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Paul Albrecht Pseudonym Karl Keiderling 7 Februar 1902 in Erfurt 22 Mai 1985 in Halle Saale war ein deutscher Politiker KPD SED und Gewerkschafter FAUD DMV RGO EVMB FDGB Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Weimarer Republik und Zeit des Nationalsozialismus 1 2 Sowjetische Besatzungszone und Deutsche Demokratische Republik 1945 bis 1985 2 Schriften 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenWeimarer Republik und Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten Paul Albrecht wurde als Sohn eines Arbeiters und einer Wascherin geboren Er besuchte die Volksschule in Erfurt Anschliessend erlernte er den Beruf des Werkzeugschlossers Nach der Beendigung seiner Lehre 1919 trat Albrecht dem DMV und der Unabhangige Sozialdemokratische Partei Deutschlands USPD bei In den folgenden Jahren arbeitete er in Betrieben in Erfurt und Berlin Seit 1920 engagierte sich Albrecht in der proletarischen insbesondere anarcho syndikalistischen Jugendbewegung 1 1920 beteiligte er sich am Kampf gegen den Kapp Putsch In der Weimarer Republik stand Albrecht zunachst den Ideen des Anarchismus und des Anarchosyndikalismus nahe Zeitweise gehorte Albrecht einem Berliner Anarchisten Kreis an in dem unter anderem auch Erich Muhsam und Herbert Wehner verkehrten und in dem er seine spatere Ehefrau Liesel Albrecht 1903 1990 kennenlernte 1921 trat er in die Freie Arbeiter Union Deutschlands FAUD ein und aus dem DMV aus Unter dem Pseudonym Karl Keiderling veroffentlichte er in der Zeitschrift Junge Anarchisten Obwohl Albrecht zu dieser Zeit feurig von der freien Liebe und dem Tod der Ehe predigte heiratete er Liesel als diese schwanger wurde Von Kritikern und Freunden wurde er daraufhin spottisch Sittenpaul genannt 2 Zwar wurde die Ehe spater wieder geschieden beide blieben einander jedoch freundschaftlich verbunden 2 Dies ist etwa in dem Umstand dokumentiert dass Liesel Albrecht die nach der Scheidung den Namen ihres Ex Mannes beibehielt wahrend der Nazizeit verbotene Flugschriften und Bucher fur ihn in ihrer Wohnung aufbewahrte In der Gewerkschaft wurde Albrecht bald Funktionar Von 1925 bis 1930 war er in den Norddeutschen Kabelwerken in Berlin Neukolln als Betriebsrat tatig Zeitweise war er Vorsitzender der Arbeitervertretung 3 1927 trat Albrecht aus der FAUD aus zwei Jahre spater in die KPD ein Entscheidenden Einfluss darauf dass Albrecht vom Anarcho Syndikalisten zum Kommunisten wurde hatte Walter Ulbricht auf dessen Initiative hin Albrecht als gewahlter Vertreter der 4 Arbeiterdelegiertenkonferenz in die Sowjetunion nach Moskau reiste 4 Nach dem grossen Metallarbeiterstreik im Spatherbst 1930 wurde er gemassregelt woraufhin er in Berlin Organisationsleiter der RGO wurde Ende 1932 loste Albrecht den bisherigen RGO Bezirksleiter Erich Gentsch ab und bekleidete dessen Funktion bis Anfang 1933 5 Im November des Jahres 1932 wurde Albrecht als Abgeordneter der KPD fur den Wahlkreis 2 Berlin in den Reichstag gewahlt Bereits einen Monat spater im Dezember 1932 schied Albrecht aus dem Reichs Parlament aus um ins preussische Landesparlament den Preussischen Landtag zu wechseln Albrechts Mandat fur den Reichstag wurde danach von seinem Parteigenossen Karl Elgas fortgefuhrt Im Marz 1933 errang er erneut ein Mandat im Preussischen Landtag fur die KPD konnte dies jedoch angesichts der Verfolgung durch die Nationalsozialisten nicht mehr antreten Zum Zeitpunkt der Wahl befand sich Albrecht bereits in Haft In der Nacht des Reichstagsbrandes vom 27 auf den 28 Februar 1933 wurde Albrecht in Schutzhaft genommen und in einem Lager in Berlin Spandau interniert ehe er am 1 Juni 1933 ins KZ Sonnenburg verschleppt und ein halbes Jahr lang festgehalten wurde 6 Danach kam er vorerst frei wurde aber fortan und fur den Rest der NS Zeit unter standige Polizeiaufsicht gestellt Arbeit fand er in einer Berliner Firma als Werkzeugmacher 1937 verhaftete ihn die Gestapo erneut misshandelte ihn schwer und hielt ihn einen Monat lang im KZ Sachsenhausen gefangen In seinem Buch Falschung und Instrumentalisierung antifaschistischer Biographien geht Frank Hirschinger davon aus dass Albrecht damals dem Kommunismus abschwor und zum Opportunisten wurde Unbestritten ist dass Albrecht 1938 im Rahmen eines