp Inschrift nach einem Ausspruch von Johannes Brenz Die Lieb und der Fried ist die rechte Losung der Christen denn der Ursach halben wird Christus ihr Hauptmann ein Furst des Friedens genennet 18 5 6 nbsp Oben Rundmedaillon mit einem Tatzenkreuz Unten Rundmedaillon mit dem Symbol einer segnenden Hand als Schwurhand auch Symbol fur die Gerichtsbarkeit Beides zusammen stellt das Wappen der freien Reichsstadt Schwabisch Hall dar dem langjahrigen Wirkungsort von Johannes Brenz 7 nbsp Nicht entzifferte Inschrift E ABLA SS 11 nbsp Luther auf dem Reichstag zu Worms 1521 Das Relief zeigt Luther und den Landknechtsfuhrer Georg von Frundsberg auf dem Reichstag in Worms 19 Dort soll dieser zu Martin Luther den Ausspruch getan haben Monchlein Monchlein du gehst einen schweren Gang 12 nbsp Inschrift nach einem Ausspruch Martin Luthers Ich habs zu Dienst getan den lieben Christen und zu Ehren Einem der droben sitzt Der mir alle Stund viel Gutes tut Es ist alles seine Gnade 20 13 nbsp Lutherrose Luthers Siegel und Inschrift nach einem Ausspruch Martin Luthers Ein jeder lern seine Lektion so wird es wohl im Hause stohn 21 Zum Vergleich siehe Lutherrose 14 nbsp Ausschnitt aus dem Gemalde Luthers Predigt nach der Predella des Reformationsaltars von Lucas Cranach in der Stadtkirche zu Wittenberg Zum Vergleich siehe Luthers Predigt in Wittenberg 15 nbsp Reichsadler Reichsadler links und rechts unten ein kleines Wappen 16 nbsp Inschrift mit den Namen von drei Reformatoren Melanchthon Oekolampad Speratus 17 nbsp Nicht entzifferte Inschrift 1521 1521 fand der Reichstag in Worms statt Zwei weitere nicht erhaltene Reliefs zeigten links von der Christusstatue eine Szene in der Johannes Brenz erstmals mit Martin Luther bei der Heidelberger Disputation 1518 zusammentrifft und rechts ein Bild der Wartburg 22 Geschichte BearbeitenIdee Bearbeiten Seit 1884 fanden in der Stuttgarter Liederhalle jahrlich Lutherfeiern statt in deren Mittelpunkt eine Lutherbuste von Adolf von Donndorf stand Bei einer solchen Feier wurde 1903 23 die Errichtung einer Lutherstatue in Stuttgart angeregt die zur Vierhundertjahrfeier der Reformation im Jahr 1917 fertiggestellt werden sollte Grundsatze Bearbeiten Fur das Stuttgarter Reformationsdenkmal ist es nun Theodor Fischer gelungen gleichsam eine ganz neue Melodie zu greifen neu im Verhaltnis zu allen vorhandenen Lutherdenkmalern 24 Der Munchener Architekt Theodor Fischer von 1901 bis 1908 Lehrer an der Technischen Hochschule in Stuttgart schlug 1903 den Hospitalplatz als Aufstellungsort des Denkmals vor weil von dort die protestantische Reformation in Stuttgart ausgegangen war 25 Fischer folgte damit Adolf von Hildebrand einem der fuhrenden Bildhauer der damaligen Zeit der in seiner Theorieschrift Das Problem der Form in der bildenden Kunst postulierte Denkmaler nicht wie Fremdkorper an einen vorgegebenen Platz zu setzen sondern eine passende Umgebung fur sie auszuwahlen und sie an die Umgebung anzupassen 26 Und in der Tat Der raumliche Umfang des nicht zu grossen Platzes an der Hospitalkirche der intime Charakter den ihm das alte Gemauer der Kirche mit den grunenden Baumen davor gibt lasst ihn wie geschaffen erscheinen fur ein Werk das nachdrucklich die geschlossene organische Verbindung mit der Umwelt sucht in die es hineingestellt werden soll 27 Das Denkmal sollte nach den Ideen Fischers dem jedes Schablonendenken zuwider war kein reines Lutherdenkmal werden Auch der Gedanke den er fur