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MOND ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel Zum Begleiter der Erde siehe Mond zu anderen Bedeutungen Mond Begriffsklarung Die modifizierte newtonsche Dynamik abgekurzt MOND ist eine physikalische Hypothese die das Rotationsverhalten von Galaxien durch Modifikationen der Bewegungsgleichungen der Materie im Gravitationsfeld erklaren soll MOND wurde 1983 von Mordehai Milgrom als Alternative zum Postulat der Dunklen Materie vorgeschlagen 1 Die Hypothese wird kontrovers diskutiert 2 MOND trifft allerdings Vorhersagen die auf Ebene der Galaxien mit den Beobachtungen ubereinstimmen Diese Beobachtungen lassen sich zu einer konsistenten Theorie vereinigen wenn Dunkle Materie sich auf Ebene der Galaxien zu einem Superfluid kondensiert eine Eigenschaft die sie im fruhen Universum noch nicht hatte 3 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 1 1 Rotationsgeschwindigkeit von Galaxien 1 2 Modifizierte Dynamik statt Dunkler Materie 2 Die Hypothese 3 Tensor Vektor Skalar Gravitationstheorie 4 Uberprufung der Theorie durch Beobachtungen 4 1 Der Cluster Merger 1E 0657 558 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenRotationsgeschwindigkeit von Galaxien Bearbeiten nbsp Diagramm zur Diskrepanz zwischen berechneter und gemessener Rotationsgeschwindigkeit von SpiralgalaxienSeit den 1980er Jahren ergeben Messungen der Rotation von Galaxien dass die Rotationsgeschwindigkeiten nicht den Erwartungen nach dem Standardmodell der Kosmologie entsprechen Die Bahnen der Sterne in einer Galaxie werden nur von der Schwerkraft der in der Galaxie zusammengeballten Materie verursacht Mittels der beobachteten Masseverteilung Sterne Gasnebel kann die Gravitationskraft und damit die Bahn der Sterne berechnet werden Es stellte sich heraus dass die Sterne am Rande der Galaxien schneller umliefen als nach dem Standardmodell vorhergesagt Man spricht vom Abflachen der Rotationsgeschwindigkeit im Gegensatz zum erwarteten Abfallen der Rotationsgeschwindigkeit Modifizierte Dynamik statt Dunkler Materie Bearbeiten Da sowohl das newtonsche Gravitationsgesetz als auch Albert Einsteins allgemeine Relativitatstheorie gut uberprufte Theorien zum Verhalten von Materie unter Gravitation sind nehmen die meisten Astronomen eine nicht sichtbare das heisst dunkle Materiekomponente im Halo um die Galaxien an um deren flache Rotationskurven zu erklaren Auch Beobachtungen auf grosseren Skalen etwa von Galaxienhaufen oder der grossraumigen Struktur des Universums lieferten starke Hinweise auf die Existenz von Dunkler Materie Statt einer Erklarung durch zusatzliche nicht sichtbare Masse schlug Mordehai Milgrom 1983 vor dass sich die beobachteten Rotationskurven auch durch eine Anderung der newtonschen Bewegungsgesetze darstellen liessen Die MOND Hypothese besagt dass sich nur bei sehr kleinen Anderungen der Beschleunigungen wie sie im astronomischen Massstab auftreten relevante Einflusse auf die Bewegungen ergaben Befurworter der MOND Hypothese fuhren an dass die newtonsche Gravitationstheorie von 1686 bereits drei Modifikationen erfahren hat Bei sehr kleinen Abstanden verwenden Physiker ausschliesslich die Quantenmechanik bei sehr grossen Geschwindigkeiten Einsteins spezielle Relativitatstheorie und nahe sehr grosser Massen seine allgemeine Relativitatstheorie Eine vierte Modifikation im oben genannten Extrembereich sei daher nicht ausgeschlossen 4 Inzwischen wurde von Erik Verlinde die MOND weiterentwickelt Diese Theorie besagt dass die Dunkle Materie ebenso wie die Gravitation eine Folge der Dunklen Energie ist 5 Die Hypothese BearbeitenDas Zweite Newtonsche Gesetz besagt dass ein Objekt der konstanten Masse m displaystyle m nbsp wenn es einer Kraft F displaystyle F nbsp ausgesetzt ist eine Beschleunigung a displaystyle