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Physikalische GrosseName Elektrische PolarisationFormelzeichen P displaystyle vec P Grossen undEinheitensystem Einheit DimensionSI C m 2 I L 2 TGauss esE cgs Fr cm 2 M1 2 L 1 2 T 1emE cgs abC cm 2 L 3 2 M1 2Elektrische Polarisation 1 oder kurz Polarisation P displaystyle P ist eine physikalische Grosse aus der Elektrodynamik die die Starke des elektrischen Dipolmoments in einem dielektrischen Material kennzeichnet Die Grosse P e 0 displaystyle P varepsilon 0 wird Elektrisierung genannt 1 2 Auch bei nichtleitenden Materialien erfolgt durch Anlegen eines ausseren elektrischen Feldes eine Verschiebung von elektrischen Ladungen uber kurze Distanzen in der Grossenordnung eines Atomabstandes Bei elektrischen Leitern kann diese Verschiebung uber erheblich langere Strecken erfolgen und wird Influenz genannt In beiden Fallen kann an den Oberflachen eine makroskopische Ladungsverteilung Polarisationsladungen oder gebundene Ladungen gemessen werden Inhaltsverzeichnis 1 Zusammenhang mit der elektrischen Feldstarke und Flussdichte 2 Mechanismen 2 1 Verschiebungspolarisation 2 2 Orientierungspolarisation 2 3 Ionenpolarisation 2 4 Piezoelektrizitat 2 5 Raumladungspolarisation Grenzflachenpolarisation 3 Quantitative Betrachtung 4 Raumladungsdichte und Oberflachenladungsdichte 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseZusammenhang mit der elektrischen Feldstarke und Flussdichte Bearbeiten Hauptartikel Materialgleichungen der Elektrodynamik Die Polarisation hangt mit der elektrischen Feldstarke E displaystyle E nbsp und der elektrischen Flussdichte D displaystyle D nbsp uber die Gleichung D e 0 E P displaystyle vec D varepsilon 0 vec E vec P nbsp zusammen Im Gaussschen Einheitensystem lautet die Gleichung D E 4 p P displaystyle vec D vec E 4 pi vec P nbsp Mechanismen Bearbeiten nbsp Beispielhafter Verlauf der komplexen relativen Permittivitat uber einen weiten Frequenz bereich Annahme Das Material enthalt bewegliche Dipolmolekule Der Realteil rot wurde fruher als relative Dielektrizitats konstante bezeichnet obwohl er stark frequenz abhangig ist Der Imaginarteil blau ist ein Mass fur den Energie verlust im Dielektrikum Die markanten Stellen bezeichnet man als Resonanzen in deren Umgebung Dispersion beobachtet wird Jegliche Materie ist aus geladenen Bausteinen hochst unterschiedlicher Masse aufgebaut In Nichtleitern sind diese Bausteine an ihre Umgebung gebunden konnen sich aber trotzdem verschiedenartig bewegen Mit Gleichspannung konnen Dipolmolekule dauerhaft orientiert werden Anwendung im Elektretmikrofon Bei sehr tiefen Frequenzen lt 103 Hz konnen gelegentlich Ionen den Platz tauschen und bleiben auch nach Abschalten des externen Feldes dort dielektrische Absorption Dabei wird Energie verbraucht weshalb e r displaystyle varepsilon r nbsp hohe Werte annimmt Wegen der hohen Masse der Ionen konnen diese schnellen Feldanderungen nicht folgen und der Effekt verschwindet oberhalb von 105 Hz Mit steigender Frequenz werden bei etwa 1010 Hz Dipolmolekule zum periodischen Umklappen angeregt sofern sie vorhanden sind und nicht durch ein Kristallgitter wie Eis festgehalten werden Dabei kommt es beispielsweise im Mikrowellenherd zwischen benachbarten Wassermolekulen zu enormen Reibungsverlusten Molekule ohne Dipolmoment konnen auf diese Weise nicht erwarmt werden und eignen sich deshalb als Isoliermaterial in Hochfrequenzkondensatoren In diesen Materialien kann auch keine Resonanz bei 1010 Hz gemessen werden Bei 1012 Hz schwingen die Ionen um ihre Ruhelagen im Molekul Weil dabei die Auslenkungen auf Bruchteile eines Atomdurchmessers begrenzt sind ist die maximal mogliche Polarisation e r displaystyle varepsilon r nbsp recht klein Der kurvenformige Verlauf ist ein charakteristisches Zeichen fur Resonanz und die begleitende Phasenverschiebung Resonanz ist ausnahmslos mit Absorption verbunden