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Der Protestantismus in Polen ist mit etwa 110 000 Mitgliedern heute eine kleine Minderheit Inhaltsverzeichnis 1 Evangelische Kirchen und Gemeinschaften 2 Geschichte 2 1 Ausbreitung des Protestantismus im 16 Jahrhundert 2 2 Gegenreformation 1575 1795 2 3 Polen in der Zeit der Teilung 1795 1918 2 4 Zweite Polnische Republik 1919 1939 2 5 Volksrepublik Polen 1945 1990 2 6 Republik Polen seit 1990 3 Literatur 4 EinzelnachweiseEvangelische Kirchen und Gemeinschaften BearbeitenIn Polen gibt es folgende evangelische Kirchen und Gemeinschaften Stand 2012 1 Evangelisch Augsburgische Kirche in Polen Lutheraner 61 738 Mitglieder Mitglied des ORK Pfingstkirchen 22 429 Mitglieder Siebenten Tags Adventisten 9 654 Mitglieder Christliche Kirche der Guten Botschaft 5 500 Mitglieder Neuapostolische Kirche 5 151 Mitglieder Baptistische Kirchen in Polen 4 864 Mitglieder Mitglied des ORK Evangelisch methodistische Kirche 4 352 Mitglieder Mitglied des ORK Church of God in Christ 4 140 Mitglieder Evangelisch Reformierte Kirche in Polen Calvinisten 3 488 Mitglieder Mitglied des ORK sowie weitere Gemeinschaften Geschichte BearbeitenDie Geschichte der evangelischen Christen in Polen beschreibt die Entwicklung im Territorium des jeweiligen polnischen Staates Die evangelisch gepragten Gebiete Pommern und Schlesien werden daher fur die Zeit bis 1945 nicht berucksichtigt Ausbreitung des Protestantismus im 16 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Jan Laski der wichtigste polnische Reformator nbsp Toleranzedikt von 1573Wahrscheinlich wurden bereits 1518 in Danzig die ersten lutherischen Predigten gehalten 2 Reformatorische Ideen breiteten sich in Polen vor allem in den Stadten Koniglich Preussens und Grosspolens aus aber z B auch unter den deutschsprachigen Stadtbewohnern der kleinpolnischen Stadte 1522 wurde Marcin Beier aus Biecz und Priester von Binarowa zur ersten beklagten und zu Gefangnis verurteilten Person Polen Litauens wegen des Verdachts der Forderung der Lehre von Martin Luther 3 Anfangs wurde diese Ideen vom Burgertum Gelehrten einzelnen Adligen und Teilen der einfachen Bevolkerung getragen Sie waren verbunden mit der Kritik an sozialen Missstanden und am Klerus im Land Unter Konig Sigismund I wurde die Ausbreitung durch mehrere Edikte erschwert da dieser strikt am katholischen Bekenntnis festhielt Im Ordensland Preussen das lehnsrechtlich zur polnischen Krone gehorte fuhrte Hochmeister Albrecht 1535 die Reformation als erster Landesherr uberhaupt ein Der neue Konig Sigismund II August stand ab 1548 der Religionsfreiheit wesentlich offener gegenuber sodass sich zahlreiche Adlige nun offen zum Protestantismus bekannten In Litauen und Kleinpolen nahmen zahlreiche Adlige die reformierte calvinistische Konfession an und grundeten Gemeinden in ihren Gutern Auch Wiedertaufer und Bohmische Bruder liessen sich im Konigreich Polen nieder Es entstanden ebenfalls Gemeinden der Sozinianer und Arianer 1555 kam es in Kozminek zu einer Vereinigungssynode von Reformierten und Bohmischen Brudern dem Zusammenschluss folgten bald die Lutheraner Insgesamt kam es jedoch nicht zu einer dauerhaften Einigung 4 Die reformatorischen Ideen forderten die Verbreitung der polnischen und litauischen Schriftsprache da die Prediger die Muttersprache der Glaubigen gebrauchten 5 1553 erschien das Neue Testament in polnischer Sprache 1561 die Ubersetzung der Confessio Augustana und 1563 die ganze Bibel Brester Bibel oder Radziwill Bibel