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Die Mondseer Fragmente oder Monseer Fragmente fruher auch Wiener Fragmente sind eine Sammlung christlicher Schriften die aus dem Westen des Frankenreiches stammen und im fruhen 9 Jahrhundert im Kloster Mondsee ins Althochdeutsche Altbairische ubertragen wurden Das darin enthaltene Matthausevangelium stellt die alteste erhaltene Ubersetzung eines Bibelteils in ein althochdeutsches Idiom dar Ferner ist darin die Ubersetzung einer Schrift von Isidor von Sevilla enthalten die fur die Altgermanistik besonders wichtig ist da es noch zwei ahnliche Schriften aus anderen Sprachregionen gibt Trotz ihrer historischen und linguistischen Bedeutung sind die Mondseer Fragmente bis heute nicht abschliessend erforscht und bleiben zumindest vorerst eines der ungelosten Ratsel der Germanistik Rekonstruktion des Fragments NB12799B Mt 13 39 53 althochdeutsch1 ms i20 b bl 1r Mt 12 1 14 althochdeutsch Eine der beiden Seiten die sich heute in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover befinden Die Bezeichnung Monseer Fragmente geht auf die alte Schreibweise des Ortsnamens zuruck Schriftlich taucht der Name erstmals im Jahr der Klostergrundung 748 auf und zwar als Maninseo und lateinisch als Lunaelacus luna der Mond lacus der See In den Jahrhunderten veranderte sich der Name in Form und Schreibweise zu Maense Meinse Maninse Moninsee Moensee Mannsee Monnsee Mansee und schliesslich Mondsee so wurde der Name 1854 von Jacob und Wilhelm Grimm in die Germanistik eingefuhrt 1 Teilweise wird diese Schreibweise auch noch heute in der germanistischen Sekundarliteratur verwendet Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Isidor Gruppe 3 Entstehung 4 Die Sprache 5 Die enthaltenen Texte im Detail 5 1 Mondseer Matthaus Evangelium 5 2 Mondseer Isidor 5 3 Sermo 76 des Augustinus 5 4 De vocatione omnium gentium 5 5 Das unbekannte Predigtfragment 6 Filiation 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenDie Mondseer Fragmente bestehen aus mindestens funf Texten unterschiedlicher lateinischer Autoren die jeweils auf der Verso Seite des Manuskripts auf Latein geschrieben sind und auf der gegenuberliegenden Recto Seite ins Althochdeutsche Altbairische ubersetzt wurden Die Fragmente beinhalten eine Ubersetzung des Matthausevangeliums aus der lateinischen Vulgata ins Althochdeutsche Altbairische eine Ubersetzung der Predigt De vocatione omnium gentium von Prosper Tiro von Aquitanien ein unbekanntes Predigtfragment das sich auf der Ruckseite des lateinischen Originals des entsprechenden Blattes befindet die Predigt Nr 76 LXXVI des heiligen Augustinus von Hippo mit Ubersetzung eine althochdeutsche altbairische Ubersetzung des Textes De fide catholica contra Iudaeos von Isidor von SevillaIsidor Gruppe BearbeitenDie Mondseer Fragmente werden in der Forschungsliteratur zusammenfassend der Isidor Gruppe oder auch Isidor Sippe zugerechnet da es insgesamt drei erhalten gebliebene Ubersetzungen des Textes De fide catholica contra Judaeos von Isidor von Sevilla in ein althochdeutsches Idiom gibt Diese sind 2 Die Pariser Handschriften um 800 in Austrasien entstanden in westlicher sudrheinfrankisch lothringischer Sprache liegen heute in der Bibliotheque Nationale in Paris Signatur Ms lat 2326 Die Mondseer Fragmente um 810 im Kloster Mondsee entstanden in althochdeutscher altbairischer Sprache wovon 220 Fragmente heute in der Osterreichischen Nationalbibliothek in Wien liegen Signatur Hs 3093 2 Blatter des Codex befinden sich jedoch in der Niedersachsischen Landesbibliothek in Hannover Signatur Ms I 20b 3 Der Codex Junius 25 mit dem Glossar Jc ebenfalls Anfang des 9 Jahrhunderts im alemannischen Raum entstanden moglicherweise im Kloster Murbach liegt heute in der Bodleian Library in Oxford Signatur Ms Junius 25 Die wissenschaftliche Bearbeitung dieser drei sich inhaltlich teilweise uberschneidenden Manuskripte wird auch als Isidorforschung bezeichnet wobei die beinahe zeitgleiche fruhmittelalterliche Ubertragung desselben