www.wikidata.de-de.nina.az
Das Manifest der Sechzehn Originalveroffentlichung frz Manifeste des seize war ein Dokument das 1916 von den bekannten Anarchisten Peter Kropotkin und Jean Grave geschrieben wurde und einen Sieg der Alliierten uber Deutschland und die Mittelmachte im Ersten Weltkrieg befurwortete Nach dem Ausbruch des Krieges setzten sich Kropotkin und andere Mitstreiter in der Londoner Zeitschrift Freedom fur ihren Standpunkt ein was wiederum andere Anarchisten zu scharfen kritischen Repliken veranlasste Im weiteren Verlauf des Krieges beteiligten sich Anarchisten in ganz Europa an Antikriegsbewegungen und prangerten den Krieg in Pamphleten und Erklarungen an wie in einer Erklarung im Februar 1916 die von bekannten Anarchisten wie Emma Goldman und Rudolf Rocker unterschrieben war Das Manifest wurde von Peter Kropotkin und Jean Grave entworfen und von 13 weiteren Anarchisten unterzeichnet Kropotkin und die Unterzeichner sahen in den Streitkraften des deutschen Imperialismus eine Gefahr fur die Arbeiter der Welt und befanden dass sie besiegt werden mussten Damit brach die Schrift mit der anarchistischen Tradition des Antimilitarismus und in der anarchistischen Bewegung verbreiteten grundsatzlichen Opposition gegen jede Partei internationaler militarischer Konflikte die sich beispielsweise in Desertion aussert Die Positionierung des Manifests brachte den Unterzeichnern starke Kritik bis zum Vorwurf des Verrats der anarchistischen Prinzipien ein Das Dokument ist nach der ursprunglichen Zahl der Unterschriften benannt Die Ortsangabe Hussein Dey eines der Unterzeichners wurde dabei falschlich als Signatur gedeutet so dass statt der 15 Unterzeichner deren 16 gezahlt wurden Das Manifest wurde zuerst in der Zeitschrift La Bataille veroffentlicht Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 1 1 Kropotkins deutschfeindliche Haltung 1 2 Anarchistische Resonanz zum Ersten Weltkrieg und Kropotkin 2 Das Manifest 2 1 Konzept und Autoren 2 2 Veroffentlichungsgeschichte 2 3 Inhalt 2 4 Unterzeichner und Unterstutzer 3 Wirkung 3 1 Russland 3 2 Schweiz 3 3 Spanien 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenKropotkins deutschfeindliche Haltung Bearbeiten nbsp Der deutschkritische Mitautor des Manifests Peter Kropotkin 1842 1921 Antideutsche Stimmungen waren in der anarchistischen Bewegung Russlands seit Beginn wegen des deutschen Einflusses auf die russische Aristokratie und besonders die herrschende Romanow Dynastie weit verbreitet Der Historiker George Woodcock fuhrte aus dass Kropotkin als Russe sein Leben lang von dieser Stimmung beeinflusst worden sei der in uberzeugte antideutsche Vorurteile wahrend des Ersten Weltkriegs gemundet sei Kropotkin wurde ebenso von seinem russischen Mitanarchisten Michael Bakunin beeinflusst der seinerseits durch seine Rivalitat mit Karl Marx zu ebensolchen Einstellungen gefunden hatte Die Erfolge der Sozialdemokraten die die revolutionaren Bewegungen in Deutschland untergruben und das Entstehen des Wilhelminischen Imperialismus unter Otto von Bismarck trugen weiter zur feindseligen Haltung gegen das Kaiserreich bei Woodcook erwahnte dass Kropotkin das Anwachsen der marxistischen Bewegung als deutsche Idee denunzierte und stattdessen die Franzosische Revolution uberhohte was Woodcock eine Art Adoptivpatriotismus nannte 1 Nach dem Attentat von Sarajevo wurde Kropotkin verdachtigt die Morder angestiftet zu haben und verhaftet Wahrend seiner