Mit Mikolaj Rej entstand eine polnischsprachige Literatur Die protestantischen Adligen erreichten eine Mehrheit im Sejm was sich in den Gesetzen zur Druck und Konfessionsfreiheit der Aufhebung der kirchlichen Zensur und der kirchlichen Gerichte zeigte Es gelang ihnen jedoch nicht den Konig zum Ubertritt zum evangelischen Glauben zu bewegen Dessen liberale Haltung fuhrte jedoch dazu dass es in Polen Litauen im 16 Jahrhundert anders als in anderen europaischen Landern zu keinen gewaltsamen konfessionellen Auseinandersetzungen kam 6 Die Konfoderation von Warschau beschloss 1573 ein Toleranzedikt das allen Personen in Polen Litauen freie Religionsausubung und gleiche Rechte zusicherte Dieses gilt heute als herausragendes Zeugnis religioser Toleranzpolitik Gegenreformation 1575 1795 Bearbeiten Die Konige Stephan Bathory und Sigismund III forderten zwischen 1575 und 1632 die Gegenreformation Sie wurde massgeblich von den Jesuiten getragen Ein Gesetz von 1717 schrankte die Religionsausubung und staatsburgerliche Rechte fur nichtkatholische Christen in Polen Litauen erheblich ein In Thorn kam es 1724 zu einer Hinrichtung von evangelischen Geistlichen und Burgern Dieses Ereignis ging als Thorner Blutgericht in die Geschichte ein 1730 und 1734 wurde weitere Gesetze erlassen Nach der Thronbesteigung von Konig Stanislaw II August im Jahre 1764 gab es verstarkte Bemuhungen der Protestanten fur eine Erlangung der Gleichberechtigung in der Republik unterstutzt von den protestantischen Staaten Preussen Schweden Danemark und England sowie von der russischen Zarin Katharina II die diese Rechte auch fur die orthodoxe Minderheit einforderte 1767 kam es zur Bildung der protestantischen Konfoderation von Thorn sowie der Konfoderation von Sluzk durch protestantische und orthodoxe Adlige aus dem litauischen Teil 1768 wurde durch den Sejm der Traktat von Warschau beschlossen der eine weitgehende freie Religionsausubung in Polen Litauen gewahrleistete Jedoch kam es daraufhin zu heftigem Widerstand von katholischer Seite besonders in der Konfoderation von Bar die teilweise gewalttatig gegen Protestanten vorging Polen in der Zeit der Teilung 1795 1918 Bearbeiten Von 1772 bis 1795 wurde Polen zwischen Preussen Russland und Osterreich aufgeteilt In den preussischen Provinzen Westpreussen und Posen wurde die evangelische Kirche eine wichtige Institution auch durch den Zuzug vieler Deutscher 1888 wurde die Kirchenagende vom Warschauer Evangelisch Augsburgischen Konsistorium herausgegeben 1891 die ganze Agende in polnischer Sprache 1920 wurde die Evangelisch Theologische Fakultat der Universitat Warschau gegrundet Zweite Polnische Republik 1919 1939 Bearbeiten Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die evangelischen Kirchengemeinden der vormaligen Kirchenprovinz Posen die bis dahin zur altpreussisch unierten Landeskirche gehort hatte als Unierte Evangelische Kirche in Polen Kosciol Ewangelicko Unijny w Polsce unter Generalsuperintendent Paul Blau selbstandig Dem staatlich oktroyierten Versuch die Kirche dem Warschauer Konsistorium zu unterstellen widersetzte sich die Unierte Evangelische Kirche 7 Die bis dahin altpreussischen Kirchengemeinden in der Woiwodschaft Pommerellen schlossen sich 1923 dieser Unierten Evangelischen Kirche mit dann 290 470 Mitgliedern Stand 1936 und Sitz in Posen an 8 Zugewanderte polnischsprachige Lutheraner aus den vormals zu Russland und Osterreich gehorenden Teilen Polens grundeten einzelne lutherische Kirchengemeinden in Bromberg Dirschau Gdingen