lateinischen Textes in verschiedene westgermanische 4 bzw althochdeutsche Idiome fur die historische Linguistik ein besonders interessantes Forschungsobjekt darstellt Der Umstand dass sich die Wissenschaft aber voll auf den Vergleich dieser drei Isidor Texte konzentrierte fuhrte auch dazu dass die anderen Texte in den Mondseer Fragmenten wie etwa dem althochdeutschen bairischen Matthausevangelium und deren Bedeutung fur die regionale Religionsgeschichte bis dato praktisch gar nicht erforscht wurde Offen bleibt beispielsweise die Frage warum gerade diese Texte ubersetzt wurden und inwieweit sie im bajuwarischen Herzogtum zirkulierten was etwa durch mogliche Zitate auch in rein lateinischen Manuskripten ergrundbar ware Entstehung Bearbeiten nbsp Ehemalige Klosterkirche des 1791 aufgelosten Klosters MondseeDie Handschrift entstand in dem auf Initiative des Bayernherzogs Odilo gegrundeten Benediktinerkloster Mondsee dessen erste Monche gemass der Klostertradition im Jahr 748 aus dem Kloster Monte Cassino in Italien kamen Wahrscheinlicher und von der Forschung auch vielfach vermutet konnte es allerdings auch vom Salzburger Stift Sankt Peter aus besiedelt worden sein 5 Hauptsachlich auf Grund der Analyse des lateinischen Teils und der besonderen Auswahl der ubersetzten Texte wurde die Handschrift nach gangiger Forschungsmeinung zu einer Zeit geschrieben als Hildebold nominell Abt des Klosters Mondsee war 803 818 Hildebold der seit 787 Bischof von Koln und seit 791 archicapellanus palacii war hielt sich jedoch am Hoflager Karls des Grossen auf und wurde vom Diakon Lantprecht vor Ort vertreten der auch spater sein Nachfolger als Abt wurde Nach einer von Klaus Matzel einem in den 1960er und 1970er Jahren massgeblichen Isidorforscher geausserten Theorie konnte die Vorlage dieser Texte auch durch die engen Beziehungen des Klosters zu Salzburg dorthin gelangt sein Dort war in dieser Zeit Arn Bischof 785 821 der zugleich auch Abt von Saint Amand war Klaus Matzel meint die verwendete Schrift weise Ahnlichkeiten zu Texten aus dieser fernen Region auf Es wurden auch Zweifel geaussert ob die Mondseer Fragmente durchgehend nur von einem Schreiber verfasst wurden jedoch geht die jungste Forschungsliteratur wieder dazu uber zwei Schreiber zu erkennen 6 die um das Jahr 810 gewirkt haben mussen Die Schreiber dieser Texte waren auch keine mechanischen Kopisten 7 sondern ubersetzten die Texte eigenstandig in die damalige bairische Volkssprache wobei sie sogar wortschopferisch tatig waren und bairische Fachbegriffe fur lateinische und griechische Termini erfanden An der Niederschrift des Codex waren zwei Schreiber beteiligt 8 einer von ihnen schrieb den Isidor Traktat der andere den Rest der Sammelhandschrift Da Klaus Matzels grundlegende Untersuchung von einem einzigen Ab und Umschreiber ausging die andernde Hand des bairischen Monchs 9 musste erst noch geklart werden ob sich beiden Schreibern individuelle Zuge der Anpassung an den bairischen Dialekt zuordnen liessen 10 Andererseits konnte Klaus Matzel auch innerhalb des Matthausevangeliums unterschiedlich konsequente Behandlung des Materials der sudrheinfrankisch lothringischen Vorlage nachweisen 11 so dass der Aussagewert der feststellbaren Unterschiede moglicherweise gering bliebe Eine weitere Frage die durch die Verteilung der Texte auf zwei Schreiber aufgeworfen wird ist ob man daraus auch auf zwei getrennte Vorlagen schliessen darf Schliesslich gibt es nur fur den althochdeutschen Isidor im Pariser Codex lat 2326 eine Parallelubersetzung Moglicherweise gehorte jedoch auch der Pariser Isidor zu einer umfangreicheren Sammelhandschrift 12 Die Sprache BearbeitenDer Schreiber der durchgehend zweisprachigen Mondseer Fragmente hat die lateinischen Texte jeweils in das Althochdeutsche Altbairische des fruhen 9 Jahrhunderts ubertragen Dazu ging die fruhere Forschung lange davon aus dass ihm dazu eine altere Ubersetzung in ein anderes althochdeutsches oder lothringisch westfrankisches Idiom als Vorlage diente und der