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Das Reserve Polizei Bataillon 64 war eine militarische Einheit der deutschen Ordnungspolizei Im Zweiten Weltkrieg wurde das Bataillon zunachst nach dem Uberfall auf Polen im annektierten Warthegau zur Bewachung offentlicher Gebaude aber auch zur Vertreibung von Polen ins Generalgouvernement eingesetzt Im Vorfeld des geplanten Uberfalls auf die Sowjetunion gehorte das Bataillon im Fruhjahr 1941 zu den Truppen im deutsch besetzten Serbien und totete bei deren Aktionen zur sogenannten Partisanenbekampfung und als Bewacher des KZ Sabac und des KZ Sajmiste bei Semlin mehrere tausend Menschen Juden serbische Zivilisten Zigeuner und Angehorige des Widerstandes Nach dem Krieg wurden an Jugoslawien ausgelieferte Bataillonsangehorige dort verurteilt darunter Kommandant Major Adolf Josten 1947 zum Tode In Deutschland fuhrte die Zentralstelle bei der Staatsanwaltschaft Dortmund ab 1961 funf verschiedene Ermittlungsverfahren gegen Angehorige des Bataillons durch aber alle wurden eingestellt so dass es nicht zur Anklageerhebung kam Inhaltsverzeichnis 1 Aufstellung 2 Einsatze im Zweiten Weltkrieg 3 Strafverfolgung Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen 4 Literatur 5 AnmerkungenAufstellung BearbeitenDas Reserve Polizei Bataillon 64 wurde am 12 Oktober 1939 in Koln aufgestellt wobei die Ausbildungsabteilung der Polizei in Koln in der Zugweg Kaserne das Stammpersonal bildete zu dem Reservisten aus Koln und Umgebung eingezogen wurden 1 Im Unterschied zu Stefan Klemp nennt Georg Tessin Essen als Heimatstandort des Bataillons 2 Klemp halt die spatere temporare Verlegung nach Essen fur moglich weist aber auf die ubereinstimmenden Zeugenaussagen zur Aufstellung in Koln hin die Tessins These widersprechen 3 Das Bataillon bestand zunachst aus einem Stab Nachrichtenzug drei Kompanien und einer Kraftfahrstaffel Als noch eine 4 Kompanie die in Bochum aufgestellt worden war dazukam wurde die Einheit nach Leslau Wloclawek in Polen verlegt Kommandeur war Oberstleutnant Johannes Wirth In Leslau wurde das Bataillon aufgeteilt Wahrend die 2 Kompanie unter August Huft nach Libno kam ruckten die 1 Kompanie unter Oberleutnant Adolf Gross und die 3 Kompanie unter Oberleutnant Wilhelm Denker nach Gotenhafen Gdynia Gdingen ab und wurden dem Befehlshaber der Ordnungspolizei in Danzig unterstellt Lediglich der Stab und die 4 Kompanie unter Oberleutnant Otto Ehrmann blieben in Leslau bevor am 6 November 1939 Graudenz neuer Standort wurde 4 Einsatze im Zweiten Weltkrieg BearbeitenBei seinem Einsatz in Polen 1939 40 im dem Deutschen Reich einverleibten Warthegau war das Bataillon fur die Bewachung offentlicher Gebaude verantwortlich und die in Gdingen stationierten Bataillonsteile bewachten Anlagen der Kriegsmarine Daneben wurden die Reservisten weiter ausgebildet Die 1 und 3 Kompanie des Bataillons beteiligte sich auch an der Vertreibung von Polen aus dem Warthegau und aus Westpreussen ins Generalgouvernement Anfang November 1939 gingen Fensterscheiben der Polizeiwache in Oxhoft polnisch Oksywie einer Revieraussenstelle des Polizeiprasidiums Gdingen zu Bruch Es kam zu keinen Personenschaden Dennoch schlug Friedrich Class von der Einsatzgruppe 5 vor die gesamte mannliche Bevolkerung in Oxhoft zusammenzutreiben und 10 bis 15 jugendliche Polen vor den Augen der anderen Manner zur Abschreckung vor weiteren Anschlagen zu erschiessen Die 1 und 3 