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Die Vermutung von Birch und Swinnerton Dyer ist eines der wichtigsten ungelosten Probleme der modernen Mathematik und macht Aussagen zur Zahlentheorie auf elliptischen Kurven Inhaltsverzeichnis 1 Formulierung 2 Status 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseFormulierung BearbeitenDie Vermutung sagt etwas uber den Rang elliptischer Kurven aus Elliptische Kurven sind durch Gleichungen dritten Grades in x und zweiten Grades in y gegeben deren Diskriminante D nicht verschwindet 1 Auf diesen Kurven kann man rationale Punkte nach einem von Henri Poincare 1901 untersuchten 2 Sekanten Tangentenverfahren so addieren dass das Ergebnis wieder ein rationaler Punkt der Kurve ist Diese Addition ist geometrisch so definiert man lege eine Gerade durch zwei rationale Punkte P und Q Schneidet die Gerade die Kurve in einem dritten Punkt so spiegele man diesen an der x Achse was wieder einen Punkt auf der Kurve liefert da diese symmetrisch zur x Achse ist Der so erhaltene rationale Punkt der Kurve ist die Summe P Q Als neutrales Element 0 dient der Punkt im Unendlichen projektive Ebene Der Spiegelpunkt zu P auf der Kurve ist sein Inverses Im Fall dass die Gerade durch P Q keinen dritten Schnittpunkt auf der Kurve hat wird dafur der Punkt im Unendlichen genommen und die Addition lautet P 0 P Man kann auch P P bilden indem man den Schnittpunkt der Tangente in P als zweiten Punkt in der Additionskonstruktion nimmt Hinter dieser Konstruktion steht die Tatsache dass elliptische Kurven Riemannflachen von der Form eines Torus haben Geschlecht 1 3 geometrisch also Gitter sind und damit additive Gruppen sind was sich auch auf ihr Verhalten in den rationalen Zahlen oder endlichen Korpern ubertragt Die Existenz einer solchen merkwurdigen Art von Addition wird auch in den sogenannten Elliptic curve Primzahltests HW Lenstras Elliptic curve Faktorisierungsmethode und public key Verschlusselungsverfahren in der Kryptographie ausgenutzt Dazu braucht man Kurven mit moglichst vielen rationalen Punkten und nutzt die Schwierigkeit aus die Ausgangsdaten fur die additive Erzeugung grosser rationaler Punkte der Kurve zu finden Siehe dazu Elliptische Kurven Kryptosysteme Wenn man einen rationalen Ausgangspunkt P0 so zu sich selbst addiert erhalt man eine Folge von Punkten P 1 P 0 P 0 displaystyle P 1 P 0 P 0 nbsp P 2 P 0 P 0 P 0 displaystyle P 2 P 0 P 0 P 0 nbsp P 3 P 0 P 0 P 0 P 0 displaystyle P 3 P 0 P 0 P 0 P 0 nbsp und so weiter Nun konnen zwei Falle eintreten naturlich auch auf derselben Kurve bei verschiedenen rationalen Punkten Man bewegt sich in einem Kreis d h irgendein Pn ist wieder identisch dem Anfangspunkt In diesem Fall bilden die Punkte eine endliche Gruppe Die entsprechenden Punkte heissen Torsionspunkte die zugehorige Gruppe Torsionsgruppe Man kommt immerfort zu neuen Punkten die alle auf der Kurve liegen In diesem Fall ware die Gruppe isomorph zum r fachen Produkt der ganzen Zahlen je nachdem wie viele Startpunkte P0 notwendig sind um die rationalen Punkte so zu erzeugen Die Anzahl dieser Startpunkte wird als Rang r der Kurve bezeichnet Bei ihrer Vermutung geben Bryan Birch und Peter Swinnerton Dyer ein Verfahren an wie man aus der Gleichung der elliptischen Kurve deren Rang bestimmen