Text deshalb nicht komplett Bairisch sein kann da die Quelle dieser Ubersetzung in der Wortwahl und Grammatik immer noch durchschimmert Stefan Sonderegger beruft sich etwa auf den Isidorforscher Klaus Matzel und meint dazu Den Abstand vom Bair vom Frank kann man gut ablesen an den Mondseer Fragmenten um 810 in denen der Text des sudrhfrk lothr ahd Isidor mehr oder weniger konsequent durch bair Sprachformen und Schreibungen ersetzt wurde Matzel VL2 I 297 Stefan Sonderegger Sprachgeschichte S 2907 Dabei soll dem bzw den Mondseer Schreiber n womoglich die noch erhaltene Pariser Handschrift als Vorlage gedient haben oder andere Texte die im alemannischen Raum auf der Insel Reichenau im Bodensee oder im Kloster Murbach entstanden sind Diese Vermutung beruht auf der Analyse des Isidortextes im Codex Junius von Oxford Klaus Matzel wollte in den drei Manuskripten der Isidor Gruppe sogar eine bewusste Sprachpolitik Karls des Grossen erkennen der den Auftrag zu einer umfangreichen Verdeutschung der wichtigsten religiosen Schriften gegeben haben soll Dies wird jedoch in der jungeren Forschung stark angezweifelt und so schreibt etwa Francesco Delbono im Jahre 1971 in seiner Rezension der Habilitationsschrift Matzels Geradezu missgluckt scheint mir aber das letzte Kap Die Herkunft der Ubersetzungen das Hypothese an Hypothese reiht um dem alten Marchen des von Karl erteilten staatlichen Verdeutschungsauftrages neue Aspekte abzugewinnen Francesco Delbono 1971Die enthaltenen Texte im Detail BearbeitenMondseer Matthaus Evangelium Bearbeiten Elke Krotz meint dazu Dass ein Evangelium sich auch in der Sprache derer denen es verkundet werden soll prasentieren darf braucht hier nicht naher begrundet zu werden zumal die klassische Zweisprachigkeit des Althochdeutschen der Tatian ein auch in der handschriftlichen Gestaltung vergleichbares Vorhaben darstellt Die heilige Sprache des Textes muss sozusagen verlassen werden um den Missionsauftrag mit dem er endet erfullen zu konnen Nicht ausgeschlossen dass gerade der Missionsauftrag zu allen Volkern der Erde hinzugehen nur dieses Evangelium beschliesst fur dessen Auswahl verantwortlich war Die Existenz des gottlichen Evangeliums bildet aber auch die Grundlage fur die anderen Texte und so eroffnet es das Corpus der Handschrift Die lateinische Fassung wird indes nicht uberflussig sondern bleibt daneben stehen und schlagt sogar durch die Verweise auf die eusebianischen Canones evangeliorum eine Brucke zur rein lateinischen Uberlieferung Was den althochdeutschen Text wiederum von freien Dichtungen wie Otfrids Evangelienbuch und dem Heliand unterscheidet ist die strenge Bindung an den lateinischen Wortlaut und das Fehlen erklarender Zusatze hier werden nicht poetische Mustertexte komponiert es wird nicht versucht schwierige Stellen aufzuhellen oder beispielhaft in die Weihen der hoheren Schriftauslegung einzufuhren 13 Uber das Verhaltnis des lateinischen Textes des Mondseer Matthaus Evangeliums zum Standardtext der Vulgata gibt es einen Aufsatz und ein Kapitel in Matzels grosser Studie Klaus Matzel Der lateinische Text des Matthaus Evangeliums der Monseer Fragmente In Beitrage zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur PBB Band 87 Tubingen 1965 S 289 363 wieder in Ders Gesammelte Schriften Hrsg von Rosemarie Luhr u a Heidelberg 1990 S 252 326 Klaus Matzel Untersuchungen zur Verfasserschaft Sprache und Herkunft der althochdeutschen Ubersetzungen der Isidor Sippe Bonn 1970 Rheinisches Archiv Band 75 besonders S 82 99 Drei lateinische Evangeliare zeigen nach Matzel mit dem Mondseer Matthaustext die meisten Gemeinsamkeiten Augsburg Universitatsbibliothek Ms Oettingen Wallerstein I 2 4 2 Maihinger Evangeliar 1 Halfte 8 Jahrhundert geschrieben in Echternach Gent Grand Seminaire Archiv der Kathedrale von St Bavo Ms 13 Livinus Evangeliar um 800 Saint Amand Trier Dombibliothek 134 Domschatz 61 Evangeliar geschrieben etwa 730 in Echternach Eine starke Textaffinitat sowohl zu den in St Amand als auch zu den in Echternach