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Origenes altgriechisch Ὠrigenhs Ōrigenes wohl spatestens 268 war ein antiker Philosoph Platoniker in der Zeit des Ubergangs vom Mittelplatonismus zum Neuplatonismus Er ist nicht zu verwechseln mit dem christlichen Schriftsteller Origenes dessen Zeitgenosse er war Inhaltsverzeichnis 1 Identitat 2 Leben 3 Werke und Lehre 4 Rezeption 5 Quellensammlungen 6 Literatur 7 AnmerkungenIdentitat BearbeitenZusammen mit Plotin dem Begrunder des Neuplatonismus gehorte Origenes in Alexandria der Philosophenschule des einflussreichen Platonikers Ammonios Sakkas an Fruher wurde er oft mit dem beruhmten christlichen Schriftsteller Origenes gleichgesetzt der zeitweilig ebenfalls in Alexandria lebte Daher galt der Christ Origenes als Mitglied des engsten Schulerkreises des Ammonios Sakkas und als Studienkollege Plotins Nach heutigem Forschungsstand kann aber als sicher gelten dass Origenes der Schuler des Ammonios Sakkas kein Christ war Seine Identifizierung mit dem christlichen Autor war ein auf der Namens und Wohnsitzgleichheit beruhender Irrtum Nur noch vereinzelt wird die Identitatshypothese vertreten 1 Daher wird er heute zur Unterscheidung auch Origenes der Heide Origenes der Platoniker oder Origenes der Neuplatoniker genannt Moglicherweise kam es schon in der Antike zur Verwechslung der beiden Gelehrten ausserdem ist vorstellbar dass der Christ Origenes zeitweilig Lehrveranstaltungen des Ammonios Sakkas besuchte 2 Leben BearbeitenUber das Leben des Origenes ist sehr wenig bekannt Anhaltspunkte fur die Datierung ergeben sich daraus dass Plotin in den dreissiger Jahren des 3 Jahrhunderts in Alexandria bei Ammonios studierte als auch Origenes dessen Schule angehorte und dass der beruhmte Platoniker Longinos der spater in Athen unterrichtete schon vor 232 langere Zeit am Unterricht des Ammonios und des Origenes teilnahm 3 Somit war Origenes als Plotin 232 seine Ausbildung in der Schule des Ammonios begann dort bereits seit Jahren als Lehrer tatig Plotins Schuler Porphyrios berichtet in seiner Lebensbeschreibung seines Lehrers dass drei Schuler des Ammonios Plotin Herennios und Origenes eine verbindliche Absprache trafen von dem was sie in den Vortragen ihres Lehrers gehort hatten nichts zu veroffentlichen Diese nach dem Tod des Ammonios geschlossene Vereinbarung wurde aber gebrochen erst von Herennios dann auch von Origenes Daher hielt sich spater auch Plotin nicht mehr daran Der beruhmte Geheimhaltungspakt ist in der Forschung intensiv diskutiert worden wobei unterschiedliche Vermutungen uber den Gegenstand und den Zweck der Vereinbarung geaussert wurden 4 Nachdem Plotin in Rom eine Schule gegrundet hatte wollte Origenes der sich zeitweilig dort aufhielt einen seiner Vortrage besuchen Darauf brach Plotin beschamt den Unterricht ab und sagte er fuhle sich gehemmt da ihm klar sei dass sein Zuhorer das Wissen das er vermitteln konne bereits besitze 5 Einer Bemerkung des Porphyrios ist zu entnehmen dass Origenes noch unter Kaiser Gallienus also nach 253 als Autor tatig war Uber sein weiteres Schicksal liegen keine Angaben vor Aus einer Formulierung in einer spatestens 268 verfassten Schrift des Longinos scheint hervorzugehen dass Origenes zur Abfassungszeit nicht mehr am Leben war 6 Werke und Lehre BearbeitenDie Werke des Origenes sind verloren Daher ist von seiner Lehre wenig bekannt und deren Verhaltnis zur Philosophie des Ammonios Sakkas schwer zu bestimmen Wie Ammonios nahm er hinsichtlich des Verhaltnisses zwischen platonischer und aristotelischer Philosophie eine harmonisierende Position ein 7 Auch sonst neigte er offenbar zu einer ausgleichenden Haltung so versuchte er Homer den er sehr schatzte obwohl Platon ihn scharf kritisiert hatte zu rechtfertigen und die homerische Dichtung als ethisch wertvoll zu erweisen Bei dieser Bemuhung mit der er Platons klarem Wortlaut widersprach geriet er drei Tage lang heftig ins Schwitzen wie Porphyrios spottisch und vielleicht ubertreibend behauptet 8 Porphyrios berichtet Origenes habe nur zwei Schriften verfasst Uber die Daimonen und Dass nur der Konig Schopfer ist