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Die Leningrader Affare russisch Leningradskoe delo war eine Serie von angeblichen kriminellen Fallen die Ende der 1940er Jahre im Bereich der Leningrader Parteigliederung der KPdSU stattgefunden haben sollen Opfer dieser konstruierten Affare wurden viele Leningrader Funktionare Es waren vor allem Anhanger des Politburomitglieds und Leningrader Parteisekretars Andrei Schdanow der bis zu seinem Tod im Sommer 1948 neben Stalin der machtigste Mann in der Sowjetunion war Das prominenteste Opfer war Nikolai Wosnessenski Mitglied des Politburos der KPdSU und Gosplan Vorsitzender Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrunde 1 1 Chronik 1 2 Fuhrungskampf zwischen Moskau und Leningrad 1 3 Wosnessenski als Opfer 1 4 Der Bericht von Nikolai Punin 2 Literatur 3 FussnotenHintergrunde BearbeitenChronik Bearbeiten Kurz nach dem Tod von Andrei Schdanow im Jahre 1948 dessen Gegner Lawrenti Beria und Georgi Malenkow waren verschwanden 1949 die Schdanow Freunde Wosnessenski der Sekretar des Zentralkomitees fur Angelegenheiten der Staatssicherheit Alexei Kusnezow und der Erste Sekretar der Leningrader Partei Pjotr Popkow sowie andere Funktionare plotzlich ohne jede Erklarung aus dem offentlichen Leben Chruschtschow berichtete 1956 in seiner Geheimrede auf dem XX Parteitag dass sie in die von Stalin und Beria erfundene Leningrader Affare verwickelt gewesen seien Nikita Chruschtschow fuhrte aus Bekanntlich waren Wosnessenski und Kusnezow hervorragende und talentierte Funktionare Zu ihrer Zeit standen sie Stalin nahe Die Beforderung Wosnessenskis und Kusnezows erschreckte Beria Wie heute festgestellt werden kann hat eben Beria gemeinsam mit seinen Untergebenen Materialien in Gestalt von Erklarungen und anonymen Briefen in der Form von verschiedenen Geruchten und Gesprachen konstruiert und Stalin untergeschoben Mitte Februar 1949 schickte Stalin Malenkow nach Leningrad Anlass war der anonyme Brief eines Mitgliedes der Wahlkommission uber Unregelmassigkeiten bei den Wahlen vom Dezember 1948 zum Gebietskomitee der Leningrader Konferenz der KPdSU Malenkow warf bei seinem Auftritt im Sitzungsraum des Leningrader Gebiets und Stadtkomitees der Leningrader Fuhrung zahlreiche Fehler vor So sei eine gesamtrussische All Union Messe zur Verbesserung des Handels im Januar 1948 in Leningrad ohne speziellen Beschluss der Fuhrungsorgane organisiert worden Das sei ein Akt des Widerstandes gegen das Zentralkomitee gewesen Aufgrund von einigen Formulierungen Popkows brachte Malenkow schliesslich seinen Hauptvorwurf vor Versuch der Grundung einer neuen Kommunistischen Partei Russlands Auch ein 1946 eroffnetes Museum der Verteidigung Leningrads fuhrte zu Irritationen hinsichtlich der Verdienste uber die Verteidigung der Stadt Der 1948 herausgegebene Museumsfuhrer wurdigte die Verdienste der wichtigsten Metropole der UdSSR und auch die von Stalin Die Ausstellung wurde aber dem genialen Feldherrn und Generalissimus der wenig Anteil an dem Leningrader Kampf hatte wohl nicht gerecht Malenkow soll Anfang 1949 beim Besuch des Museums laut Augenzeugen gesagt haben Man hat einen Mythos uber das besondere Schicksal Leningrads geschaffen Die Rolle des Grossen Stalin wurde herabgewurdigt Das Museum wurde danach geschlossen und der Museumsfuhrer eingezogen 1 Nach Malenkows Bericht wurde die gesamte Parteifuhrung des Gebietes und der Stadt abgelost Dann folgten die Verhaftungen unter dem Vorwurf der Spionage oder Parteifeindlichkeit Wosnessenski wurde im Marz 1949 aus dem Politburo ausgeschlossen Im September 1950 fand die Verhandlung statt Die Anklageschrift warf Kusnezow Popkow Wosnessenski Kapustin Lasutin Rodionow Turko Sakrschewskaja und Michejew vor im Jahr 1938 eine antisowjetische Gruppe gebildet zu haben Ihr Ziel sei es gewesen einen Kampf gegen die Partei und ihr ZK zu fuhren Unter den Kommunisten der Leningrader Organisation hatten sie deshalb versucht Unzufriedenheit mit den Beschlussen des ZKs der KPdSU zu schuren Dabei hatten sie verleumderische Behauptungen verbreitet verraterische Absichten geaussert und