beheimateten von der 1 Halfte bis zum Ende des 8 Jahrhunderts entstandenen Hss weist der Text auf nach welchem das Matthaus Evangeliums ins Althochdeutsche ubersetzt worden ist Matzel Untersuchungen S 97 Mondseer Isidor Bearbeiten Der bekannteste und meisterforschte Text der Mondseer Fragmente ist der Text von Isidor von Sevilla De fide catholica contra Iudaeos Uber den katholischen Glauben gegen die Juden Dieser im fruhen 7 Jahrhundert im westgotischen Spanien entstandene Text ist eine polemische Schrift gegen Juden und Haretiker die bezugnehmend auf fruhere Schriften des heiligen Augustinus von Hippo massgeblich auf das mittelalterliche Judenbild eingewirkt hat Zudem wird darin die Bedeutung der Dreifaltigkeit Trinitatslehre detailliert herausgearbeitet 14 Der Mondseer Text beschrankt sich jedoch auf den ersten Teil dieses Isidortextes und lasst Teile aus die etwa in der Pariser Handschrift zu finden sind So fehlen die Kapitel uber den Namen Christi die Jungfrauengeburt und ebenfalls den Teil der von der Nichtanerkennung Jesu durch die Juden und die Verfolgung durch diese handelt Die Kapitel uber die Dreifaltigkeit Quomodo Christus a Deo Patre genitus est Quia Christus Deus et Dominus est De Trinitatis significantia sind jedoch Teil des Mondseer Manuskriptes und konnten aus den Fragmenten weitgehend rekonstruiert werden 15 Sermo 76 des Augustinus Bearbeiten In den Mondseer Fragmenten enthalten ist auch ein Text des heiligen Augustinus von Hippo wieder sowohl auf Latein und Bairisch Im Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der Osterreichischen Nationalbibliothek von Hermann Menhardt aus dem Jahr 1961 wurde dieser falschlicherweise als Predigt 36 angegeben was in der Sekundarliteratur teilweise zitiert wurde Tatsachlich handelt es sich jedoch um die Predigt 76 des Augustinus auch Sermo LXXVI genannt christl Mittellatein von lateinisch sermo Wechselrede Gesprach Vortrag vergleiche englisch sermon Nach dem Inhalt wird dieser Sermo auch als De euangelica lectione ubi Domino iubente Petrus super mare ambulauit 16 bezeichnet Uber die Lektion des Evangeliums wo der Herr Petrus befahl uber das Meer zu gehen wobei Augustinus darin die besondere Bedeutung des Apostel Petrus hervorhebt und mit Hilfe des biblischen Gleichnisses zum Gehorsam gegenuber Christus aufruft 17 In der Mondseer Version tragt jedoch nur die germanische Ubersetzung einen Titel namlich Hear saget fona Gotspelle hueo Christus oba seuues uuazarum genc enti fona apostole Petre 18 Dieser augustinische Text wird heute in der christlichen Katechese nur noch selten verwendet und auch die genaue religionsgeschichtliche Bedeutung dieses Textes im Fruhmittelalter ist noch wenig erforscht So gibt es bis heute keine vollstandige Handschriftenerhebung der damals zirkulierenden lateinischen Fassungen und den zwischen ihnen existierenden Abweichungen Im Mondseer Text wird beispielsweise mehrmals das Wort firmi mit infirmi vertauscht was einer kompletten Bedeutungsanderung der jeweiligen Aussage gleichkommt 19 De vocatione omnium gentium Bearbeiten Die Predigt De vocatione gentium wie sie in den Mondseer Fragmenten vorliegt ist nicht mit dem gleichnamigen Werk Prospers von Aquitanien identisch Vielmehr handelt es sich um ein anonymes Werk das nur hier uberliefert ist und vielleicht sogar nur fur das Gesamtprogramm der Ubersetzungen der Mondseer Texte verfasst wurde Zunachst bildet die Predigt den naturlichen Anschluss an den Missionsauftrag Jesu an seine Junger am Ende des Matthausevangeliums Die Predigt ersetzt quasi die Apostelgeschichte indem sie deren Bericht durch die Ausweitung Verkundigung des Evangeliums auf den ganzen Erdkreis und die typologische Ruckbeziehung auf den Turmbau zu Babel uberhoht und zugleich komprimiert Sie bildet damit die Brucke von dem im Matthaus Evangelium berichteten Geschehnissen zur Gegenwart des Lesers Diese Predigt enthalt gewissermassen die Programmatik der ganzen Sammelhandschrift und zugleich ist sie ein Text der erst durch Zweisprachigkeit uberhaupt