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Hinweis Es gibt in der Standardliteratur keine einheitliche Auffassung hinsichtlich der Begriffe normaler Raum und T4 Raum vielmehr herrscht Uneinheitlichkeit 1 2 In diesem Artikel gilt die Auffassung dass ein T4 Raum ein normaler Hausdorff Raum ist wahrend ein normaler Raum nicht notwendig hausdorffsch zu sein hat Graphische Darstellung eines normalen RaumesEin normaler Raum ist ein topologischer Raum in dem zwei beliebige disjunkte abgeschlossene Mengen disjunkte Umgebungen haben Kurzer Abgeschlossene Mengen E F werden durch Umgebungen U V getrennt Diese Eigenschaft ist zum Beispiel Grundlage des Lemmas von Urysohn oder des Fortsetzungssatzes von Tietze Der Begriff geht zuruck auf Heinrich Tietze 1923 3 seine ganze Tragweite wurde von Urysohn bei seinen Arbeiten uber die Fortsetzung von Funktionen erkannt 4 Normalitat vererbt sich nicht notwendig auf alle Teilraume Inhaltsverzeichnis 1 Motivation 2 Formale Definition des normalen Raumes und des T4 Raumes normaler Hausdorff Raum 3 Beispiele 4 Eigenschaften 4 1 Vererbungseigenschaften 4 2 Fortsetzung stetiger Funktionen 4 3 Lemma von Urysohn 4 4 Abgeschlossene Umgebungen 4 5 Zerlegung der Eins 4 6 Uberdeckungen 5 Spezialisierungen 6 Literatur 7 EinzelnachweiseMotivation BearbeitenEin gangiges Verfahren zur Untersuchung eines Objektes einer mathematischen Kategorie ist es die Menge der strukturerhaltenden Funktionen in besonders gut verstandene Vertreter der Kategorie zu untersuchen In vielen Fallen kann man auf diesem Weg auch Erkenntnisse uber das zu untersuchende Objekt selbst gewinnen In der Linearen Algebra untersucht man zum Beispiel die Menge der linearen Abbildungen von einem beliebigen Vektorraum in den Grundkorper und bezeichnet diese als den Dualraum In der Topologie bieten sich als Modellraume die topologischen Raume 0 1 displaystyle 0 1 nbsp und C displaystyle mathbb C nbsp an Bezogen auf die Stetigkeit kann dieses Vorgehen aber nur sinnvoll sein wenn man an den zu untersuchenden Raum noch zusatzliche Bedingungen stellt Auf einem Raum mit der trivialen Topologie etwa ist jede stetige komplexwertige Funktion bereits konstant das gilt sogar fur jede stetige Funktion deren Zielmenge ein Kolmogoroff Raum ist Wenn man einen topologischen Raum dadurch verstehen will dass man die stetigen Funktionen von ihm in einen der Modellraume untersucht so sollte die Menge dieser Funktionen wenigstens punktetrennend sein Dies fuhrt auf die Definition eines vollstandigen Hausdorff Raums Dieser wird gerade uber die Existenz einer ausreichenden Menge von stetigen Funktionen definiert Wunschenswert ware es naturlich ein elementares topologisches Kriterium zu besitzen das diese Existenz sichert Hier bieten sich Hausdorff Raume an die normal oder lokalkompakt sind Ein Grossteil der in der Mathematik untersuchten topologischen Raume fallt zumindest in eine der beiden Kategorien Das Lemma von Urysohn stellt fur diese beiden Klassen von Raumen unter anderem sicher dass sie vollstandige Hausdorff Raume sind Tatsachlich zeigt der allgemeinere Fortsetzungssatz von Tietze dass sich in solchen Raumen stetige Funktionen in einen der Modellraume die nur auf einer abgeschlossenen bei normalen Raumen bzw kompakten bei lokalkompakten Raumen Teilmenge definiert sind zu stetigen Funktionen vom ganzen Raum in den Modellraum fortsetzen lassen Im zweiten Fall kann dabei die Fortsetzung so gewahlt werden dass sie weiterhin kompakten Trager besitzt Formale Definition des normalen Raumes und des T4 Raumes normaler Hausdorff Raum BearbeitenZu beachten ist dass die Definition in der Literatur uneinheitlich ist hier wird fur einen normalen Raum nicht die Eigenschaft hausdorffsch gefordert fur einen