Zeit im Gefangnis wurde er fur einen Artikel interviewt der am 27 August in der The New York Times erscheinen sollte Der Artikel in dem er als altgedienter russischer Agitator und Demokrat bezeichnet wurde zitierte Kropotkin als dem neu ausgebrochenen Krieg gegenuber optimistisch eingestellt und uberzeugt davon dass er letztlich einen befreienden Einfluss auf die russische Gesellschaft haben werde In einem Brief den Kropotkin im September desselben Jahres an Jean Grave schickte scholt er ihn wegen seines Wunsches einer friedlichen Losung des Konflikts und bestand darauf dass der Krieg bis zum Ende ausgefochten werden musse damit die Friedensbedingungen vom Sieger bestimmt werden konnen 2 Monate spater erlaubte Kropotkin den Abdruck eines von ihm verfassten Briefs in der Zeitschrift Freedom der in der Oktoberausgabe 1914 erschien Unter der Uberschrift Ein Brief fur Stefan erlauterte er seine Argumente fur die Beteiligung am Krieg und hob hervor dass die Anwesenheit des deutschen Kaiserreichs die Entwicklung der anarchistischen Bewegung in ganz Europa behindert habe und dass die deutsche Bevolkerung am Kriegsausbruch ebenso schuld gewesen sei wie der deutsche Staat Kropotkin stellte weiter dar dass er nach dem Sieg eine Radikalisierung und Vereinigung der russischen Bevolkerung erwarte die verhindern werde dass die russische Aristokratie davon profitiere So seien Generalstreik und Pazifismus nicht notwendig und der Krieg bis zur deutschen Niederlage betrieben werden solle 3 Die Bolschewiki schlugen daraus rasch politisches Kapital Lenin publizierte 1915 den Artikel Uber den Nationalstolz der Grossrussen in dem er Kropotkin und die russischen Anarchisten in Ganze fur die fruhen kriegsfreundlichen Einstellungen angriff und Kropotkin und einen anderen politischen Gegner Georgi Plechanow als opportunistische oder ruckgratlose Chauvinisten bezeichnete In weiteren Reden und Essays der fruhen Kriegsjahre bezeichnete Lenin Kropotkin als Bourgeois um ihn spater zum Kleinburger zuruckzustufen Kropotkin litt in der Zeit von 1915 bis 1916 die er in Brighton England verbrachte unter angeschlagener Gesundheit Er war wahrend der Winterzeit nicht in der Lage zu reisen und hatte im Marz zwei Operationen an der Brust Dies hatte den Effekt dass er den grossten Teil seiner Zeit 1915 im Bett und 1916 in einer Art Rollstuhl verbringen musste In dieser Zeit korrespondierte Kropotkin weiterhin mit anderen Anarchisten wie Marie Goldsmith Andere russische Anarchisten Goldsmith und Kropotkin stritten im Fruhjahr 1916 haufig uber ihre Meinungen zum Ersten Weltkrieg die Rolle des Internationalismus wahrend des Konflikts und die Moglichkeiten des Antimilitarismus in dieser Periode Kropotkin nahm in der Korrespondenz eine Pro Kriegs Position ein und war empfanglich fur die haufige Kritik am deutschen Reich 4 Anarchistische Resonanz zum Ersten Weltkrieg und Kropotkin Bearbeiten Es ist sehr schmerzhaft fur mich einem alten und geliebten Freund wie Kropotkin der so viel fur den Anarchismus getan hat zu widersprechen Aber genau aus dem Grund dass Kropotkin bei uns allen so geliebt und angesehen ist ist es notwendig ihn wissen zu lassen dass wir seinen Ausserungen zum Krieg nicht folgen Errico Malatesta 1914 5 Zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 war die anarchistische Aktivitat in Europa durch aussere Umstande und die interne Spaltung in der Kriegsfrage eingeschrankt 6 Die 1914er Novemberausgabe der Freedom