hoti monos poietḗs ho basileus 9 Longinos erwahnt Uber die Daimonen ebenfalls und nennt Origenes unter denjenigen Philosophen die sich auf die mundliche Lehre konzentrierten und wenig schrieben 10 Die Frage was sich hinter dem merkwurdigen Titel der Schrift uber das Schopfertum des Konigs verbirgt wird in der Forschung intensiv diskutiert Mit dem Konig ist offenbar der Demiurg Weltschopfer gemeint und Origenes verteidigt die These dieser Schopfer sei als Weltherrscher mit der hochsten Gottheit und zugleich mit dem Nous identisch Damit wendet er sich gegen Numenios und Plotin die eine ontologische Abstufung annehmen und dem Demiurgen eine untergeordnete Stellung zuweisen 11 Da poietḗs neben Schopfer auch Dichter bedeuten kann und basileus sowohl einen Konig als auch einen Kaiser bezeichnet ist eine alternative Deutung moglich der zufolge der Titel sich auf die poetische Aktivitat des Kaisers Gallienus bezieht und als Schmeichelei zu verstehen ist Auch eine beabsichtigte Doppeldeutigkeit ist in Betracht gezogen worden 12 Allerdings ist die auf den Kaiser als Dichter bezogene Interpretation weitaus weniger plausibel als die metaphysische 13 Jedenfalls ist davon auszugehen dass Origenes sich fur die Kosmogonie Weltentstehung interessierte denn er befasste sich mit der Auslegung von Platons kosmologischem Dialog Timaios Dies geht aus dem Timaios Kommentar des spatantiken Neuplatonikers Proklos hervor der eine Reihe von Ausserungen des Origenes zum Prolog des Dialogs wiedergibt Dabei schopft Proklos aus einer alteren verlorenen Timaios Kommentierung deren Angaben vermutlich auf einer Nachschrift eines Schulers aus dem Unterricht des Origenes basierten Origenes meint es gebe Daimonen von unterschiedlicher ethischer Qualitat die miteinander im Konflikt lagen Die schlechteren seien zwar in der Uberzahl die besseren aber machtiger Den in Platons Timaios geschilderten mythischen Krieg zwischen Atlantis und Ur Athen fasst er allegorisch als Kampf zwischen Streitmachten feindlicher Daimonenparteien auf 14 Die Ontologie des Origenes unterscheidet sich stark von derjenigen Plotins da er weder ein uberseiendes vollkommen transzendentes Eines annimmt noch eine neuplatonische Hypostasenlehre vertritt Vielmehr setzt er das Eine mit dem Seienden gleich Damit wirkt seine Philosophie mehr mittel als neuplatonisch 15 Origenes gehort zu der Stromung im Platonismus welche der Rhetorik misstraut und den Einsatz sprachlicher Kunstmittel zur gezielten Beeinflussung des Lesers missbilligt Er raumt zwar den literarischen Gestaltungswillen Platons ein doch bestreitet er dass Platon rhetorische Technik eingesetzt hat weil er beim Publikum Wohlgefallen hervorrufen wollte Vielmehr handle es sich einfach um eine naturliche Uberzeugungskraft die keiner sprachlichen Ausschmuckungen bedurfe 16 Rezeption BearbeitenWie in Rom bei Plotin genoss Origenes auch in Athen in den Kreisen der zeitgenossischen Platoniker hochstes Ansehen ungeachtet aller Meinungsverschiedenheiten er und Ammonios waren dem Urteil des dortigen Schulleiters Longinos zufolge ihren Zeitgenossen an Einsicht betrachtlich voraus Die Nachwirkung seiner Schriften war jedoch gering Eunapios berichtet sie seien in unschonem Stil geschrieben gewesen und hatten daher kaum Beachtung gefunden In der ersten Halfte des 5 Jahrhunderts ruhmte der Neuplatoniker Hierokles das philosophische Format des Origenes 17 Proklos wunderte sich daruber dass Origenes die neuplatonische Lehre vom Einen verwarf obwohl er doch zusammen mit Plotin der Schule des Ammonios angehort hatte Zu Proklos Zeit kannte man die Originaltexte wohl nicht mehr sondern nur noch einzelne Zitate in neuplatonischer Literatur Proklos urteilte Origenes Ontologie sei weit von Platons Philosophie entfernt und voll von peripatetischer Neuerung Quellensammlungen BearbeitenHeinrich Dorrie Matthias Baltes Hrsg Der Platonismus in der Antike Frommann Holzboog Stuttgart Bad Cannstatt Band 3 Der Platonismus im 2 und 3 Jahrhundert nach Christus 1993 ISBN 3 7728 1155 8 S 10 f 54 f 92 f Quellentexte mit Ubersetzung 141 219 f 241 336 f Kommentar Band 7 1 Die philosophische Lehre