Kompanie des 64 Reserve Polizei Bataillons trieben die mannlichen Einwohner am 11 November morgens auf dem Kirchplatz zusammen Nach kurzem Verhor wurden von diesen zehn junge Polen im Alter von 15 bis 18 Jahren selektiert nach Aussage eines Angehorigen der 1 Kompanie handelte es sich um Gymnasiasten Polizisten der 1 und 3 Kompanie erschossen sie wahrend die anderen Angehorigen der Kompanien die Absperrung ubernahmen Nach der Erschiessung liessen die Polizisten die Leichen zur Abschreckung bis zum Abend auf dem Boden liegen 5 Ende Mai 1940 wurde das Bataillon aus Polen in den neuen Heimatstandort Essen verlegt wo es im Luftschutz und zum Streifendienst eingesetzt wurde 6 Am 26 Juni 1941 ruckte das Reserve Polizei Bataillon 64 von Essen ins deutsch besetzte Serbien aus und traf am 30 Juni in Belgrad ein Unterstellt wurde es dem Verwaltungschef beim Militarbefehlshaber in Serbien SS Gruppenfuhrer Harald Turner und erhielt zudem Befehle von der Einsatzgruppe Serbien deren Chef Turner war der Sicherheitspolizei und dem SD Kommandeur des Bataillons war nun 1941 als Nachfolger Johannes Wirths Major Adolf Josten Das Bataillon wurde regelmassig zur Erschiessung von Juden Zigeunern Kommunisten und partisanenverdachtigen serbischen Zivilisten herangezogen die als Geiselerschiessungen oder Vergeltungsaktionen legitimiert wurden Die meisten Exekutionen fuhrte das Bataillon auf dem Schiessplatz Avalar bei Belgrad durch Nach Aussage von Paul Prinz damals Hauptfeldwebel beim Stab des Militarbefehlshaber Serbien in Belgrad wurde mindestens eine dieser Exekutionen auch mit Maschinengewehren vorgenommen Dabei wurden serbische Zivilisten von 25 bis 30 Angehorigen des Bataillons erschossen einige nicht todlich getroffenen Serben einfach liegen gelassen 7 Ein wichtiger Teil der Tatigkeit des Bataillons war ihre Teilnahme an der sogenannten Partisanenbekampfung womit in der Regel die Erschiessung oder Erhangung partisanenverdachtiger Zivilisten gemeint war Dabei gingen SS Polizei und Wehrmachtseinheiten gemeinsam vor Eine der Aktionen des Reserve Polizei Bataillons 64 wurde auch vom Oberkommando der Wehrmacht OKW offentlich kommentiert Als am 14 August 1941 bei einem Partisanenangriff auf einen Polizei Pkw in Skela Oberleutnant Ehrmann und drei Wachtmeister seiner Kompanie getotet wurden fuhrte das Bataillon eine Strafexpedition durch und das OKW meldete am 16 August Als Vergeltung 15 8 Skela niedergebrannt und 50 Kommunisten aufgehangt Einen Tag spater erganzte das OKW Ausser den in Skela aufgehangten Kommunisten 15 Dorfbewohner wegen unterlassener Meldung der Bande erschossen 350 Hauser niedergebrannt Strafaktion im Radio durch Anschlage und Presse bekannt gemacht 8 Am 23 September 1941 wurde die besetzte Stadt Sabac von Partisanen angegriffen ein erstmaliger Versuch des serbischen Widerstands die deutsche Besetzung einer Stadt militarisch zu bezwingen Nach der umgehenden Niederschlagung des Angriffs durch die 342 Infanterie Division wurde die gesamte mannliche Bevolkerung der Stadt zwischen 14 und 70 Jahren festgenommen Beteiligt an dieser Verhaftungsaktion war auch das 64 Reserve Polizei Bataillon Die Verhafteten wurden in das von der 342 Infanterie Division eingerichtete Lager Sabac verbracht das zu einem Konzentrationslager ausgebaut wurde welches im Oktober 1941 mit 15 000 bis 20 000 Menschen weit uberbelegt war Die 342 Infanterie Division ubergab es nach der Einrichtung der