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Das Pariser Tageblatt war die wichtigste deutschsprachige Tageszeitung in Frankreich in ihrer Zeit Sie erschien von 1933 bis 1936 Nachfolgerin war die Pariser Tageszeitung Inhaltsverzeichnis 1 Grundung 2 Gestaltung 3 Finanzierung 4 Mitarbeiter 5 Die Affare Poliakoff 5 1 Zerwurfnis 5 2 Grundung der Pariser Tageszeitung 5 3 Folgen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGrundung BearbeitenAm 12 Dezember 1933 erschien die erste Ausgabe des Pariser Tageblatts 1 Sie wurde von Journalisten herausgegeben die vorher fur liberale und linksgerichtete Zeitungen in Deutschland geschrieben hatten und nach der nationalsozialistischen Machtergreifung Anfang 1933 nach Paris emigriert waren Der Herausgeber Vladimir Poliakoff Wladimir Poljakow war ein judischer Geschaftsmann der aus Russland nach Paris gekommen war und vor allem Anzeigenabteilungen von verschiedenen Zeitungen vermarktete Er hatte das finanzielle Vermogen und die Bereitschaft dieses Exilorgan zu unterhalten Ziel war es ein Organ der deutschsprachigen Exilanten in Frankreich zu schaffen das deutlich seine kritische Haltung zum nationalsozialistischen Regime in Deutschland formulierte Es wollte eine Tribune fur freiheitliche Ideale schaffen 2 Sie war aber eine liberale Zeitung die ihren Lesern auch die Besonderheiten des neuen Heimatlandes Frankreich und alltagliche Nachrichten vermitteln wollte 3 Das Pariser Tageblatt wurde schnell zur wichtigsten deutschsprachigen Tageszeitung in Frankreich die andere bestehende Blatter wie die Neue Pariser Zeitung verdrangte Sie wurde auch in anderen Landern gelesen und entwickelte sich bald zum wichtigsten Sprachrohr kritischer deutschsprachiger Autoren im Ausland Die deutsche Botschaft in Budapest konnte Ende 1935 ein Verbot der Zeitung in Ungarn erwirken 4 Gestaltung BearbeitenDas Pariser Tageblatt Zeitung erschien fast taglich im Umfang von vier Seiten ab Januar 1934 sonntags mit einer zweiseitigen Beilage Sie hatte einen festen Aufbau Die erste Seite enthielt politische Kommentare Leitartikel Berichte aus Deutschland Auf der zweiten Seite gab es eine Rubrik mit Pressestimmen des Auslands die dritte Seite hatte Aktuelles aus Paris Auf der vierten Seite war u a der Fortsetzungsroman und der Veranstaltungskalender Heute in Paris Extra Rubriken wechselten an den Wochentagen wie der freitagliche Filmuberblick samstags die Sportvorschau montags Musikkritiken und der Blick ins Reich Die Sonntagsbeilage enthielt die Kolumnen Theater und Film von Alfred Kerr Kunst Reise und literarische Beitrage 5 Fortsetzungsromane waren w u a Klaus Mann Flucht in den Norden und Mephisto Roman Balder Olden Roman eines Nazi Joseph Roth Tarabas Ein Gast auf dieser Erde Georges Simenon Der Mann aus London Paul Westheim Heil KadlatzEin besonderes Ereignis war 1935 die Entfuhrung des kritischen Journalisten Berthold Jacob durch Nazi Agenten nach Deutschland der auch fur das Pariser Tageblatt geschrieben hatte Berichtet wurde auch uber die Saarabstimmung deren Ergebnis von den Emigranten mit Sorge gesehen wurde Uber den Beginn der Volksfrontverhandlungen in Frankreich wurde dagegen nur sparlich berichtet Finanzierung BearbeitenDie Zeitung finanzierte sich uber den Anzeigenteil der bis zu eineinhalb Druckseiten beanspruchte und wurde per Post in verschiedene europaische Lander vertrieben Die Zeitung warb um Abonnements sie kostete