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In der Analysis versteht man unter der analytischen Fortsetzung einer Funktion die auf einer Teilmenge M displaystyle M der reellen oder komplexen Zahlen definiert ist eine analytische Funktion die auf einem komplexen Gebiet das M displaystyle M umfasst definiert ist und auf der Teilmenge M displaystyle M mit der ursprunglichen Funktion ubereinstimmt Hier sind fast ausschliesslich die Falle von Interesse in denen die Fortsetzung und in der Regel auch ein maximales Gebiet durch die vorgegebene Menge M displaystyle M und die auf ihr definierte Funktion f displaystyle f eindeutig bestimmt ist In der Funktionentheorie insbesondere bei Untersuchungen von Funktionen in mehreren komplexen Variablen wird der Begriff abstrakter gefasst Hier bedeutet analytische Fortsetzung das Fortsetzen einer holomorphen Funktion bzw eines holomorphen Funktionskeims Dabei wird unterschieden zwischen der Fortsetzung des Keimes entlang eines Weges und der Fortsetzung zu einer Funktion auf einem Gebiet Bedeutungsvoll ist dass holomorphe Funktionen anders als etwa stetige oder lediglich beliebig oft differenzierbare Funktionen bereits aus lokalen Daten auf einer sehr kleinen Umgebung sehr gut rekonstruiert werden konnen Inhaltsverzeichnis 1 Analytische Fortsetzung in der Analysis 1 1 Beispiele 2 Keim 3 Fortsetzung entlang eines Weges 4 Definition 5 Beispiel 6 Maximale Analytische Fortsetzung 6 1 Existenz und Eindeutigkeit 6 2 Beispiel 7 LiteraturAnalytische Fortsetzung in der Analysis Bearbeiten Hauptartikel Identitatssatz fur holomorphe Funktionen Fur die elementare Analysis wichtige Aussagen uber Fortsetzbarkeit sind die folgenden Sei M displaystyle M nbsp ein reelles offenes oder abgeschlossenes Intervall Dann ist eine Funktion f M R displaystyle f colon M rightarrow mathbb R nbsp genau dann analytisch fortsetzbar wenn fur jeden Punkt des Intervalls eine offene Umgebung existiert auf der sich die Funktion durch eine absolut konvergente Potenzreihe darstellen lasst oder wenn f displaystyle f nbsp in jedem Punkt des Intervalls beliebig oft differenzierbar ist und die Taylorreihe zu jedem Punkt des Intervalls einen nicht verschwindenden Konvergenzradius hat In beiden Fallen liefern die genannten Reihen theoretisch nur lokal in vielen praktisch wichtigen Fallen aber bei geeigneter Wahl des Entwicklungspunktes auf einem komplexen Gebiet das das gesamte Intervall M displaystyle M nbsp umfasst eine Beschreibung der hier eindeutig bestimmten analytischen Fortsetzung als Potenzreihe Wenn die abgeschlossene Hulle einer unendlichen Menge M C displaystyle M subset mathbb C nbsp zusammenhangend also zum Beispiel ein reelles Intervall ist und eine analytische Fortsetzung g displaystyle g nbsp von f M C displaystyle f colon M rightarrow mathbb C nbsp auf ein Gebiet G M displaystyle G supset M nbsp existiert dann stimmt eine zweite auf G displaystyle G nbsp holomorphe Funktion h displaystyle h nbsp bereits dann mit der Fortsetzung g displaystyle g nbsp uberein wenn sie mit f displaystyle f nbsp auf einer unendlichen Teilmenge von M displaystyle M nbsp die sich in M displaystyle M nbsp hauft ubereinstimmt oder wenn in irgendeinem festen Punkt von M displaystyle M nbsp die Funktionswerte und alle Ableitungen von g displaystyle g nbsp und h displaystyle h nbsp ubereinstimmen Die hier genannten und einige andere Satze uber die analytische Fortsetzbarkeit und die Eindeutigkeit der Fortsetzung sind in den nachfolgenden abstrakteren Formulierungen der Funktionentheorie als Spezialfalle enthalten Beispiele Bearbeiten Jede ganzrationale Funktion auf R displaystyle