sinnvoll ist weil letztlich nur der Ubertragung in die Sprache des einfachen Volkes die formulierten Gedanken nicht dadurch ad absurdum gefuhrt werden dass der Predigende selbst im Lateinischen verbleibt Wohl nicht zufallig lasst sich fur diese Predigt anders als beim Augustin Sermo oder Isidor Traktat auch bei intensiver Suche keine Paralleluberlieferung im rein lateinischen Bereich aufspuren durchaus denkbar dass sie ad hoc fur dieses Corpus verfasst wurde und es sei zugegeben dass sie einer gewissen stilistischen Eleganz ermangelt 20 Der Mondseer Text wird noch erganzt durch eine Homilie die sich dem Diskurs widmet warum es unter den Menschen verschiedene Sprachen gibt George Allison Hench vermutete 1890 dass es sich dabei um ein Fragment der Homilie De divisione linguarum handeln konnte Dies konnte auch eine Rechtfertigung des Schreibers sein warum er dieses zweisprachige Werk mit der Hoffnung dadurch eine weitere Verbreitung seiner Ubersetzung zu erreichen erstellt hat 21 Das unbekannte Predigtfragment Bearbeiten Aus den restlichen Fragmenten der Mondseer Handschrift konnte neben den vier bereits genannten nur noch ein 13 zeiliger Text rekonstruiert werden der in der Literatur auch Das unbekannte Predigtfragment genannt wird Dieser Text es ist ungewiss ob es sich uberhaupt um eine Predigt oder um ein Gebet handelt wurde von den ersten Bearbeitern der Mondseer Fragmente als mogliches Ende der Homilie De vocatione gentium gedeutet Hench erkannte aber auf Grund von identifizierbaren Schlusselworter wie chind Kind magad Magd Jungfrau in ira uuamba in ihrem Bauch deornun sun der Sohn dass es sich um die Homilie De nativitate domini Uber die Geburt des Herrn handelt Einige Stellen sind jedoch auch mit modernen technischen Methoden nicht lesbar und der Text bleibt deshalb nicht rekonstruierbar Der Philologe Wilhelm Scherer hat jedoch eine unkonservative Erganzung des Textes gewagt und kam dabei zu folgendem Ergebnis Erganzte Originalfassung Neuhochdeutsche Ubersetzung1 umbi chind odo haltames Demo bilide 2 truhtin gab sinem saligom enti du selbo uuillasames 3 gafolges Huuaz nu filu sprehhannes daz illenti uuidar 4 unmeinia magad so ma manacsames garunes angelus 5 botascaf huuarf enti in ira uuamba ihs xpus quam 6 almahtic got Enti deor nun sun unseran truhtinan 7 selbun xpan eban lotan in got lih hin fater simples uueset 8 bittente i amp e daz diu siin taufi armhercin enti 9 gnada uiidar unsih sii simples daz ir uuonenti sa 10 mant mit gote fater uns forgebe so er allem gaheaz 11 dem inan uuirdent enti minneont eo uuesantaN 12 lip in sinemo rihhe mit imo samant in uueralteo 13 uueralt AmeN Dem Bild das der Herr seinen Seligen gab folge auch du willig Davon gab der Engel der reinen Jungfrau wortreiche Kunde un in ihrn Leib kam Jesus Christus der allmachtige Gott Und bittet den Sohn der Jungfrau unseren Herren Christus der Gott dem Vater gleich ist immer dass seine Taufe barmherzig und gnadig zu uns sei und immer dass er mit Gott Vater zusammen wohnend uns vergebe wie er allen verheissen hat die ihn ehren und das ewige Leben in seinem Reich zusammen mit ihm in Ewigkeit lieben Amen Filiation BearbeitenDer Mondseer Codex wurde gemass der Forschungsliteratur im 15 Jahrhundert zerschnitten und makuliert Diese Datierung der Auflosung wird jedoch nicht einhellig akzeptiert da noch im 16 Jahrhundert Eintragungen an verschiedenen Stellen gemacht wurden die nach dem Zerschneiden auf verschiedene Falzstreifen verteilt sind 22 Die Auflosung des Codex der Mondseer Fragmente steht wahrscheinlich auch in Zusammenhang mit dem Schreibmaterial Pergament Pergament aus Tierhaut in einem aufwendigen Verfahren hergestellt ist ein kostbarer Werkstoff Deshalb ist es durch das gesamte Mittelalter hindurch bis weit in die Neuzeit ublich alte nicht mehr benotigte Pergamenthandschriften aufzulosen und die einzelnen Blatter wiederzuverwenden zum Beispiel als stabiles und zugleich flexibles Material fur die Buchbinder Recycelt als Einbandbezuge Deckelbeklebungen oder