am Kiosk 50 Centimes und hatte eine Auflage von 14 000 Exemplaren 6 Davon waren ca 1100 Abonnements und Freiexemplare fur Werbezwecke Der einzige gut bezahlte Journalist war der Chefredakteur Georg Bernhard Die anderen Mitarbeiter waren schlecht oder unterbezahlt Trotzdem arbeiteten sie mit da sie sonst arbeitslos und ohne jedes Einkommen gewesen waren Mitarbeiter BearbeitenChefredakteur war Georg Bernhard der bis 1930 die Vossische Zeitung geleitet hatte Stellvertreter war Kurt Caro ehemaliger Chefredakteur der Berliner Volks Zeitung Auch die anderen Mitarbeiter waren grosstenteils prominente Berliner Journalisten Zu den festen Mitarbeitern gehorten Salomon Grumbach der seinen Leser Informationen uber die politischen Verhaltnisse in Frankreich lieferte Weiter feste Mitarbeiter waren u a Paul Westheim und der Korrespondent in Prag Kurt Grossmann Zu den auslandischen Mitarbeitern zahlten Upton Sinclair und Wickham Steed Zu den Autoren gehorten unter anderem Hellmut von Gerlach Oskar Maria Graf Heinrich Mann Alfred Kerr und der ehemalige Nationalsozialist Otto Strasser sowie Henri Barbusse und der tschechoslowakische Aussenminister Edvard Benes Weitere Autoren waren Paul Bekker Robert Breuer Richard Dyck Manfred George Anna Geyer Erich Gottgetreu Ferdinand Hardekopf Gertrud Isolani Berthold Jacob Harry Kahn Lili Korber Rudolf Leonhard Heinrich Mann Paul Marcus Carl Misch Rudolf Olden Alexander Roda Roda Joseph Roth Joseph Wechsberg Alfred Wolfenstein und Georg Wronkow 7 Der Herausgeber war Vladimir Poliakoff Sein Teilhaber und Mitfinanzier war zunachst Isaak Grodzenski der polnische Herausgeber der Pariser jiddischen Zeitung Pariser Haynt mit dem er sich aber spater wegen dessen finanziellen unsauberen Praktiken trennte 8 Die Affare Poliakoff BearbeitenZerwurfnis Bearbeiten Es gab von Anfang an Reibungen zwischen dem Herausgeber Vladimir Poliakoff und der Redaktion Die Redaktion wollte beispielsweise die Zeitung starker an das Projekt der von den Kommunisten initiierten Volksfront der deutschen Hitlergegner anbinden Poliakoff der seit seinem Exil aus Sowjetrussland Gegner kommunistischer Bestrebungen war wollte eher den Antisemitismus der Nazis in der Vordergrund stellen 9 Es gab auch finanzielle Probleme durch die Veruntreuung von Geldern durch den ehemaligen Mitteilhaber Grodzinski Vladimir Poliakoff konnte zeitweise seine Mitarbeiter nicht punktlich ausbezahlen was fur diese als prekare Exilanten eine existenzielle Bedrohung darstellte 10 Im Juni 1936 teilte er dem Chefredakteur Georg Bernhard per Telegramm dessen Entlassung mit 11 Dieser war gerade zu einer Schiffsreise in die USA aufgebrochen und hatte zuvor daruber keine Kenntnis erhalten Daraufhin kam es zur Rebellion des grossten Teils der Redaktion und der Verlagsmitarbeiter In der Ausgabe vom 11 Juni 1936 beschuldigten sie Poliakoff er habe Gesprache im deutschen Aussenministerium uber eine Zusammenarbeit mit der Zeitung gefuhrt er habe die Zeitung an die Nazis verkaufen wollen Vladimir Poljakoff versuchte in der nachsten Ausgabe seine Sichtweise darzustellen Aber die Redakteure verhinderten die Verbreitung dieser Nummer Der neu ernannte Chefredakteur Richard Lewinsohn wurde uberfallen und krankenhausreif geschlagen Die Redaktionsraume wurden zerstort die neue Ausgabe grosstenteils in die Seine gekippt und die Abonnentenkartei gestohlen Grundung der Pariser Tageszeitung Bearbeiten Der