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Der Modularitatssatz fruher Taniyama Shimura Vermutung ist ein mathematischer Satz uber elliptische Kurven und Modulformen Er wurde 1958 von Yutaka Taniyama und Gorō Shimura vermutet und im Jahr 2001 von Christophe Breuil Brian Conrad Fred Diamond und Richard Taylor bewiesen nachdem bereits Andrew Wiles im Jahr 1995 den wichtigsten und schwierigsten Fall der semistabilen Kurven gezeigt hatte Der Satz und sein Beweis gelten als einer der grossen mathematischen Fortschritte des 20 Jahrhunderts Konsequenzen des Modularitatssatzes sind unter anderem der grosse Satz von Fermat und die Wohldefiniertheit der Vermutung von Birch und Swinnerton Dyer da uber den Modularitatssatz eine analytische Fortsetzung der zur elliptischen Kurve gehorigen L Funktion garantiert wird Heutzutage wird der Modularitatssatz als ein Spezialfall der sehr viel allgemeineren und wichtigeren Serre Vermutung uber Galois Darstellungen gesehen Diese wurde aufbauend auf der Arbeit von Andrew Wiles 2006 von Chandrashekhar Khare Jean Pierre Wintenberger und Mark Kisin bewiesen Inhaltsverzeichnis 1 Die Aussage des Modularitatssatzes 1 1 Die komplex analytische Version 1 2 L Reihen Version 1 3 Algebraisch geometrische Version 1 4 Darstellungstheoretische Version 2 Skizzierung des Zusammenhangs zwischen der Taniyama Shimura und Fermats Vermutung 3 Bedeutung fur die Mathematik 4 Originalarbeiten 5 LiteraturDie Aussage des Modularitatssatzes BearbeitenDie komplex analytische Version Bearbeiten Es sei G 0 N a b c d Sl 2 Z c 0 mod N displaystyle Gamma 0 N left begin pmatrix a amp b c amp d end pmatrix in text Sl 2 mathbb Z c equiv 0 mod N right nbsp eine Kongruenzuntergruppe der Modulgruppe Dabei heisst N displaystyle N nbsp auch Stufe der zugehorigen Modulform Diese Gruppe operiert auf der oberen Halbebene H displaystyle mathfrak H nbsp durch Mobiustransformation Der Quotientenraum Y 0 N G 0 N H displaystyle Y 0 N Gamma 0 N backslash mathfrak H nbsp ist eine nicht kompakte Riemannsche Flache Durch Hinzunahme gewisser Punkte aus Q i displaystyle mathbb Q cup i infty nbsp den sogenannten Spitzen kann man Y 0 N displaystyle Y 0 N nbsp kompaktifizieren und erhalt so eine kompakte Riemannsche Flache X 0 N displaystyle X 0 N nbsp Modulkurve Die komplex analytische Variante des Modularitatssatzes besagt dass fur jede elliptische Kurve E C L displaystyle E mathbb C Lambda nbsp uber C displaystyle mathbb C nbsp L displaystyle Lambda nbsp ein Gitter mit zugehorigem Wert der j Funktion j E Q displaystyle j E in mathbb Q nbsp ein N N displaystyle N in mathbb N nbsp und eine nicht konstante holomorphe Abbildung Riemannscher Flachen X 0 N E displaystyle X 0 N rightarrow E nbsp existiert Die Zahl N displaystyle N nbsp heisst der modulare Fuhrer von E displaystyle E nbsp Die Modulkurve parametrisiert die elliptische Kurve Eine elliptische Kurve fur die die hier gegebene Aussage wahr ist heisst modular Die komplex analytische Version des Satzes ist sehr schwach und a priori noch keine zahlentheoretische Aussage Der eigentliche Modularitatssatz macht Aussagen fur uber den rationalen Zahlen definierte elliptische Kurven und besagt dass alle elliptischen Kurven uber Q displaystyle mathbb Q nbsp modular sind L Reihen Version Bearbeiten Folgende Version der Vermutung macht eine Aussage uber elliptische Kurven uber Q displaystyle mathbb Q nbsp Sei E displaystyle E nbsp eine elliptische Kurve uber Q displaystyle mathbb Q nbsp mit L Reihe L E s displaystyle L E s nbsp fur deren Definition siehe Vermutung von Birch und Swinnerton Dyer Dann gibt es ein N N displaystyle N in mathbb N nbsp den Fuhrer und eine Modulform f S 2 N displaystyle f in S 2 N