kann Er ergibt sich aus der Betrachtung der L Funktion L E s die abhangig ist von der untersuchten elliptischen Kurve E und einer komplexen Variablen s Die L Funktion ist analog zur riemannschen Zetafunktion definiert nur geht man jetzt von der Primzahlseite also vom Eulerprodukt aus und kodiert zusatzlich in der Reihe die Anzahl der Losungen der elliptischen Kurve modulo einer Primzahl p 4 L E s p 1 1 a p p s p 1 2 s displaystyle L E s prod p frac 1 1 a p p s p 1 2s nbsp mit der Anzahl der Losungen mod p N p p a p displaystyle N p left p a p right nbsp L E s hat die Form einer richtigen Zetafunktionsreihe als Summe uber die naturlichen Zahlen sie konvergiert fur Realteile von s 3 2 Man kann nun untersuchen ob sie sich in ganz s analytisch fortsetzen lasst ob sie eine Funktionalgleichung erfullt wo ihre Nullstellen liegen usw Wie bei der riemannschen Zetafunktion fur die Primzahlen erhalt man aus L E s Informationen uber die asymptotische Verteilung der Losungen mod p fur grosse p Birch und Swinnerton Dyer untersuchten die Losungen in den 1960er Jahren mit dem Computer und formulierten ihre beruhmte Vermutung fur die asymptotische Verteilung der Anzahl N p der Punkte auf E uber endlichen Korpern F p also mod p nbsp Auftragung des Logarithmus von p M N p p displaystyle textstyle prod p leq M frac N p p nbsp fur die elliptische Kurve y 2 x 3 5 x displaystyle y 2 x 3 5x nbsp auf der senkrechten Achse blaue Farbe wobei M displaystyle M nbsp die erste Million Primzahlen durchlauft Aufgetragen ist auf der horizontalen Achse log log M displaystyle log log M nbsp so dass die BSD Vermutung eine Annaherung auf die rot eingezeichnete Gerade vorhersagt Steigung gleich Rang der Kurve hier 1 p lt M N p p log M r displaystyle prod p lt M frac N p p approx log M r nbsp fur M displaystyle M rightarrow infty nbsp Sie verbindet also ein Produkt lokaler Dichten die einzelnen endlichen Korper haben maximal p Elemente uber die Primzahlen mit der asymptotischen logarithmischen Verteilung mit einem Exponenten r da hier r naturliche Zahlen vorhanden sind In die Sprache der Zetafunktion L E s ubertragen besagt sie dass die Ordnung der Nullstelle von L E s an der Stelle s 1 falls die Funktion dort eine hat gleich dem Rang r der Gruppe der rationalen Punkte ist Dazu muss naturlich bewiesen werden dass L bis zu s 1 analytisch fortgesetzt werden kann so dass L dort in eine Taylorreihe entwickelbar ist Es gibt auch noch eine detailliertere Version die den Koeffizienten der Taylorentwicklung an der Stelle s 1 mit arithmetischen Objekten wie der Ordnung der Tate Shafarevich Gruppe 5 lokalen Faktoren der reellen Periode der Kurve und der Ordnung der Torsionsgruppen in Beziehung setzt Aus der Vermutung von Birch Swinnerton Dyer folgen einige weitere Satze der Zahlentheorie zum Beispiel von Jerrold Tunnell das Problem der Bestimmung kongruenter Zahlen Status BearbeitenDie Vermutung wurde bisher nur in Spezialfallen bewiesen 1976 bewiesen John Coates und Andrew Wiles dass wenn E eine elliptische Kurve mit komplexer Multiplikation ist und L E 1 nicht 0 ist E nur eine endliche Zahl rationaler Punkte hat Sie bewiesen dies fur imaginar quadratische Korper K aus diesen kommt der Faktor bei der komplexen Multiplikation mit der Klassenzahl 1 von Nicole Arthaud Arthaud