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Ein Polariton ist in der Physik ein Quasiteilchen das bei starker Wechselwirkung Kopplung eines elektromagnetischen Feldes mit einem angeregten Zustand entsteht zum Beispiel einem Phonon oder Exziton in einem Festkorper der ein Dipolmoment besitzt Ein typisches Beispiel ist die Kopplung einer kollektiven mechanischen Gitter Schwingung Phonon mit Frequenzen im optischen Bereich und transversaler Polarisation eines Festkorpers an eine elektromagnetische Welle Photon Typischerweise bilden sich Polaritonen in ionischen Kristallen in Wechselwirkung mit Photonen Exzitonen sind Teilchen Loch Anregungen in Halbleitern oder Isolatoren die ebenfalls in Wechselwirkung mit Photonen Polaritonen bilden In Metallen bilden Oberflachenplasmonen mit Photonen ebenfalls Polaritonen was zu bedeutenden Anwendungen fuhrte da auf diese Weise Licht im Nanobereich manipuliert werden kann weit unterhalb von dessen Beugungsgrenze Fangt man Exzitonen in einer Falle Quantentopf und platziert sie in einem Mikroresonator fur die angekoppelten Photonen kann man ein koharentes Bose Einstein Kondensat der Polaritonen erzeugen Vereinfacht kann man sich Polaritonen als Licht vorstellen dem im Festkorper sonst nur von massiven Teilchen bekannte Eigenschaften Masse abstossende Wechselwirkung zugeordnet werden Zum Beispiel kann man sie einem konstanten Kraftfeld aussetzen in der sie eine einer Wurfparabel ahnliche Bewegung zeigen Slow Reflection 1 Die Polaritonen sollten nicht mit den Polaronen verwechselt werden Bei Letzteren hat man es mit fermionischen Quasiteilchen zu tun z B mit einem Elektron plus mitgeschleppter Polarisationswolke wahrend die Polaritonen bosonische Quasiteilchen darstellen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Polaritonen in einem Festkorper 2 1 Das Phonon Polariton 2 2 Das Exziton Polariton 3 Bose Einstein Kondensate von Polaritonen und Polariton Laser 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie ersten theoretischen Uberlegungen stammen von Kirill Borissowitsch Tolpygo der 1950 einen gebundenen Zustand von optischen Phononen und Photonen vorhersagte 2 Solomon Isaakowitsch Pekar nannte sie leichte Exzitonen es setzte sich aber der von John Hopfield eingefuhrte Name Polariton durch Unabhangig von Tolpygo fuhrte Huang Kun 1951 Polaritonen ein 3 4 Der Fall von Plasmonen betrifft nicht Ionenkristalle oder Halbleiter sondern zum Beispiel das Elektronengas in Metallen mit theoretischen und experimentellen Pionierarbeiten in den 1950er Jahren Uber Oberflachenplasmon Polaritonen Surface Plasmon Polariton SPP wurde erstmals 1968 von Andreas Otto berichtet 5 Polaritonen in einem Festkorper BearbeitenIn einem Festkorper entsteht ein Polariton bei der Wechselwirkung einer elementaren Anregung z B Phonon Exziton oder Plasmon mit Photonen Die zugrundeliegenden physikalischen Phanomene sind Absorption Reflexion bzw Dispersion elektromagnetischer Strahlung durch den Festkorper Im Fall starker Kopplung der Photonen im Festkorper an andere elementare Anregungen lasst sich der Effekt nicht mehr storungstheoretisch beschreiben Photon und die elementare Anregung bilden stattdessen ein neues Quasiteilchen das Polariton Starke Kopplung findet man falls sich die Dispersionskurven von Photon und Anregung schneiden das heisst falls Energie und Impuls der Wechselwirkungspartner praktisch ubereinstimmen Bezuglich der beteiligten Quasiteilchen unterscheidet man im Detail zwischen Phonon Polariton Exziton Polariton oder Plasmon Polaritonen Das Phonon Polariton Bearbeiten Das Phonon Polariton