nbsp mit L f s L E s displaystyle L f s L E s nbsp Hierbei ist L f s displaystyle L f s nbsp die Hecke L Reihe von f displaystyle f nbsp fur die Definition siehe Zusammenhang von Modulformen und Dirichletreihen Aus der Theorie der Modulformen folgert man daraus leicht dass L E s displaystyle L E s nbsp eine analytische Fortsetzung und eine Funktionalgleichung besitzt Dies spielt fur die Wohldefiniertheit der Vermutung von Birch und Swinnerton Dyer eine grosse Rolle Algebraisch geometrische Version Bearbeiten Aus der Theorie der Riemannschen Flachen folgt dass die Modulkurve X 0 N displaystyle X 0 N nbsp als ein Schema uber C displaystyle mathbb C nbsp definiert werden kann Man kann zeigen dass X 0 N displaystyle X 0 N nbsp sogar ein Schema uber Q displaystyle mathbb Q nbsp ist Der Modularitatssatz postuliert nun fur jede elliptische Kurve E displaystyle E nbsp einen surjektiven Morphismus X 0 N E displaystyle X 0 N rightarrow E nbsp von algebraischen Kurven uber Q displaystyle mathbb Q nbsp fur ein N Darstellungstheoretische Version Bearbeiten Sei f S k N displaystyle f in S k N nbsp eine Modulform Nach tiefen Satzen von Pierre Deligne Jean Pierre Serre und Robert Langlands kann man f displaystyle f nbsp eine zweidimensionale Galoisdarstellung r f p Gal Q Q GL 2 Q p displaystyle rho f p text Gal overline mathbb Q mathbb Q rightarrow text GL 2 mathbb Q p nbsp zuordnen Q displaystyle overline mathbb Q nbsp ist der algebraische Abschluss von Q displaystyle mathbb Q nbsp in C displaystyle mathbb C nbsp Hier steht links die absolute Galoisgruppe und rechts die allgemeine lineare Gruppe des zweidimensionalen Vektorraums uber dem Korper Q p displaystyle mathbb Q p nbsp der p adischen Zahlen Ebenso kann man jeder elliptischen Kurve E uber Q displaystyle mathbb Q nbsp eine solche Galoisdarstellung r E p displaystyle rho E p nbsp zuordnen Der Modularitatssatz besagt in diesem Fall dass es fur jede elliptische Kurve E uber Q displaystyle mathbb Q nbsp eine Primzahl p gibt und eine Modulform f S 2 N displaystyle f in S 2 N nbsp fur ein N so dass r E p displaystyle rho E p nbsp und r f p displaystyle rho f p nbsp aquivalent sind Dies ist die Version die von Wiles bewiesen wurde Skizzierung des Zusammenhangs zwischen der Taniyama Shimura und Fermats Vermutung BearbeitenFermats letzter Satz sagt aus dass es keine positiven ganzzahligen Losungen der Gleichung a n b n c n displaystyle a n b n c n nbsp fur n grosser als 2 gibt Seit der franzosische Mathematiker Pierre de Fermat 1637 behauptet hatte einen Beweis fur diese Aussage gefunden zu haben ohne diesen jedoch anzugeben oder in seinen schriftlichen Aufzeichnungen zu hinterlassen haben Mathematiker einen Beweis fur diese Aussage gesucht Die Suche nach einem Beweis fur Fermats letzten Satz hat die Zahlentheorie fur mehr als zwei Jahrhunderte gepragt und wichtige Bausteine wie die Idealtheorie von Ernst Eduard Kummer wurden entwickelt um den Satz zu beweisen Der Saarbrucker Mathematiker Gerhard Frey stellte 1986 eine Vermutung uber einen Zusammenhang zwischen Fermats letztem Satz und der Taniyama Shimura Vermutung auf Nimmt man an dass Fermats letzter Satz falsch ist und es tatsachlich Losungen der Gleichung a p b p c p displaystyle a p b p c p nbsp gibt so ist die elliptische Kurve y 2 x x a p x b p displaystyle y 2 x x a p x b p nbsp wahrscheinlich nicht modular Jean Pierre Serre bewies das bis auf einen Rest die Epsilon Vermutung die Ken Ribet 1990 bewies und damit zeigte dass diese sogenannte Frey Kurve die zuvor schon Yves Hellegouarch betrachtet hatte tatsachlich nicht modular ist er benutzte die sogenannte Level lowering Methode wobei Level die Stufe der betrachteten Modulformen bezeichnet