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notae ecclesiae lateinisch fur Kennzeichen der Kirche ist ein Begriff der christlichen Ekklesiologie der im 16 Jahrhundert aufkam In den vorreformatorischen Kirchen bezeichnet er in der Regel die vier Wesensmerkmale der universalen Kirche Einheit Heiligkeit Katholizitat und Apostolizitat die als wesentliche Charaktereigenschaften der Kirche erstmals 381 auf dem ersten Konzil von Konstantinopel im Glaubensbekenntnis von Nicaa und Konstantinopel festgeschrieben wurden Im Gegensatz dazu definierten die Kirchen der Reformation Wort und Sakrament als Erkennungszeichen Die neuere okumenische Diskussion arbeitet daran den Gegensatz zu uberwinden Inhaltsverzeichnis 1 Die Wesensmerkmale in der Sicht der vorreformatorischen Kirchen 1 1 Allgemeines 1 2 Einheit 1 3 Heiligkeit 1 4 Katholizitat Universalitat 1 5 Apostolizitat 2 Die Kennzeichen der Kirche in der reformatorischen Tradition 3 Die notae ecclesiae in der okumenischen Diskussion 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseDie Wesensmerkmale in der Sicht der vorreformatorischen Kirchen BearbeitenAllgemeines Bearbeiten Bereits in der Zeit der Alten Kirche bildeten sich die grundlegenden Wesensattribute der Kirche heraus 1 Schon im Altromischen Glaubensbekenntnis ca 135 ist die Heiligkeit als Attribut der Kirche genannt im Bekenntnis von Nicaa 325 kommen Katholizitat und Apostolizitat hinzu In der 381 erweiterten Form dem Nicano Konstantinopolitanum treten erstmals die vier Attribute gemeinsam auf Wir glauben die eine heilige katholische und apostolische Kirche Glaubensbekenntnis von Nicaa und Konstantinopel Erstes Konzil von Konstantinopel 381 Im griechischen Text des Bekenntnisses steht das Verb pisteyomen pisteuomen im Plural wir glauben in der lateinischen Fassung dagegen im Singular credo ich glaube 2 Im christlichen Gottesdienst kommt wenn das nicano konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis gesprochen wird in der Regel die Plural Fassung zur Geltung Wir glauben an den einen Gott Gotteslob Nr 586 2 Evangelisches Gottesdienstbuch 2 Aufl 2001 S 105 Im deutschen Sprachraum ist allerdings das Apostolische Glaubensbekenntnis gelaufiger in dem die Singular Form verwendet wird und nur Heiligkeit und Katholizitat als Attribute genannt werden 3 Eine besondere Bedeutung kam den Wesensmerkmalen in den Auseinandersetzungen der Reformation und Gegenreformation zu in der sie als Grundlage dienten den reformatorischen Kirchen das Kirchesein abzusprechen 1 Einheit Bearbeiten Die romisch katholische Kirche bestehend aus der lateinischen Kirche sowie den katholischen Ostkirchen beansprucht fur sich die eine heilige apostolische und katholische Kirche in voller Wirklichkeit zu sein Dasselbe beanspruchen die 16 autokephalen orthodoxen Kirchen Dahinter steht das Verstandnis dass das Nicanum eine sakramentale und daher amtlich institutionelle Einheit be und vorschreibe wobei dies jede der beiden Gruppen seit dem Schisma von 1054 auf sich bezieht Alle mit dem Papst in voller Gemeinschaft stehenden Kirchen sehen ihn als Trager des Einheitsdienstes den Jesus dem Petrus ubertrug Mt 16 18 EU Die evangelischen Kirchen betonen ebenfalls dass die Einheit der Kirche durch ihren Ursprung vorgegeben ist die einzelnen Kirchen haben von dieser Gabe Gottes als dem Grund lebendiger Gemeinschaft zwischen den Kirchen in der Verschiedenheit ihrer geschichtlichen Gestalten sichtbar Zeugnis zu geben 4 Okumenische Bestrebungen zielen auf eine grossere Einheit der Vielzahl christlicher Konfessionen nach Eph 4 3 6 EU und Joh 17 21 EU Die schwierigste Frage ist dabei das Einheitskonzept selbst das fur die Kirchen der katholischen Tradition nicht von der sakramentalen eucharistischen Einheit und damit von der Frage der Vollmacht und Gultigkeit zu trennen ist Die Formel sichtbare Einheit visible unity die im Okumenischen Rat der Kirchen gebrauchlich ist stammt aus der anglikanischen Tradition Sie ist fur lutherische Kirchen akzeptabel da ihre eigene Bekenntnistradition sehr zuruckhaltend war festzustellen welche strukturellen Faktoren vorhanden sein mussen damit die Grundvollzuge von Kirche Verkundigung des Evangeliums Feier der Sakramente erfullt werden konnen Das ermoglicht