lasst sich in Kristallen mit ionischer Bindung z B NaCl finden Bildlich gesprochen ruft eine elektromagnetische Welle eine Polarisation P e 0 x E displaystyle vec P varepsilon 0 chi vec E nbsp und damit eine Gitterverzerrung hervor Umgekehrt wird eine transversal optische Gitterwelle von einer elektromagnetischen Gitterwelle begleitet Hierbei spielen zwei verschiedene Arten der Polarisation eine wichtige Rolle Die Ionenpolarisation beruht auf der Verschiebung der Gitterionen eines Ionenkristalls im elektrischen Feld Die elektronische Polarisation kann als Verschiebung der Elektronenwolke bezuglich der Kerne aufgefasst werden Beide konnen durch das Oszillatormodell beschrieben werden Betrachtet man also ein Ionenpaar so erhalt man fur jedes einzelne Ion die Differentialgleichung des gedampften harmonischen Oszillators auf den eine aussere Storung das elektrische Feld wirkt Fur die Dielektrizitatskonstante ergibt sich mit Hilfe der Lyddane Sachs Teller Relation folgende wichtige Beziehung e w e w 0 2 e s t e w 0 2 w 2 i g w displaystyle varepsilon omega varepsilon infty frac omega 0 2 cdot varepsilon mathrm st varepsilon infty omega 0 2 omega 2 i gamma omega nbsp Beschreibung der eingefuhrten Variablen w 0 displaystyle omega 0 nbsp Resonanzfrequenz des schwingungsfahigen Systems also des Ions e s t displaystyle varepsilon mathrm st nbsp Dielektrizitatskonstante des betrachteten Materials bei Frequenzen weit unterhalb der Resonanzfrequenz w 0 displaystyle omega 0 nbsp s t displaystyle mathrm st widehat nbsp static e displaystyle varepsilon infty nbsp Dielektrizitatskonstante des betrachteten Materials bei Frequenzen weit oberhalb der Resonanzfrequenz w 0 displaystyle omega 0 nbsp g displaystyle gamma nbsp Dampfungskonstante des harmonischen OszillatorsUnter der Annahme einer ebenen Welle erhalt man mit Hilfe der Maxwell Gleichungen die allgemeine Dispersionsrelation elektromagnetischer Wellen im Medium mit der Wellenzahl k w 2 c 2 k 2 e w displaystyle omega 2 frac c 2 k 2 varepsilon omega nbsp Setzt man in diese die hergeleitete Gleichung ein so erhalt man mit g 0 displaystyle gamma 0 nbsp die Dispersionsrelation der Polaritonen w 2 e w 0 2 e s t e w 0 2 w 2 c 2 k 2 displaystyle omega 2 cdot left varepsilon infty frac omega 0 2 cdot varepsilon mathrm st varepsilon infty omega 0 2 omega 2 right c 2 k 2 nbsp Das Exziton Polariton Bearbeiten nbsp Exziton Polariton Dispersion mit longitudinal upper polariton branch UPB und transversal lower polariton branch LPB Aufspaltung als auch die Dispersionsrelation fur Licht in Vakuum Notiz k displaystyle k nbsp entspricht q displaystyle q nbsp Das Exziton Polariton entsteht wie das Phonon Polariton aus der Wechselwirkung zwischen elektromagnetischen Wellen und Materie z B bei Anregung bei der Photolumineszenz Spektroskopie Elektromagnetische Strahlung erzeugt im Festkorper eine Polarisation siehe oben P e 0 x E displaystyle vec P varepsilon 0 chi vec E nbsp Das heisst dass die Materie teilweise polarisiert wird Elektromagnetische Wellen sind im Vakuum transversal polarisiert In Materie bildet sich allerdings auch eine longitudinale Polarisation aus Exzitonen senden bei der Rekombination elektromagnetische Strahlung aus Diese Strahlung wechselwirkt mit dem Festkorper bzw dessen Polarisation Dabei entsteht das Exziton Polariton Elektromagnetische Wellen als auch Exzitonen besitzen eine Dispersion Bei der Wechselwirkung dieser beiden Teilchen entsteht das Polariton welches mit der Exziton Polaritondispersion beschrieben wird siehe Bild Exziton Polariton Dispersion Longitudinale und transversale