das Denkmal zur Wahl gestellt hat beruht auf einer vollig neuartigen Konzeption Er beschrankt sich nicht auf das oft wiederholte Motiv einer einzelnen Freifigur er denkt sich als machtvollen Mittelpunkt des Ganzen das Kreuz des Erlosers Ahnlich wie bei den traditionellen Kreuzigungsgruppen sollten Christus zwei Personen zur Seite gestellt werden jedoch nicht die Mutter Jesu und sein Junger Johannes sondern die beiden Reformatoren Luther und Brenz Dadurch wurde das Denkmal zum Reformationsdenkmal und durch das Hinzutreten von Johannes Brenz den Reformator Wurttembergs zum wurttembergischen Reformationsdenkmal Anders als die zur damaligen Zeit ublichen Denkmalanlagen wie etwa die Kaiser Wilhelm und Bismarck Denkmaler vor allem aber das epochemachenden Lutherdenkmal in Worms von 1868 sollte die geplante Anlage nicht durch monumentale Ausmasse beeindrucken sondern bescheidenem schwabischem Mass entsprechen Wettbewerb Bearbeiten nbsp Christus mit der Siegesfahne von Hermann Lang Friedenskirche in Ludwigsburg vor 1907 nbsp Entwurf von Hermann Lang Munchen nbsp Entwurf der Gebr Walz Rottenburg nbsp Entwurf von Jakob Brullmann Stuttgart nbsp Entwurf von Anton Morell Stuttgart Schon 1906 legte der mit Fischer bekannte Munchener Bildhauer Hermann Lang einen Entwurf fur das geplante Denkmal vor Es dauerte sieben Jahre bis die ursprungliche Idee spruchreif und im Januar 1911 ein Wettbewerb ausgeschrieben wurde In der Ausschreibung hiess es Dargestellt soll werden Martin Luther der deutsche Reformator und Johannes Brenz der Reformator Wurttembergs deren Figuren in einem kunstlerischen Zusammenhang mit dem Kreuz Christi gebracht werden konnten 28 Der Vorschlag sollte jedoch nicht bindend sein Von den 71 Beitragen 29 kamen vier in die engere Wahl siehe Abbildungen Zu ihnen gehorte der Entwurf des Schweizer Bildhauers Jakob Brullmann der seit 1900 in Stuttgart lebte und mit seinem Entwurf nach den Planen von Theodor Fischer aus dem Wettbewerb als Sieger hervorging Er hatte in seinem Entwurf den gekreuzigten durch den auferstandenen Christus mit der Siegesfahne ersetzt Moglicherweise hatte er sich durch den Goldenen Christus ebenfalls ein Christus mit der Siegesfahne inspirieren lassen den der Mitbewerber Hermann Lang 1903 fur die Friedenskirche in Ludwigsburg geschaffen hatte Einweihung Bearbeiten Das Denkmal wurde am 24 Juni 1917 dem Geburtstag von Johannes Brenz mitten im Krieg eingeweiht und der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Stuttgart als Eigentum ubertragen 30 Zweiter Weltkrieg Bearbeiten Im Zweiten Weltkrieg wurde das Reformationsdenkmal ebenso wie die Hospitalkirche schwer beschadigt Zwei Wandreliefs wurden ganz andere teilweise zerstort Die verlorenen Teile der Wandreliefs wurden nicht wieder wiederhergestellt Die stark beschadigte Christusfigur wurde von dem Bildhauer Emil Brullmann 1902 1988 dem Sohn des Kunstlers erneuert und 1962 der Kirchengemeinde ubergeben Zum 500 Geburtstag von Brenz wurde das Denkmal 1999 gereinigt und restauriert 31 Rezeption BearbeitenJohannes von Merz dem spateren Kirchenprasidenten der Evangelischen Landeskirche in Wurttemberg verdanken wir eine treffende Charakterisierung der Grundgedanken die Jakob Brullmann bei der Komposition des Denkmals geleitet haben Der Aufsatz von Merz dem die folgenden Auszuge entnommen wurden entstand 1917 im Jahr der Errichtung des Denkmals Das Auszeichnende an Brullmanns Konzeption war und ist sein Ineinanderschauen