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Die Prinzessinnensteuer war eine ausserordentliche Steuer die in den meisten weltlichen Territorien des Heiligen Romischen Reiches und im 19 Jahrhundert in vielen deutschen Staaten erhoben wurde um die Aussteuer der Tochter regierender Fursten zu finanzieren 1 Inhaltsverzeichnis 1 Prinzessinnensteuer und Frauleinsteuer 2 Geschichte 2 1 Steuerpflicht und Steuereinziehung in der Fruhen Neuzeit 2 2 Die Prinzessinnensteuer im 19 Jahrhundert 3 Literatur 4 FussnotenPrinzessinnensteuer und Frauleinsteuer Bearbeiten nbsp Dokument zu einer Fraulein Steuer 1710 Rodheim Hungen Die Oeconomische Encyclopadie von Johann Georg Krunitz definiert die Prinzessinnsteuer als eine Steuer welche zur Ausstattung einer Prinzessin von dem Lande gegeben wird 2 Von einer Prinzessinnensteuer im engeren Sinne spricht man wenn diese der Mitgift von Prinzessinnen d h der Tochter furstlicher und hoherrangiger Familien zugutekommt Wenn ein im Rang unter einem Fursten stehendes regierendes Haus die Steuer erhebt spricht man von einer Frauleinsteuer 3 Geschichte BearbeitenDie Prinzessinnensteuer ist seit dem Mittelalter belegt 4 Sie diente dazu das Abheiraten der Tochter zu erleichtern indem man sie aussteuerte d h mit einer ausreichenden Aussteuer versah Mit dem Abheiraten der Tochter kam man dem unerwunschten Zustand zuvor dass diese ledig blieben und im Haushalt mitzuversorgen waren 5 Steuerpflicht und Steuereinziehung in der Fruhen Neuzeit Bearbeiten Die Pflicht zur Entrichtung der Prinzessinnensteuer war fur viele der Herrschaften der weltlichen Bank der Reichsstande gesetzlich festgelegt teils auch der zu zahlende Betrag In anderen Territorien beruhte die Steuerpflicht auf dem Herkommen teils wurde der Betrag zwischen dem Landesherren und den Landstanden jeweils ausgehandelt Denn die Steuer war von den Landstanden zu entrichten die den Betrag in der Regel per Umlage einzogen So geschah es bei der Heirat von Prinzessin Caroline Mathilde von Hannover mit Konig Christian VII von Danemark im Jahre 1766 als im Kurfurstentum Braunschweig Luneburg 40 000 Pfund Sterling aufzubringen waren 6 Spatestens im 17 Jahrhundert war der Betrag in vielen Fallen zwischen dem Landesherren und den Landstanden nicht mehr oder nur begrenzt aushandelbar insofern der Landesherr die Hohe der Mitgift durch einen Ehevertrag fur seine Tochter bereits bestimmt hatte und infolgedessen berechtigt oder zumindest bestrebt war sich diesen Betrag von den Landstanden rekompensieren zu lassen Bei der Heirat von Prinzessin Anna Amalia von Braunschweig Wolfenbuttel mit Herzog Ernst August II von Sachsen Weimar Eisenach im Jahre 1756 belief sich die Prinzessinnensteuer z B auf 18 000 Reichstaler 7 In den 1770er Jahren waren es im Erzherzogtum Osterreich 20 000 Reichstaler im Kurfurstentum Sachsen 30 000 Reichstaler und im Herzogtum Wurttemberg 20 000 Gulden 8 Unter den staatsrechtlich tatigen Juristen war die Frage strittig in welchen Sonderfallen die Prinzessinnensteuer rechtens war und in welchen nicht ob z B der regierende Furst diese auch fur seine Enkelinnen beanspruchen durfe wenn deren Vater bereits verstorben war Wenn eine Prinzessin nicht ebenburtig heiratete bzw verheiratet wurde verfiel der Anspruch auf die Prinzessinnensteuer Die Prinzessinnensteuer im 19 Jahrhundert Bearbeiten Seit Anfang des 19 Jahrhunderts wurde es in mehr und mehr deutschen Staaten ublich von einer besonderen Prinzessinnensteuer abzusehen Dort war diese entweder in der Zivilliste inbegriffen oder sie wurde aus dem