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Ferdinand Hardekopf 15 Dezember 1876 in Varel 26 Marz 1954 in Zurich Pseudonyme Carsten F Jesper Stefan Wronski Jason Bach Hardy Ravien Siurlai 1 war ein deutscher Journalist Schriftsteller Lyriker und Ubersetzer Ferdinand Hardekopf Portrat von John Hoxter aus Schall und Rauch Heft Sept 1920 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Ubersetzungen Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben Bearbeiten nbsp Geburtshaus Ferdinand Hardekopfs in Varel rechts Hardekopf besuchte zunachst die Vorschule und anschliessend die Realschule in Varel Vorlaufer des heutigen Lothar Meyer Gymnasiums Mit zehn Jahren wechselte der hochbegabte Sohn eines Textilkaufmanns zum Oldenburger Grossherzoglichen Gymnasium Einer seiner Lehrer in diesen Jahren war der aus Sachsen stammende Ernst Ahnert 1859 1944 der spater zu einem fuhrenden Vertreter der Stenografiebewegung in Deutschland wurde Bei Ahnert lernte das stenografische Wunderkind 2 die ihm schon bald als Einkommensquelle dienende Kurzschrift nach dem Gabelsbergerschen System in hochster Perfektion Nach dem Abitur an der humanistischen Thomasschule zu Leipzig 3 studierte Hardekopf von 1895 bis 1900 Germanistik Romanistik und Philosophie an den Universitaten Leipzig und Berlin Zu seinen akademischen Lehrern an der Berliner Friedrich Wilhelms Universitat zahlten u a der Philosoph und Soziologe Georg Simmel sowie der Literaturwissenschaftler Erich Schmidt Nach dem Studium blieb er in Berlin wo er zunachst Literatur und Theaterkritiken fur verschiedene Zeitungen und Zeitschriften schrieb u a fur Die Schaubuhne den Vorlaufer der Weltbuhne sowie fur die Munchner Neueste Nachrichten Er avancierte schnell zu einem gefragten Kritiker zunachst vor allem als Variete und Theaterrezensent in dem Wochenblatt Die Schaubuhne Von 1906 bis 1912 veroffentlichte Hardekopf rund 50 Beitrage in der Zeitschrift Ab 1911 publizierte er im Sprachrohr des Expressionismus der Wochenzeitschrift Die Aktion Schon seit seinem Studium war Hardekopf als Stenograf tatig u a in den Landtagen in Dresden und Weimar sowie in der Leipziger Stadtverordnetenversammlung Von 1904 bis 1916 hatte er eine Stelle als Parlamentsstenograf im Deutschen Reichstag inne Der Brotberuf sicherte ihm ein einigermassen geregeltes Einkommen womit er auch mehrere Reisen finanzieren konnte So unternahm er 1910 eine Frankreichreise zusammen mit seiner damaligen Lebensgefahrtin Emmy Hennings Im Jahr 1916 ging Hardekopf da er Pazifist war ins Exil in die Schweiz Hier stand er der kurz zuvor von Hugo Ball und anderen gegrundeten Bewegung des Dadaismus nahe ohne sich ihr fest anzuschliessen 4 Anfang der 1920er Jahre kehrte er wieder nach Deutschland zuruck Da er im Berlin der Zwanziger Jahre nicht Fuss fassen konnte wanderte er 1922 endgultig aus und ging nach Paris Hier ubersetzte er die Werke bedeutender zeitgenossischer franzosischer Schriftsteller unter anderem von Andre Gide und Jean Cocteau aber auch Romane und Erzahlungen franzosischer Klassiker Zudem verfasste er Beitrage fur franzosische Zeitungen in den 1930er Jahren vor allem fur das Pariser Tageblatt ab 1936 Pariser Tageszeitung das wichtigste Organ deutschsprachiger Exilanten in Frankreich Daneben publizierte Hardekopf auch in verschiedenen Schweizer Zeitungen und in der in Amsterdam von Klaus Mann herausgegebenen Zeitschrift Die Sammlung Er lebte zusammen mit seiner spateren Frau der Schauspielerin Sita Staub geb