T4 Raum jedoch schon Sei X displaystyle X nbsp ein topologischer Raum X displaystyle X nbsp heisst normal falls es zu je zwei abgeschlossenen Teilmengen E displaystyle E nbsp F displaystyle F nbsp mit E F displaystyle E cap F emptyset nbsp Umgebungen U E U E displaystyle U E subset mathfrak U E nbsp sowie U F U F displaystyle U F subset mathfrak U F nbsp von E und F gibt mit U E U F displaystyle U E cap U F emptyset nbsp Ein normaler Raum der zusatzlich die Trennungseigenschaft T2 erfullt also ein normaler Hausdorff Raum ist wird als T4 Raum bezeichnet Viele Autoren verwenden die Begriffe anders Sie setzen fur einen normalen Raum automatisch hausdorffsch voraus d h T2 Raum und verstehen unter T4 Raumen die in diesem Artikel unter normal beschriebene Raumklasse es entfallt also die Forderung dass T4 Raume hausdorffsch sind Die meisten in den Anwendungen auftretenden normalen Raume sind T2 Raume Beispiele BearbeitenAlle parakompakten Hausdorff Raume und damit die meisten in der Mathematik untersuchten Raume sind normal insbesondere metrische Raume und Mannigfaltigkeiten Pseudometrische Raume sind dagegen normal ohne im Allgemeinen Hausdorff Raume zu sein Der topologische Vektorraum aller Funktionen von ℝ nach ℝ mit der Topologie der punktweisen Konvergenz ist nicht normal Das Produkt aus uberabzahlbar vielen nicht kompakten metrischen Raumen ist niemals normal Eigenschaften BearbeitenVererbungseigenschaften Bearbeiten Ein abgeschlossener Unterraum eines normalen Raumes ist wieder ein normaler Raum Allgemeiner gilt dies sogar noch wenn der Unterraum eines normalen Raumes eine Vereinigung abzahlbar vieler abgeschlossener Mengen ist 5 Beliebige Unterraume eines normalen Raumes sind im Allgemeinen nicht normal wie man etwa an einem beliebigen vollstandig regularen Raum der nicht normal ist etwa der Sorgenfrey Ebene oder dem Niemytzki Raum eingebettet in seine Stone Cech Kompaktifizierung sieht denn letztere ist als kompakter Hausdorff Raum normal Produkte normaler Raume sind im Allgemeinen nicht normal wie das Beispiel der Sorgenfrey Ebene als Produkt der normalen Sorgenfrey Gerade zeigt Das erste Beispiel eines normalen Raumes dessen Produkt mit einem metrischen Raum nicht wieder normal ist ist die Michael Gerade Fortsetzung stetiger Funktionen Bearbeiten Hauptartikel Fortsetzungssatz von Tietze Ein topologischer Raum ist genau dann ein normaler Raum wenn jede auf einer abgeschlossenen Teilmenge stetige reellwertige Funktion zu einer auf dem ganzen Raum stetigen reellwertigen Funktion fortgesetzt werden kann Lemma von Urysohn Bearbeiten Hauptartikel Lemma von Urysohn Ein topologischer Raum X displaystyle X nbsp ist genau dann ein normaler Raum wenn es zu je zwei disjunkten abgeschlossenen Mengen A B X displaystyle A B subset X nbsp eine stetige Funktion f X 0 1 displaystyle f colon X rightarrow 0 1 nbsp gibt mit f A 0 displaystyle f A 0 nbsp und f B 1 displaystyle f B 1 nbsp Abgeschlossene Umgebungen Bearbeiten Eine einfache Umformulierung der Definitionen liefert Ein topologischer Raum X displaystyle X nbsp ist genau dann normal wenn es zu jeder Umgebung U displaystyle U nbsp einer abgeschlossenen Menge A displaystyle A nbsp eine offene Menge O displaystyle O nbsp gibt fur die gilt A O O U displaystyle A subset O subset bar O subset U nbsp Das bedeutet dass fur jede abgeschlossene Menge die abgeschlossenen Umgebungen eine Umgebungsbasis bilden Zerlegung der Eins Bearbeiten Ein normaler Raum ermoglicht eine Zerlegung der Eins fur jede lokal endliche offene Uberdeckung Uberdeckungen Bearbeiten Ein T1 Raum ist genau dann normal wenn jede offene lokalendliche Uberdeckung U i i I displaystyle U i i in I nbsp eine Schrumpfung besitzt das heisst es gibt eine offene Uberdeckung V