der formellen Gestaltung und der inhaltlichen Aufgabe der durch den Architekturanschluss gegebenen Bedingungen und der Grundlinien des doch gegenuber der Architektur selbstandigen Werkes Die aufstrebenden Pfeiler der fein dimsionierten Kirchenwand und die sich zwischen ihnen bildende Nische gaben die entscheidende Anregung In den lichten Raum zwischen den Schlagschatten der Pfeiler stellte sich fur seine innere Bildkraft auf einem die Horizontale stark betonenden Unterbau die aufsteigende Gestalt des auferstehenden Christus reliefmassig sich vor dem Kirchenfenster ausbreitend und so die Darstellung der Bewegung in Stein ermoglichend Auf die Figur ubertragt sich die Aufwartsbewegung der Pfeiler im Umriss wird etwas von der Bewegung offenbar die den Anbruch einer neuen Epoche der Geistesgeschichte das das Aufgehen eines neuen Tags fur die Menschheit bezeichnet Damit hat der Kunstler uns eine ausserordentlich treffende Versinnlichung des Reformationsgedankens geschenkt 32 Die grossen Teile der Komposition sind je in sich geschlossen und doch verstand es der Kunstler ein unsichtbares Band um sie zu schlingen das sie fest zusammenhalt und die lebendigste Beziehung zwischen ihnen zu fuhlen gibt In schlichtem strengem Umriss stellen sich die Hauptmassen dar nur der Sarkophag und die Siegesfahne die die fur die Komposition so wichtige Horizontale betonen zeigen reicheres Ornament 33 nbsp Reformationsdenkmal in Worms 1868 Konventionelle Denkmalanlage mit statuarischer Figurenanordnung 34 nbsp Kaiser Wilhelm Denkmal in Stuttgart 1898 Konventionelle Denkmalanlage mit statuarischer Figurenanordnung 35 nbsp Reformationsdenkmal in Genf 1917 Moderne Denkmalanlage mit dynamischer Figurenreihung entlang einer Wand 36 In seinem Kompendium der Reformationsdenkmaler des 19 und 20 Jahrhunderts stellt Otto Kammer die Neuartigkeit von Jakob Brullmanns Hauptwerk heraus Das eigentliche Denkmaljahrhundert lasst sich recht exakt zwischen den Jubilaumsjahren 1817 und 1917 eingrenzen Mit den Reformationsdenkmalern in Genf und Worms stehen am Ende noch einmal zwei wichtige Akzente die zugleich Neues darstellen nachdem wenige Jahre zuvor der grosse Wettbewerb in Coburg eine Art Heerschau der auslaufenden Epoche gebracht hatte 37 Bemerkenswert unter den Erstplatzierten war besonders der Entwurf von Georg Wrba aus Dresden ein uberlebensgrosser sitzender Luther mit aufgeschlagener Bibel unter einer Kreuzigungsszene gerahmt von lebensgrossen halbplastischen Statuen Huttens Melanchthons und zweier Kurfursten Moglicherweise war Wrba mit seiner Gestaltungsidee angeregt durch den Entwurf Brullmanns fur das Stuttgarter Denkmal der zu dieser Zeit gerade bekannt geworden war 38 Literatur Bearbeiten nbsp Allgemein Bearbeiten Wettbewerb fur das wurttembergische Reformations Denkmal in Stuttgart In Deutsche Bauzeitung Band 45 1911 Seite 24 online Hils Vermessungen Bestandsplan Hospitalhof Stuttgart Stuttgart 2008 online Thomas Borgmann Streit uber Baume am Hospitalhof In Stuttgart Zeitung de vom 10 Dezember 2010 online Chronik der Haupt und Residenzstadt Stuttgart 1911 Stuttgart 1911 Seite 195 196 Isabella Fehle Hrsg Johannes Brenz 1499 1570 Prediger Reformator Politiker Ausstellung im Hallisch Frankischen Museum Schwabisch Hall 28 Februar bis 24 Mai 1999 und im Wurttembergischen Landesmuseum Stuttgart 11 Juni bis 3 Oktober 1999 Schwabisch Hall 1999 Seite 17 20 Reformationsdenkmal 120 141 Brenz als Stiftspropst in Stuttgart K Hoffmann