mathbb R nbsp also jede reelle Funktion deren Funktionsterm ein Polynom in R x displaystyle mathbb R x nbsp ist lasst sich auf C displaystyle mathbb C nbsp analytisch durch die Funktion mit dem gleichen Funktionsterm fortsetzen Die gebrochenrationale Funktion f x 1 1 x 2 displaystyle f x tfrac 1 1 x 2 nbsp lasst sich auf das Gebiet F C 1 displaystyle F mathbb C setminus lbrace pm 1 rbrace nbsp fortsetzen Im Inneren des Einheitskreises G z C z lt 1 displaystyle G lbrace z in mathbb C z lt 1 rbrace nbsp kann die Fortsetzung durch die Potenzreihe g z k 0 z 2 k textstyle g z sum k 0 infty z 2k nbsp dargestellt werden im Ausseren H z C z gt 1 displaystyle H lbrace z in mathbb C z gt 1 rbrace nbsp durch die Laurentreihe h z k 1 z 2 k textstyle h z sum k 1 infty z 2k nbsp Beide Fortsetzungen g h displaystyle g h nbsp lassen sich lokal uber ihr Konvergenzgebiet hinaus durch Potenzreihen analytisch fortsetzen Sie lassen sich also zu einer gemeinsamen analytischen Fortsetzung auf F displaystyle F nbsp zusammensetzen dies ist wie immer bei gebrochenrationalen reellen Funktionen naturlich die komplexe gebrochenrationale Funktion z 1 1 z 2 displaystyle z mapsto tfrac 1 1 z 2 nbsp Die reellen Exponentialfunktionen die Sinus Funktion und die Cosinus Funktion lassen sich als Potenzreihen mit dem Konvergenzradius r displaystyle rho infty nbsp darstellen Daher kann man sie analytisch zu ganzen Funktionen fortsetzen die dann durch die gleichen Potenzreihen darstellbar sind Die auf M N 0 displaystyle M mathbb N 0 nbsp definierte Fakultatsfunktion f n n displaystyle f n n nbsp besitzt als analytische Fortsetzung die Gammafunktion z G z 1 displaystyle z mapsto Gamma z 1 nbsp Diese Fortsetzung wird allerdings erst durch die zusatzliche Bedingung eindeutig dass die Fortsetzung logarithmisch konvex sein soll Siehe Satz von Bohr Mollerup Keim BearbeitenUm eine prazise Definition einer analytischen Fortsetzung im Sinne der Funktionentheorie zu geben mussen zuerst die Begriffe Halm und Funktionskeim erlautert werden Sei X displaystyle X nbsp eine komplexe Mannigfaltigkeit und a X displaystyle a in X nbsp ein Punkt Zudem seien U V displaystyle U V nbsp zwei Umgebungen von a displaystyle a nbsp und f U C g V C displaystyle f colon U rightarrow mathbb C g colon V rightarrow mathbb C nbsp zwei holomorphe Funktionen Die beiden Funktionen heissen aquivalent im Punkt a displaystyle a nbsp falls eine Umgebung W U V displaystyle W subseteq U cap V nbsp von a displaystyle a nbsp existiert mit f W g W displaystyle f W g W nbsp Die Menge all dieser Aquivalenzklassen wird als Halm O a displaystyle mathcal O a nbsp bezeichnet die Aquivalenzklassen als Funktions Keime Die Projektion einer Funktion f displaystyle f nbsp auf ihren Keim im Punkt a displaystyle a nbsp wird mit r a f displaystyle rho a f nbsp notiert Anschaulich beschreibt der Keim r a f displaystyle rho a f nbsp einer Funktion das Verhalten von f displaystyle f nbsp in unmittelbarer Umgebung von a displaystyle a nbsp Das ist mehr als der blosse Funktionswert f a displaystyle f a nbsp denn auch die Ableitungen f a f a displaystyle f a f a nbsp usw lassen sich aus dem Keim ablesen da sie sich aus jeder noch so kleinen Umgebung von a displaystyle a nbsp ergeben Der Halm O a displaystyle mathcal O a nbsp tragt auf naturliche Weise die Struktur einer C displaystyle mathbb C nbsp Algebra Er ist isomorph zur C displaystyle mathbb C nbsp Algebra der in a displaystyle a nbsp konvergenten Potenzreihen da das lokale Verhalten einer holomorphen Funktion durch ihre Potenzreihenentwicklung eindeutig bestimmt ist Fortsetzung entlang eines Weges BearbeitenSei