Landeshaushalt bestritten so etwa seit 1818 im Konigreich Bayern 9 In Einzelfallen verzichteten die regierenden Fursten auf die Erhebung der Prinzessinnensteuer so etwa Konig Friedrich Wilhelm III von Preussen bei der Heirat seiner Tochter Charlotte mit Zar Nikolaus I im Jahre 1817 10 Er betonte jedoch dass dies aus Gnade und Milde jedoch ohne Consequenz fur die Zukunft geschehen sei also keinen Prazedenzfall fur kommende Heiraten bewirke 11 Gleichwohl setzte Friedrich Wilhelm III bei der Heirat seiner Tochter Alexandrine im Jahre 1822 die Prinzessinnensteuer wiederum aus Diese Entscheidung war insofern eben doch ungeachtet der fruheren Kautelen eine Vorentscheidung fur deren Abschaffung de facto nicht de iure in Preussen Ohnehin galt die Prinzessinnensteuer dem Burgertum des 19 Jahrhunderts als anachronistisch wenn sie nicht gar als ungebuhrlich empfunden wurde Sie habe so die in der Tradition der Aufklarung stehende Allgemeine Encyclopadie der Wissenschaften und Kunste inzwischen ein gehassiges Ansehen gewonnen 12 Jean Paul lasst in seinem Roman Titan den Titularbibliothekar des Grossmeisters zu Malta Schoppe uber einige antiquierte Abgaben und Steuern spotten darunter auch die Prinzessinsteuer 13 Der Journalist Karl Heinrich Hermes schrieb 1845 uber die Prinzessinnensteuer So wird aber nicht leicht jemand auf die Meinung kommen dass dieselbe auf irgend eine Weise zu der Erhohung der Wurde eines furstlichen Hauses habe beitragen konnen 14 Die Prinzessinnensteuer sei ein Uberbleibsel jener mittelalterlichen Romantik insofern es im Mittelalter drei ausserordentliche Steuern gegeben habe fur die besondere Ereignisse den Anlass gaben die jeweils mit bestimmten Personen verknupft waren wenn der Furst in Gefangenschaft geraten war und ausgelost werden musste der Ritterschlag seiner Sohne und die Heirat seiner Tochter 15 Die Pointe dieser feinen ironischen Andeutung war klar Insofern im 19 Jahrhundert Losegelder fur Konige und Ritterschlage ausser Gebrauch gekommen waren konnte man auch den dritten Zopf abschneiden Doch nicht alle Fursten mochten das so sehen Als im Jahre 1862 Prinzessin Hermine die Tochter von Furst Heinrich XX von Reuss Greiz und Furstin Caroline den Prinzen Hugo von Schonburg Waldenburg heiratete wurde im Furstentum Reuss alterer Linie die Prinzessinnensteuer ausgeschrieben Die satirische Zeitschrift Kladderadatsch machte sich in einem Gedicht und mit einer Zeichnung von Wilhelm Scholz daruber lustig Burgerliche Familien mussten fur die Hochzeiten ihrer Tochter selbst aufkommen doch wenn eine Prinzessin einen Millionar heirate werde der Steuerzahler bemuht Der Kladderadatsch habe so urteilte ein Berliner Gericht Furstin Caroline wie eine Bettlerin dargestellt und damit den Tatbestand der Beleidigung eines auslandischen Staatsoberhauptes erfullt Als presserechtlich Verantwortlicher wurde Chefredakteur Ernst Dohm zu funf Wochen Gefangnis verurteilt 16 Doch Konig Wilhelm I war amusirt auf Bismarcks Bitte erliess er Dohm den Grossteil der Haftstrafe 17 Die Fursten zu Reuss hatten zwar ihre Prinzessinnensteuer eingeheimst aber auch viel Spott Vermutlich zum letzten Mal wurde eine Prinzessinnensteuer im Jahre 1905 im Grossherzogtum Mecklenburg Schwerin gezahlt und zwar auf Beschluss der Landtages vom 20 Dezember 1904 anlasslich der bevorstehenden Heirat von Prinzessin Cecilie zu Mecklenburg mit dem preussischen Kronprinzen Wilhelm im Jahre 1906 18 Mit dem Ende der Furstenherrschaft infolge der Revolution im November 1918 endete auch die Prinzessinnensteuer endgultig Literatur