Polarisation bzw entsprechend das longitudinale und transversale Polariton spalten sich energetisch auf Im Bild ist der Verlauf der ungekoppelten Exzitondispersion gestrichelte Linien gezeigt allerdings schon in der longitudinalen und transversalen Aufspaltung wie sie als Anteil zur Exziton Polaritondispersion beitragt Die Dispersion von Photonen in Vakuum ungekoppelt ohne Wechselwirkung ist rot gezeichnet nbsp Polariton LT Aufspaltung zwischen longitudinaler und transversaler Mode gezeigt an fiktivem Messergebnis grun zwei Exziton Peaks mit konstantem Untergrund blau sich ergebende Messkurve auffallig ist die Verschiebung der Peakmaxima aufgrund der Uberlagerung was zeigt dass bei genauen Ergebnissen immer gefittet werden sollteMit der Wechselwirkung knickt das longitudinale Exziton Polariton w L displaystyle omega L nbsp vom Ursprung ausgehend k 0 displaystyle k 0 nbsp ab und nahert sich asymptotisch der ungekoppelten Dispersion der Photonen an UPB und dessen Verlauf in Blau Beim transversalen Zweig knickt das Exziton Polariton vom Verlauf der Photonen mit der Kopplung Wechselwirkung ab und nahert sich asymptotisch der Dispersion des transversalen Exzitons w T displaystyle omega T nbsp an LPB und dessen Verlauf in Blau Die Aufspaltung ist im Ursprung zwischen UPB und LPB als Differenz der gestrichelten Linien erkennbar welche einer Energie entspricht da E ℏ w displaystyle E hbar cdot omega nbsp Im Experiment ist dieser Unterschied erkennbar Exzitonen werden aus einem Elektron aus dem Leitungsband und einem Loch aus dem Valenzband gebildet wobei es drei Valenzbander gibt welche energetisch absteigend A B und C genannt werden Diese sind z B im Schemabild der Photolumineszenz Spektroskopie zu sehen Alle Exzitonen spalten LT auf Somit spaltet jedes Exziton auf Messen kann man diese Aufspaltung der Exzitonen in Photolumineszenzspektroskopie mit sehr guter Auflosung Dabei erscheinen alle strahlenden Ereignisse als Peaks wie auch die exzitonischen Ereignisse In der Messung sind dann jeweils zwei Peaks statt einem zu sehen wobei der Abstand auf der Energieskala dann der Aufspaltung entspricht siehe Bild Polariton LT Aufspaltung Die Aufspaltung kann z B in Zinkoxid ZnO kaum messbar ca 0 2 meV bei einem der A Valenzband Exziton Polaritonen oder messbar ca 10 meV bei einem der B Valenzband Exziton Polaritonen sein Bose Einstein Kondensate von Polaritonen und Polariton Laser BearbeitenAtac Imamoglu schlug 1996 mit Kollegen als Erster vor dass Polaritonen Bose Einstein Kondensate BEC bilden Das ermoglichte das Konzept des Polariton Lasers eines Lasers ohne Inversion Nachweise wurden durch H Deng und Kollegen 2002 6 und durch Benoit Devaud und Kollegen erbracht 7 Polariton BEC in einer Falle also unter kontrollierten Bedingungen gelang 2007 David W Snoke 8 und 2009 Jacqueline Bloch 9 2013 fand man Anzeichen fur Suprafluiditat in Polariton BEC 10 was auch bei Raumtemperatur beobachtet wurde 11 Typischerweise werden Exziton verwendet die in Quantentopfen gefangen sind und mit Licht in einem auf die Wellenlange des Lichts abgestimmten Mikroresonator im Mikrometerbereich wechselwirken Darin wird uber die starke Korrelation im Bose Einstein Kondensats Koharenz erzeugt was sich auch auf das Licht ubertragt Laser Wahrend bis dahin die Beobachtungen in Nichtgleichgewichtssystemen erfolgten wurden durch David W Snoke Keith Nelson und Mitarbeitern BEC im thermischen Gleichgewicht beobachtet 12 Ausserdem wurden die experimentellen Ergebnisse durch optisches Pumpen erbracht Anregung durch elektrische Injektion wurde aber 2013 nachgewiesen was technische