i i I displaystyle V i i in I nbsp mit V i U i displaystyle overline V i subset U i nbsp fur alle i I displaystyle i in I nbsp 6 Spezialisierungen BearbeitenDer Begriff des normalen Raumes kann auf mehrere Weisen verscharft werden Ein normaler Raum X displaystyle X nbsp heisst vollstandig normal wenn es zu je zwei Mengen A B X displaystyle A B subset X nbsp mit A B A B displaystyle A cap overline B emptyset overline A cap B nbsp disjunkte offene Mengen U displaystyle U nbsp und V displaystyle V nbsp gibt mit A U displaystyle A subset U nbsp und B V displaystyle B subset V nbsp Hier liegt also eine starkere Trennungseigenschaft vor In solchen Raumen sind alle Unterraume nicht nur die abgeschlossenen normal Die Tichonow Planke ist ein nicht normaler Unterraum eines Kompaktums letzteres ist daher normal aber nicht vollstandig normal Ein normaler Raum heisst perfekt normal wenn es zu je zwei disjunkten abgeschlossenen Mengen A B X displaystyle A B subset X nbsp eine stetige Funktion f X 0 1 displaystyle f colon X rightarrow 0 1 nbsp gibt mit A f 1 0 displaystyle A f 1 0 nbsp und B f 1 1 displaystyle B f 1 1 nbsp In solchen Raumen gilt also eine starkere Version des Urysohnschen Lemmas Die Einpunktkompaktifizierung der Tichonow Planke ist nicht perfekt normal da der unendlich ferne Punkt keine G d displaystyle G delta nbsp Menge ist und daher nicht Nullstellengebilde einer stetigen reellwertigen Funktion sein kann Ein normaler Raum heisst total normal falls es zu jeder offenen Menge U X displaystyle U subset X nbsp eine offene Uberdeckung U U i i I displaystyle mathcal U U i i in I nbsp gibt so dass Jedes U i displaystyle U i nbsp ist eine F s displaystyle F sigma nbsp Menge das heisst eine abzahlbare Vereinigung abgeschlossener Mengen U displaystyle mathcal U nbsp ist lokalendlich auf U displaystyle U nbsp d h zu jedem x U displaystyle x in U nbsp gibt es eine Umgebung V U displaystyle V subset U nbsp die mit nur endlich vielen der U i displaystyle U i nbsp einen nicht leeren Schnitt hat Solche Raume spielen in der Dimensionstheorie eine Rolle Perfekt normale Raume sind total normal Ein normaler Raum heisst binormal falls er zusatzlich abzahlbar parakompakt ist das heisst falls jede hochstens abzahlbare offene Uberdeckung eine lokalendliche Verfeinerung besitzt Literatur BearbeitenBoto von Querenburg Mengentheoretische Topologie Springer Lehrbuch 3 neu bearbeitete und erweiterte Auflage Springer Verlag Berlin u a 2001 ISBN 3 540 67790 9 Egbert Harzheim Helmut Ratschek Einfuhrung in die Allgemeine Topologie Die Mathematik Einfuhrungen in Gegenstand und Ergebnisse ihrer Teilgebiete und Nachbarwissenschaften Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1978 ISBN 3 534 06355 4 MR0380697 Horst Schubert Topologie Mathematische Leitfaden 4 Auflage B G Teubner Verlag Stuttgart 1975 ISBN 3 519 12200 6 MR0423277 Stephen Willard General Topology Addison Wesley Reading MA u a 1970 MR0264581 Einzelnachweise Bearbeiten Stephen Willard General Topology Addison Wesley Reading MA u a 1970 S 99 MR0264581 Schubert S 77 etwa nennt einen normalen Raum einen solchen der im hier vorliegenden Artikel als T4 Raum bezeichnet wird Heinrich Tietze Beitrage zur allgemeinen Topologie I Axiome fur verschiedene Fassungen des Umgebungsbegriffs In Mathematische Annalen 88 1923 ISSN 0025 5831 S 290 312 N Bourbaki Elements d histoire des mathematiques Springer Berlin u a 2007 ISBN 978 3 540 33938 0 S 205 Rene Bartsch Allgemeine Topologie Walter de Gruyter GmbH amp Co KG 2015 ISBN 978 3 11 040618 4 S 124 Lemma 4 4 13 Karl Peter Grotemeyer Topologie Bibliographisches Institut Mannheim 1969 ISBN 3 411 00836 9 Satz 43 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Normaler Raum amp oldid 211324492