Graudenz Posen und Thorn die zur Evangelisch Augsburgischen Kirche in Polen gehorten und in Freundschaft zu den Altlutheranern standen die ihnen Gastrecht in ihren Kirchen gewahrten 9 Die vormals zur Evangelisch Lutherischen Kirche in Preussen gehorigen Altlutheraner im polnischen Abtretungsgebiet der ehemaligen Provinzen Posen und Westpreussen etwa 4 000 meist deutschsprachige Mitglieder bildeten 1920 die Evangelisch Lutherische Kirche in Polen Kosciol Ewangelicko Luteranski w Polsce ab 1926 Evangelisch Lutherische Kirche in Westpolen Kosciol Ewangelicko Luteranski w Polsce Zachodniej in Abgrenzung zur Evangelisch Augsburgischen Kirche in Polen 10 Nach Posen und Pommerellen zuziehende deutschsprachige lutherische Polen aus Galizien und vormals Russisch Polen schlossen sich oft den Altlutheranern an 11 Die 17 evangelischen Kirchengemeinden der Kirchenprovinz Schlesien im 1922 abgetretenen Ostoberschlesien bildeten 1923 die Unierte Evangelische Kirche in Polnisch Oberschlesien Kosciol Ewangelicko Unijny na Polskim Gornym Slasku mit etwa 30 000 Mitgliedern und Sitz in Kattowitz 8 Die vorher zur Evangelischen Kirche A u H B in Osterreich gehorenden Kirchengemeinden in Polen bildeten 1920 die Evangelische Kirche A u H B in Kleinpolen Kosciol Ewangelicki Augsburskiego i Helweckiego Wyznania w Malopolsce mit drei lutherischen regional zustandigen und einem reformierten Seniorat und unter einem Superintendenten zuletzt Theodor Zockler mit insgesamt gut 33 000 Mitgliedern 8 1923 traten die meist polnischsprachigen Lutheraner des Krakauer Gebiets und des polnischen Teils des Teschener Landes zur Evangelisch Augsburgischen Kirche in Polen uber In den 1920er Jahren umfasste die Evangelisch Augsburgische Kirche in Polen etwa 400 000 Mitglieder etwa 1 3 Prozent der damaligen polnischen Bevolkerung nbsp Der Generalsuperintendent der Evangelisch Augsburgischen Kirche Juliusz Bursche um 1938 Im Jahre 1939 war die Evangelisch Augsburgische Kirche in Polen in 118 Gemeinden mit 40 Filialkirchen unterteilt Es amtierten 179 Pastoren und als Religionslehrer u a waren ausserdem 41 Geistliche tatig Es gab zehn Diozesen an deren Spitze der Senior als geistliches Oberhaupt stand Der Zweite Weltkrieg unterbrach den Prozess der kirchlichen Stabilisierung In den Konzentrationslagern und Gefangnissen kamen etwa 30 Prozent der evangelischen Geistlichen Polens ums Leben unter ihnen auch der langjahrige Generalsuperintendent Juliusz Bursche Volksrepublik Polen 1945 1990 Bearbeiten Durch Vertreibung und Abwanderung der deutschen Bevolkerung aus den westlichen Gebieten Polens sank der Anteil der evangelischen Bevolkerung in Polen erheblich In den neu erworbenen Regionen Schlesien Ostpreussen und Pommern wurden so gut wie alle evangelischen Kirchbauten enteignet und in katholische Kirchen umgewandelt Dem Inneren dieser Gotteshauser wurde entsprechend ein katholisches Aussehen gegeben und nach romischen Vorschriften umgestaltet Bis in die 1970er Jahre hinein hatte das Bekenntnis zu evangelischen Konfessionen erhebliche gesellschaftliche Nachteile zur Folge Nicht zuletzt dies war ein Grund fur die anhaltende Aussiedlung Republik Polen seit 1990 Bearbeiten Das Verhaltnis zwischen dem Staat und der Evangelisch Augsburgischen Kirche in Polen regelt ein Gesetz das am 13 Mai 1994 vom polnischen Parlament verabschiedet wurde 12 Literatur BearbeitenLorenz Hein Italienische Protestanten und ihr Einfluss auf die Reformation in Polen wahrend der beiden Jahrzehnte vor dem Sandomirer Konsens 1570 