Levien einer Nichte von Ilse Frapan in Paris und an der Riviera Nach der deutschen Besetzung Frankreichs wurde er interniert und kam nur dank des Einsatzes von Andre Gide wieder frei Er ging daraufhin mit seiner Lebensgefahrtin in den unbesetzten Suden Frankreichs 1946 ubersiedelte er in die Schweiz wo er muhevoll von Ubersetzungsauftragen fur den schweizerischen Verband der Buchergilde Gutenberg lebte Er starb 1954 in Zurich im Burgholzli der psychiatrischen Klinik des dortigen Universitatsspitals Nach der Kremation wurden seine sterblichen Uberreste in einer Urnenwand auf dem Friedhof Zurich Sihlfeld beigesetzt 5 Eine Hardekopf Gedenkstatte befindet sich auf dem Friedhof des Dorfes Carabietta am Luganer See dem Wohnort der befreundeten Schauspielerin Olly Jacques in deren Haus der Dichter und Sita Staub haufig zu Gast waren Hardekopfs literarisches Werk im engeren Sinne ist nicht sehr umfangreich Es beinhaltet vorrangig Lyrik und kleine Prosawerke die hauptsachlich in den 1910er und 1920er Jahren entstanden und ihn als einen der Vorreiter des deutschen Expressionismus in der Literatur auszeichnen Der Bibliothekar und Literaturwissenschaftler Paul Raabe sah in ihm den heimlichen Konig des Expressionismus 6 Dass Hardekopf zu den Lyrikern gehort die in der bedeutenden und bis in die Gegenwart stark rezipierten Expressionismus Anthologie Menschheitsdammerung 1919 von Kurt Pinthus nicht vertreten sind ist sicher ein Grund fur seinen geringen Bekanntheitsgrad Wie andere literarische Zeitgenossen experimentierte auch Hardekopf mit bewusstseinserweiternden Drogen Spuren dieser Erfahrungen zeigen sich in einigen seiner Gedichte Bei der Festnahme Hardekopfs und der Verbringung in ein Internierungslager gingen im Jahr 1940 wertvolle Manuskripte verloren worunter sich auch das Exemplar seines Hauptwerkes Die Dekadenz der deutschen Sprache befand Ca 50 Ubersetzungen Hardekopfs aus dem Franzosischen erschienen in Buchform und als Ubersetzer hat er sich einen grossen Namen gemacht Thomas Mann sagte daruber Hardekopf ist glaube ich unser bester Ubersetzer aus dem Franzosischen 7 Nachdem Hardekopf nach seinem Tod lange Zeit fast vollig in Vergessenheit geraten war finden sein Leben und sein literarisches Schaffen heute starkere Beachtung Angeregt wurde das neue Interesse z B durch Lesungen u a des Schriftstellers und Rezitators Oskar Ansull und Veranstaltungen wie das mehrtagige Kleine Hardekopf Festival in Hardekopfs Geburtsstadt Varel 8 sowie eine Reihe von neuen Veroffentlichungen zu seiner Biografie und seiner Bedeutung als Ubersetzer franzosischer Literatur Grosse Resonanz auf den Kulturseiten der uberregionalen Presse fand die Herausgabe einer Sammlung von Feuilletons des jungen Hardekopf Briefe aus Berlin 9 In dem 2017 von ARTE und dem NDR produzierten Dokudrama Der Reichstag Geschichte eines deutschen Hauses Regie Christoph Weinert spielt der durch einen Schauspieler dargestellte Stenograf Ferdinand Hardekopf als kritischer Beobachter der Parlamentsdebatten wahrend des Ersten Weltkrieges eine Hauptrolle 10 Ein umfangreicher Teilnachlass Hardekopfs darunter zahlreiche Briefe wird im Deutschen Literaturarchiv Marbach aufbewahrt 11 Weitere Teilnachlasse befinden sich u a im Schweizerischen Literaturarchiv Bern im STURM Archiv der Staatsbibliothek Berlin in der Kantonsbibliothek Aarau im Deutschen Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt am Main und in der Bibliotheque litteraire Jacques Doucet Paris Werke Bearbeiten