Mit anderen Worten Wenn Fermats letzter Satz falsch ist so auch die Taniyama Shimura Vermutung ist die Taniyama Shimura Vermutung hingegen richtig so muss auch Fermats letzter Satz richtig sein Dabei genugte es zu zeigen dass die Taniyama Shimura Vermutung fur semistabile elliptische Kurven uber den rationalen Zahlen gilt Bei einer semistabilen elliptische Kurve E displaystyle E nbsp uber den rationalen Zahlen gibt es nur schlechte Reduktionen vom semistabilen Typ Dabei bedeutet schlechte Reduktion modulo p dass die uber dem endlichen Korper der ganzen Zahlen mod p definierte Kurve E p displaystyle E p nbsp die Reduktion von E displaystyle E nbsp mod p singular wird Ist die Singularitat ein Doppelpunkt und keine Spitze spricht man vom semistabilen Typ In diesem Fall fallen in der Gleichung fur die elliptische Kurve y 2 f x displaystyle y 2 f x nbsp mit f x displaystyle f x nbsp einem kubischen Polynom mit drei verschiedenen Wurzeln uber Q displaystyle mathbb Q nbsp bei Reduktion mod p hochstens zwei Nullstellen zusammen Gute Reduktion heisst dass alle drei Nullstellen bei Reduktion mod p verschieden sind Die elliptische Kurve ist semistabil wenn sie nur gute Reduktionen hat oder die schlechten Reduktionen semistabil sind Da die Frey Kurve semistabil ist folgt der Beweis von Fermats letztem Satz aus der von Wiles bewiesenen Version des Modularitatssatzes Bedeutung fur die Mathematik BearbeitenDas Taniyama Shimura Theorem ist ein Beispiel fur die Vereinheitlichung der Mathematik darunter wird die Etablierung von Zusammenhangen zwischen vormals als vollig verschieden betrachteten Gebieten der Mathematik verstanden die Mathematiker in die Lage versetzt Probleme die in einem Gebiet nicht losbar sind in ein aquivalentes Problem eines anderen Gebietes zu ubersetzen und dort ggf zu losen In diesem Fall erfolgt die Vereinheitlichung durch die Theorie der Modulformen die auch schon im Langlands Programm ihre herausragende Bedeutung fur die Zahlentheorie deutlich machten Originalarbeiten BearbeitenFolgende drei Veroffentlichungen enthalten den Beweis des Modularitatsatzes Andrew Wiles Modular Elliptic Curves and Fermat s last theorem Annals of Mathematics 141 1995 443 551 doi 10 2307 2118559 pdf Richard Taylor Andrew Wiles Ring theoretic properties of certain Hecke algebras Annals of Mathematics 141 1995 553 572 Christophe Breuil Brian Conrad Fred Diamond Richard Taylor On the modularity of elliptic curves over Q Wild 3 adic exercises PDF 1 1 MB Journal of the American Mathematical Society 14 2001 pp 843 939 Enthalt den Beweis des Modularitatssatzes In folgender Veroffentlichung wird Fermats letzter Satz auf den Modularitatssatz zuruckgefuhrt Ribet K A From the Taniyama Shimura Conjecture to Fermat s Last Theorem Annales de la faculte des sciences de Toulouse 5e serie 11 1 1990 p 116 139Literatur BearbeitenGary Cornell Joseph H Silverman Glenn Stevens Hrsg Modular forms and Fermat s last theorem Springer 1997 Fred Diamond Jerry Shurman A first course in modular forms Graduate Texts in Mathematics 228 Corrected 3rd printing Springer New York NY 2007 ISBN 978 0 387 23229 4 Kapitel 9 Galois representations Gerd Faltings The proof of Fermat s last theorem by R Taylor and A Wiles Notices American Mathematical Society 1995 Nr 7 PDFPopularwissenschaftlich Simon Singh Fermats letzter Satz Die abenteuerliche Geschichte eines mathematischen Ratsels dtv 33052 14 Auflage Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 2010 ISBN 978 3 423 33052 7 Simon Singh Kenneth Ribet Die Losung des Fermatschen Ratsels In Spektrum der Wissenschaft 1 98 ISSN 0170 2971 S 96 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Modularitatssatz amp oldid 233228633