Militarverwaltung Fur die Bewachung war u a die 1 Kompanie des Reserve Polizei Bataillons 64 zustandig Von dieser 1 Kompanie des Bataillons wurden im KZ Sabac etwa 1000 Menschen erschossen wahrend die 342 Infanteriedivision bei ihren parallel laufenden Sauberungsaktionen 2 200 Zivilisten nicht im Kampf sondern mittels ihrer Exekutionskommandos erschoss 9 Danach bewachte das Reserve Polizei Bataillon 64 das KZ Sajmiste bei Semlin Hier waren 7500 judische Frauen und Kinder aus Serbien inhaftiert bis sie mittels Gaswagen ermordet wurden Die ermordeten Juden wurden von einem Haftlingskommando unter der Aufsicht von Angehorigen des Bataillons aus dem Gaswagen entladen Auch an Exekutionen der im Konzentrationslager inhaftierten Juden beteiligten sich Angehorige der 2 Kompanie des Bataillons 10 Wahrend die 1 und 2 Kompanie in Serbien blieben wurde die 3 Kompanie 1942 43 in Griechenland im Raum Sufleon zur Partisanenbekampfung eingesetzt und beteiligte sich an der Erschiessung von Zivilisten 11 Das Reserve Polizei Bataillon 64 wurde im Juli 1942 dem Polizeiregiment 5 als dessen I Bataillon zugeordnet und hatte nun als neuen Heimatstandort Wien 12 Insgesamt fielen dem Reserve Polizei Bataillon 64 mindestens 2876 Menschen zum Opfer 13 Strafverfolgung Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen BearbeitenNach dem Krieg wurde der Kommandeur des 64 Reserve Polizei Bataillons Major Adolf Josten in jugoslawischer Haft zum Tode verurteilt und am 10 April 1947 in Belgrad hingerichtet 14 Zusammen mit dem Bataillonskommandeur waren mindestens 25 weitere Polizisten des Bataillons an Jugoslawien ausgeliefert worden Neben Kommandant Josten wurde noch ein weiterer Bataillonsangehoriger zum Tode verurteilt Die anderen erhielten Haftstrafen und konnten in den 1950er Jahren nach Deutschland zuruckkehren 15 Fur die deutsche Justiz fuhrte die bei der Staatsanwaltschaft Dortmund eingerichtete Zentralstelle im Lande Nordrhein Westfalen fur die Bearbeitung Nationalsozialistischer Massenverbrechen 16 ab 1961 vier Ermittlungsverfahren gegen Angehorige des Bataillons wegen verschiedener potentieller Kriegsverbrechen bei ihren Einsatzen vor allem in Serbien durch 17 Im Zusammenhang mit der Erschiessung von zehn Gymnasiasten 1939 in Gdingen wurde 1974 ein weiteres Ermittlungsverfahren eroffnet bei dem es um die Erschiessung von zwei anderen Jugendlichen ging 18 In den Verfahren bei denen insgesamt 83 Bataillonsangehorige als Beschuldigte gefuhrt wurden 19 deklarierten die Polizisten ihre Taten durchgehend als Vergeltungsaktionen Die Staatsanwaltschaft folgte diesen Rechtfertigungen und bewertete zudem die Erschiessungen von Serben und Griechen als Totschlag so dass die Ermittlungen 1964 wegen Verjahrung eingestellt wurden Die Totung von Juden und Zigeunern sei zwar als Mord aus rassistischen Grunden zu bewerten so die Staatsanwaltschaft Doch die Polizisten des Bataillons hatten sich nur der Beihilfe schuldig gemacht und zudem nicht erkannt dass die Totungen Mord waren so dass auch dieses Verbrechen als verjahrt anzusehen sei 20 Die Ermittlungen betreffs der Erschiessungen von Gymnasiasten im polnischen Gdingen wurden mit der Begrundung eingestellt die Taten seien so oder so verjahrt seien sie nun als Beihilfe zum Mord oder zum Totschlag zu bewerten Die erst 1974 aufgenommenen Ermittlungen wegen der Erschiessung zweier Jungen im November 1939 in Gotenhafen wurden eingestellt weil eine Beteiligung