nbsp Ferdinand Hardekopf Der Abend 1913 im Kurt Wolff Verlag Leipzig erschienen Gesammelte Dichtungen Hrsg und biographische Einleitung von Emmy Moor Wittenbach Verlag Die Arche Zurich 1963 Berlin 1907 1909 Theaterkritiken aus der Schaubuhne Herausgegeben von Arne Drews Revonnah Verlag Hannover 1997 ISBN 3 927715 46 8 Wir Gespenster Dichtungen Hrsg und Nachwort von Wilfried F Schoeller Arche Zurich Hamburg 2004 ISBN 3 7160 2329 9 enthalt Der Abend Ein Dialog 1913 Lesestucke 1916 Privatgedichte 1921 Ferdinand Hardekopf Briefe aus Berlin Feuilletons 1899 1902 Nimbus Kunst und Bucher ISBN 978 3 03850 015 5 Ubersetzungen Auswahl BearbeitenHonore de Balzac Glanz und Elend der Kurtisanen Buchergilde Gutenberg 1950 Colette La Vagabonde Buchergilde Gutenberg 1955 Alexandre Dumas Die Kameliendame Buchergilde Gutenberg Frankfurt am Main 1978 Anatole France Crainquebille Buchergilde Gutenberg Zurich 1947 Andre Gide Stirb und werde Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1930 Andre Gide Die Falschmunzer Rowohlt Reinbek 1957 Andre Gide Die Verliese des Vatikan Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1930 Buchergilde Gutenberg 1965 Andre Gide Selbstzeugnis Autobiographische Schriften Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1969 Jean Giono Ernte Deutsche Hausbucherei Hamburg 1961 Jean Giono Einsamkeit des Mitleids Erzahlungen S Fischer Verlag Berlin 1934 Madame de La Fayette Die Prinzessin von Cleves Zurich Manesse 1957 Andre Malraux Der Konigsweg Rowohlt Reinbek 1954 Andre Malraux Conditio humana Abendlandische Verlagsanstalt 1949 Guy de Maupassant Die schonsten Novellen Buchergilde Gutenberg Zurich 1955 Prosper Merimee Meisternovellen Nachwort von Theophil Spoerri Manesse Zurich 1985 Gerard de Nerval Sylvia Erinnerungen aus dem Valois Buchergilde Gutenberg Zurich 1953 Charles Ferdinand Ramuz Tagebuch 1896 1942 Ubertragung von Elisabeth Ihle u Ferdinand Hardekopf Steinberg Zurich 1950 Emile Zola Germinal Buchergilde Gutenberg 1955 Emile Zola Das Vermachtnis Wolff Munchen 1925 Literatur BearbeitenDirk Dasenbrock Doctor Schein und Doctor Sinn Ferdinand Hardekopf in Klaus Seehafer Hrsg Dichter Denker Eigenbrotler Leda 2003 Thomas Kling Das sind Gedichte In Die Zeit Nr 28 1 Juli 2004 online Ludwig Krieger Zum Tode von Ferdinand Hardekopf In Neue Stenographische Praxis 2 2 1954 S 67 69 Gerhard Leistner Ludwig Meidner Bildnis des Dichters Ferdinand Hardekopf 1915 Museum Ostdeutsche Galerie Foyer Ausstellung 4 Regensburg 1997 Paul Raabe Hardekopf Ferdinand Wilhelm Emil In Neue Deutsche Biographie NDB Band 7 Duncker amp Humblot Berlin 1966 ISBN 3 428 00188 5 S 647 Digitalisat Christina Randig Ferdinand Hardekopf als Ubersetzer In Sinn und Form 70 Jahr 2018 6 Heft November Dezember S 850 852 Friedhelm Rathjen Aus dem Urschlamm Zwei Funkessays uber Ferdinand Hardekopf und Rolf Dieter Brinkmann Sudwesthorn 2021 ISBN 978 3 947261 24 6 Werner Riegel Ferdinand Hardekopf oder die leichtmetallene Latinitat In Zwischen den Kriegen 1953 Helene Roussel Ferdinand Hardekopfs Standort zwischen Frankreich und Deutschland in Helene Roussel und Lutz Winckler Hrsg Rechts und links der Seine Pariser Tageblatt und Pariser Tageszeitung 1933 1940 Tubingen 2002 S 159 182 Hans Sauer Der heimliche Konig des Expressionismus ist ein Vareler Vor 60 Jahren starb der Schriftsteller Ferdinand Hardekopf In kulturland oldenburg Ausgabe 2 2014 Nr 160 S 26 29 Hans Sauer Stenografiegeschichtliche Streiflichter aus Friesland und Berlin