es den lutherischen Kirchen in sehr unterschiedlichen Kirchen genuine Realisierungen der einen Kirche Jesu Christi zu erkennen und anzuerkennen das Luthertum realisiert sich auch selbst in vielfaltigen Kirchenstrukturen 5 Heiligkeit Bearbeiten Das Merkmal der Heiligkeit ist zwischen den Konfessionen relativ unumstritten Es besagt dass die Kirche durch das in ihr und durch sie verkundete Evangelium und durch die Gegenwart Christi in ihr auf einzigartige Weise Gottes Eigentum und sein Zeichen in der Welt ist Katholizitat Universalitat Bearbeiten Etymologisch leitet sich das Wort katholisch vom griechischen Adjektiv ka8olikos katholikos das Ganze betreffend allgemein bzw dem Adverb ka8oloy katholou im Allgemeinen ganzlich ab Die beste Umschreibung lautet daher Ganzheit oder Fulle und in Erweiterung universell Die Kirche insgesamt gilt als allgemein da von Gott gewollt wenn einig und eins fur alle Zeit Abstrakt gilt die Kirche als katholisch wenn sie innerlich mit Christus eins ist und dadurch zur Heilsinstanz wird Ignatius von Antiochia grenzte mit seiner Wendung die katholische Kirche diese von anderen Gruppen ab die in Lehre und Leben von den Bischofen der romischen Kirche abwichen Folgerichtig bezeichnet die romisch katholische Kirche alle abgespaltenen oder haretischen Gemeinschaften als nicht katholisch Die anglikanischen Kirchen sehen sich selbst als Teil der katholischen Kommunion auch wenn sie nicht der Jurisdiktion Roms unterstehen Die evangelischen Kirchen verstehen katholisch im Sinne einer abstrakten allgemeinen und universellen Kirche Im apostolischen Glaubensbekenntnis bekennen evangelisch reformierte Christen beispielsweise die heilige allgemeine christliche Kirche Apostolizitat Bearbeiten Apostolizitat bedeutet die Ubereinstimmung der Kirche mit ihrem apostolischen Ursprung in der Urkirche Die Apostel bildeten in der Fruhzeit das Fundament der Kirche und ihrer Botschaft und gelten als Garanten fur die Uberlieferung des Glaubens der Kirche Tertullian beschreibt ihre Taten um 200 folgendermassen 1 Sie gingen uber den Erdkreis aus und verkundeten den Glauben an Jesus Christus auch den Heiden Und so grundeten sie in jeder Stadt Gemeinden von denen die spateren Gemeinden nachher einen Ableger des Glaubens und die Samenkorner der Lehre entliehen und noch jeden Tag entleihen um Gemeinden zu werden Eben dadurch durfen auch sie selbst wie apostolische angesehen werden weil sie die Abkommlinge apostolischer Gemeinden sind So gibt es denn der Kirchen viele und zahlreiche und doch sind sie nur eine jene apostolische ursprungliche aus der sie alle stammen Tertullian De praescriptione haereticorum 20 Der Apostolizitat kam in den Auseinandersetzungen mit der Gnosis besondere Bedeutung zu in der die kirchlichen Theologen die Uberlieferung der wahren Lehre durch die Apostel und deren Nachfolger garantiert sahen Die gnostischen Lehren konnten so wirksam als nachtragliche ausserchristliche Einflusse abgewehrt werden Die vorreformatorischen sowie einige anglikanische Kirchen betrachten als Zeichen der Apostolizitat nicht nur die inhaltliche Ubereinstimmung mit der Lehre der Apostel am Ursprung der Kirche sondern auch die personelle Weitergabe der kirchlichen Leitungsgewalt durch die apostolische Sukzession Kirche im Vollsinn kann nach diesem Verstandnis nur durch die Kontinuitat bestehen dass eine ununterbrochene Linie von Bischofen bis auf die Apostel zuruckfuhrbar ist Wenn dieses Zeichen der Apostolizitat fehlt handelt es sich nach romisch katholischer Lehre um eine kirchliche Gemeinschaft in der zwar viele Merkmale einer Kirche erfullt sind aber nicht in der vollen Bedeutung Die meisten evangelischen Kirchen sehen als Kern der Apostolizitat die stete Ruckkehr zum apostolischen Zeugnis also eine successio fidelium Sukzession der Glaubigen 6 Eine andere Interpretation zielt auf die charismatische Gabe des Aposteldienstes ab Diesen Dienst bzw dieses Amt gibt es in zahlreichen christlichen Gruppen der Pfingstbewegung und der Kirchen die aus den katholisch apostolischen Gemeinden entstanden sind Manche dieser Gruppen sprechen von Kirche im Vollsinn nur wenn auch apostolischer Dienst vorhanden ist Die Kennzeichen der Kirche in der reformatorischen Tradition