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Das Polizei Bataillon 320 war eine militarische Einheit der Ordnungspolizei im Zweiten Weltkrieg Nach der Aufstellung im Februar 1941 wurde es bis zur Auflosung 1944 vor allem im Vernichtungskrieg und beim Mord an den Juden in der Sowjetunion eingesetzt Die Zahl der Opfer der Erschiessungen an denen die Einheit beteiligt war wird mit 45 000 veranschlagt Inhaltsverzeichnis 1 Aufstellung und Einsatzgebiet 2 Beteiligung an Verbrechen 3 Strafrechtliche Ermittlungen 4 Literatur 5 EinzelnachweiseAufstellung und Einsatzgebiet BearbeitenDas Polizei Bataillon 320 wurde im Februar 1941 in Berlin Spandau aufgestellt Es bestand neben dem Bataillonsstab aus drei Kompanien und einer Kraftfahrstaffel Unter dem Kommando von Major Kurt Franz Dall 1905 1949 wurde die Einheit am 19 Februar 1941 in das Protektorat Bohmen und Mahren verlegt und in Jungbunzlau und Kolin stationiert Vom 2 April bis zum 26 Mai 1941 wurden die 1 und 2 Kompanie in Jugoslawien eingesetzt wahrend der Stab und die 3 Kompanie in Kolin verblieben Nach dem Uberfall auf die Sowjetunion am 22 Juni 1941 wurde das Bataillon nach Jaslo im besetzten Polen verlegt Mitte August 1941 marschierte die Einheit uber Przemysl Lemberg und Tarnopol nach Proskurow in der Ukraine wo es neben den Bataillonen 304 und 315 als Polizei Bataillon 320 zur besonderen Verwendung z b V dem Hoheren SS und Polizeifuhrer Russland Sud Friedrich Jeckeln unterstellt wurde Am 7 September war das Bataillon in Rowno stationiert wo Stab Kfz Staffel und 3 Kompanie verblieben wahrend die 1 Kompanie nach Sarny die 2 hingegen nach Luzk verlegt wurden Von Oktober 1941 bis Februar 1942 war dem Polizeibataillon die 1 Kompanie Ostland des Polizei Bataillons 33 unterstellt die vor allem aus Deutschen aus Lettland bestand Am 24 Februar 1942 kam das Bataillon an die Mius Front nahe Taganrog von wo es am 21 Juni wieder ins ruckwartige Frontgebiet verlegt wurde Dort unterstand es wie auch die Bataillone 304 und 315 dem Kommando des Polizeiregiments 11 Bis Januar 1944 wurde die Einheit bei der sogenannten Partisanen und Bandenbekampfung im Raum Brest Litowsk Gomel Shitomir Schepetowka und Kowel eingesetzt 1944 wurde das Bataillon wieder an der Front im Raum Rowno Dubno Luzk und im Weichsel bogen eingesetzt Noch im selben Jahr wurde die Einheit aufgelost Beteiligung an Verbrechen BearbeitenAngehorige des Polizei Bataillons 320 waren wahrend des Deutsch Sowjetischen Krieges an mehreren Mordaktionen gegen Juden beteiligt Beim Massaker von Kamenez Podolsk bei dem zwischen dem 28 und 31 August 1941 rund 23 000 Juden ermordet wurden ubernahmen am 27 August die 1 und 2 Kompanie unter dem Kommando der Hauptleute Alfred Weber 1904 und Hans Wiemer 1914 die Aufgabe den Erschiessungsort abzusperren und die Opfer dorthin zu treiben Die 3 Kompanie unter dem Kommando von Heinrich Scharwey 1907 traf am 28 August ein und beteiligte sich seit dem Nachmittag dieses Tages an der Aktion Ein Angehoriger des Bataillons berichtete in einer Vernehmung 1960 Scharwey habe eine antisemitische Ansprache an seine Manner gehalten und versucht sie von der Notwendigkeit der Massenexekution zu uberzeugen Zugleich habe er auch erwahnt dass er dem Einzelnen nicht den Befehl geben konne mitzuschiessen Ein einziger Kompanieangehoriger Werner Hofmann 1911 wandte sich daraufhin