veroffentlichte Artikel welche die Alliierten unterstutzten darunter Artikel von Kropotkin Jean Grave und Warlaam Tscherkesoff sowie Errico Malatestas Anarchisten haben ihre Prinzipien vergessen eine Widerlegung von Kropotkins Brief an Stefan 6 In den darauffolgenden Wochen erreichten zahlreiche Briefe Freedom die Kropotkin kritisierten und wegen der Unparteilichkeit des Herausgebers Thomas Keell der Reihe nach veroffentlicht wurden 7 Auf diese Kritik reagierte Kropotkin in dem er wutend auf Keell wurde und ihm Feigheit vorwarf und erklarte dass er der Rolle des Herausgebers nicht wurdig sei Es wurde ein Treffen durch die Mitglieder von Freedom einberufen die Kropotkins Position stutzten und forderten dass die Zeitschrift nicht erscheinen solle Keell war der einzige eingeladene Kriegsgegner und wies das Ansinnen zuruck Das Treffen endete in feindseliger Uneinigkeit Als Ergebnis endete die Bindung Kropotkins an Freedom und die Zeitschrift wurde als Organ der kriegsfeindlichen Mehrheit der Freedom Mitglieder publiziert 8 1916 dauerte der Erste Weltkrieg bereits uber zwei Jahre an die Anarchisten waren Teil der Friedensbewegungen in ganz Europa und brachten unzahlige Anti Kriegs Erklarungen in linken und anarchistischen Publikationen heraus Im Februar 1916 wurde eine Erklarung einer anarchistischen Versammlung herausgebracht deren Teilnehmer sich aus verschiedenen Regionen zusammengefunden hatten darunter England der Schweiz Italien den Vereinigten Staaten Russland Frankreich und den Niederlanden Das Dokument wurde von Personlichkeiten wie Ferdinand Domela Nieuwenhuis Emma Goldman Alexander Berkman Luigi Bertoni Saul Janowsky Harry Kelly Thomas Keell Lilian Wolfe Rudolf Rocker und George Barrett unterzeichnet und von Errico Malatesta und Alexander Schapiro unterstutzt zwei der drei Sekretare der Anarchistischen Internationale von 1907 In dieser Schrift wurde die Perspektive ausgefuhrt dass alle Kriege Ergebnis der herrschenden Sozialordnung und keine einzelnen Regierungen daran schuld seien sowie Angriffs und Verteidigungskriege prinzipiell keine unterschiedlichen Sachverhalte darstellten Alle Anarchisten wurden aufgefordert nur den Klassenkampf und die Befreiung der Bevolkerung von Unterdruckung als Mittel der Beendigung zwischenstaatlicher Kriege zu unterstutzen 9 Als Ergebnis ihrer zunehmenden Isolation von der Mehrheit der Antikriegs Anarchisten ruckten Kropotkin und seine Unterstutzer in den Monaten vor der Entstehung des Manifests enger zusammen Einige dieser Unterstutzer unterschrieben dann spater das Manifest darunter Jean Grave Charles Malato Paul Reclus und Christiaan Cornelissen 10 Das Manifest BearbeitenKonzept und Autoren Bearbeiten nbsp Jean Grave 1854 1939 Initiator und MitautorDa Kropotkin 1916 nicht reisen konnte korrespondierte er viel unter anderem mit Jean Grave der ihn aus Frankreich mit seiner Frau besuchte Sie diskutierten den Krieg und Kropotkins starke Unterstutzung fur diesen Auf Kropotkins Hinweis hin dass er als jungerer Mann gerne Kampfer gewesen ware schlug Grave vor ein Dokument zu veroffentlichen in dem die Anarchisten angespornt werden sollten die Bemuhungen der Alliierten im Krieg zu unterstutzen Kropotkin zogerte auf Grund seiner eigenen korperlichen Untauglichkeit zum aktiven Kriegsdienst wurde aber von Grave uberredet 11 Welche Rolle die beiden genau als Autoren spielten ist nicht bekannt Zu dieser Zeit gab Grave an das Manifest verfasst zu haben das