www.wikidata.de-de.nina.az
Die Meininger Stadtbefestigung war bis Ende des 18 Jahrhunderts ein komplexes Verteidigungssystem aus Stadtmauern Turmen Wallen Wassergraben und Ravelinen mit der die Stadt Meiningen umgeben und geschutzt wurde Das Wallgrabensystem als fast einziger bis in die Gegenwart bestehender Teil der Stadtbefestigung stellt als Bodendenkmal das am besten erhaltene Wallgrabensystem in Thuringen dar 1 Meininger Stadtbefestigung mit dem Wallgrabensystem im Jahr 1676 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Stadtmauer und Turme 2 1 Stadtmauer 2 2 Turme 2 3 Stadttore 3 Wallgrabensystem 4 Burgen Landwehr und Ravelinen 5 Entfestigung 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDas spatestens seit den 7 Jahrhundert existierende Meiningen 2 wurde 982 als Konigsgut erstmals urkundlich erwahnt und war zu diesem Zeitpunkt der Hauptort einer Mark einer kleinen Verwaltungseinheit im Grabfeldgau im Herzogtum Franken und Standort einer Zehnt Begunstigt durch die Lage an einer Furt der Werra und mehrerer Handelswege gewann der Ort rasch an Bedeutung und war aufgrund der Ungarneinfalle bereits mit einer einfachen Befestigung versehen 3 Ab 1007 gehorte Meiningen zum Hochstift Wurzburg das noch im 11 Jahrhundert mit dem Bau der Burg Meiningen als Wasserburg das erste massive Befestigungsbauwerk errichten liess 2 Stetige Versuche anderer Machte die Exklave Meiningen den Wurzburgern zu entreissen veranlassten die Wurzburger Bischofe dazu Meiningen umfangreich zu befestigen Zu Beginn des 13 Jahrhunderts war das mittlerweile zur Stadt erhobene Meiningen von einem aus zwei Wassergraben und einem dazwischenliegenden Wall bestehenden Wallgrabensystem umgeben 1 Ab Mitte des 13 Jahrhunderts wurden die innere Stadtmauer mit Wehrgang die beiden Torturme die Mittlere Pforte und einige Wehrturme unter Einbeziehung der Wasserburg errichtet Im 15 Jahrhundert entstand zur Verstarkung die aussere Stadtmauer beziehungsweise Zwingermauer mit Halbschalenrondellen 1 Zur Vollendung der Stadtbefestigung erbaute man 1554 1555 als weiteren Stadtgraben den dritten Wassergraben mit Wall und 1670 1675 zum Schutz der Brucken uber die Wassergraben und der Torturme zwei vorgelagerte Ravelinen sowie den Pulverturm Sonstige Schanzarbeiten fanden 1644 45 im Dreissigjahrigen Krieg infolge von Belagerungen statt Meiningen besass mit der doppelten Stadtmauer den Torturmen und Ravelinen dem Wallgrabensystem im Suden Osten und Norden sowie dem Flusssystem Werra Muhlgraben im Westen eine effektive und starke Stadtbefestigung Stadtmauer und Turme Bearbeiten nbsp Unterer Torturm um 1815 nbsp Restauriertes Halbschalenrondell nbsp PulverturmStadtmauer Bearbeiten Ein bedeutender Teil der Meininger Stadtbefestigung war die Stadtmauer die zwischen dem 13 und 15 Jahrhundert in mehreren Bauphasen direkt hinter dem inneren Wassergraben und dem Muhlgraben errichtet worden ist Sie wurde uberwiegend mit Kalksteinen erbaut die in der Umgebung der Stadt gebrochen wurden Die Stadtmauer bestand aus einem doppelten Mauerring mit 25 halbrunden Rondellen einem zwischen den Mauern liegenden Zwinger und Wehrgangen Ihre Lange betrug rund 2 km Die Stadtmauer wurde wahrend der Entfestigung Ende des 18 und Anfang des 19 Jahrhunderts fast vollstandig geschleift Zuerst brach man 1778 1782 die Mauern bei den Stadttoren ab 4 Turme