BearbeitenDie reformatorische Theologie liess die klassischen Wesensmerkmale gelten definierte aber eigene Kennzeichen an der sich erweisen sollte wo die wahre Kirche zu finden sei Martin Luther nannte 1520 in seiner Schrift Von dem Papstthum zu Rom als die zeichenn da bey man euszerlich mercken kann wo die selb kirch in der welt ist sein die tauff sacrament und das Evangelium 7 Ihren klassischen Ausdruck fand diese Festlegung in Artikel VII der Confessio Augustana wonach die Kirche die Versammlung der Heiligen ist in der das Evangelium rein gelehrt wird und die Sakramente recht verwaltet werden In ahnlicher Weise ausserten sich Johannes Calvin Institutio Christianae Religionis 1559 Buch IV I 11 f und Artikel 19 der Neununddreissig Artikel der Church of England von 1563 der wiederum als Artikel 13 in John Wesleys methodistische Glaubensartikel von 1784 aufgenommen wurde Es kann daher als allgemeinprotestantische Lehre angesehen werden dass die rechte Verkundigung des Evangeliums und die ordnungsgemasse Verwaltung der Sakramente oder noch kurzer Wort und Sakrament die notae ecclesiae sind Als weitere Kennzeichen begegnen gelegentlich auch das Schlusselamt Beichte und Absolution die Ordnung des Predigtamtes das Gebet das Leiden um des Evangeliums willen und die Befolgung der zweiten Tafel des Dekalogs Luther Von Konziliis und Kirchen 1539 8 die Kirchenzucht Confessio Scotica XVIII und die Verwirklichung der wahren Jungerschaft Zweites Helvetisches Bekenntnis XVII Die notae ecclesiae in der okumenischen Diskussion BearbeitenNachdem die unterschiedlichen Erkennungszeichen der Kirche uber Jahrhunderte hinweg eher zur Bestatigung des eigenen Kircheseins und zur Polemik gegen die konfessionellen Gegner benutzt wurden hat sich in der okumenischen Diskussion nach dem Zweiten Weltkrieg ein anderer Umgang durchgesetzt In vielen interkonfessionellen Dialogen wurden sowohl die vier Wesensattribute als auch die reformatorischen Kennzeichen behandelt und zwar mit positiver Aufnahme von beiden Seiten und zur kritischen Vergewisserung des eigenen Kircheseins Sie stehen nicht in einem Gegensatz sondern erganzen sich gegenseitig Martin Friedrich fasst es so zusammen Die vier nizanischen Attribute zeigen wie die Kirche ist bzw sein soll Rechte Verkundigung und Sakramentsverwaltung dagegen lassen erkennen wo die Kirche ist 9 Literatur BearbeitenUwe Swarat Notae ecclesiae Woran ist die Kirche Jesu Christi erkennbar In Helge Stadelmann Hrsg Bausteine zur Erneuerung der Kirche Gemeindeaufbau auf der Basis einer biblisch erneuerten Ekklesiologie TVG Brunnen Giessen 1998 S 169 190 Martin Friedrich Kirche Okumenische Studienhefte 14 Bensheimer Hefte 108 Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 2008 ISBN 978 3 525 87122 5 S 175 187 Weblinks BearbeitenKatechismus der Katholischen Kirche 1997 Nr 811 870 1 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Herbert Frohnhofen 8 Die Wesenseigenschaften der Kirche Einheit Heiligkeit Katholizitat Apostolizitat PDF In Theologie Skripten Abgerufen am 20 Juli 2015 Denzinger Hunermann Nr 150 Denzinger Hunermann Nr 10 30 Gotteslob Nr 2 5 Michael Bunker Martin Friedrich Hrsg Die Kirche Jesu Christi The Church of Jesus Christ Leuenberger Texte 1 5 Auflage Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2018 S 37 Bernd Oberdorfer Oliver Schuegraf Hrsg Sichtbare Einheit der Kirche in lutherischer Perspektive Eine Studie des Okumenischen Studienausschusses der Vereinigten Evangelisch Lutherischen Kirche Deutschlands und des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes EVA Leipzig 2017 ISBN 978 3 374 05288 2 S 99 Michael Bunker Martin Friedrich Hrsg Die Kirche Jesu Christi The Church of Jesus Christ 5 Aufl Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2018 S 38 WA 6 S 301 Zeile 3 6 WA 50 S 628 642 Knut Alfsvag Notae ecclesiae in Luther s Von den Konziliis und Kirchen In International Journal for the Study of the Christian Church 8 2008 S 33 42 Martin Friedrich Kirche Okumenische Studienhefte 14 Bensheimer Hefte 108 Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 2008 ISBN 978 3 525 87122 5 S 176 Normdaten Sachbegriff GND 4172052 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Notae ecclesiae amp oldid 215320145