Falzverstarkungen haben sich so unzahlige Fragmente mittelalterlicher Handschriften erhalten Die Einbande bieten daher ein grosses Feld fur Entdeckungen Einige der mittelalterlichen Texte kennen wir allein durch solche bruchstuckhaften Funde 23 Im Jahre 1717 begab sich der Bibliothekar Bernhard Pez 1735 der Melker Stiftsbibliothek auf eine Bibliotheksreise und entdeckte dabei im Kloster Mondsee zwei Blatter der Mondseer Fragmente in einem Bibelkodex Da er diese germanischen Texte fur interessant befand und nicht alleine deuten konnte sandte er 1718 ein Blatt an Johann Georg von Eckhart in Hannover den dortigen Nachfolger von Gottfried Wilhelm Leibniz Dies wurde dort auch in einem Bibliothekskatalog verzeichnet 1720 erhielt Eccard damalige lateinische Schreibweise von Bernhard Pez noch ein zweites Blatt zugesandt das Teil der Matthausubersetzung war 1723 floh Eccard allerdings vor seinen Glaubigern aus Hannover ging nach Koln und trat dort zum Katholizismus uber Dabei verliert sich die Spur dieser zwei Blatter Da Eccard bereits 1730 verstarb lagen diese zwei Blatter unerkannt in der Bibliothek in Hannover und wurden erst gegen Ende des 19 Jahrhunderts von Ernst Friedlander in Hannover in einem Codex mit friesischen Texten neu gefunden und als Teil der Mondseer Fragmente identifiziert Sie befinden sich heute in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Signatur Ms I 20b 24 Der viel umfangreichere Teil der Fragmente verblieb zunachst in Mondsee bis das Kloster im Jahr 1791 unter Kaiser Leopold II aufgehoben wurde Das gesamte Archiv wurde daraufhin im Jahr 1792 in 35 Kisten und 22 Fassern verpackt nach Linz gebracht Auf kaiserlichen Beschluss wurden die Bestande aus dem Kloster Mondsee im Jahr 1796 zwischen Wien und Linz aufgeteilt Die Druckschriften verblieben daraufhin in der Linzer Bibliotheca publica heute Oberosterreichische Landesbibliothek und die Handschriften gelangten nach Wien in die kaiserliche Hofbibliothek heute Osterreichische Nationalbibliothek Darunter waren auch die Mondseer Fragmente Im Winter 1833 34 wurde schliesslich der Skriptor der Hofbibliothek Stephan Endlicher mit der Katalogisierung der Handschriften beauftragt und entdeckte dabei auch weite Teile des Mondseer Codex Ende Mai 1834 traf Hoffmann von Fallersleben in Wien ein Beide pruften gemeinsam die Handschriften und entdeckten weitere dazugehorige Fragmente Noch im selben Jahr brachten sie daraufhin eine gedruckte Edition der Mondseer Fragmente heraus unter dem Titel Fragmenta theodisca versionis antiquissimae evangelii S Mathaei et aliquot homilliarum E membranis Monseensibus Bibliothecae Palatinae Vindobonensis ediderunt Stephanus Endlicher et Hoffman Fallerslebensis Wien 1834 25 Eine zweite uberarbeitete Ausgabe von Hans Ferdinand Massmann erschien im Jahr 1841 ebenfalls unter dem Titel Fragmenta theodisca Da beide Bucher nicht mehr im Druck waren als man herausfand dass diese Fragmente zu den altesten und wichtigsten Zeugen der althochdeutschen Sprache zahlen wurde eine neue Bearbeitung erwartet Die Erwartung wurde noch gesteigert als Ernst Friedlander 1873 auch noch die zwei fehlenden Blatter der Mondseer Fragmente in Hannover entdeckte Nun begann der US amerikanische Germanist George Allison Hench von der University of Michigan damit den Text der Mondseer Fragmente mit dem lateinischen Aquivalent auf der Ruckseite jedes Blattes zu vergleichen Hench war es in muhevoller Kleinarbeit erstmals moglich den Text der einzelnen Falzstreifen des Mondseer Matthausevangeliums und des Isidor zu rekonstruieren Dabei war der Text oft nicht durch die Manuskripte selbst zu entschlusseln sondern durch die Innenseite der Bucheinbande auf denen sie einen Abdruck hinterliessen 1890 gab er eine Faksimile Ausgabe des Pariser Codex heraus die auch den Isidortext aus Mondsee enthalt Zu den fruheren Ausgaben ausserte sich George Allison Hench dabei wie folgt Endlicher Hoffmann 1834 is an excellent one the text is almost free from misreadings and typographical errors The editors where