Sorgerechtsstreits mit Liesel Albrecht einen Brief an das Amtsgericht Berlin schrieb in dem es heisst Jawohl ich habe vor 1933 eine andere politische Einstellung gehabt Als der Fuhrer aber den fruheren Gegnern die Hand zur Versohnung anbot habe ich mich ihm dankbar und ehrlich uberzeugt angeschlossen Ausserdem beschuldigte er seine Ex Frau der Rassenschande Dass Albrecht den Brief nach einer langen Verhorung und in der Angst vor einer erneuten Inhaftierung im KZ schrieb bleibt bei Hirschinger jedoch unerwahnt 7 Als Albrechts Wohnung 1943 durch einen Luftangriff zerstort worden war ging seine neue Frau zu Verwandten nach Genthin Im Februar 1945 floh auch Albrecht aus Berlin und zog seiner Frau nach In Genthin wurde er von Anwohnern bis zum Einmarsch der Roten Armee am 6 Mai 1945 versteckt Sowjetische Besatzungszone und Deutsche Demokratische Republik 1945 bis 1985 Bearbeiten Nach dem Krieg am 20 Mai 1945 wurde Albrecht vom Kreiskommandanten der Roten Armee im Landkreis Jerichow II Oberstleutnant Chernow zum Burgermeister der Stadt Genthin ernannt Einige Wochen spater am 19 August wurde er mit dem Amt des Landrates des Kreises Jerichow II der 88 Dorfer und die beiden Stadte Jerichow und Genthin umfasste betraut Albrecht der im Februar 1945 illegal aus Berlin nach Genthin gekommen war gelang es dabei zuerst den von den Sowjets eingesetzten Burgermeister Muller spater den Landrat Kinne bei den Besatzern derart zu diskreditieren dass beide abgelost wurden Zunachst wurde Albrecht Burgermeister und der Kommunist Dr Meyer Landrat Albrecht beklagte dass Meyer seinen Aufgaben nicht gewachsen war So wurde Paul Albrecht selbst Landrat und war gegenuber den Russen fur die Durchfuhrung der Bodenreform verantwortlich Sein Nachfolger als Burgermeister von Genthin wurde Gustav Dittmann sein Stellvertreter als Landrat zunachst Kurt Hempel und dann August Langnickel In Landkreis Jerichow II leitete Albrecht 1945 die Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung der einheimischen Bevolkerung und der zahlreichen mit dem Kriegsende dort gestrandeten Fluchtlinge In den folgenden Jahren koordinierte er ausserdem die Durchfuhrung der sozialistischen Bodenreform im Kreis Auf Albrechts Initiative hin entstand im Landkreis eine Jugendbrigade die die Umsetzung der Bodenreform unterstutzte Unter seiner Fuhrung wurden in Jerichow II 45 820 ha Land enteignet und unter 7 123 Familien aufgeteilt unter diesen auch 3 391 Neubauern Ferner liess Albrecht landwirtschaftliche Maschinen und Gerate beschlagnahmen und umverteilen Im Gegensatz zu diesen Requirierungsmassnahmen wirkte Albrecht zu dieser Zeit auch auf die Erhaltung bestehender Strukturen hin Im Juli 1945 gelang es ihm etwa die vollstandige Demontage des Henkelwerkes durch die Sowjetische Militaradministration in Deutschland erfolgreich zu verhindern Uber Albrechts Vorgehen fallte Genthins Stadtarchivar John Kreutzmann 2006 das folgende sarkastische Urteil Landrat Albrecht war mehr als fleissig Er habe sogar veranlasst dass eine Gutsbesitzerin die sich weigerte ihr Haus zu verlassen in ihrem Bett abtransportiert wurde Albrecht erreichte bei der sowjetischen Besatzungsmacht zudem dass der Gutsbesitzer von Jerchel enteignet wurde fur den der Prasident der Provinz Sachsen Dr Hubener eine Ausnahme erreichen wollte Er betrieb rucksichtslos den Abriss von Gutshausern und Schlossern auch wenn der Landeskonservator fur sie als kulturhistorisch wertvoll kampfte Selbst beim Herrenhaus in Milow entschied Albrecht den Abbruch obwohl die Gemeinde es als Schule nutzen wollte Bis 1949 verschwanden im Kreis Jerichow II auf diese Weise 16 Bauten Wahrend Albrecht Gutsbesitzer verjagte und ihre Gebaude als Steinbruche freigab beschreiben Zeitzeugen wie er selbst eine Herrenmentalitat entwickelte Demnach liess sich Albrecht in einer Zeit strengster Lebensmittelrationierung jede Woche von der Molkerei Kleinwusterwitz ein Kilogramm Butter fur privat kommen Auch erzahlt man sich in Genthin bis heute dass Albrecht eine Gruft auf dem Genthiner Friedhof raumen liess um dort seine Tochter zu bestatten Diese Erzahlungen halten jedoch einer tieferen Prufung nicht stand 8 1949 stieg Albrecht zum Ministerialdirektor im Innenministerium des Landes Sachsen Anhalt in Halle Saale auf In einer Kurzbiografie von John