des Platonismus 2008 ISBN 978 3 7728 1159 3 S 208 211 Quellentext mit Ubersetzung 580 586 Kommentar Literatur BearbeitenBalbina Babler Heinz Gunther Nesselrath Hrsg Origenes der Christ und Origenes der Platoniker Mohr Siebeck Tubingen 2018 ISBN 978 3 16 155855 9 Luc Brisson Richard Goulet Origene le Platonicien In Richard Goulet Hrsg Dictionnaire des philosophes antiques Band 4 CNRS Editions Paris 2005 ISBN 2 271 06386 8 S 804 807 Karl Otto Weber Origenes der Neuplatoniker Versuch einer Interpretation Beck Munchen 1962 Anmerkungen Bearbeiten Eine eingehende Untersuchung mit Forschungsubersicht bietet Richard Goulet Etudes sur les Vies de philosophes dans l Antiquite tardive Paris 2001 S 267 290 und 391 394 Siehe auch Gilles Dorival Origene d Alexandrie In Richard Goulet Hrsg Dictionnaire des philosophes antiques Bd 4 Paris 2005 S 807 842 hier 810 813 sowie Christoph Bruns War Origenes wie Plotin Schuler des Ammonios Sakkas Ein quellenkritischer Beitrag zu seiner Verortung im Bildungsmilieu Alexandriens In Jahrbuch fur Religionsphilosophie 7 2008 S 191 208 hier 192 196 Die letztere Moglichkeit erortern u a Christoph Bruns War Origenes wie Plotin Schuler des Ammonios Sakkas Ein quellenkritischer Beitrag zu seiner Verortung im Bildungsmilieu Alexandriens In Jahrbuch fur Religionsphilosophie 7 2008 S 191 208 hier 196 207 und Maria Di Pasquale Barbanti Origene di Alessandria e la scuola di Ammonio Sacca In Maria Barbanti u a Hrsg ENWSIS KAI FILIA Unione e amicizia Omaggio a Francesco Romano Catania 2002 S 355 373 Irmgard Mannlein Robert Longin Philologe und Philosoph Munchen 2001 S 26 Marie Odile Goulet Caze L arriere plan scolaire de la Vie de Plotin In Luc Brisson u a Hrsg Porphyre La Vie de Plotin Bd 1 Travaux preliminaires et index grec complet Paris 1982 S 229 327 hier 257 260 Denis O Brien Plotinus and the Secrets of Ammonius In Hermathena 157 1994 S 117 153 Porphyrios Vita Plotini 14 20 25 Heinrich Dorrie Matthias Baltes Der Platonismus in der Antike Bd 3 Stuttgart Bad Cannstatt 1993 S 140 f Richard Goulet Sur la datation d Origene le Platonicien In Luc Brisson u a Porphyre La Vie de Plotin Bd 2 Paris 1992 S 461 463 hier 462 Anderer Meinung ist Denis O Brien Plotinus and the Secrets of Ammonius In Hermathena 157 1994 S 117 153 hier 137 139 Karl Otto Weber Origenes der Neuplatoniker Versuch einer Interpretation Munchen 1962 S 29 Zur Deutung der im Timaios Kommentar des Proklos uberlieferten Darstellung des Porphyrios siehe Irmgard Mannlein Robert Longin Philologe und Philosoph Munchen 2001 S 453 458 Karl Otto Weber Origenes der Neuplatoniker Versuch einer Interpretation Munchen 1962 S 64 69 Porphyrios Vita Plotini 3 30 32 Zitiert bei Porphyrios Vita Plotini 20 36 47 Heinrich Dorrie Matthias Baltes Der Platonismus in der Antike Bd 3 Stuttgart Bad Cannstatt 1993 S 336 f und Bd 7 1 Stuttgart Bad Cannstatt 2008 S 581 ff Luc Brisson Richard Goulet Origene le Platonicien In Richard Goulet Hrsg Dictionnaire des philosophes antiques Bd 4 Paris 2005 S 804 807 hier 805 Denis O Brien Origene et Plotin sur le roi de l univers In Marie Odile Goulet Caze u a Hrsg Sophies maietores Chercheurs de sagesse Hommage a Jean Pepin Paris 1992 S 317 342 hier 317 321 Zu Origenes Daimonenlehre siehe Mark J Edwards Porphyry s Egyptian De Abstinentia II 47 In Hermes 123 1995 S 126 128 hier 127 f Karl Otto Weber Origenes der Neuplatoniker Versuch einer Interpretation Munchen 1962 S 117 122 Siehe dazu Henry D Saffrey Leendert G Westerink Hrsg Proclus Theologie platonicienne Bd 2 Paris 1974 S X XX Siehe dazu Irmgard Mannlein Robert Longin Philologe und Philosoph Munchen 2001 S 445 448 450 452 George E Karamanolis Plato and Aristotle in Agreement Oxford 2006 S 192 f Normdaten Person GND 119184389 lobid OGND AKS VIAF 18026056 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME OrigenesALTERNATIVNAMEN Origenes der Platoniker Origenes der Neuplatoniker Origenes der HeideKURZBESCHREIBUNG antiker griechischer PhilosophGEBURTSDATUM 2 Jahrhundert oder 3 JahrhundertSTERBEDATUM 3 Jahrhundert Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Origenes Platoniker amp oldid 231007848