Kropotkin redigiert habe Grigori Maximow berichtete dass Kropotkin die Schrift verfasst habe und Grave kleinere Anderungen anbrachte George Woodcock wies darauf hin dass das Werk von Kropotkins bekannten Bedenken und seinen Argumenten gegen das Deutsche Reich gepragt sei und so die genaue Urheberschaft keine Rolle spiele 11 Veroffentlichungsgeschichte Bearbeiten Das Manifest das erst spater so bezeichnet wurde datiert vom 28 Februar 1916 und wurde erstmals am 14 Marz in der Zeitschrift La Bataille veroffentlicht 12 La Bataille war eine umstrittene sozialistische Zeitschrift die fur ihre Unterstutzung des Krieges bekannt war und von marxistischen Gruppen deshalb beschuldigt wurde eine Front fur Regierungspropaganda darzustellen 11 Das Manifest wurde spater am 14 April 1916 in der Londoner Zeitschrift Freedom und in Libre Federation im Mai 1916 in Lausanne Schweiz erneut publiziert Die Version der Libre Federation hatte zusatzliche Unterzeichner die sich noch nach der Erstveroffentlichung dem Aufruf anschlossen Inhalt Bearbeiten Die ursprungliche Erklarung war zehn Abschnitte lang und umfasste philosophische und ideologische Standpunkte die auf den Ansichten von Peter Kropotkin beruhten 11 Die Abhandlung beginnt mit der Feststellung dass die Anarchisten korrekt gehandelt hatten indem sie bereits vom Beginn weg Widerstand gegen den Krieg leisteten und dass die Autoren den von einer internationalen Konferenz europaischer Arbeiter erzwungenen Frieden bevorzugen wurden Weiter wird vorgebracht dass die deutschen Arbeiter hochstwahrscheinlich ebenfalls ein Ende des Krieges befurworten wurden und fuhren dazu einige Grunde auf weshalb ein Waffenstillstand im besten Interesse der deutschen Arbeiter ware Als Grunde nannten sie dass die Burger nach 20 Monaten Krieg verstehen wurden dass sie uber das Wesen des Krieges getauscht wurden und keinen Verteidigungskrieg fuhrten dass sie erkennen wurden dass der deutsche Staat sich bereits langer auf einen solchen Konflikt vorbereitet hatte und deshalb unausweichlich Unrecht tat dass das deutsche Reich logistisch nicht die okkupierten Territorien versorgen konnte und dass die Personen in den besetzten Gebieten wahlen konnten ob sie angegliedert werden wollten Tief in unserem Gewissen fuhlen wir dass der deutsche Angriff nicht nur eine Bedrohung fur unsere Emanzipationshoffnungen darstellt sondern auch eine Bedrohung fur die ganze menschliche Evolution Darum stellten wir Anarchisten wir Antimilitaristen wir Gegner des Krieges wir leidenschaftlichen Kampfer fur den Frieden und die Bruderlichkeit unter den Menschen uns auf die Seite des Widerstands und glauben dass wir uns nicht absondern durfen vom Schicksal der Bevolkerung Manifest der Sechzehn 28 Februar 1916 In mehreren Abschnitten beschreiben die Autoren mogliche Bedingungen fur einen Waffenstillstand und weisen dabei die Vorstellung zuruck das deutsche Reich konne die Bedingungen des Friedens diktieren Daruber hinaus bestehen die Autoren darauf dass die deutsche Bevolkerung teilweise die Verantwortung ubernehmen muss weil sie nicht gegen den Kriegseintritt der deutschen Regierung Widerstand geleistet hatte Die Autoren sehen aber einen unverzuglichen Aufruf zu Friedensverhandlungen als nicht vorteilhaft an weil der deutsche Staat die Bedingungen durch seine militarische und diplomatische Starke diktieren konnte Stattdessen proklamiert das Manifest dass der Krieg weitergefuhrt werden muss bis der deutsche