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Das Prinzip der Zweiwertigkeit auch Bivalenzprinzip genannt ist die Eigenschaft einer Logik dass semantisch jeder Formel genau einer von zwei Wahrheitswerten zugewiesen wird Haufig werden diese Wahrheitswerte als wahr und falsch bezeichnet Logiken fur die das Prinzip der Zweiwertigkeit erfullt ist nennt man auch zweiwertige Logiken Ist das Prinzip der Zweiwertigkeit nicht erfullt spricht man von mehrwertiger Logik Das Prinzip der Zweiwertigkeit ist zu unterscheiden von dem auch innerhalb mehrerer mehrwertigen Logiken gultigen Satz vom ausgeschlossenen Dritten der besagt dass sich P P innerhalb des logischen Systems bzw seines Kalkuls syntaktisch ableiten lasst Inhaltsverzeichnis 1 Prazisierung 2 Diskussion des Prinzips 3 Einzelbelege 4 Einzelnachweise 5 WeblinksPrazisierung BearbeitenWenn man fur einen Kalkul eine formale Semantik aufstellt dann verwendet man fur die Zuordnung von Wahrheitswerten zu Formeln eine Funktion die Bewertungsfunktion auch Denotationsfunktion oder Wahrheitswertefunktion genannt wird Fur die Bewertungsfunktion wird oft das Zeichen displaystyle cdot nbsp verwendet die zu bewertende Formel wird dabei zwischen die eckigen Klammern geschrieben Bezeichnet man die Menge der wohlgeformten Formeln des Kalkuls mit M displaystyle M nbsp dann besagt das Prinzip displaystyle cdot nbsp ist eine Funktion im mathematischen Sinn die mindestens fur ganz M displaystyle M nbsp definiert ist und die fur jede wohlgeformte Formel genau einen der Wahrheitswerte wahr oder falsch liefert Das Bivalenzprinzip impliziert weder dass die Menge M displaystyle M nbsp noch dass die Bewertungsfunktion in irgendeiner Weise effektiv ermittelbar ist Diese Frage wird auf den betrachteten Kalkul verschoben Diskussion des Prinzips BearbeitenDa die Bewertungsfunktion nicht tatsachlich ermittelbar sein muss kann es auch in einer Logik die das Bivalenzprinzip erfullt Aussagen geben deren Wahrheitswert zum augenblicklichen Zeitpunkt oder sogar fur immer unbekannt ist Ein beruhmtes Diskussionsbeispiel dafur dass dies auch innerhalb der Mathematik der Fall sein kann ist die sog Goldbachsche Vermutung dass jede gerade Zahl grosser als 2 als Summe zweier Primzahlen geschrieben werden kann Es wird hier argumentiert Entweder gilt die Vermutung fur die wirklichen naturlichen Zahlen oder sie gilt nicht vielleicht muss aber ungeklart bleiben welches von beiden der Fall ist Da die Bewertungsfunktion fur alle Aussagen einen Wahrheitswert liefert folgt der Satz vom ausgeschlossenen Dritten einfach aus dem Bivalenzprinzip 1 Das Bivalenzprinzip ist kein normatives Prinzip also keine Forderung dass logische Systeme zweiwertig sein mussen sondern deskriptive semantische Eigenschaft logischer Systeme Einige logische Systeme haben diese Eigenschaft z B die klassische Logik sie sind zweiwertig Andere Systeme haben diese Eigenschaft nicht sie sind mehrwertig Siehe auch Dreiwertige Logik Fuzzylogik und Intuitionistische Logik Das Bivalenzprinzip steht mit anderen Fragestellungen in Verbindung vor allem mit metaphysischen oder mit sprachwissenschaftlichen Fragen Ein Beispiel ist die metaphysische Frage ob die Wirklichkeit adaquat durch zweiwertige Logik beschrieben werden kann ob also ein metaphysisches Bivalenzprinzip gilt ob es eine absolute Wahrheit gibt Solche Fragen werden in der Wissenschaftstheorie und Sprachphilosophie behandelt Die Korrespondenztheorie der Wahrheit geht von einer objektiven absoluten Wahrheit aus und bejaht eine solche metaphysische Idee wahrend die Koharenztheorie Wahrheit als subjektive gesellschaftliche Konstruktion versteht die nur relativ zum sozialen Standort des Betrachters existiert In der Philosophie der Mathematik bezieht sich das Bivalenzprinzip insbesondere auf die Frage ob mathematische Satze nur Zeichenfolgen sind die umgeformt werden oder ob sie Aussagen uber Objekte in einer mathematischen Welt machen so wie der Satz heute regnet es nach dem Realismus des Alltagsverstandes eine Aussage uber die reale Welt macht Platon war der Auffassung dass es eine objektive ideale mathematische Welt gibt die nach seiner Ideenlehre zur Welt der Ideen intelligiblen Welt gehort welche unabhangig vom denkenden Subjekt existiert aber fur dieses grundsatzlich auf rein geistige Weise erkennbar ist Dies wird unter anderem in Platons Hohlengleichnis erortert Diese Sicht wird insbesondere im Intuitionismus abgelehnt wo die Wahrheit und Falschheit eines Satzes auf das subjektive Evidenzerlebnis bei seiner deduktiven Konstruktion reduziert wird Karl Popper versuchte in seiner pluralistischen Ontologie Drei Welten Lehre beide Sichtweisen zu vereinen indem er zwar anerkannte dass mathematische Welten vom Menschen geschaffen werden jedoch trotzdem den Standpunkt vertrat dass die Existenz der Welt und insbesondere ihre Eigenschaften objektiv und unabhangig vom Menschen ist Mathematische Theorien gehoren somit in Poppers Welt 3 die Welt der objektiven Gehalte der menschlichen Kultur 2 Einzelbelege Bearbeiten K Wuchterl Methoden der Gegenwartsphilosophie S 53 Karl R Popper Gesammelte Werke Band 12 Wissen und das Leib Seele Problem Tubingen Mohr Siebeck 2012 Das Buch enthalt in neuer Ubersetzung Knowledge and the Body Mind Problem 1994 und den Popperteil aus Karl R Popper John C Eccles Das Ich und sein Gehirn 1977 editorische Bemerkungen und ein Nachwort des Herausgebers mit einer Ubersicht uber ca 40 weitere Arbeiten zur Dreiweltenlehre Einzelnachweise BearbeitenWalter Gellert Herbert Kastner Siegfried Neuber Hrsg Fachlexikon ABC Mathematik Thun und Frankfurt 1978 ISBN 3 87144 336 0 Artikel Aussagenkalkul W Stegmuller M V v Kibed Strukturtypen der Logik Band III von W Stegmuller Probleme und Resultate der Wissenschaftstheorie und Analytischen Philosophie Springer Verlag Berlin Heidelberg New York Tokyo 1984 ISBN 3 540 12210 9 ISBN 0 387 12210 9 Vor allem S 51 ff J M Bochenski Formale Logik Freiburg Munchen 1970 Kap 43 zur Geschichte der Formulierung dieses Prinzips K Wuchterl Methoden der Gegenwartsphilosophie Bern und Stuttgart 1977 UTB Taschenbucher 646 ISBN 3 258 02606 8Weblinks BearbeitenHow many is two in Englisch Normdaten Sachbegriff GND 1112753966 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Prinzip der Zweiwertigkeit amp oldid 234643795