however too conservative not regarding characteristic remnants of letters and publishing only those fragments which when put together formed a considerable part of a page Massmann 1841 Massmann s edition is not as free from errors as the former one but is much larger as Massmann published all the fragments which he could identify supplying throughout the missing German text 26 Die Edition von Hench die er selbst diplomatisch kritisch nennt ist bis heute die umfassendste und dient als Grundlage jeglicher aktueller Forschungsliteratur Die gesamte einschlagige Sekundarliteratur des 20 Jahrhunderts basiert auf der Ausgabe von 1890 inklusive der Arbeiten der heute bekanntesten Isidorforscher Klaus Matzel und Bernhard Bischoff Erst Elke Krotz hat fur ihr 2002 erschienenes Buch Auf den Spuren des althochdeutschen Isidors erneut die Originalfragmente gesichtet da die Isidorforschung im akademischen Diskurs sehr ins Stocken geratenen war Um der Wissenschaft einen neuen Ansatz zu geben plant sie derzeit eine komplette Neuedition mit Faksimile Ausgabe die auch bisher nicht veroffentlichte Teile beinhalten soll Denn nach wie vor existiert eine Reihe von Fragmenten die bis dato nicht zu einem zusammenhangenden Text verknupft werden konnten Ausserdem konzentrierte sich die Forschung auf den althochdeutschen Teil der Texte wobei auch der lateinische Teil Aufschlusse uber Herkunft Schreibung und Entstehungszeit liefern konnte Eine umfassende Edition des lateinischen Textes wie er in den Mondseer Fragmenten geschrieben ist gibt es jedoch bis dato nicht Der wiederhergestellte althochdeutsche altbairische Teil des Mondseer Codex besteht heute aus 220 Fragmenten die zu 47 Blattern zusammengefugt werden konnten und sich in Wien befinden dazu kommen die beiden Blatter in Hannover und noch 2 Blatter die 1868 von Joseph Haupt ebenfalls in Wien gefunden wurden danach allerdings wieder verloren gegangen sind Von diesen letzten beiden Blattern ist allerdings der Text durch den Artikel Zwei althochdeutsche Bruchstucke von Haupt aus dem Jahre 1869 erhalten Nach Franz Unterkircher existieren noch fruhe Drucke die nach der Auflosung der Mondseer Bibliothek 1792 ein anderes Schicksal als die Handschriften erlitten und bis jetzt noch nicht in die Forschung mit einbezogen wurden Diese liegen heute verteilt auf Bibliotheken in Linz und Munchen Weitere Bruchstucke werden auch noch im Benediktinerstift Melk vermutet wo der erste Entdecker der Fragmente Bernhard Pez wirkte 27 Literatur BearbeitenElke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor Studien zur Pariser Handschrift den Monseer Fragmenten und zum Codex Junius 25 Mit einer Neuedition des Glossars Jc Universitatsverlag C Winter Heidelberg 2002 ISBN 3 8253 1363 8 Stefan Sonderegger Althochdeutsche Sprache und Literatur eine Einfuhrung in das alteste Deutsch Darstellung und Grammatik Walter de Gruyter Berlin New York 2003 ISBN 3 11 017288 7 Kap 3 4 4 Die althochdeutschen Ubersetzungen der Isidor Sippe S 129 ff eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Werner Besch Anne Betten Oskar Reichmann Stefan Sonderegger Sprachgeschichte ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung Walter de Gruyter Berlin New York 2003 ISBN 3 11 015883 3 Artikel Altbairisch S 2906 ff eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Klaus Matzel Untersuchungen zur Verfasserschaft Sprache und Herkunft der althochdeutschen Ubersetzungen der Isidor Sippe Rheinisches Archiv Band 75 Rohrscheid Bonn 1970 ISBN 3 7928 0282 1 Francesco Delbono L Isidoro e la questione delle origini della letteratura tedesca In Nuovi annali della facolta di magistero dell universita di Messina 4 1986 S 159 182 Kurt Ostberg The old high German Isidor in its relationship to the extant manuscripts eighth to twelfth century of Isidorus De fide catholica Goppinger Arbeiten zur Germanistik Band 203 Kummerle Goppingen 1979 ISBN 3 87452 348 9 Walter Kunze Mondsee 5000 Jahre Geschichte und Kultur 2 Auflage Selbstverlag der Marktgemeinde Mondsee