Staat seine militarische Starke und daruber hinaus auch seine Verhandlungsmacht verloren hat Die Autoren verkunden zudem dass infolge ihrer regierungsfeindlichen antimilitaristischen und internationalistischen Philosophie die Kriegsunterstutzung ein Akt des Widerstands gegen das Deutsche Reich bedeutet Das Manifest schliesst damit dass der Sieg uber Deutschland und der Sturz der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und anderer Regierungsparteien im Deutschen Reich die anarchistischen Ziele der Emanzipation Europas und des deutschen Volkes befordern wurde und dass die Autoren dazu bereit sind mit den Deutschen zur Annaherung an dieses Ziel zusammenzuarbeiten nbsp Der niederlandische Anarchosyndikalist Christiaan Cornelissen 1864 1942 war ein prominenter Unterzeichner des Manifests Unterzeichner und Unterstutzer Bearbeiten Das Manifest wurde von einigen der bedeutendsten Anarchisten der Zeit in Europa unterzeichnet 13 Die Unterzeichner waren zu Beginn funfzehn Personen als sechzehnter wurde falschlicherweise Hussein Dey gezahlt Die Stadt Hussein Dey die spater zu einem Stadtteil von Algier wurde war jedoch bloss der damalige Wohnort von Antoine Orfila und erschien aus diesem Grund auf dem Manifest 14 Jean Grave und Peter Kropotkin waren die Ko Autoren des Manifests wobei Grave die Niederschrift anregte Grave machte geltend der Hauptautor des Manifests zu sein obwohl die meisten Ideen von Kropotkins fruher publizierten Artikeln zum Krieg stammten 11 In Frankreich gehorten der Anarchosyndikalist Christiaan Cornelissen und Francois Le Leve zu den Unterzeichnern Cornelissen war ein Unterstutzer der Union sacree einer Abmachung zur Aussetzung der Streitigkeiten zwischen der franzosischen Regierung und den Gewerkschaften zugunsten der Landesverteidigung im Ersten Weltkrieg und schrieb mehrere anti deutsche Broschuren wahrend der 32 jahrige Le Leve spater in der Resistance im Zweiten Weltkrieg kampfte Ein weiterer franzosischer Unterzeichner war Paul Reclus der Sohn des bekannten Anarchisten Elisee Reclus 15 dessen Unterstutzung des Krieges und des Manifests auch den japanischen Anarchisten Sanshirō Ishikawa uberzeugten zu unterschreiben dieser wohnte zu dieser Zeit bei Reclus Ishikawa unterschrieb das Dokument als Tchikawa 16 Warlam Tscherkesischwili der in der russischen Form als Warlaam Tcherkesoff unterschrieb ein georgischer Anarchist Kritiker des Marxismus und Journalist war ein weiterer bedeutender Unterzeichner Die weiteren Unterzeichner des Manifests der Sechzehn waren Henri Fuss Jacques Guerin Charles Ange Laisant Charles Malato Jules Moineau Antoine Orfila Marc Pierrot und Ph Richard 17 James Guillaume war Unterstutzer des Krieges aber aus unbekannten Grunden kein Unterzeichner des ursprunglichen Manifests 11 Das Manifest wurde von etwa hundert Anarchisten bestatigt und unterstutzt wovon italienische Anarchisten etwa die Halfte ausmachten 14 Wirkung Bearbeiten Die Anarchisten selbst sind es sich schuldig gegen diesen Versuch zu protestieren den Anarchismus mit der Fortsetzung eines grausamen Gemetzels in Zusammenhang zu bringen das nie versprach einen Nutzen fur die Sache der Gerechtigkeit und Freiheit zu bringen und welches sich jetzt auch vom Standpunkt der Fuhrer beider Seiten als absolut nutzlos zeigt Errico Malatesta 1916 Die internationale anarchistische Bewegung begegnete der Publikation des Manifests mit grosser Ablehnung und in der Beurteilung ihrer Wirkung