Bearbeiten Zur Stadtmauer gehorten in ihrer genauen Anzahl nicht mehr erfassbare aber mehr als ein Dutzend Wehrturme davon einige Rundturme die insbesondere die westliche Stadtmauer verstarkten Der machtige Bergfried der Wurzburger Stadtburg Burg Meiningen stand nah an der Stadtmauer ostlich der Burg im Nordwesten der Stadt Der Turm beherbergte auch ein Gefangnis Er wurde 1685 wahrend der Erbauung des Schlosses Elisabethenburg abgebrochen dessen Natursteine man als Baumaterial nutzte Der Pulverturm entstand 1672 an der Sudwestecke der Stadtmauer am Muhlgraben und war mit dem 1817 abgerissenen Zeughaus verbunden 1 Der Turm besass auf drei Etagen maulschartenartige Schiessscharten und eine Wehrplattform mit Schlitzschiessscharten Im 19 Jahrhundert bekam der bis heute erhaltene Rundturm nach einem Umbau ein Kegeldach und Fenster Nach dem Pulverturm ist ein gegenuber und jenseits des Muhlgrabens gelegener Park benannt Pulverrasen Mit jeweils zwei Rundturmen als Torvorbauten wurden 1673 die Brucken uber die beiden inneren Wassergraben vor dem Unteren und Oberen Torturm verstarkt gesichert Stadttore Bearbeiten Im Endausbauzustand besass die Stadtbefestigung vier Stadttore Im gleichen Zeitraum wie die Stadtmauer entstanden die beiden Torturme Oberes Tor im Suden und Unteres Tor im Norden sowie die Mittlere Pforte im Westen Die Torturme bildeten die beiden Hauptzugange in die Stadt Sie sind im ublichen Baustil der frankischen Region zwischen Main bei Wurzburg und Werra erbaut worden Vergleichbare bis heute erhaltene Torturme sind das Hohntor in Bad Neustadt wie Oberer Torturm und das Hattersdorfer Stadttor in Sesslach Unterer Torturm Die 20 30 m hohen Turme hatten einen quadratischen Grundriss eine mittige Tordurchfahrt Wehrerker Schiessscharten und ein Schweifdach ahnlich einer Haubenform Der Obere Torturm besass zusatzlich eine Laterne Dieser Turm wurde 1639 im Dreissigjahrigen Krieg durch Feuer schwer beschadigt Vor dem Oberen Torturm erbaute man 1741 ein mit Mars und Pallas Athene Skulpturen geschmucktes barockes Schautor das man 1876 wegen Verkehrsbehinderung wieder entfernte Der Obere Torturm wurde wegen Baufalligkeit 1787 und der Untere Torturm 1817 abgebrochen 1 Die Mittlere Pforte als weiteren Zugang in die Stadt befand sich an der westlichen Stadtmauer zur Werra hin Sie erhielt 1495 einen Turmaufbau und 1502 einen Torzwinger 1 Sie wurde 1642 bei einer Belagerung durch Artilleriebeschuss stark beschadigt 4 Die Mittlere Pforte riss man gemeinsam mit der Stadtmauer ab Das Neue Tor als vierten Zugang wurde Anfang des 18 Jahrhunderts mittig der ostlichen Stadtmauer errichtet und ist ebenfalls im Rahmen der Entfestigung abgebrochen worden An deren Stelle befindet sich heute der Zugang uber die Untere Kaplaneistrasse in die Altstadt Wallgrabensystem Bearbeiten nbsp Das Wallgrabensystem als heutige Bleichgraben mit PromenadeDas heute Bleichgraben genannte Wallgrabensystem erbaute man Anfang des 13 Jahrhunderts und es bestand zunachst aus zwei Wassergraben und einem Wall Spater kam ein dritter ausserer Stadtgraben und ein zweiter sehr breiter Wall genannt die Schutt hinzu Das Wallgrabensystem umschloss die Stadt halbkreisformig im Suden Osten und Norden Die Wassergraben werden vom Muhlgraben gespeist der sudlich der Altstadt als Nebenarm von der Werra abzweigt und ab der Sudwestecke der