Brill Leiden 1974 ISBN 978 9 00403 893 6 Eduard Kneifel Das Werden und Wachsen der Evangelisch Augsburgischen Kirche in Polen 1517 1939 Vierkirchen 1988 DNB 881495409 PDF 14 MB Eduard Kneifel Geschichte der Evangelisch Augsburgischen Kirche in Polen Niedermarschacht 1964 DNB 452466342 PDF 17 3 MB Die Schicksale der Polnischen Dissidenten von ihrem ersten Ursprunge an bis auf jetzige Zeit 2 Bande Hamburg 1770 Google Buch Einzelnachweise Bearbeiten Glowny Urzad Statystyczny Maly rocznik statystyczny Polski 2012 Kleines statistisches Jahrbuch Polens 2012 Zaklad Wydawnictw Statystycznych Warszawa 2012 PDF 13 7 MB S 134 135 Zur Reformation in Polen siehe aktuell Jacek Wijaczka Polen In Helga Schnabel Schule Hrsg Reformation Historisch kulturwissenschaftliches Handbuch 2017 S 273 281 Agnieszka Januszek Sieradzka Reformacja w Binarowej czyli pierwszy w Polsce proces o luteranizm przed sadem biskupim 1522 The Reformation in Binarowa The First Trial against Lutheranism before the Bishop s Court in Poland 1522 Krakow 2020 polnisch Online Wolf Dieter Hauschild Lehrbuch der Kirchen und Dogmengeschichte Band 2 Gutersloh 1999 S 254 Wolf Dieter Hauschild Lehrbuch der Kirchen und Dogmengeschichte Band 2 Gutersloh 1999 S 255 Lorenz Hein Italienische Protestanten und ihr Einfluss auf die Reformation in Polen wahrend der beiden Jahrzehnte vor dem Sandomirer Konsens 1570 Brill Leiden 1974 ISBN 978 9 00403 893 6 Olgierd Kiec Koscioly ewangelickie w Wielkopolsce wobec kwestii narodowosciowej w latach 1918 1939 Upowszechnianie Nauki Oswiata Warschau 1995 ISBN 83 85618 21 X deutsch Die evangelischen Kirchen in der Wojewodschaft Poznan 1918 1939 Ubersetzt von Siegfried Schmidt In Quellen und Studien Deutsches Historisches Institut Warschau Niemiecki Instytut Historyczny w Warszawie Band 8 Harrassowitz Wiesbaden 1998 ISBN 3 447 04030 0 S 85 a b c Eduard Kneifel Geschichte der Evangelisch Augsburgischen Kirche in Polen Selbstverlag Niedermarschacht 1964 S 17 Olgierd Kiec Koscioly ewangelickie w Wielkopolsce wobec kwestii narodowosciowej w latach 1918 1939 Upowszechnianie Nauki Oswiata Warschau 1995 ISBN 83 85618 21 X deutsch Die evangelischen Kirchen in der Wojewodschaft Poznan 1918 1939 Ubersetzt von Siegfried Schmidt In Quellen und Studien Deutsches Historisches Institut Warschau Niemiecki Instytut Historyczny w Warszawie Band 8 Harrassowitz Wiesbaden 1998 ISBN 3 447 04030 0 S 37 Olgierd Kiec Koscioly ewangelickie w Wielkopolsce wobec kwestii narodowosciowej w latach 1918 1939 Upowszechnianie Nauki Oswiata Warschau 1995 ISBN 83 85618 21 X deutsch Die evangelischen Kirchen in der Wojewodschaft Poznan 1918 1939 Ubersetzt von Siegfried Schmidt In Quellen und Studien Deutsches Historisches Institut Warschau Niemiecki Instytut Historyczny w Warszawie Band 8 Harrassowitz Wiesbaden 1998 ISBN 3 447 04030 0 S 33f Olgierd Kiec Koscioly ewangelickie w Wielkopolsce wobec kwestii narodowosciowej w latach 1918 1939 Upowszechnianie Nauki Oswiata Warschau 1995 ISBN 83 85618 21 X deutsch Die evangelischen Kirchen in der Wojewodschaft Poznan 1918 1939 Ubersetzt von Siegfried Schmidt In Quellen und Studien Deutsches Historisches Institut Warschau Niemiecki Instytut Historyczny w Warszawie Band 8 Harrassowitz Wiesbaden 1998 ISBN 3 447 04030 0 S 21 Gesetz vom 13 Mai 1994 uber das Verhaltnis des Staates zur Evangelisch Augsburgischen Kirche in der Republik Polen 1994 abgerufen am 15 Februar 2023 polnisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Protestantismus in Polen amp oldid 231426557