schrieb George Woodcock dass es lediglich die bereits bestehende Spaltung der anarchistischen Bewegung bestatigte 18 Wo die Unterzeichner des Manifests den Ersten Weltkrieg als einen Kampf zwischen deutschem Imperialismus und der internationalen Arbeiterklasse deuteten sahen die meisten zeitgenossischen Anarchisten darunter auch Emma Goldman und Alexander Berkman den Ersten Weltkrieg als Krieg zwischen verschiedenen kapitalistisch imperialistischen Staaten auf Kosten der Arbeiterklasse 13 Wahrend Kropotkin und seine Gesinnungsgenossen hochstens auf hundert Leute kamen sprach sich die uberwaltigende Mehrheit der Anarchisten gegen den Krieg aus 9 Begleitend zum Nachdruck des Manifests in der Zeitschrift Freedom vom April 1916 wurde eine Antwort von Errico Malatesta abgedruckt 19 Malatestas Antwort mit dem Titel Governmental Anarchists dt etwa Staatsanarchisten anerkannte den guten Glauben und die guten Absichten der Unterzeichner aber beschuldigte sie die anarchistischen Prinzipien zu verraten 6 20 Zu Malatesta gesellten sich die Anklagen anderer wie Luigi Fabbri Sebastien Faure 21 und Emma Goldman nbsp Die internationalistische Anarchistin Emma Goldman 1869 1940 auf einem Bild von 1917 Goldman leistete entschlossen Widerstand gegen den Krieg und das Manifest und verbusste fur ihren Aktivismus eine zweijahrige Gefangnisstrafe in den Vereinigten Staaten 22 Wir beschlossen Peter Kropotkin s Haltung zuruckzuweisen und glucklicherweise standen wir nicht allein da Viele andere dachten wie wir so bedauerlich es auch war sich gegen einen Mann zu wenden der fur uns so lange eine Inspiration war Errico Malatesta legte ein weit grosseres Verstandnis und eine grossere Koharenz an den Tag und mit ihm waren Rudolf Rocker Alexander Schapiro Thomas H Keell und viele andere Einheimische und jiddisch sprechende Anarchisten in Grossbritannien In Frankreich bezogen Sebastien Faure A Armand E Armand ed und Mitglieder der anarchistischen und syndikalistischen Bewegung in den Niederlanden Domela Nieuwenhuis und seine Genossen Stellung gegen diesen Mord im grossen Stil In Deutschland blieben Gustav Landauer Erich Muhsam Fritz Oerter Fritz Kater und viele andere Genossen bei Verstand Selbstverstandlich waren wir bloss eine Handvoll verglichen mit den kriegsberauschten Millionen doch es gelang uns ein Manifest unseres Internationalen Buros in der ganzen Welt zu verbreiten und wir enthullten nun zu Hause die wahre Natur des Militarismus mit gesteigerter Energie Emma Goldman Gelebtes Leben 23 Aufgrund seiner entschiedenen Unterstutzung des Krieges schrumpfte Kropotkins Popularitat und viele ehemalige Freunde brachen mit ihm Zwei Ausnahmen waren Rudolf Rocker und Alexander Schapiro doch verbussten beide zu dieser Zeit Haftstrafen In der Folge war Kropotkin wahrend seiner letzten Jahre in London vor seiner Ruckkehr nach Russland zunehmend isoliert 24 In Peter Kropotkin Seine foderalistischen Ideen von 1922 einem Uberblick zu den kroptkinschen Werken von Camillo Berneri warf der Autor die Kritik an Kropotkins Militarismus ein Berneri schrieb mit seiner Haltung als Kriegsbefurworter trennte sich Kropotkin vom Anarchismus und stellte fest dass das Manifest der Sechzehn den Hohepunkt der Inkoharenz der kriegsbefurwortenden Anarchisten kennzeichnet Kropotkin unterstutzte auch in Russland Kerenski und die Weiterfuhrung des Krieges 25 Der anarchistische Akademiker Vernon Richards spekuliert dass ohne den Wunsch von Freedom