Linz 1991 Joseph Haupt Zwei althochdeutsche Bruchstucke In Germania 14 1869 S 66 ff Scan Wikisource Weblinks BearbeitenDas Mondseer Matthausevangelium Volltext auf der Seite der Universitat Frankfurt nach der Textausgabe The Monsee fragments Newly collated text with introduction notes grammatical treatise and exhaustive glossary and a photolithographic facsimile Ed by George Allison Hench Strassburg 1890 Der althochdeutsche Isidor Volltext auf der Seite der Universitat Frankfurt nach der allerdings normalisierten und somit nicht originalen Textausgabe Vollstandiger lateinischer und althochdeutscher Text nach der Pariser Handschrift und den Monseer Fragmenten ATB 63 Neu herausgegeben von Hans Eggers Tubingen 1964 Einzelnachweise Bearbeiten Deutsches Worterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm Retrodigitalisierung der Uni Trier Stefan Sonderegger Althochdeutsche Sprache und Literatur 2003 Kap 3 4 4 Die althochdeutschen Ubersetzungen der Isidor Sippe eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 S 107 Westgermanisch deshalb weil die Sprache der Pariser Handschriften nicht eindeutig dem Ostfrankischen und somit dem Althochdeutschen zugerechnet werden kann und auch starke westfrankisch lothringische Zuge hat siehe Sonderegger laut Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 Fussnote 308 nach Die benediktinischen Monchs und Nonnenkloster in Osterreich und Sudtirol Bd 2 Germania Benedictina Bd 3 Teilband 2 Herausgegeben von der Bayerischen Benediktinerakademie Munchen in Verbindung mit dem Abt Herwegen Institut Maria Laach Bearbeitet von Ulrich Faust und Waltraud Krassnig Eos Verlag St Ottilien 2001 S 874 923 Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 S 110 113 Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 S 156 Bernhard Bischoff Die sudostdeutschen Schreibschulen und Bibliotheken in der Karolingerzeit Band 2 Die vorwiegend osterreichischen Diozesen mit 25 Schriftproben Harrassowitz Wiesbaden 1980 ISBN 3 447 02085 7 zu den Mondseer Fragmenten S 21 22 Klaus Matzel Untersuchungen zur Verfasserschaft Sprache und Herkunft der althochdeutschen Ubersetzungen der Isidorgruppe Bonn 1970 S 247 Elke Krotz Sonderdruck aus Volkssprachig lateinische Mischtexte und Textensembles in der deutschen altsachsischen und altenglischen Uberlieferung 2001 S 176 Klaus Matzel Untersuchungen zur Verfasserschaft Sprache und Herkunft der althochdeutschen Ubersetzungen der Isidorgruppe Bonn 1970 S 248 251 539 540 Bernhard Bischoff Palaographische Fragen deutscher Denkmaler der Karolingerzeit In Fruhmittelalterliche Studien Jg 5 1971 S 101 134 Elke Krotz Sonderdruck aus Volkssprachig lateinische Mischtexte und Textensembles in der deutschen altsachsischen und altenglischen Uberlieferung 2001 S 178 Wolfram Drews Juden und Judentum bei Isidor von Sevilla Duncker amp Humblot Berlin 2001 ISBN 3 428 10571 0 621 S Rezension in libreriauniversitaria it Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 S 131 Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 S 138 The Latin Library Augustini Sermo LXXVI Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 S 139 Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 S 142 Elke Krotz Sonderdruck aus Volkssprachig lateinische Mischtexte und Textensembles in der deutschen altsachsischen und altenglischen Uberlieferung 2001 S 178 179 Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 S 143 144 Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 S 114 Universitat Leipzig Begleitheft zur Ausstellung Sprachen der Bibel 2003 2004 S 23 Hench George Allison The Monsee Fragments Newly Collected Text with Introduction Notes Grammatical Treaties and Exhaustive Glossary and a Photo litographic Fac simile Strassburg 1890 Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 S 116 Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 S 118 Elke Krotz Auf den Spuren des althochdeutschen Isidor 2002 S 120 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mondseer Fragmente amp oldid 238506681