a nbsp erfahrt F m a displaystyle F m a nbsp Dieses Gesetz hat sich generell als korrekt erwiesen Allerdings ist es bei extrem kleinen Beschleunigungen nur schwer oder gar nicht experimentell nachzuweisen Solche extrem kleinen Beschleunigungen wirken jedoch bei der Gravitationswechselwirkung zwischen entfernten Sternen Milgrom schlug vor das Bewegungsgesetz zu F m m a a 0 a displaystyle F m operatorname mu a a 0 a nbsp abzuandern wobei m x displaystyle operatorname mu x nbsp eine fur positive Argumente positive glatte monotone Funktion ist die annahernd 1 fur hohe Werte x 1 displaystyle x gg 1 nbsp und annahernd x displaystyle x nbsp fur kleine Werte x 1 displaystyle x ll 1 nbsp annimmt Die genaue Gestalt der Funktion m x displaystyle operatorname mu x nbsp ist nicht spezifiziert in der Literatur werden am haufigsten m x x 1 x displaystyle operatorname mu x frac x 1 x nbsp und m x x 1 x 2 displaystyle operatorname mu x frac x sqrt 1 x 2 nbsp verwendet 6 a 0 displaystyle a 0 nbsp ist eine positive Konstante die bestimmt unterhalb welcher Beschleunigung die Modifikation relevant wird Unter der Annahme dass es keine Dunkle Materie gibt und stattdessen die MOND Hypothese zutrifft lasst sich a 0 displaystyle a 0 nbsp aus astronomisch gemessenen Rotationskurven von Galaxien bestimmen Milgrom erhielt aus Messungen vieler Galaxien a 0 1 2 10 10 m s 2 displaystyle a 0 1 2 cdot 10 10 mathrm m mathrm s 2 nbsp Da alle Vorgange des Alltagslebens bei Beschleunigungen a a 0 displaystyle a gg a 0 nbsp stattfinden bleibt hier das Bewegungsgesetz unverandert erhalten Weit entfernt vom Zentrum einer Galaxie sieht die Situation allerdings anders aus Nach dem Gravitationsgesetz gilt dort F m G m G r 2 displaystyle F m frac G m mathrm G r 2 nbsp wobei G displaystyle G nbsp die Gravitationskonstante m G displaystyle m mathrm G nbsp die Masse der Galaxie und m displaystyle m nbsp die Masse des betrachteten Sterns ist r displaystyle r nbsp ist der Abstand zwischen dem Schwerpunkt der Galaxie und dem des Sterns Mit dem modifizierten Bewegungsgesetz entsteht G m G r 2 m a a 0 a displaystyle frac G m mathrm G r 2 operatorname mu a a 0 a nbsp Da in dieser Situation gerade a a 0 displaystyle a ll a 0 nbsp also a a 0 1 displaystyle a a 0 ll 1 nbsp gelten soll erhalt man fur positive a displaystyle a nbsp die Gravitationsbeschleunigung ist immer positiv m a a 0 a a 0 displaystyle operatorname mu a a 0 approx frac a a 0 nbsp und somit G m G r 2 a 2 a 0 displaystyle frac G m mathrm G r 2 frac a 2 a 0 nbsp Also ist a G m G a 0 r displaystyle a frac sqrt G m mathrm G a 0 r nbsp Der Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit Beschleunigung und Abstand zum Kraftzentrum fur eine kreisformige Umlaufbahn lautet a v 2 r displaystyle a frac v 2 r nbsp Damit ergibt sich durch Gleichsetzung mit der vorangegangenen Gleichung v 2 G m G a 0 b z w v G m G a 0 4 displaystyle v 2 sqrt G m mathrm G a 0 qquad mathrm bzw qquad v sqrt 4 G m mathrm G a 0 nbsp Daraus folgt dass die Rotationsgeschwindigkeit im weiten Abstand vom Gravitationszentrum wenn also sehr geringe Gravitationsbeschleunigung wirkt eine Systemkonstante ist die nur noch von der Masse beim Gravitationszentrum abhangt Tensor Vektor Skalar Gravitationstheorie BearbeitenEine relativistische Formulierung von MOND wurde 2004 von Jacob Bekenstein vorgeschlagen Sie wird Tensor Vektor Skalar Gravitationstheorie genannt Uberprufung der Theorie durch Beobachtungen BearbeitenZahlreiche beobachtete gravitative Vorgange lassen sich nach vorherrschender Ansicht mit MOND nicht erklaren darunter das spate Stadium bestimmter Galaxienverschmelzungen galaxy mergers und Gravitationslinseneffekte und die Dynamik von Galaxienhaufen Mergers siehe unten 7 Der Cluster Merger 1E 0657 558 Bearbeiten Hauptartikel 1E 0657 558 Der Cluster Merger 1E 