Herausgeber Thomas Keell der selber entschiedener Kriegsgegner war den Kriegsbefurwortern von Anfang an eine faire Chance zu geben sie bereits viel fruher politisch isoliert gewesen waren 6 Russland Bearbeiten Der Historiker Paul Avrich beschreibt die Auswirkungen des Streits um die Unterstutzung des Krieges als Spaltung mit verheerender Wirkung fur die anarchistische Bewegung in Russland 13 Die Moskauer Anarchisten spalteten sich in zwei Gruppen wobei der grossere Teil Kropotkin unterstutzte Der kleinere Teil reagierte damit dass sie den Kropotkinschen Anarchokommunismus aufgaben und sich dem Anarchosyndikalismus zuwandten Trotzdem gewann die anarchistische Bewegung in Russland weiterhin an Starke 13 In einem Artikel der Ausgabe von Dezember 1916 von Staat und Revolution klagte der Bolschewikifuhrer Lenin die russischen Anarchisten an Kropotkin und Grave zu folgen und nannte sie Anarcho Chauvinisten Andere Bolschewiki machten ahnliche Bemerkungen wie beispielsweise Josef Stalin der in einem Brief an einen kommunistischen Fuhrer schrieb ich habe kurzlich Kropotkins Artikel gelesen der alte Narr muss seinen Verstand komplett verloren haben 26 Lenins protege Leo Trotzki fuhrte Kropotkins Unterstutzung fur den Krieg und das Manifest als weiteren Beweis an um den Anarchismus blosszustellen Kropotkin der Anarchist im Ruhestand der bereits seit seiner Jugend eine Schwache fur die Narodniki hatte nutzte den Krieg um alles zu leugnen was er wahrend beinahe einem halben Jahrhundert lehrte Dieser Gegner des Staats unterstutzte die Entente und wenn er die doppelte Macht in Russland anprangerte war das nicht im Namen der Anarchie sondern im Namen der alleinigen Macht der Bourgeoisie Leo Trotzki Geschichte der russischen Revolution 1930 26 Der Historiker George Woodcock bezeichnete diese Kritiken als akzeptabel insofern sie auf Kropotkins Militarismus zielten Dagegen fand er die Kritik an den russischen Anarchisten unberechtigt und in Bezug auf die Anschuldigung die russischen Anarchisten wurden die Sicht von Kropotkin und Grave unterstutzen schrieb Woodcock nichts dergleichen passierte nur etwa hundert Anarchisten unterschrieben die verschiedenen kriegsbefurwortenden Erklarungen die Mehrheit der Anarchisten in allen Landern hielten an der antimilitaristischen Position genau so konsequent fest wie die Bolschewiki 26 Schweiz Bearbeiten Eine wutende Gruppe von Internationalisten in Genf darunter Grossman Roschtschin Alexander Ge und Kropotkins fruherer Anhanger K Orgeiani nannten die anarchistischen Verteidiger des Krieges Anarcho Patrioten 13 27 Sie schrieben dass die einzige Form von Krieg die fur wahre Anarchisten akzeptabel ist die soziale Revolution ware welche die Bourgeoisie und deren repressive Institutionen sturzt 13 Jean Wintsch der Grunder der Ferrer Schule in Lausanne und Herausgeber von La libre federation stand in der anarchistischen Bewegung der Schweiz isoliert da nachdem er seine Unterstutzung des Manifests bekanntgab 28 Spanien Bearbeiten Die spanischen Anarchosyndikalisten lehnten den Krieg aus dem Glauben heraus ab dass keine Kriegspartei auf der Seite der Arbeiter sei Sie distanzierten sich wutend von ihren fruheren Idolen darunter Kropotkin Malato und Grave nachdem sie herausfanden dass diese das Manifest geschrieben hatten Einige galicische und asturische Anarchisten widersprachen und wurden von der Mehrheit katalanischer Anarchisten angeprangert die sich schlussendlich in