Stadtmauer das Wasser in die Graben leitet Nordwestlich der Altstadt vereinigen sich die Graben auf dem Gebiet des heutigen Schlossparks zu einem Flusschen der am Volkshausplatz fruher Am Unteren Rasen in die Werra mundet Das Wallgrabensystem erhielt den Namen Bleichgraben durch die Barchent und Leinenweberei mit der Meiningen im Hochmittelalter eine grosse wirtschaftliche Blute erlangte und die zahlreichen Handwerksmeister in Friedenszeiten ihre Tuche und Stoffe auf den Wallen bleichen liessen Die Bleichgraben trieben des Weiteren die Obermuhle beim Oberen Torturm und die Untermuhle heute Standort des historischen Wasserwerks auf dem Wall vor dem Unteren Torturm an Im 19 Jahrhundert verfullte man den ausseren dritten Stadtgraben Die beiden noch bestehenden Bleichgraben mit Wall sind heute ein Bodendenkmal Im Westen boten vor der Stadtmauer ein Nebenarm der Werra der Muhlgraben und die Werra selbst weiteren Schutz Der Muhlgraben fuhrte an der westlichen Stadtmauer entlang vorbei an der Mittleren Pforte und mundete kurz vor der ehemaligen Burg und heutigem Schloss Elisabethenburg in die Werra Dabei versorgte er mit einem Abzweig den Burggraben und die dort befindliche Schlossmuhle mit Wasser Der Burggraben wurde spater in Schlossgraben umbenannt Mit einem weiteren Abzweig betrieb der Muhlgraben die vor der Mittleren Pforte auf einer Flussinsel liegende Mittelmuhle Der Muhlgraben ist mit seinen Abzweigen ausser den mittlerweile verrohrten Abzweig zum Schloss bis in die Gegenwart vollstandig erhalten Burgen Landwehr und Ravelinen BearbeitenDie Burg Meiningen als Niederungsburg der Wurzburger Bischofe entstand als erstes massives Befestigungsbauwerk im 11 Jahrhundert zum Schutz der Stadt Sie lag im Nordwesten der Stadt an der Stadtmauer Die Bischofe setzten hier eigene Burgmannen ein 1432 wurde sie bei einem Aufstand von den Meininger Burgern zerstort 1512 wieder aufgebaut wurde sie noch mehrmals umgebaut Nach der Schleifung des Bergfrieds und aller Nebengebaude integrierte man 1692 das verbliebene Bibrasbau genannte Hauptgebaude als Nordflugel in das Schloss Elisabethenburg Nach der Burg ist noch heute die Burggasse benannt Die um 1100 erbaute Burg Landeswehre lag nordlich etwas ausserhalb der Stadt auf einem Bergkegel im Werratal Die im Besitz der Bischofe befindliche Gipfelburg sicherte die Wurzburger Exklave mit der Stadt Meiningen und dem Dorf Walldorf sowie die Handelswege Die Landeswehre wurde 1525 im Bauernkrieg zerstort und nicht wieder aufgebaut Ihre Uberreste wurden spater zum Bau des Schlosses Elisabethenburg verwendet Ubrig geblieben bis heute ist lediglich der Stumpf des Bergfrieds An Stelle der Burg befindet sich seit 1842 das Schloss Landsberg Eine weitere fruhe Burg der Wurzburger zur Sicherung der Stadt war die Habichtsburg am Handelsweg Alte Frankfurter Strasse wenige Kilometer westlich von Meiningen und sudlich der Landeswehre in der Hassfurt Nach Verlegung der Handelsstrasse verlor die Spornburg an Bedeutung gelangte in Privatbesitz und verfiel spatestens im 14 Jahrhundert Erhalten geblieben sind der Halsgraben wenige Reste der Burgmauer des Bergfrieds und ein Brunnen Die Burganlage ist heute ein Bodendenkmal Die nordostlich von Meiningen gelegene Spornburg Spitzberg in Welkershausen am Osthang des Werratals wurde ebenfalls von den Wurzburgern erbaut Gemeinsam mit der