Kuhman wurde dies auf alle imaginarquadratischen Zahlkorper erweitert 1983 zeigten Benedict Gross und Don Zagier dass wenn eine modulare elliptische Kurve 6 eine Nullstelle erster Ordnung bei s 1 hat es einen rationalen Punkt unendlicher Ordnung gibt 1990 zeigte Victor Kolyvagin dass fur eine modulare elliptische Kurve fur die L E 1 eine Nullstelle 1 Ordnung bei s 1 hat der Rang r 1 ist Ausserdem zeigte er ebenfalls fur modulare Kurven dass r 0 ist falls L dort keine Nullstelle hat 1991 zeigte Karl Rubin dass fur elliptische Kurven E mit komplexer Multiplikation mit Elementen aus einem imaginar quadratischen Zahlkorper K sowie mit nicht verschwindender L Reihe bei s 1 der p Anteil der Tate Shafarevich Gruppe die aus der Birch Swinnerton Dyer Vermutung folgende Ordnung hat fur alle Primzahlen p gt 7 1999 zeigten Andrew Wiles Christophe Breuil Brian Conrad Fred Diamond und Richard Taylor dass alle elliptischen Kurven uber den rationalen Zahlen modular sind Taniyama Shimura Vermutung 7 so dass die Ergebnisse von Kolyvagin und Rubin fur alle elliptischen Kurven uber den rationalen Zahlen Q displaystyle mathbb Q nbsp gelten Jan Nekovar zeigte um 2000 in einer kohomologischen Version der Vermutung uber Selmer Gruppen und Komplexe um 2002 dass die Vermutung modulo 2 Paritat 2 richtig ist und es gibt eine Vermutung zu hoheren Paritaten Nekovar verallgemeinerte auch die BSD Vermutung auf hohere Ordnungen der Nullstelle als Eins Plektische Vermutung 8 2010 zeigte Manjul Bhargava mit Arul Shankar dass ein positives Mass der elliptischen Kurven uber den rationalen Zahlen Rang 0 hat und die Vermutung von Birch und Swinnerton Dyer erfullt 9 2014 zeigten Bhargava Christopher Skinner und Wei Zhang dass dies fur die Mehrheit uber 66 Prozent elliptischer Kurven zutrifft 10 Fur Kurven mit Gruppen die einen Rang r gt 1 haben wurde bisher nichts bewiesen es gibt aber starke numerische Argumente fur die Korrektheit der Vermutung Der Beweis der noch offenen Vermutung von Birch und Swinnerton Dyer wurde vom Clay Mathematics Institute in ihre Liste der Millennium Probleme aufgenommen Literatur BearbeitenPeter Meier Jorn Steuding und Rasa Steuding Elliptische Kurven und eine kuhne Vermutung in Spektrum der Wissenschaft Dossier Die grossten Ratsel der Mathematik 6 2009 ISBN 978 3 941205 34 5 Seite 40 47 Jurg Kramer Die Vermutung von Birch und Swinnerton Dyer Elemente der Mathematik Band 57 2002 S 115 120 Hier Online John Coates The conjecture of Birch and Swinnerton Dyer in John Forbes Nash jr Michael Th Rassias Hrsg Open problems in mathematics Springer 2016 S 207 224Allgemein in Zusammenhang mit Elliptischen Kurven uber den rationalen Zahlen Serge Lang Faszination Mathematik ein Wissenschaftler stellt sich der Offentlichkeit Vieweg Braunschweig Wiesbaden 1989 ISBN 3 528 08956 3 doi 10 1007 978 3 322 85603 6 135 S Popular Ubersetzung von Gunther Eisenreich Serge Lang Elliptic curves diophantine analysis Grundlehren der mathematischen Wissenschaften Band 231 Springer Berlin New York 1978 ISBN 0 387 08489 4 englisch 261 S Neil Koblitz Introduction to elliptic curves and modular forms Springer Ney York 1984 ISBN 0 387 96029 5 englisch Dale Husemoller Elliptic curves with appendices by Stefan Theisen Otto Forster and Ruth Lawrence Graduate texts in