Chefredakteur Georg Bernhard grundete mit den meisten weiteren Mitarbeitern die neue Pariser Tageszeitung Die erste Ausgabe erschien am 12 Juni 1936 Vladimir Poliakoff gab mit seinem neuen Chefredakteur Richard Lewinsohn und mit Heinz Pol noch zwei Ausgaben des Pariser Tageblatts vom 13 und 14 Juni heraus und musste danach das Erscheinen wegen mangelnder Nachfrage einstellen Viele Emigranten und Intellektuelle glaubten den Beschuldigungen gegen Vladimir Poliakoff In den darauffolgenden Gerichtsverfahren die dieser zu seiner Ehrenrettung eingeleitet hatte konnte ihm keine Kollaboration mit den deutschen nationalsozialistischen Vertretern nachgewiesen werden Iwan Heilbut konnte sogar verschworerische Telegramme der rebellierenden Redakteure vorzeigen die er durch Mittelsmanner erhalten hatte Ein zionistisches Ehrengericht unter der Leitung von Wladimir Jabotinsky ein von Emigranten eingesetzter Untersuchungsausschuss und ein franzosisches Gericht kamen in der Folgezeit zu dem Ergebnis dass die Beschuldigungen haltlos seien Die Zweifel blieben aber Vladimir Poliakoff starb zwei Jahre spater auch an den psychischen Belastungen dieser Affare Folgen Bearbeiten Die Affare riss Graben des Misstrauens unter den Emigranten auf Lion Feuchtwanger verarbeitete sie 1939 in seinem Roman Exil von 1939 betonte aber in dessen Vorwort dass der Verleger meiner Pariser Nachrichten nicht das leiseste zu tun hat mit dem verstorbenen russischen Emigranten Poliakov dem Inhaber des Pariser Tageblatts der verdachtigt wurde mit den Nationalsozialisten paktiert zu haben wie sich spater durch gerichtliche Verfahren herausstellt hat zu Unrecht 12 um die verhangnisvollen Streitereien unter den Emigranten nicht zu schuren 13 Victor Basch war einer der wenigen die ihre vorschnelle Parteinahme gegen Vladimir Poliakoff offentlich eingestanden und zuruckzogen 8 Die Verurteilung des Chefredakteurs Georg Bernhard im Juni 1937 durch ein franzosisches Strafgericht fuhrte dazu dass dieser sich daraufhin von der Pariser Tageszeitung zuruckziehen musste Die Tageblatt Affare bewirkte Spaltungen in kulturellen Organisationen des Exils Eine Gruppe einflussreicher Publizisten um Leopold Schwarzschild mit seiner Exilzeitschrift Das Neue Tage Buch und u a Konrad Heiden zogen sich aus dem gemeinsamen Volksfrontprojekt zuruck Einflussreiche Autoren wie Alfred Doblin Konrad Heiden und andere verliessen den kommunistisch dominierten Schutzverband deutscher Schriftsteller Sie traten stattdessen 1937 dem neuen von Schwarzschild und Hans Sahl gegrundeten Bund Freie Presse und Literatur bei Die Pariser Tageszeitung bestand als Organ der kritischen Exildeutschen weiter und stellte ihr Erscheinen nach der deutschen Besetzung Frankreichs 1940 ein Literatur BearbeitenMonografien uber das Pariser TageblattHelene Roussel Lutz Winckler Hrsg Rechts und links der Seine Pariser Tageblatt und Pariser Tageszeitung 1933 1940 Niemeyer Tubingen 2002 ISBN 3 484 35089 X grundlegende und detaillierte Darstellung der GeschichteArtikel und Erwahnungen in anderen WerkenMartin Mauthner German Writers in French Exile 1933 1940 Vallentine Mitchell London 2007 ISBN 978 0 85303 540 4 Michaela Enderle Ristori Markt und intellektuelles Kraftefeld Literaturkritik im Feuilleton von Pariser Tageblatt und Pariser Tageszeitung 1933 1940 Tubingen Niemeyer 1997 ISBN 3 484 35057 1 Zugl Tubingen Univ Diss 1994 PDF 14 Willi Jasper Die Affare