gegenuberliegenden Burg Landeswehre sicherte sie wirkungsvoll das Werratal nordlich von Meiningen Die Burg wurde spater wegen Geldsorgen an die Grafen von Henneberg veraussert Aber Anfang des 14 Jahrhunderts bedrohten diese von dort Meiningen und Walldorf sodass der Wurzburger Bischof Otto II diese Burg 1340 nach einer Belagerung einnahm und vollstandig schleifen liess Heute sind noch die Wallanlagen erkennbar Im Mittelalter legte man nordlich und sudlich der Stadt das Tal querend die Obere und die Untere Landwehr an Die Landwehre waren tiefe Graben mit Dornheckenbewuchs Bis heute sind sie insbesondere die Untere Landwehr im Stadtbild klar erkennbar Die Landwehrstrasse die Strasse Obere Landwehr sowie der lange und steile Treppenweg Untere Landwehr erinnern an sie 1675 erbaute man vor den beiden Torturmen und den Brucken zum zusatzlichen Schutz der Stadtzugange jeweils einen Ravelin 4 Sie waren von Wassergraben umschlossen und mit Zugbrucken ausgestattet Die Ravelinen sind durch Uberbauung restlos beseitigt worden Entfestigung BearbeitenAb 1778 fand zur Zeit des Aufgeklarten Absolutismus ein zielgerichteter Abriss der Meininger Stadtbefestigung statt 1 Die mittlerweile nutzlosen Befestigungsanlagen waren hinderlich bei der Stadterweiterung und wurden als nicht erhaltenswertes und einengendes Relikt der Vergangenheit empfunden Zuerst schleifte man 1778 1782 Teile der Stadtmauer im Bereich der Torturme und Mittleren Pforte um dort Baufreiheit fur angestrebte Stadterweiterungen zu erhalten Zu dieser Zeit verfullte man auch einen Teil des ausseren Stadtgrabens im Bereich des Unteren Torturms teilweise mit den Abbruchsteinen worauf vor dem Tor das Gasthaus Sachsischer Hof und Richtung Schlosspark die Karlsallee entstand 4 Die Steine der in den folgenden Jahren abgebrochenen Befestigungsanlagen wurden rege von den Burgern als Baumaterial genutzt Mit diesen Steinen entstanden des Weiteren neue Gebaude und Brucken Anfang des 19 Jahrhunderts verfullte man den ausseren dritten Stadtgraben und erbaute darauf die Halbestadtstrasse die heutige Neu Ulmer Strasse als Umgehungsstrasse fur die Altstadt Der aussere Wall die Schutt wurde zum Bauland Dort entstanden neben Wohnhausern unter anderem das fruhere Landgericht und das Logenhaus Auf dem inneren Wall zwischen den beiden Bleichgraben wurde ein Promenadenweg angelegt Bis in die Gegenwart erhalten geblieben sind das Wallgrabensystem ohne den dritten ausseren Graben der Pulverturm kleine Reste der westlichen inneren Stadtmauer beim Baumbachhaus und sanierte Reste von zwei Halbschalenrondellen der ostlichen Zwingermauer Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g Kuratorium Meiningen Hrsg Norbert Hubscher Autor Lexikon zur Stadtgeschichte Meiningen Bielsteinverlag Meiningen 2008 ISBN 978 3 9809504 4 2 a b Bernd W Bahn Meiningen vor der ersten urkundlichen Erwahnung In Beitrage zur Stadtgeschichte Meiningens Sudthuringer Forschungen Bd 17 ISSN 0585 8720 Staatliche Museen Meiningen 1982 S 8 15 Armin Ender Der Landsberg bei Meiningen In Beitrage zur Stadtgeschichte Meiningens Sudthuringer Forschungen Bd 17 ISSN 0585 8720 Staatliche Museen Meiningen 1982 S 51 64 hier S 51 a b c d Chronik der Stadt Meiningen von 1676 bis 1834 Band 1 Meiningen 1834 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Meininger Stadtbefestigung amp oldid 227966845