X displaystyle X nbsp eine zusammenhangende komplexe Mannigfaltigkeit a b X displaystyle a b in X nbsp zwei Punkte und f O a displaystyle varphi in mathcal O a nbsp sowie ps O b displaystyle psi in mathcal O b nbsp zwei Funktionskeime ps displaystyle psi nbsp heisst analytische Fortsetzung von f displaystyle varphi nbsp entlang des Weges c 0 1 X displaystyle c colon 0 1 rightarrow X nbsp mit c 0 a c 1 b displaystyle c 0 a c 1 b nbsp falls folgendes gilt Es existieren Punkte x 0 x 1 x n c 0 1 displaystyle x 0 x 1 dots x n in c 0 1 nbsp mit offenen Umgebungen U 0 U 1 U n X displaystyle U 0 U 1 dots U n subseteq X nbsp und holomorphen Funktionen f k U k C k 0 1 n displaystyle f k colon U k rightarrow mathbb C k 0 1 dots n nbsp derart dass x 0 a x n b displaystyle x 0 a x n b nbsp c 0 1 k 0 n U k displaystyle c 0 1 subset bigcup k 0 n U k nbsp r a f 0 f r b f n ps displaystyle rho a f 0 varphi rho b f n psi nbsp f k 1 U k 1 U k f k U k 1 U k displaystyle f k 1 U k 1 cap U k f k U k 1 cap U k nbsp fur k 1 2 n displaystyle k 1 2 dots n nbsp Mit anderen Worten Es gibt eine endliche Folge von offenen Umgebungen welche die Kurve uberdecken Auf diesen Umgebungen sind jeweils holomorphe Funktionen definiert welche in den Bereichen ubereinstimmen wo sich die Umgebungen uberlappen Haufig wahlt man offene Kreise als Mengen U k displaystyle U k nbsp denn diese treten als Konvergenzbereiche von Reihenentwicklungen auf in diesem Fall spricht man von einer Kreiskette Diese Fortsetzung hangt im Allgemeinen von der Wahl des Weges ab nicht jedoch von den Zwischenpunkten x k displaystyle x k nbsp und den Umgebungen U k displaystyle U k nbsp Auch gibt es im Allgemeinen keine in einer Umgebung U displaystyle U nbsp von ganz c 0 1 displaystyle c 0 1 nbsp holomorphe Funktion f displaystyle f nbsp mit r a f f displaystyle rho a f varphi nbsp und r b f ps displaystyle rho b f psi nbsp Definition BearbeitenSei X displaystyle X nbsp eine zusammenhangende komplexe Mannigfaltigkeit a X displaystyle a in X nbsp ein Punkt und f O a displaystyle varphi in mathcal O a nbsp ein Funktionskeim Das Quadrupel Y p f b displaystyle Y p f b nbsp heisst eine analytische Fortsetzung von f displaystyle varphi nbsp falls gilt Y displaystyle Y nbsp ist eine zusammenhangende komplexe Mannigfaltigkeit p Y X displaystyle p colon Y rightarrow X nbsp ist eine holomorphe Abbildung und ein lokaler Homoomorphismus f Y C displaystyle f colon Y rightarrow mathbb C nbsp ist eine holomorphe Funktion b Y displaystyle b in Y nbsp so dass p b a displaystyle p b a nbsp und r b f f p displaystyle rho b f varphi circ p nbsp wobei r b f displaystyle rho b f nbsp die Projektion von f displaystyle f nbsp auf die Aquivalenzklasse ihres Keims in b displaystyle b nbsp bezeichnet Die auf diese Weise definierte analytische Fortsetzung hangt mit der Fortsetzung entlang eines Weges zusammen Wenn c 0 1 Y displaystyle c colon 0 1 rightarrow Y nbsp ein Weg mit Anfangspunkt c 0 b displaystyle c 0 b nbsp und Endpunkt c 1 d displaystyle c 1 d nbsp ist dann ist p c 0 1 X displaystyle p circ c colon 0 1 rightarrow X nbsp ein Weg mit Anfangspunkt a p b displaystyle a p b nbsp und Endpunkt p d displaystyle p d nbsp Die Funktion f Y C displaystyle f colon Y rightarrow mathbb C nbsp definiert in einer Umgebung von p d displaystyle p d nbsp durch f p 1 displaystyle f circ p 1 nbsp einen Funktionskeim in O p d displaystyle mathcal O p d nbsp Beispiel BearbeitenSeien X C displaystyle X mathbb C nbsp a 1 displaystyle a 1 nbsp und sei f displaystyle varphi nbsp der Keim in 1 displaystyle 1 nbsp desjenigen Zweiges der holomorphen Quadratwurzel mit 1 1 