Bearbeitenin der Reihenfolge des Erscheinens Art Fraulein Steuer Prinzessinnsteuer In Johann Georg Krunitz Hg Oeconomische Encyclopadie Bd 14 Berlin 1778 S 740f Konrad Wilhelm Ledderhose Von der Frauleinsteuer in Hessen In Ders Kleine Schriften Bd 5 Akademische Buchhandlung Marburg 1795 S 4 74 Art Prinzessinnensteuer In Karl Wenzeslaus Rodecker von Rotteck Hg Staats Lexikon oder Encyclopadie der Staatswissenschaften Band 13 Verlag von Johann Friedrich Hammerich Altona 1842 S 135 138 Art Prinzessinnensteuer In Meyer s Neues Conversations Lexikon fur alle Stande Meyers Konversations Lexikon 1 Aufl Bd 12 Hildburghausen 1859 S 1119 Reiner Sahm Zum Teufel mit der Steuer 5000 Jahre Steuern ein langer Leidensweg der Menschheit Springer Gabler Wiesbaden 2012 ISBN 978 3 8349 4189 3 Darin S 203 Art Frauleinsteuer Philip Haas Filiae Reipublicae dem Lande geboren Die Frauleinsteuer in Hessen als Beteiligung der Stande an dynastischen Ehen In Hessisches Jahrbuch fur Landesgeschichte Jg 67 2017 S 125 143 Art Prinzessinnensteuer In Reiner Sahm Von der Aufruhrsteuer bis zum Zehnten Fiskalische Raffinessen aus 5000 Jahren Springer Fachmedien Wiesbaden 2 durchgesehene und aktualisierte Auflage 2018 ISBN 978 3 658 19007 1 S 78 79 Fussnoten Bearbeiten Fritz Neumark Art Steuern I Grundlagen In Willi Albers Hg Handworterbuch der Wirtschaftswissenschaft Bd 7 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1977 S 295 309 hier S 295 Artikel Prinzessinnsteuer In Oeconomische Encyclopadie Bd 117 Berlin 1811 S 404 Art Prinzessinnensteuer In Meyer s Neues Conversations Lexikon fur alle Stande Bd 12 Hildburghausen 1859 S 1119 Aloys Meister Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfangen bis ins 15 Jahrhundert Teubner Leipzig 1907 S 34 F A von Campen Die Lehre von den Landstanden nach gemeinem Deutschen Staatsrechte Meyer 2 Aufl Lemgo 1864 S 64 Carolin Philipps Konigin Caroline Mathilde von Danemark Die Geliebte des Leibarztes Piper Munchen 2005 ISBN 3 492 24369 X S 20 Ursula Salentin Anna Amalia Wegbereiterin der Weimarer Klassik Bohlau Koln 2001 ISBN 3 412 13200 4 S 16 Artikel Fraulein Steuer Prinzessinnsteuer In Oeconomische Encyclopadie Bd 14 Berlin 1778 S 740f Art Prinzessinnensteuer In Staats Lexikon oder Encyclopadie der Staatswissenschaften Band 13 Verlag von Johann Friedrich Hammerich Altona 1842 S 135 138 hier S 137 Karl Friedrich von Kloden Hg Lebens und Regierungsgeschichte Friedrich Wilhelms des Dritten Konigs von Preussen Plahn sche Buchhandlung Berlin 1840 S 245 Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg Jg 1817 S 214 Nr 109 Art Dotation In Johann Samuel Ersch Johann Gottfried Gruber Hg Allgemeine Encyclopadie der Wissenschaften und Kunste 1 Section Bd 27 Brockhaus Leipzig 1836 S 207 214 hier S 208 Jean Paul Titan Erstausgabe erschienen im Verlag der Buchhandlung Matzdorff Berlin 1800 Bd 1 S 26 Karl Heinrich Hermes Blicke aus der Zeit in die Zeit Randbemerkungen zu der Tagesgeschichte der letzten funfundzwanzig Jahre Bd 2 Westermann Braunschweig 1845 S 138 Hermann Egner Karl Schuemacher Unser Zoll und Steuerwesen E H Moritz Stuttgart 1907 Bibliothek der Rechts und Staatskunde Bd 21 S 171 Allgemeine Zeitung 6 Oktober 1864 Max Osborn Dohm Ernst In Allgemeine Deutsche Biographie Bd 48 Duncker amp Humblot Leipzig 1904 S 219 224 hier S 223 Gerald Rosenberg Finanzen und Finanzverfassung in den beiden Grossherzogtumern Mecklenburg von 1850 bis 1914 Lit Munster 1999 Teilband 2 S 707 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Prinzessinnensteuer amp oldid 238714800