Erinnerung an den Dichter und Reichstagsstenografen Ferdinand Hardekopf und seinen Lehrer Ernst Ahnert In Neue Stenografische Praxis 63 3 2015 65 81 Hans Sauer Ferdinand Hardekopf Schriftsteller und Stenograf In Oldenburger Jahrbuch Band 116 2016 S 111 128 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Ferdinand Hardekopf im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von Ferdinand Hardekopf im Project Gutenberg Kommentierte Linksammlung Memento vom 6 Marz 2016 im Webarchiv archive today der Universitatsbibliothek der Freien Universitat Berlin Sommernachtstraum Gedicht Abgedruckt in Paul Portner Dada vor Dada In Du Nr 20 1960 S 59 http www litlog de garderobe zum verlieben Ausfuhrlicher Artikel uber Hardekopf im Online Feuilleton der Universitat Gottingen https www arte tv de videos 051048 000 A der reichstag Der Reichstag Geschichte eines deutschen Hauses Dokudrama 2017 mit David Schutter in der Rolle des Reichstagsstenografen Ferdinand Hardekopf Produktion C Films ARTE Buch und Regie Christoph WeinertEinzelnachweise Bearbeiten Bernhard Echte Von Satzen und Pseudonymen In Du Nr 3 1994 S 11 online Richard Helmrich Regierungsrat a D Prof Ernst Ahnert in Nachrichten aus Heckners Verlag Wolfenbuttel 1927 S 14 Richard Sachse Karl Ramshorn Reinhart Herz Die Lehrer der Thomasschule zu Leipzig 1832 1912 Die Abiturienten der Thomasschule zu Leipzig 1845 1912 B G Teubner Verlag Leipzig 1912 S 90 Richard W Sheppard Ferdinand Hardekopf und Dada in Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 20 Jg 1976 Stuttgart 1976 S 132 161 Mitteilung des Bevolkerungsamtes Zurich vom 21 November 2013 Paul Raabe Expressionismus Aufzeichnungen und Erinnerungen der Zeitgenossen Oldenburg und Freiburg i Br 1965 S 346 Thomas Mann Si le grain ne meurt in Die Literatur Heft 3 1929 Stuttgart 1929 S 134 Olaf Ulbrich 1 Veroffentlicht in Nordwest Zeitung Der Gemeinnutzige Ausgabe vom 18 April 2016 Vgl dazu z B die folgenden Rezensionen Rolf Hurzeler Schlechte Sitten im Zeitungsgewerbe Der deutsche Journalist und Literat Ferdinand Hardekopf beklagte vor mehr als hundert Jahren die Verluderung der Presse Seine Beobachtungen scheinen immer noch aktuell in Neue Zurcher Zeitung Ausgabe vom 18 Dezember 2015 Lothar Muller Die meisten haben einen Knacks weg Von 1899 bis 1902 berichtete Ferdinand Hardekopf den Lesern derEisenacher Tagespostuber Theater Boheme Verkehr und Bars in Berlin seine Feuilletons sind eine wunderbare Entdeckung in Suddeutsche Zeitung Ausgabe vom 15 Januar 2016 Oliver Pfohlmann Ging Goethe ins Cafe Grossenwahn Eine literarische Entdeckung aus dem Deutschen Reich des Fin de Siecle in Frankfurter Allgemeine Zeitung Ausgabe vom 6 April 2016 Olaf Ulbrich Hardekopf spielt Hauptrolle in TV Doku Veroffentlicht in Nordwest Zeitung Der Gemeinnutzige Ausgabe vom 21 Dezember 2017 Ferdinand Hardekopf In Deutsches Literaturarchiv Marbach Online Katalog Deutsches Literaturarchiv Marbach abgerufen am 17 Januar 2022 Normdaten Person GND 119455587 lobid OGND AKS LCCN n89615439 VIAF 76444389 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hardekopf FerdinandALTERNATIVNAMEN Jesper Carsten F Pseudonym Wronski Stefan Pseudonym Bach Jason Pseudonym Hardy Pseudonym Siurlai Ravien Pseudonym KURZBESCHREIBUNG deutscher Journalist Schriftsteller Lyriker und UbersetzerGEBURTSDATUM 15 Dezember 1876GEBURTSORT VarelSTERBEDATUM 26 Marz 1954STERBEORT Zurich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ferdinand Hardekopf amp oldid 238824245