displaystyle sqrt 1 1 nbsp Analytische Fortsetzungen davon beispielsweise sind Die durch die Taylorreihe n 0 1 n 2 n 1 2 n n 2 4 n x 1 n displaystyle textstyle sum n 0 infty frac 1 n 2n 1 2n n 2 4 n x 1 n nbsp um 1 displaystyle 1 nbsp in der offenen Kreisscheibe B 1 1 displaystyle B 1 1 nbsp definierte Funktion f Y B 1 1 C displaystyle f colon Y B 1 1 rightarrow mathbb C nbsp Die Projektion p Y C displaystyle p colon Y rightarrow mathbb C nbsp ist die naturliche Inklusionsabbildung Der Hauptzweig der Quadratwurzel definiert auf der geschlitzten komplexen Ebene Y C z C I m z 0 R e z 0 displaystyle Y mathbb C setminus left z in mathbb C mathrm Im z 0 mathrm Re z leq 0 right nbsp wobei p Y C displaystyle p colon Y rightarrow mathbb C nbsp wieder die naturliche Inklusionsabbildung ist Alle Beispiele haben gemeinsam dass Y displaystyle Y nbsp als Teilmenge von X C displaystyle X mathbb C nbsp aufgefasst werden kann Die beiden letzten Beispiele zeigen zudem dass es innerhalb von C displaystyle mathbb C nbsp kein grosstes Gebiet gibt auf dem die Funktion holomorph fortgesetzt werden kann Die Frage nach der grosstmoglichen Fortsetzung fuhrt zur Definition der maximalen analytischen Fortsetzung Maximale Analytische Fortsetzung Bearbeiten nbsp Sei X displaystyle X nbsp eine zusammenhangende komplexe Mannigfaltigkeit a X displaystyle a in X nbsp ein Punkt und f O a displaystyle varphi in mathcal O a nbsp ein Funktionskeim Eine analytische Fortsetzung Y p f b displaystyle Y p f b nbsp von f displaystyle varphi nbsp heisst maximale analytische Fortsetzung falls fur jede andere analytische Fortsetzung Z q g c displaystyle Z q g c nbsp von f displaystyle varphi nbsp gilt Es existiert eine holomorphe Abbildung F Z Y displaystyle F colon Z rightarrow Y nbsp mit f F g displaystyle f circ F g nbsp F c b displaystyle F c b nbsp und q p F displaystyle q p circ F nbsp Existenz und Eindeutigkeit Bearbeiten Direkt aus der Definition folgt die Eindeutigkeit der maximalen analytischen Fortsetzung bis auf holomorphe Isomorphie Die Existenz kann mit Hilfe der Garbentheorie gezeigt werden Z displaystyle Z nbsp ist die Zusammenhangskomponente des Uberlagerungsraumes der Garbe der holomorphen Funktionen O displaystyle mathcal O nbsp welche ein fest gewahltes Urbild des Keimes f displaystyle varphi nbsp enthalt Beispiel Bearbeiten Sei X C a 1 displaystyle X mathbb C a 1 nbsp und f displaystyle varphi nbsp der Keim desjenigen Zweiges der holomorphen Quadratwurzel mit 1 1 displaystyle sqrt 1 1 nbsp Die maximale analytische Fortsetzung Y b p f displaystyle Y b p f nbsp ist gegeben durch Y y 1 y 2 C 2 y 2 y 1 2 y 1 0 C 2 displaystyle Y left y 1 y 2 in mathbb C 2 y 2 y 1 2 y 1 neq 0 right subset mathbb C 2 nbsp b 1 1 displaystyle b 1 1 nbsp p y 1 y 2 y 2 displaystyle p y 1 y 2 y 2 nbsp f y 1 y 2 y 1 displaystyle f y 1 y 2 y 1 nbsp Zu einer anderen analytischen Fortsetzung Z q g c displaystyle Z q g c nbsp wird die Abbildung F Z Y displaystyle F colon Z rightarrow Y nbsp definiert durch F z g z q z displaystyle F z left g z q z right nbsp Literatur BearbeitenHeinrich Behnke und Friedrich Sommer Theorie der analytischen Funktionen einer komplexen Veranderlichen Studienausgabe 3 Auflage Springer Berlin Heidelberg New York 1972 ISBN 3 540 07768 5 Hans Grauert Klaus Fritzsche Einfuhrung in die Funktionentheorie mehrerer Veranderlicher Springer Verlag Berlin 1974 ISBN 3 540 06672 1 u ISBN 0 387 06672 1 Otto Forster Riemannsche Flachen Springer Verlag 1977 vergriffen engl Ubersetzung lieferbar ISBN 0 387 90617 7 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Analytische Fortsetzung amp oldid 236894165