In der Umgebung des sichtbaren Lichtes bei 1015 Hz beobachtet man Resonanzen der Elektronen im elektrischen Feld des Atomkerns Das fuhrt zur Richtungsanderung von Lichtwellen in Glas Brechungsindex und zu Farbfiltern Im UV Gebiet bei Frequenzen uber 1016 Hz beobachtet man keine elektrischen Polarisationseffekte mehr Verschiebungspolarisation Bearbeiten nbsp Der Atomkern positiver Ladungs schwerpunkt wird durch ein externes Feld links neben den negativen Ladungs schwerpunkt Elektronenhulle gezogen Hauptartikel Verschiebungspolarisation Elektronenpolarisation Bei unpolaren Molekulen wird die Elektronenwolke die den Atomkern umgibt durch das angelegte externe elektrische Feld gegen den Atomrumpf verschoben Im Inneren des Korpers entsteht so eine makroskopische inhomogene Ladungsverteilung Sobald das externe Feld verschwindet sind die Orte der Ladungsschwerpunkte wieder identisch Handelt es sich um ein elektrisches Wechselfeld siehe Mikrowellenherd entsteht durch das Hin und Herschwingen des Kerns keine Warmeenergie Orientierungspolarisation Bearbeiten nbsp Dipolmoment eines H2O Molekuls rot negative Teilladungblau positive Teilladunggrun gerichteter Dipol Hauptartikel Orientierungspolarisation In einigen Molekulsorten wie Wasser sind die Schwerpunkte der positiven bzw negativen elektrischen Ladungen deutlich voneinander getrennt Man spricht dann von Dipolmolekulen bzw permanenten Dipolen deren Richtungen im Grundzustand statistisch verteilt sind Eine technisch bedeutsame Ausnahme sind die Elektrete die permanent ausgerichtete elektrische Dipole enthalten Durch die Einwirkung eines externen elektrischen Feldes werden diese Dipole immer besser gleichgerichtet je starker dieses Feld ist Diese Polarisierungsart erfolgt wegen der grossen zu bewegenden Massen langsam ferner ist sie temperaturabhangig Eine Temperaturerhohung stort die gleiche Ausrichtung immer mehr Bei zunehmender Frequenz des elektrischen Feldes verschwindet diese Polarisation als Erstes Dagegen ist die Verschiebungspolarisation nur schwach von der Temperatur abhangig Ionenpolarisation Bearbeiten Hauptartikel Ionenpolarisation Durch das elektrostatische Feld werden die positiven und negativen Ionen eines vorher neutralen Molekuls innerhalb des Ionengitters gegeneinander verschoben so dass ein Dipol entsteht Beispiele sind anorganische Isolierstoffe oder Kondensatorkeramik Piezoelektrizitat Bearbeiten Hauptartikel Piezoelektrizitat In manchen Dielektrika kann man durch mechanische Belastung elektrische Polarisation erzeugen Anwendungen sind Piezofeuerzeug Kraftsensoren und weil der Effekt umkehrbar ist Quarzoszillatoren Raumladungspolarisation Grenzflachenpolarisation Bearbeiten Hierbei geht man davon aus dass in einem Dielektrikum freie Ladungstrager positive negative Ionen Elektronen vorhanden sind Ohne ausseres Feld heben sich die einzelnen Ladungen auf und das Dielektrikum wirkt nach aussen elektrisch neutral Nach Anlegen des ausseren Feldes bewegen sich Ladungstrager zur Elektrode entgegengesetzter Polaritat Es bildet sich ein makroskopischer Dipol Quergrenzflachen konnen diese Wanderung behindern Die Ladungstrennung innerhalb einer Schicht hat aber nach aussen die gleiche Wirkung Beispiel Ol Papier Isolation Einschlusse im DielektrikumQuantitative Betrachtung BearbeitenDie Polarisation bezeichnet das Vektorfeld das aus einem permanenten oder induzierten Dipolmoment in einem dielektrischen Material resultiert Dabei ist der Polarisationsvektor P displaystyle vec P nbsp definiert als das Dipolmoment pro Volumen Die Abhangigkeit der Polarisation P displaystyle vec P nbsp vom elektrischen Feld E displaystyle vec E nbsp ist im Allgemeinen nichtlinear und anisotrop P i e 0 j x i j 1 E j j k x i j k 2 E j E k j k ℓ x i j k ℓ 3 E j E k E ℓ displaystyle P i varepsilon 0 sum j chi ij 1 E j sum jk chi ijk 2 E j E k sum jk ell chi ijk ell 3 E j E k E ell cdots nbsp Die x i