von Angehorigen des Bataillons nicht verifiziert werden konnte 21 Literatur BearbeitenWolfgang Curilla Der Judenmord in Polen und die Deutsche Ordnungspolizei 1939 1945 Ferdinand Schoningh Paderborn 2011 ISBN 978 3 506 77043 1 Stefan Klemp 50 Kommunisten aufgehangt 350 Hauser niedergebrannt Der Einsatz des Reserve Polizei Bataillons 64 auf dem Balkan 1941 1943 In Alfons Kenkmann Christoph Spieker Hrsg Im Auftrag Polizei Verwaltung und Verantwortung Begleitband zur gleichnamigen Dauerausstellung Geschichtsort Villa ten Hompel Klartext Essen 2001 ISBN 3 88474 970 6 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz Ein Handbuch Klartext Essen 2005 ISBN 3 89861 381 X Walter Manoschek Serbien ist judenfrei Militarische Besatzungspolitik und Judenvernichtung in Serbien 1941 42 Beitrage zur Militargeschichte Bd 38 Oldenbourg Munchen 1993 ISBN 3 486 55974 5 zugl Wien Univ Diss Anmerkungen Bearbeiten Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz Ein Handbuch Klartext Essen 2005 S 152f dort S 424 f genaue Aufstellung von Heimatstandort und der spateren Einsatze Hans Joachim Neufeldt Jurgen Huck Georg Tessin Zur Geschichte der Ordnungspolizei 1936 1945 Schriften des Bundesarchivs 3 Bundesarchiv Koblenz 1957 darin Teil II Die Stabe und Truppeneinheiten der Ordnungspolizei S 97 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 152f Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 152f Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 153f Wolfgang Curilla Der Judenmord in Polen und die Deutsche Ordnungspolizei 1939 1945 Ferdinand Schoningh Paderborn 2011 S 214 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 154 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 154f Stefan Klemp 50 Kommunisten aufgehangt 350 Hauser niedergebrannt Der Einsatz des Reserve Polizei Bataillons 64 auf dem Balkan 1941 1943 In Alfons Kenkmann Christoph Spieker Hrsg Im Auftrag Polizei Verwaltung und Verantwortung Begleitband zur gleichnamigen Dauerausstellung Geschichtsort Villa ten Hompel Klartext Essen 2001 S 211 Walter Manoschek Serbien ist judenfrei Militarische Besatzungspolitik und Judenvernichtung in Serbien 1941 42 Beitrage zur Militargeschichte Bd 38 Oldenbourg Munchen 1993 zugl Wien Univ Diss S 60f u S 75 77 Wolfgang Curilla Der Judenmord in Polen und die Deutsche Ordnungspolizei 1939 1945 Ferdinand Schoningh Paderborn 2011 S 214f Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 37 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 156f Wolfgang Curilla Der Judenmord in Polen und die Deutsche Ordnungspolizei 1939 1945 S 213 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 166 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 155 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 165 https www sta dortmund nrw de aufgaben index php Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 157 dort S 425 genaue Aktenkennzeichen der Ermittlungsverfahren Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 157 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 165 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 158 163 Stefan Klemp Nicht ermittelt Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz S 165 Polizei Bataillone des Zweiten Weltkriegs Polizei Bataillone111 303 304 306 307 309 316 320 322 Reserve Polizei Bataillone3 11 61 64 101 105 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reserve Polizei Bataillon 64 amp oldid 239594496