Das wurttembergische Reformationsdenkmal an der Hospitalkirche in Stuttgart In Schwabischer Merkur Nr 289 vom 23 Juni 1917 Seite 3 Ev Pfarramt der Hospitalkirche Stuttgart Hrsg Festschrift zur Einweihung der wiedererbauten Hospitalkirche Stuttgart am 21 Februar 1960 Stuttgart 1960 Seite 8 10 Otto Kammer Reformationsdenkmaler des 19 und 20 Jahrhunderts eine Bestandsaufnahme Leipzig 2004 Seite 232 VIII Georg Kepp Luther im Werk des Bildhauers Jakob Brullmann In Kunst und Kirche Neue Folge Band 17 1940 Seite 8 10 ks In machtvoller Geschlossenheit und Schonheit 50 Jahre wurttembergisches Reformationsdenkmal an der Stuttgarter Hospitalkirche Erinnerung an die 400 Jahr Feier In Stuttgarter Zeitung Nr 252 vom 31 Oktober 1967 Seite 21 Einweihung des wurtt Reformationsdenkmals in Stuttgart In Schwabischer Merkur Nr 291 vom 25 Juni 1917 Seite 3 4 Johannes Merz Theodor Haering Beitrag Das wurttembergische Reformationsdenkmal Jakob Brullmanns in Stuttgart Stuttgart 1917 online Winfried Nerdinger Theodor Fischer Architekt und Stadtebauer Berlin 1988 Seite 200 Nummer 73 oss Hospitalviertel Kompromiss im Streit um Baume In Stuttgarter Zeitung vom 10 Februar 2011 Seite 22 online Rudolf Pfleiderer Das Reformationsdenkmal in Stuttgart In Leipziger Illustrirte Zeitung 149 Band 1917 Nr 3878 vom 25 Oktober 1917 Seite 599 Paul Sauer 500 Jahre Hospitalkirche Stuttgart 1993 Seite 72 Bild 53 Reformationsdenkmal in Stuttgart In Schweizerische Bauzeitung Band 70 1917 Seite 74 doi 10 5169 seals 33817 Gerda Strecker Redaktion Helmut A Muller Hrsg 500 Jahre Hospitalkirche Stuttgart Vom Dominikanerkloster zur Kirche in der City Stuttgart 1993 Seite 44 45 Gustav Wais Die St Leonhardskirche und die Hospitalkirche zu Stuttgart Eine Darstellung der beiden gotischen Kirchen mit baugeschichtlichen und kunstgeschichtlichen Erlauterungen Stuttgart 1956 Seite 77 Bild 110 Christliches Kunstblatt fur Kirche Schule und Haus Bearbeiten Die Artikel im Christlichen Kunstblatt chronologisch geordnet zeichnen die Geschichte des Reformationsdenkmals chronologisch nach Johannes Merz Luther und die bildende Kunst Ansprache beim Stuttgarter Lutherabend in der Liederhalle am 10 November 1903 Das Stuttgarter Reformationsdenkmal Nachwort Band 46 1904 Seite 13 20 August Pauly Hermann Lang s Bildhauerkunst Band 48 1906 April Seite 97 102 zusatzliche Abbildungen 103 105 u a Entwurf zu einem Lutherdenkmal in Stuttgart Georg Kopp Vom Stuttgarter Reformations Denkmal Mit einer Abbildung Band 52 1910 Seite 270 271 Abbildung 261 Wilhelm von Gemmingen An das evangelische Volk Wurttembergs Band 52 1910 Seite 271 Spendenaufruf fur das Reformationsdenkmal H Weizsacker Das Reformationsdenkmal fur Wurttemberg Band 53 1911 Seite 24 27 Wettbewerb fur das wurtt Reformationsdenkmal in Stuttgart Band 53 1911 Seite 31 David Koch Das Reformationsdenkmal in Stuttgart Band 53 1911 Seite 225 227 zusatzliche Abbildungen 222 223 Preistrager des Wettbewerbs David Koch Das Reformationsdenkmal in Stuttgart Band 55 1913 Seite 455 458 Johannes Merz Das wurttembergische Reformationsdenkmal Band 59 1917 Seite 130 136 Theodor Haering Reformatio aeterna XVI saeculi hodierna Vor Brullmanns Reformationsdenkmal Band 59 1917 Seite 161 Gedicht Wilhelm von Gemmingen Das wurttembergische Reformationsdenkmal Rede des Vorsitzenden des Denkmalausschusses bei der Weihfeier am 24 Juni 1917 am Denkmal Band 59 1917 Seite 162 163 David Koch Epilog Nach der Aufstellung des Denkmals Band 59 