Anwendungen in der Halbleitertechnik naher ruckte 13 14 Literatur BearbeitenCharles Kittel Einfuhrung in die Festkorperphysik Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2005 ISBN 3 486 57723 9 S 449 ff eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Gerd Czycholl Theoretische Festkorperphysik Springer 2007 ISBN 978 3 540 74789 5 S 340 ff eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Polariton BEC David Snoke Peter Littlewood Polariton condensates Physics Today Band 63 August 2010 S 42 H Deng H Haug Y Yamamoto Exciton polariton Bose Einstein condensation Reviews of Modern Physics Band 82 2010 S 1489 T Byrnes Na Young Kim Y Yamamoto Exciton polariton condensates Nature Physics Band 10 2014 S 803 Benoit Devaud Exciton Polariton Bose Einstein Condensates Annual Review of Condensed Matter Physics Band 6 2015 S 155 175 D Sanvitto S Kena Cohen The road towards polaritonic devices Nature Materials Band 15 2016 S 1061 D W Snoke J Keeling The new era of polariton condensates Physics Today 70 2017 Nr 10 S 54 Nick P Proukakis David W Snoke Peter B Littlewood Hrsg Universal themes of Bose Einstein condensation Cambridge UP 2017Weblinks BearbeitenVideo zur Erklarung eines Polaritons University of Sheffield youtube Being exceptional in higher dimensions auf nanowerk com vom 1 Juli 2020 Magnon Mikrowellen PolaritonenEinzelnachweise Bearbeiten Mark Steger Chitra Gautham David W Snoke Loren Pfeiffer Ken West Slow reflection and two photon generation of microcavity exciton polaritons Optica Band 2 2015 Nr 1 S 1 Tolpygo Zeitschrift fur Experimentelle und Theoretische Physik Band 20 Nr 6 1950 S 497 509 Nachdruck in Englisch Physical properties of a rock salt lattice made up of deformable ions In Ukrainian Journal of Physics 53 special edition 2008 S 497 509 Kun Lattice vibrations and optical waves in ionic crystals Nature Band 167 1951 S 779 780 Kun On the interaction between the radiation field and ionic crystals Proc Roy Soc London Band 208 1951 S 352 356 A Otto Excitation of nonradiative surface plasma waves in silver by the method of frustrated total reflection Zeitschrift fur Physik A Band 216 1968 S 398 410 H Deng u a Condensation of semiconductor microcavity exciton polaritons Science Band 298 2002 S 199 J Kasprzak B Devaud u a Bose Einstein condensation of exciton polaritons Nature Band 443 2006 S 409 R Balili V Hartwell D W Snoke L Pfeiffer K West Bose Einstein Condensation of Microcavity Polaritons in a Trap Science Band 316 2017 S 1007 1010 E Wertz J Bloch u a Spontaneous formation of a polariton condensate in a planar GaAs microcavity Applied Physics Letters Band 95 2009 S 051108 A Arno u a Superfluidity of polaritons in semiconductor microcavities Nature Physics Band 5 2009 S 805 Giovanni Lerario u a Room temperature superfluidity in a polariton condensate Nature Physics Band 13 2017 S 837 Arxiv Y N Sun u a Bose Einstein Condensation of long lifetime polaritons in thermal equilibrium Physical Review Letters Band 118 2017 S 016602 P Bhattacharya B Xiao A Das S Bhowmick J Heo Solid State Electrically Injected Exciton Polariton Laser Physical Review Letters Band 110 2013 S 206403 PMID 25167434 Christian Schneider Arash Rahimi Iman Na Young Kim Julian Fischer Ivan G Savenko Matthias Amthor Matthias Lermer Adriana Wolf Lukas Worschech Vladimir D Kulakovskii Ivan A Shelykh Martin Kamp Stephan Reitzenstein Alfred Forchel Yoshihisa Yamamoto Sven Hofling An electrically pumped polariton laser Nature Band 497 2013 S 348 352 PMID 23676752 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Polariton amp oldid 225574645