0657 558 bietet die Moglichkeit alternative Theorien zu testen Es handelt sich um zwei Galaxienhaufen die sich durchdrungen haben wobei die Galaxien sich weitgehend kollisionslos bewegten wahrend das intergalaktische Gas der beiden Cluster per Stosswelle wechselwirkte und in der Mitte zuruckblieb Einerseits wurde die sichtbare Masse der Galaxien und des Gases im optischen Spektralbereich bzw im Rontgenlicht gemessen Das Massenverhaltnis Galaxie zu Gas liegt zwischen 2 15 und 3 15 d h das Gas uberwiegt Andererseits zeigte das uber die Ablenkung des Lichts bestimmte Gravitationspotential dass die Masse bei den Galaxien uberwiegt Das ist vertraglich mit der Version des kosmologischen Standardmodells in der Dunkle Materie in Form von schweren nicht baryonischen Teilchen vorkommt wahrend die MOND Hypothese das Zentrum der Lichtablenkung beim Gas vorausgesagt hatte 8 Dies wird als Widerlegung der ursprunglichen MOND Theorie angesehen Mit weiter modifizierten Versionen von MOND lassen sich die Beobachtungen jedoch erklaren 9 Literatur BearbeitenMordehai Milgrom Does Dark Matter Really Exist Scientific American 8 2002 deutschsprachig Gibt es Dunkle Materie In Spektrum der Wissenschaft Nr 10 2002 S 34 Anthony Aguirre Mond ist umstritten aber keineswegs abwegig In Spektrum der Wissenschaft Nr 10 2002 S 39 Mordehai Milgrom MOND vs dark matter in light of historical parallels In Studies in History and Philosophy of Science Part B Studies in History and Philosophy of Modern Physics Band 71 2020 S 170 195 doi 10 1016 j shpsb 2020 02 004 arxiv 1910 04368 Weblinks BearbeitenThe MOND pages Mehr Scheibengalaxien als die Theorie erlaubt Studie der Uni Bonn Beobachtungen stimmen schlecht mit dem Standardmodell der Kosmologie uberein 4 Februar 2022 abgerufen am 5 Februar 2022 Deutschlandfunk 6 Juni 2021 Hubble Konstante Was stimmt nicht mit der Expansion des Universums Deutschlandradio Kultur 8 September 2022 Zweifel an der Dunklen Materie Mussen wir das Universum neu denken Einzelnachweise Bearbeiten Mordehai Milgrom Dynamics with a non standard inertia acceleration relation an alternative to dark matter In Ann Phys 229 1994 S 384 415 doi 10 1006 aphy 1994 1012 arxiv astro ph 9303012 Benoit Famaey Stacy McGaugh Modified Newtonian Dynamics MOND Observational Phenomenology and Relativistic Extensions In Living Reviews in Relativity 15 2012 S 10 doi 10 12942 lrr 2012 10 arxiv 1112 3960v2 Sabine Hossenfelder The superfluid Universe 1 Februar 2016 abgerufen am 2 Februar 2016 Sabine Hossenfelder Superfluid dark matter may provide a more natural way to arrive at the MOND equation Studie sturzt Standardtheorie der Kosmologie in die Krise Pressemitteilung der Univ Bonn 5 Mai 2009 Natalie Wolchover Der Anfang vom Ende dunkler Materie Februar 2017 abgerufen im Februar 2017 Spektrum de Jacob D Bekenstein The modified Newtonian dynamics MOND and its implications for new physics In Contemporary Physics 47 2006 S 387 doi 10 1080 00107510701244055 arxiv astro ph 0701848 Joel R Primack Dark Matter and Galaxy Formation In AIP Conf Proc Band 1192 2009 S 101 137 doi 10 1063 1 3274198 arxiv 0909 2021 Douglas Clowe et al A Direct Empirical Proof of the Existence of Dark Matter In Astrophys J 648 2006 S L109 L113 doi 10 1086 508162 arxiv astro ph 0608407 A Arbey F Mahmoudi Dark matter and the early Universe A review In Progress in Particle and Nuclear Physics Band 119 2021 S 103865 doi 10 1016 j ppnp 2021 103865 arxiv 2104 11488 Modifizierte Theorie der Gravitation Modifizierte Newtonsche Dynamik MOND Tensor Vektor Skalar Gravitationstheorie TeVeS Skalar Tensor Vektor Gravitationstheorie STVG bzw MOG Bi Skalar Tensor Vektor Gravitationstheorie BSTV Nichtsymmetrische Gravitationstheorie NGT Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Modifizierte Newtonsche Dynamik amp oldid 237822779