1917 Seite 163 169 Abbildung nach 160 Johannes Merz Der evangelische Kirchenbau in Wurttemberg Band 61 1919 Seite 322 338 hier 338 356 Quellen Bearbeiten Julius Hartmann Carl Jager Johann Brenz nach gedruckten und ungedruckten Quellen Band 1 Hamburg 1840 Seite 200 online Adolf von Hildebrand Das Problem der Form in der bildenden Kunst Strassburg 1893 online Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Reformationsdenkmal Stuttgart Album mit Bildern Videos und Audiodateien Klinik TV Das Reformationsdenkmal in Stuttgart youtube Fussnoten Bearbeiten Siehe Webseite der Stadt Worms Kammer 2004 Seite 13 Das eigentliche Denkmaljahrhundert lasst sich recht exakt zwischen den Jubilaumsjahren 1817 und 1917 eingrenzen Mit den Reformationsdenkmalern in Genf und Stuttgart stehen am Ende noch einmal zwei wichtige Akzente die zugleich Neues darstellen Position und Grundriss des Denkmals geben nicht den 1917 realisierten Zustand wieder Hospitalkirche 1960 Seite 15 Messung im Bestandsplan 2008 Borgmann 2010 oss 2011 Masse nach dem Aufriss in Fehle 1999 Seite 18 Merz 1917 2 Seite 5 Die Rose gilt u a als Zeichen der Vergebung durch Christus der funfzackige Stern ist ein Symbol der Wundmale Christi Ob die Symbole hier in dieser oder einer anderen Bedeutung verwendet werden ist nicht bekannt Merz 1917 2 Seite 8 Masse nach dem Aufriss in Fehle 1999 Seite 18 Merz 1917 2 Seite 4 Koch 1913 Seite 458 Laut einem Zitat ohne Quellenangabe bei Fehle 1999 Seite 18 soll Brenz in der rechten Hand eine Schriftrolle gehalten haben die der Landeskirche Recht und Ordnung auf Jahrhunderte geben sollte Grosse Wurttembergische Kirchenordnung von 1559 Dies lasst sich jedoch auf keiner Abbildung nachvollziehen Merz 1917 2 Seite 4 Merz 1917 2 Seite 5 Ausspruch von Johannes Brenz Teilabdruck Hartmann 1840 Kammer 2004 Seite 232 Nach Martin Luthers Sendbrief vom Dolmetschen Ebenso hab ich meine Ehre drinnen nicht gesucht das weiss Gott mein Herr sondern hab s zu Dienst getan den lieben Christen und zu Ehren einem der droben sitzet der mir alle Stunde soviel Gutes tut dass wenn ich tausendmal soviel und fleissig gedolmetscht ich dennoch nicht eine Stunde verdienet hatte zu leben oder ein gesund Auge zu haben Es ist alles seiner Gnaden und Barmherzigkeit Martin Luther Der Kleine Katechismus Merz 1917 2 Seite 5 Merz 1904 Seite 17 Weizsacker 1911 Seite 24 Merz 1904 Seite 18 Gemmingen 1910 Siehe besonders Hildebrand 1893 Seite 98 101 Weizsacker 1911 Seite 25 26 Wettbewerb 1911 Fehle 1999 Seite 18 Gemmingen 1917 Kammer 2004 Seite 232 ks 1967 Merz 1917 2 Seite 3 4 Merz 1917 2 Seite 7 Kammer 2004 Seite 250 Pfleiderer 1917 Stuttgart ist seit der Thorwaldsen Dannecker Epoche um bedeutende Denkmaler nicht reicher geworden das konventionelle Reiterstandbild Kaiser Wilhelm I von Ruemann Thiersch eingeschlossen Ein Eigener Denkmalstyp unter den Denkmalern mit Personenensembles Kammer 2004 Seite 17 Wettbewerb in Coburg 1912 wurde ein Preisausschreiben fur den Wettbewerb um das Luther Denkmal auf der Feste Coburg ausgeschrieben das zum Jubilaumsjahr der Reformation 1917 errichtet werden sollte Zu dem Wettbewerb wurden 145 Entwurfe eingereicht siehe Preisausschreiben Luther Denkmal 25 Mai 1913 ein Sonntag Coburger Zeitung online uber die Bayerische Landesbibliothek Kammer 2004 Seite 13 92 93 48 777452 9 172742 Koordinaten 48 46 38 8 N 9 10 21 9 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reformationsdenkmal Stuttgart amp oldid 237070273