Kreutzmann uber Albrecht heisst es Einige Jahre spater ubernahm er eine Tatigkeit im Bezirksvorstand des FDGB in Halle wobei die Grunde fur sein Ausscheiden aus der Landesregierung dunkel blieben Viele seiner spateren Schilderungen sind mit Widerspruchen behaftet und halten einer tieferen Prufung nicht stand Fakt ist dass die Sowjetische Kontrollkommission SSK 1951 zur Einschatzung gelangte dass Paul Albrecht ein schlimmer Verbrecher gewesen sei der Antifaschisten an die Gestapo ausgeliefert habe Dabei hatte Albrecht zwar seine Frau und weitere Kommunisten in Gefahr gebracht Beweise fur deren Verhaftungen existieren aber nicht Jedenfalls wurde Albrecht 1951 aus der SED ausgeschlossen und aus dem Innenministerium entlassen Vordergrundig kundigte er jedoch zum 31 August wegen seiner Erkrankung an Tuberkulose 8 Albrecht ubte im Folgenden Selbstkritik und bemuhte sich um seine politische Rehabilitierung indem er fur die Zersetzung meines proletarischen Klassenbewusstseins den kleinburgerlichen Anarchismus verantwortlich machte 9 1957 wurde er schliesslich wieder in die SED aufgenommen Zu seinem 80 Geburtstag 1982 erhielt Albrecht die Ehrenspange zum Vaterlandischen Verdienstorden in Gold weil er so die Begrundung in den Jahren von 1924 bis 1945 eine unermudliche politische Arbeit unter den werktatigen Massen geleistet und die Ziele der KPD vertreten habe In den letzten Jahren seines Lebens litt Albrecht an einem schweren Herzleiden und war fast vollstandig erblindet Wahrend Frank Hirschinger und John Kreuzmann Albrecht als Opportunisten und Machtpolitiker beschreiben begreift der Sozialwissenschaftler Christoph Gollasch Albrechts vielfaltiges Leben und politisches Engagement als sinnbildhaft fur Albrechts Generation und als Produkt des linksradikalen Proletariats im Berlin der Weimarer Republik Schriften BearbeitenGeschlechtsnot der Jugend 1926 Freiheit der Liebe o J ca 1926 Biographie und Eigenbericht Ms 1982 Privatdruck vorhanden im Kreismuseum Genthin Auf dem Wege zur revolutionaren Arbeitereinheit 1984 Literatur BearbeitenHermann Weber Andreas Herbst Deutsche Kommunisten Biographisches Handbuch 1918 bis 1945 2 uberarbeitete und stark erweiterte Auflage Dietz Berlin 2008 ISBN 978 3 320 02130 6 Online Christoph Gollasch Paul Albrecht In Siegfried Mielke Stefan Heinz Hrsg unter Mitarbeit von Julia Pietsch Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen Biografisches Handbuch Band 4 Gewerkschafter im Nationalsozialismus Verfolgung Widerstand Emigration Band 6 Metropol Berlin 2013 ISBN 978 3 86331 148 3 Frank Hirschinger Falschung und Instrumentalisierung antifaschistischer Biographien 2006 John Kreutzmann Genthin 2004 Weblinks BearbeitenPaul Albrecht in der Datenbank der ReichstagsabgeordnetenEinzelnachweise Bearbeiten Vgl Christoph Gollasch Paul Albrecht in Mielke et al Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen Berlin 2013 S 69 f a b Die taz Berliner Ausgabe 4 April 1991 S 28 Vgl Christoph Gollasch Paul Albrecht in Mielke et al Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen Berlin 2013 S 71 Vgl Christoph Gollasch Paul Albrecht in Mielke et al Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen Berlin 2013 S 74 f Vgl Stefan Heinz Moskaus Soldner Der Einheitsverband der Metallarbeiter Berlins Entwicklung und Scheitern einer kommunistischen Gewerkschaft Hamburg 2010 S 150 233 453 Vgl Christoph Gollasch Paul Albrecht in Mielke et al Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen Berlin 2013 S 80 Vgl Christoph Gollasch Paul Albrecht in Mielke et al Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen Berlin 2013 S 82 a b Vgl Christoph Gollasch Paul Albrecht in Mielke et al Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen Berlin 2013 S 83 Vgl Christoph Gollasch Paul Albrecht in Mielke et al Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen Berlin 2013 S 86Normdaten Person GND 130303461 lobid OGND AKS VIAF 25708022 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Albrecht PaulALTERNATIVNAMEN Keiderling Karl Pseudonym KURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker KPD MdR MdLGEBURTSDATUM 7 Februar 1902GEBURTSORT ErfurtSTERBEDATUM 22 Mai 1985STERBEORT Halle Saale Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Paul Albrecht Politiker 1902 amp oldid 235323842