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Der Identitatssatz fur holomorphe Funktionen ist ein wichtiger Satz der Funktionentheorie Er besagt dass aufgrund der starken Einschrankungen an holomorphe Funktionen oft schon die lokale Gleichheit zweier solcher Funktionen ausreicht um diese auch global zu folgern Inhaltsverzeichnis 1 Identitatssatz 2 Identitatssatz fur Gebiete 2 1 Aussage 2 2 Beweis 2 3 Beispiel 3 Folgerungen 4 Mehrere Veranderliche 5 Literatur 6 EinzelnachweiseIdentitatssatz BearbeitenSeien f displaystyle f nbsp und g displaystyle g nbsp holomorphe Funktionen auf einer Umgebung U displaystyle U nbsp von z 0 displaystyle z 0 nbsp und sei z 0 displaystyle z 0 nbsp ein Haufungspunkt der Koinzidenzmenge z U f z g z displaystyle z in U mid f z g z nbsp dann existiert eine Umgebung V displaystyle V nbsp von z 0 displaystyle z 0 nbsp mit f z g z displaystyle f z g z nbsp auf ganz V displaystyle V nbsp Identitatssatz fur Gebiete BearbeitenFur Gebiete insbesondere da sie zusammenhangend sind lasst sich die Aussage des Identitatssatzes leicht verscharfen und wird auch fundamentaler Satz der Funktionentheorie genannt 1 Aussage Bearbeiten Seien G C displaystyle G subseteq mathbb C nbsp ein Gebiet und f displaystyle f nbsp und g displaystyle g nbsp auf diesem Gebiet holomorphe Funktionen Dann sind folgende Aussagen aquivalent f z g z displaystyle f z g z nbsp fur alle z G displaystyle z in G nbsp das heisst die Funktionen stimmen auf dem ganzen Gebiet uberein Die Koinzidenzmenge z G f z g z displaystyle z in G mid f z g z nbsp hat einen Haufungspunkt in G displaystyle G nbsp Es gibt ein z G displaystyle z in G nbsp so dass f n z g n z displaystyle f n z g n z nbsp fur alle n N 0 displaystyle n in mathbb N 0 nbsp das heisst in einem Punkt von G displaystyle G nbsp stimmen die Funktionen und alle ihre Ableitungen uberein Beweis Bearbeiten Holomorphe Funktionen sind analytisch d h lokal jeweils durch ihre Taylorreihe darstellbar 2 folgt sofort aus 1 da jeder Punkt in G displaystyle G nbsp ein Haufungspunkt von G displaystyle G nbsp ist 3 folgt aus 2 durch Widerspruchsbeweis Sei z 0 displaystyle z 0 nbsp ein Haufungspunkt der Koinzidenzmenge Ohne Einschrankung konnen wir z 0 0 displaystyle z 0 0 nbsp voraussetzen Annahme Es gibt ein n N 0 displaystyle n in mathbb N 0 nbsp mit f n 0 g n 0 displaystyle f n 0 neq g n 0 nbsp Sei N displaystyle N nbsp das kleinste solche Dann ist in einer Umgebung der Null f z g z z N h z displaystyle f z g z z N h z nbsp mit h z n 0 f N n 0 g N n 0 N n z n displaystyle h z sum limits n 0 infty frac f N n 0 g N n 0 N n z n nbsp und die Nullstellenmenge von h displaystyle h nbsp ist gleich der Koinzidenzmenge da h displaystyle h nbsp stetig ist Insbesondere gilt 0 h 0 f N 0 g N 0 N displaystyle 0 h 0 frac f N 0 g N 0 N nbsp im Widerspruch zur Minimalitat von N displaystyle N nbsp 1 folgt aus 3 weil G displaystyle G nbsp zusammenhangend ist Es genugt zu zeigen dass die Menge A z G n N 0 f n z g n z displaystyle A z in G forall n in mathbb N 0 f n z g n z nbsp nichtleer offen und abgeschlossen in G displaystyle G nbsp ist Ersteres gilt nach Voraussetzung letzteres ist klar da A n N 0 A n displaystyle textstyle A bigcap n in mathbb N 0 A n nbsp ist wobei die A n z G f n z g n z f n g n 1 0 displaystyle A n z in G f n z g n z f n g n 1 0 nbsp als stetige Urbilder der abgeschlossenen Menge 0 displaystyle 0 nbsp wieder abgeschlossen sind und der Durchschnitt abgeschlossener Mengen wieder abgeschlossen ist Schliesslich ist A displaystyle A nbsp offen Ist z A displaystyle z in A nbsp dann ist f g displaystyle f g nbsp als analytische Funktion in einer Umgebung von z displaystyle z nbsp gleich ihrer Taylorreihe also identisch null Diese Umgebung gehort also auch zu A displaystyle A nbsp Beispiel Bearbeiten Beim zweiten Punkt ist es essentiell dass der Haufungspunkt im Gebiet G displaystyle G nbsp und nicht auf dessen Rand liegt Betrachte dazu folgendes Beispiel Die Funktion sin 1 z displaystyle sin tfrac 1 z nbsp ist holomorph auf C 0 displaystyle mathbb C setminus 0 nbsp die Folge z n 1 n p displaystyle z n tfrac 1 n pi nbsp liegt darin und konvergiert gegen 0 Also ist 0 ein Haufungspunkt der Folge z n displaystyle z n nbsp und es gilt sin 1 z n sin n p 0 displaystyle sin tfrac 1 z n sin n pi 0 nbsp aber naturlich gilt