displaystyle chi i nbsp sind Tensoren i 1 displaystyle i 1 nbsp ter Stufe e 0 displaystyle varepsilon 0 nbsp ist die Vakuum Dielektrizitatskonstante x 1 displaystyle chi 1 nbsp beschreibt die lineare Suszeptibilitat x 2 displaystyle chi 2 nbsp ist fur den Pockels Effekt und x 3 displaystyle chi 3 nbsp fur den Kerr Effekt verantwortlich In einem homogenen linearen isotropen dielektrischen Medium ist die Polarisation parallel und proportional zum elektrischen Feld E displaystyle vec E nbsp P e 0 x E displaystyle vec P varepsilon 0 chi vec E nbsp wobei x displaystyle chi nbsp die elektrische Suszeptibilitat des Mediums ist d h x i j 1 x d i j displaystyle chi ij 1 chi delta ij nbsp und x i 0 displaystyle chi i 0 nbsp fur i 2 displaystyle i geq 2 nbsp Wenn die Polarisation P displaystyle vec P nbsp nicht proportional zum elektrischen Feld E displaystyle vec E nbsp ist dann wird das Medium nichtlinear genannt siehe auch nichtlineare Optik Wenn die Richtung von P displaystyle vec P nbsp nicht parallel zu der von E displaystyle vec E nbsp ist wie das in vielen Kristallen der Fall ist ist das Medium anisotrop siehe auch Kristalloptik Die oben genannten Polarisationsarten summieren sich zu einer Gesamtpolarisation bzw Gesamtsuszeptibilitat auf x x Elektron x Ion x Orientierung displaystyle chi chi text Elektron chi text Ion chi text Orientierung nbsp Die einzelnen Suszeptibilitaten sind frequenzabhangig Fur niedrige Frequenzen tragen alle Teile bei Bei hoheren Frequenzen verschwindet zuerst die Orientierungspolarisation die Molekule konnen mit dem schnell wechselnden E Feld nicht mehr mitrotieren etwa ab Mikrowellenbereich dann die ionische Polarisation die Ionen konnen wegen ihrer Tragheit dem Feld nicht mehr folgen etwa ab Infrarot Bereich und schliesslich die elektronische Polarisation etwa ab UV Bereich sodass die Gesamtsuszeptibilitat im Hochstfrequenzbereich auf null absinkt Raumladungsdichte und Oberflachenladungsdichte BearbeitenIst die Polarisation uberall gleich stark gleichen sich die makroskopischen Dipole aus und das Material ist elektrisch neutral Verandert sich die Polarisation mit dem Ort ist dies nicht mehr der Fall und man erhalt eine Ladungsdichte r P displaystyle rho mathrm P nbsp r P P displaystyle rho mathrm P vec nabla cdot vec P nbsp Dabei bezeichnet displaystyle vec nabla nbsp den Nabla Operator An Grenzflachen gibt es keine benachbarten Dipole die die Ladung ausgleichen Man erhalt deshalb eine Oberflachenladungsdichte s P displaystyle sigma mathrm P nbsp s P n P displaystyle sigma mathrm P vec n cdot vec P nbsp mit dem Normalenvektor n displaystyle vec n nbsp der Grenzflache Siehe auch BearbeitenMagnetisierung Materialgleichungen der ElektrodynamikLiteratur BearbeitenDieter Meschede Hrsg Gerthsen Physik 23 Auflage Springer Berlin 2006 ISBN 978 3 540 25421 8 6 2 Dielektrika S 311 316 Gunther Ludwig Einfuhrung in die Grundlagen der theoretischen Physik Band 2 Bertelsmann Universitatsverlag Dusseldorf 1973 ISBN 3 571 09182 5 Kap VIII Elektrodynamik 1 10 11 Dielektrika im elektrostatischen Feld und 5 1 Polarisierbare und magnetisierbare Stoffe im zeitlich veranderlichen Feld S 84 117 bzw 197 201 J D Jackson Classical Electrodynamics John Wiley amp Sons 1975 ISBN 0 471 43132 X 4 Multipoles Electrostatic of Macroscopic Media Dielectrics S 136 162 englisch Weblinks BearbeitenFeynman Vorlesungen uber Physik Band 2 Kapitel 10 Dielectrics und Kapitel 11 Inside Dielectrics englisch Einzelnachweise Bearbeiten a b DIN 1324 Elektromagnetisches Feld Teil 1 Zustandsgrossen DIN Taschenbuch Einheiten und Begriffe fur physikalische Grossen Beuth Berlin 1990 International Electrotechnical Commission IEC International Electrotechnical Vocabulary ref 121 11 39 electrization Bezeichnung in verschiedenen Sprachen u a deutsch abgerufen am 31 Mai 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Elektrische Polarisation amp oldid 234942629