mathematics Band 111 2 Auflage Springer New York 2004 ISBN 0 387 95490 2 englisch 487 S Joseph H Silverman The arithmetic of elliptic curves Springer New York 1986 ISBN 0 387 96203 4 englisch 400 S Joseph H Silverman John Tate Rational points on elliptic curves Springer New York 1992 ISBN 0 387 97825 9 englisch Anthony W Knapp Elliptic curves Mathematical notes Band 40 Princeton University Press Princeton N J 1992 ISBN 0 691 08559 5 englisch Avner Ash Robert Gross Elliptic Tales Curves Counting and Number Theory Princeton University Press 2012 ISBN 0691151199 Karl Rubin Alice Silverberg Ranks of elliptic curves In Bulletin of the American Mathematical Society Band 39 2002 ISSN 1088 9485 S 455 474 doi 10 1090 S0273 0979 02 00952 7 englisch Download des vollstandigen Artikels PDF 537 kB abgerufen am 26 Dezember 2020 Weblinks BearbeitenOffizielle Problembeschreibung im Rahmen der Millennium Probleme PDF 140 kB von Andrew Wiles 140 kB Vortrag Jurg KramerEinzelnachweise Bearbeiten Die Diskriminante ist proportional dem Produkt der Quadrate der drei Wurzeldifferenzen Sind zwei Wurzeln der kubischen Gleichung gleich so verschwindet D Diese sogenannten singularen Stellen an denen die partiellen Ableitungen beide verschwinden will man vermeiden Sie haben die Form eines Knotens zwei Tangenten in einem Punkt oder einer Spitze Doppeltangente in einem Punkt auf der x Achse Im Normalfall besteht die Kurve aus einer einzigen Kurve mit nur einer Nullstelle geschlossen im Unendlichen oder aus zwei Kurven mit einer zusatzlichen im Endlichen geschlossenen Kurve mit zwei reellen Nullstellen Das Verfahren war schon Isaac Newton bekannt Auch Poincares Behandlung wies Lucken auf z B bewies er die Gruppenstruktur nicht Norbert Schappacher Developpement de la loi de groupe sur une cubique Seminaire de theorie des nombres de Paris 1988 1989 Birkhauser 1990 pp 158 184 Fur Kurven mit Geschlecht grosser als 1 gibt es nach dem Satz von Faltings Mordell nur endlich viele rationale Punkte wobei im Produkt eine Primzahl p auftritt die die Diskriminante nicht teilt eine so genannte gute Primzahl Wurde sie dies tun bad prime ware E die elliptische Kurve uber dem zugehorigen endlichen Korper singular und das Vorgehen ist dann komplizierter das ist die Gruppe der Aquivalenzklassen homogener Raume der Gruppe von E uber lokalen Korpern Uber diese Gruppen ist wenig bekannt man weiss nicht einmal ob sie fur alle elliptischen Kurven endlich sind modular heisst dass sich die Anzahl der Losungen mod p auch aus den Fourierkoeffizienten einer Modulform ergibt oder besser gesagt dass sich allein mit diesen Losungsanzahlen eine Modulform bilden lasst Modulare elliptische Kurven werden auch Weil Kurven genannt Fur den Beweis der Fermat Vermutung hatten Wiles und Taylor das schon vorher fur spezielle semistabile elliptische Kurven bewiesen Siehe Nekovar Selmer complexes In Asterisque Band 310 2006 numdam Bhargava Shankar Ternary cubic forms having bounded invariants and the existence of a positive proportion of elliptic curves having rank 0 2010 Arxiv Bhargava Skinner Zhang A majority of elliptic curves over Q satisfy the Birch and Swinnerton Dyer conjecture Arxiv 2014 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vermutung von Birch und Swinnerton Dyer amp oldid 228024117