an Kompaniechef Scharwey und liess sich von diesem von der Aktion befreien Die anderen hatten die Massnahme als notwendiges Ubel hingenommen 1 Mindestens zwolf Angehorige des Bataillons beteiligten sich an den Exekutionskommandos Jeckeln meldete dem Reichsfuhrer SS Heinrich Himmler ausserdem am 31 August 1941 per Funkspruch das Polizei Bataillon 320 unternehme eine Aktion in Minkowzy 45 Kilometer nordostlich von Kamenez Podolsk bei der 2 200 Juden erschossen worden seien Dort loste das Polizei Bataillon das Ghetto auf sammelte unter Beteiligung der lokalen Polizei die judischen Einwohner auf der Hauptstrasse und fuhrte sie zu drei bereits ausgehobenen Massengrabern wo sie ebenfalls unter Beteiligung der ukrainischen Polizei in Gruppen zu 10 bis 15 Personen erschossen wurden 2 Diese Aktion wurde in spateren Ermittlungsverfahren moglicherweise zum Massaker von Kamenez Podolsk gezahlt Bei einer weiteren grosseren Mordaktion in Rowno vom 6 bis 8 November 1941 wurden etwa 15 000 Juden ermordet Wiederum sorgte das Polizei Bataillon 320 fur die Ergreifung und den Transport der Opfer und die Absperrung des Erschiessungsortes Dies war ein Wald in der Nahe des Dorfes Sosneka wo sowjetische Kriegsgefangene zuvor zehn Massengraber ausheben mussten Wahrscheinlich 25 Mann aus der 1 und 3 Kompanie gehorten zum Erschiessungskommando Eine Abteilung des Einsatzkommandos 5 der Einsatzgruppe C unter dem Befehl von SS Sturmbannfuhrer Hermann Ling Ukrainer und funf Angehorige der Ostland Kompanie waren ebenfalls beteiligt Am 8 November wurden noch 50 alte Juden in einer kleineren Grube entdeckt die dort offenbar vergessen worden waren Sie wurden von einem Kommando der 3 Kompanie unter Heinrich Scharwey ermordet Das Bataillon war an weiteren Mordaktionen beteiligt denen jeweils mehrere hundert Juden zum Opfer fielen Einige Tage nach der Mordaktion bei Rowno erschossen acht Angehorige der 1 Kompanie 300 bis 400 Juden sudlich von Kostopol Bei einer Erschiessung von mindestens 1 500 Juden durch ein SD Kommando in der Nahe von Bereza Kartuska Ende Juli 1942 waren die 2 und die 3 Kompanie beteiligt Im Sommer exekutierte die 3 Kompanie 150 Juden in den Pripjetsumpfen Im September Oktober 1942 sperrte die 1 Kompanie das Ghetto in Bereza Kartuska ab und transportierte etwa 1 000 Juden per LKW zum Exekutionsort Angehorige der 3 Kompanie trieben die Opfer in eine Grube wo sie von einem SD Kommando erschossen wurden An einer Exekution von 5 000 Juden aus Rowno in Kostopol am 14 Juli 1942 war das Bataillon entgegen der Darstellung bei Daniel Jonah Goldhagen jedoch nicht beteiligt 3 Bei der Vernichtung des Ghettos von Pinsk der vom 29 Oktober bis 1 November 1942 mindestens 18 000 Juden zum Opfer fielen beteiligte sich ein Zug der 3 Kompanie an der Durchkammung des Ghettos die anderen beiden Zuge sowie die 2 und 3 Kompanie bewachten die Juden am Sammelplatz eskortierten sie zum Erschiessungsort und sperrte die Gruben ab 4 Als Vergeltungsaktionen im Rahmen der Partisaneneinsatze brannten Angehorige der 3 Kompanie das Dorf Malischewka nieder und schossen in die brennenden Hauser Dabei sollen ca 100 Dorfbewohner getotet worden sein Kurz vor Weihnachten 1943 befahl Bataillonskommandeur Schwarz Linek eine Vergeltungsaktion gegen ein Dorf bei der 200 Manner zusammengetrieben und erschossen wurden Strafrechtliche Ermittlungen