der Confederacion Nacional del Trabajo durchsetzten 29 Literatur BearbeitenPaul Avrich The Russian Anarchists AK Press Stirling 2006 ISBN 1904859488 Camillo Berneri Peter Kropotkin His Federalist Ideas Freedom Press London 1943 John Crump Hatta Shuzō and Pure Anarchism in Interwar Japan Macmillan 1993 ISBN 0312106319 Emma Goldman Gelebtes Leben Drei Bande Karin Kramer Verlag Berlin 2002 Daniel Guerin Ni Dieu ni Maitre Anthologie de L anarchisme 4 Bande Maspero Paris 1976 ISBN 2 7071 0390 X Jean Maitron Le mouvement anarchiste en France Paris 1975 Gerald Meaker The Revolutionary Left in Spain 1914 1923 Stanford University Press Stanford 1974 ISBN 0804708452 Vernon Richards Errico Malatesta His Life amp Ideas Freedom Press London 1965 Alfred Rosmer Lenin s Moscow Bookmarks London 1987 ISBN 0906224373 Alexandre Skirda Facing the enemy A history of anarchist organization from Proudhon to May 1968 AK Press Kate Sharpley Library Edinburgh Oakland Calif 2002 ISBN 1902593197 Alice Wexler Emma Goldman An Intimate Life Pantheon Books New York 1984 ISBN 0 394 52975 8 George Woodcock Peter Kropotkin From Prince to Rebel Black Rose Books 1990 ISBN 0921689608 George Woodcock Ivan Avakumovic The Anarchist Prince A Biographical Study of Peter Kropotkin T V Boardman 1970 Weblinks BearbeitenManifest der Sechzehn bei der Anarchistischen Online Bibliothek Der Text des Manifests der Sechzehn und die Erwiderungen Memento vom 21 Januar 2001 im Internet Archive fr Informationen zum Manifest der Sechzehn Memento vom 4 Juni 2011 im Internet Archive in der Daily Bleed s Anarchist Encyclopedia eng Einzelnachweise Bearbeiten Woodcock Peter Kropotkin S 374 Woodcock Peter Kropotkin S 379 Peter Kropotkin A Letter to Steffen In Freedom Oktober 1914 pitzer edu abgerufen am 8 November 2008 Michael Confino Anarchisme et internationalisme Autour du Manifeste des Seize Correspondance inedite de Pierre Kropotkine et de Marie Goldsmith janvier mars 1916 In Cahiers du Monde Russe et Sovietique 22 Jahrgang Nr 2 3 1981 monderusse revues org Memento des Originals vom 19 Juli 2009 im Internet Archive abgerufen am 13 Juni 2008 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot monderusse revues org Woodcock Peter Kropotkin S 382 a b c d Richards Errico Malatesta S 219 222 Woodcock Peter Kropotkin S 381 Woodcock Peter Kropotkin S 383 a b Woodcock Peter Kropotkin S 385 Woodcock Peter Kropotkin S 383 f a b c d e f Woodcock Peter Kropotkin p 384 Maitron Jean Le mouvement anarchiste en France S 15 a b c d e f Paul Avrich The Russian Anarchists S 116 119 a b Skirda Alexandre Facing the Enemy S 109 Guerin Daniel No Gods No Masters S 390 Crump John Hatta Shuzō S 248 Maitron Jean Le mouvement anarchiste en France S 21 Woodcock Peter Kropotkin S 384 385 Nettlau Max Errico Malatesta Das Leben eines Anarchisten Verlag Der Syndikalist Berlin 1922 Rosmer Alfred Lenin s Moscow S 119 Woodcock George The Anarchist Prince S 385 Wexler Alice Emma Goldman An Intimate Life S 235 244 Goldman Emma Living My Life S 654 656 Woodcock George Peter Kropotkin S 387 Berneri Camillo Peter Kropotkin His Federalist Ideas S 16 a b c Woodcock George Peter Kropotkin S 380 Ghe Alexandre Lettre ouverte a P Kropotkine Chadwyck Healey Inc Alexandria Virginia 1987 IISG Jean Wintsch Papers zuletzt besucht am 6 Dezember 2008 Meaker Gerald The Revolutionary Left in Spain S 28 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Manifest der Sechzehn amp oldid 238853545