auch sin 1 z 0 displaystyle sin tfrac 1 z not equiv 0 nbsp Also stimmt sin 1 z displaystyle sin tfrac 1 z nbsp auf der Menge der z n displaystyle z n nbsp die den Haufungspunkt 0 besitzt mit der Nullfunktion uberein aber offensichtlich nicht auf ganz C 0 displaystyle mathbb C setminus 0 nbsp Folgerungen BearbeitenEindeutige Fortsetzbarkeit reeller Funktionen Eine wesentliche Folgerung aus dem Identitatssatz ist die eindeutige Fortsetzbarkeit reeller Funktionen Kann man eine reelle Funktion holomorph auf die komplexe Ebene fortsetzen dies ist im Allgemeinen nicht moglich so ist diese Fortsetzung eindeutig Der komplexe Sinus ist daher wirklich die einzige holomorphe Fortsetzung des reellen Sinus Insbesondere gelten auch die Additionstheoreme fur den komplexen Sinus Sonderfall g 0 Ein Sonderfall des Identitatssatzes fur Gebiete der sehr haufig angewendet wird ergibt sich mit g 0 displaystyle g 0 nbsp Hat die Nullstellenmenge von f displaystyle f nbsp in einem Gebiet G displaystyle G nbsp einen Haufungspunkt so gilt f 0 displaystyle f equiv 0 nbsp auf ganz G displaystyle G nbsp Nullteilerfreiheit des Rings der holomorphen Funktionen Der Ring der holomorphen Funktionen auf einem Gebiet G displaystyle G nbsp ist nullteilerfrei d h aus f g 0 displaystyle fg equiv 0 nbsp folgt stets f 0 displaystyle f equiv 0 nbsp oder g 0 displaystyle g equiv 0 nbsp Seien hierzu f g G C displaystyle f g colon G to mathbb C nbsp holomorph mit f 0 displaystyle f not equiv 0 nbsp und f g 0 displaystyle fg equiv 0 nbsp Dann gibt es einen Punkt z 0 displaystyle z 0 nbsp in G displaystyle G nbsp und eine Umgebung U displaystyle U nbsp von z 0 displaystyle z 0 nbsp mit f z 0 displaystyle f z neq 0 nbsp fur alle z U displaystyle z in U nbsp Dann gilt aber g U 0 displaystyle g U equiv 0 nbsp und somit g 0 displaystyle g equiv 0 nbsp nach dem Sonderfall Identitatssatz fur Potenzreihen Es seien n 0 a n x x 0 n displaystyle sum nu 0 infty a nu x x 0 nu nbsp und n 0 b n x x 0 n displaystyle sum nu 0 infty b nu x x 0 nu nbsp dd zwei Potenzreihen um den gleichen Entwicklungspunkt x 0 displaystyle x 0 nbsp mit reellen oder komplexen Koeffizienten a n displaystyle a nu nbsp bzw b n displaystyle b nu nbsp und einem gemeinsamen nichttrivialen Konvergenzbereich I displaystyle I nbsp Stimmen die Werte fur alle x n displaystyle x n nbsp einer Folge x n displaystyle x n nbsp mit I x n x 0 displaystyle I ni x n neq x 0 nbsp und x n x 0 displaystyle x n rightarrow x 0 nbsp uberein so sind die Reihen identisch d h a n b n n N 0 displaystyle a nu b nu qquad nu in mathbb N 0 nbsp dd Der Beweis ergibt sich induktiv uber gliedweise Differentiation einer Potenzreihe aus dem Identitatssatz fur holomorphe Funktionen 1 Identitatssatz fur Polynome Der Identitatssatz fur Polynome ist ein Spezialfall des Identitatssatzes fur Potenzreihen und ist Grundlage fur den Koeffizientenvergleich 1 2 Mehrere Veranderliche BearbeitenIn der Funktionentheorie mehrerer Veranderlicher treten Nullstellenmengen mit Haufungspunkten auf Die holomorphe Funktion C 2 C z 1 z 2 z 1 z 2 displaystyle mathbb C 2 rightarrow mathbb C z 1 z 2 mapsto z 1 z 2 nbsp verschwindet auf der Geraden z z z C displaystyle z z mid z in mathbb C nbsp ohne selbst die Nullfunktion zu sein In der Funktionentheorie mehrerer Veranderlicher gilt ein Identitatssatz in folgender Form 3 Ist G C n displaystyle G subset mathbb C n nbsp ein Gebiet und sind f g G C displaystyle f g G rightarrow mathbb C nbsp zwei holomorphe Funktionen die auf einer nicht leeren offenen Teilmenge von G displaystyle G nbsp ubereinstimmen so ist f g displaystyle f g nbsp auf ganz G displaystyle G nbsp Literatur BearbeitenE Freitag R Busam Funktionentheorie 1 4 Auflage Springer Verlag ISBN 3 540 67641 4 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Guido Walz Hrsg Lexikon der Mathematik Band 2 Eig Inn Springer Spektrum Verlag Mannheim 2017 ISBN 978 3 662 53503 5 S 476 doi 10 1007 978 3 662 53504 2 Guido Walz Hrsg Lexikon der Mathematik Band 3 Inp Mon Springer Spektrum Verlag Mannheim 2017 ISBN 978 3 662 53501 1 S 131 doi 10 1007 978 3 662 53502 8 Gunning Rossi Analytic functions of several complex variables Prentice Hall 1965 Kap I A Theorem 6 Identity Theorem Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Identitatssatz fur holomorphe Funktionen amp oldid 203862044