BearbeitenAb 1961 ermittelte die Zentralstelle im Land Nordrhein Westfalen fur die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen bei der Staatsanwaltschaft Dortmund gegen Polizeirat Hans Wiemer den Fuhrer der 2 Kompanie als Hauptbeschuldigten wegen Mordes und Beihilfe zum Mord in uber 50 000 Fallen Im Laufe des Verfahrens wurden 400 Polizisten erfasst und 131 ehemalige Bataillonsangehorige vernommen Einige Beschuldigte waren inzwischen in den Polizeidienst der Bundesrepublik eingetreten Friedrich Haferkamp im Herbst 1942 Fuhrer der 1 Kompanie war Oberstleutnant der Bundeswehr Allerdings kam die Zentralstelle zu dem Schluss das Bataillon habe hauptsachlich Absperrdienste geleistet und kaum Schutzen fur die Exekutionen abgestellt Drei Polizisten hatten die Teilnahme an Exekutionen gestanden die ubrigen hatten dies bestritten Der Fuhrer der 1 Kompanie Alfred Weber behauptete der Einsatz der Schutzen aus seiner Einheit sei vom hoheren SD Fuhrer veranlasst worden Die Schutzen seien spater gefallen Im Januar bzw Februar 1962 wurde das Verfahren gegen 363 ehemalige Bataillonsangehorige eingestellt Gegen 30 Beschuldigte wurde das Verfahren zunachst fortgesetzt und im Dezember 1962 schliesslich eingestellt Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklarung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg kritisierte insbesondere die Einstellung der Ermittlungen gegen Wiemer die mit der Annahme eines Befehlsnotstandes begrundet worden war Der Generalstaatsanwalt in Hamm bestatigte jedoch am 23 April 1963 die Dortmunder Sichtweise Der ehemalige Angehorige der 3 Kompanie Herbert Hofmann der sich 1941 durch Scharwey von der Teilnahme an den Erschiessungsaktionen hatte entbinden lassen trat als Zeuge der Nebenklage 1965 im Frankfurter Auschwitz Prozess auf 5 Literatur BearbeitenWolfgang Curilla Die deutsche Ordnungspolizei und der Holocaust im Baltikum und in Weissrussland 1941 1944 F Schoningh Paderborn 2006 ISBN 3 506 71787 1 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz Ein Handbuch 2 Auflage Klartext Essen 2011 S 296 301 Einzelnachweise Bearbeiten Klaus Michael Mallmann Der qualitative Sprung im Vernichtungsprozess Das Massaker von Kamenez Podolsk Ende August 1941 In Jahrbuch fur Antisemitismusforschung 10 2001 S 253 Curilla Ordnungspolizei S 925 Hier jeweils auch die Schreibweise Scharway Alexander Kruglov und Martin Dean Min Kovtsy In Geoffrey P Megargee u Martin Dean Hrsg The United States Holocaust Memorial Museum encyclopedia of camps and ghettos 1933 1945 Vol 2 Ghettos in German Occupied Eastern Europe Indiana University Press In association with the United States Holocaust Memorial Museum Bloomington Washington D C 2012 ISBN 978 0 253 35599 7 S 1426 Daniel Goldhagen Hitlers willige Vollstrecker Ganz gewohnliche Deutsche und der Holocaust Siedler Berlin 1996 ISBN 978 3 88680 593 8 S 323 Curilla Ordnungspolizei S 619 Curilla Ordnungspolizei S 621 Landgericht Frankfurt am Main 1 Frankfurter Auschwitz Prozess Strafsache gegen Mulka u a 4 Ks 2 63 146 Verhandlungstag 26 3 1965 Vernehmung des Zeugen Herbert Hofmann Fritz Bauer Institut online Polizei Bataillone des Zweiten Weltkriegs Polizei Bataillone111 303 304 306 307 309 316 320 322 Reserve Polizei Bataillone3 11 61 64 101 105 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Polizei Bataillon 320 amp oldid 238995143