Poliakov Das Scheitern der liberalen Publizistik In Menora Jahrbuch fur deutsch judische Geschichte 7 1996 S 117 132 Helene Roussel Lutz Winckler Hrsg Deutsche Exilpresse und Frankreich 1933 1940 Lang Bern 1992 ISBN 3 261 04491 8 Liselotte Maas Handbuch der deutschen Exilpresse 1933 1945 Band 4 Die Zeitungen des deutschen Exils in Europa in Einzeldarstellungen Hrsg Eberhard Lammert Munchen 1990 ISBN 3 446 13260 0 S 155 180 Angela Huss Michel Literarische und politische Zeitschriften des Exils 1933 1945 Metzler Stuttgart 1987 ISBN 3 476 10238 6 S 82 85 Walter F Peterson The Berlin Liberal Press in Exile A History of the Pariser Tageblatt Pariser Tageszeitung 1933 1940 Niemeyer Tubingen 1987 ISBN 3 484 35018 0 Liselotte Maas Kurfurstendamm auf den Champs Elysees Der Verlust von Realitat und Moral beim Versuch einer Tageszeitung im Exil In Exilforschung Ein internationales Jahrbuch Band 3 Munchen 1985 S 106 126 Hanno Hardt Elke Hilscher Winfried B Lerg Hrsg Presse im Exil Beitrage zur Kommunikationsgeschichte des deutschen Exils 1933 1945 Saur Munchen 1979 S 129 135 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Pariser Tageblatt Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Pariser Tageblatt Exilpresse digital Pariser Tageblatt DNB Digitalisate aller Ausgaben jeweils unter dem konkreten Datum z B 12 12 1933 Exil 1981 Verfilmung von Egon Gunther in der Internet Movie Database englisch Einzelnachweise Bearbeiten Pariser Tageblatt vom 12 Dezember 1933 Digitalisat Georg Bernhard Einleitung in Pariser Tageblatt Nr 1 vom 12 Dezember 1933 S 1 Digitalisat Sie war kein Kampfblatt wie der kommunistische Gegen Angriff oder die Deutsche Volkszeitung 1936 1939 sondern entsprach eher dem Typ einer eher leichtgewichtigen Boulevardzeitung so Liselotte Maas 1985 nach Willi Jasper Die Affare Poliakov Das Scheitern der liberalen Publizistik In Menora Jahrbuch fur deutsch judische Geschichte 7 1996 S 118 Rene Geoffroy Ungarn als Zufluchtsort und Wirkungsstatte deutschsprachiger Emigranten 1933 1938 39 Frankfurt am Main Lang 2001 S 261 Angela Huss Michel Literarische und politische Zeitschriften des Exils 1933 1945 Metzler Stuttgart 1987 S 83 Hanno Hardt Elke Hilscher Winfried B Lerg Hrsg Presse im Exil Beitrage zur Kommunikationsgeschichte des deutschen Exils 1933 1945 Saur Munchen 1979 S 129 Liselotte Maas Handbuch der deutschen Exilpresse 1933 1945 Band 4 Die Zeitungen des deutschen Exils in Europa in Einzeldarstellungen Hrsg Eberhard Lammert Munchen 1990 ISBN 3 446 13260 0 S 155 a b Leon Poliakov Die Affare Pariser Tageblatt In Helene Roussel Hrsg Deutsche Exilpresse und Frankreich 1933 1940 S 105 115 Helene Roussel Das deutsche Exil in den dreissiger Jahren und die Frage des Zugangs zu den Medien In Helene Roussel Lutz Winckler Hrsg Rechts und links der Seine Pariser Tageblatt und Pariser Tageszeitung 1933 1940 Niemeyer Tubingen 2002 ISBN 3 484 35089 X S 22 Helene Roussel Lutz Winckler Hrsg Rechts und links der Seine 2002 Vgl Leitartikel in Pariser Tageblatt vom 11 14 Juni 1936 und Pariser Tageszeitung vom 12 Juni 1936ff uber die verschiedenen Sichtweisen der Ereignisse Lion Feuchtwanger Vorwort zu Exil Roman Querido Verlag Amsterdam 1940 Gisela Luttig Nachwort in Lion Feuchtwanger Exil Unter dem Titel Zu diesem Band S 773 Rezension pdf 1 MB Normdaten Werk GND 4192413 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pariser Tageblatt amp oldid 238668031