staatliche Mittel verschwendet Aus den Akten des Verfahrens gehe hervor dass alle Angeklagten ihre Schuld vollkommen gestanden hatten Turko erklarte dazu am 29 Januar 1954 sein Gestandnis sei durch regelmassige Prugel sowie durch ihm gegenuber geausserte Drohungen gegen seine Frau und seine Kinder erzwungen worden bis er alles unterschrieb was der Untersuchungsrichter vorschlug Nach dem ersten Prozess fanden weitere Prozesse statt in denen weitere fuhrende Vertreter der Leningrader Parteifuhrung u a Badajew Charitonow Wosnessenskaja verurteilt wurden Weitere Verhaftungen Prozesse und Verurteilungen folgten bis 1952 Wosnessenski Kusnezow Popkow der Vorsitzende des Ministerrats der Russischen SFSR Michail Rodionow Popkows Stellvertreter Jakow Kapustin der Vorsitzende des Leningrader Sowjets Pjotr Lasutin und viele andere hohe Parteifunktionare verloren ihr Leben Um die 2000 fuhrende Leningrader Parteifunktionare verloren ihre Posten und um die 200 Funktionare erlitten Repressionen und kamen in Lager Gulag Fuhrungskampf zwischen Moskau und Leningrad Bearbeiten Zwischen der Moskauer Zentrale der Partei und der Parteigliederung in Leningrad gab es schon in den 1930er Jahren immer wieder unterschwellige Irritationen oder auch Spannungen die wahrscheinlich noch aus den Zeiten der Oktoberrevolution und des Russischen Burgerkrieges stammten bei der Lenin und Trotzki aber weniger Stalin eine bedeutende Rolle spielten Auch die Moskauer Prozesse gegen die in Leningrad beliebten von Stalin hingerichteten Revolutionare Grigori Sinowjew und Lew Kamenew waren nicht vergessen Unklar waren auch die Ereignisse um den Tod des Leningrader Parteichefs Sergei Kirow aus dem Jahr 1934 Geruchte uber eine Beteiligung Stalins kamen auf Die lange Leidenszeit der Leningrader Blockade und der Verteidigung der Stadt im Zweiten Weltkrieg vom Oktober 1941 bis 1943 1944 fuhrten auch zu Irritationen zwischen der Leningrader Fuhrung und der zentralen Macht Der misstrauische Stalin furchtete immer wieder Widerstand aus der Leningrader Parteiebene und Beria schurte dieses Misstrauen Wosnessenski als Opfer Bearbeiten Folgende vermutlich fabrizierten Grunde wurden genannt warum Stalin den exzellenten aber auch elitaren Wosnessenski liquidieren liess Wosnessenski warf man Unregelmassigkeiten bei der Wirtschaftsstatistik durch Gosplan auf Grund von Behauptungen durch Beria und Malenkow vor und Beria berichtete Stalin dass 1941 als Stalin bei Ausbruch des Krieges gegen Deutschland sich in einer tiefgreifenden personlichen Krise befand Wosnessenski den damaligen zweiten Mann in der Partei Wjatscheslaw Molotow ermutigt haben soll Stalin abzulosen Molotow hatte dieses entschieden abgelehnt Erwartungsgemass rachte sich Stalin an Wosnessenski und auch Molotow verlor vorwiegend aus anderen Grunden ab 1949 an Macht und Einfluss Wosnessenski wollte zudem nach dem Krieg Wirtschaftsreformen mit marktwirtschaftlichen Elementen durchsetzen und stellte als Vorsitzender der Plankommission 1948 dazu seine Vorstellungen vor Stalin war jedoch gegen solche Reformen und fur den Erhalt der zentral gelenkten Planwirtschaft Der Bericht von Nikolai Punin Bearbeiten Von dem 1949 ebenfalls gefangen genommenen und in das Arbeitslager Workuta deportierten Leningrader Kunsthistoriker und Schriftsteller Nikolai Punin 1888 1953 stammen Berichte uber seine Zeit im Gulag sowie uber die angebliche Leningrader Affare und die angeblichen antisowjetischen Aktivitaten 2 Literatur BearbeitenSimon Sebag Montefiore Stalin Am Hofe des roten Zaren S Fischer Verlag Frankfurt am Main 2005 ISBN 3 10 050607 3 Michel Tatu Macht und Ohnmacht im Kreml Von Chruschtschow zur kollektiven Fuhrung Ullstein Frankfurt am Main u a 1968 Dimitri Wolkogonow Stalin Triumph und Tragodie Ein politisches Portrat Aus dem Russischen von Vesna Jovanoska 3 Auflage Econ Verlag Dusseldorf 1989 ISBN 3 430 19847 X Carl Gunther Wilhelm Jastram Die Leningrader Affare Ein Beitrag zur Sauberungspraxis in der UdSSR 1949 bis 1953 Dissertation Hamburg 2011 Fussnoten Bearbeiten Jastram Die Leningrader Affare S 54 Sidney Monas Jennifer Greene Krupala Hg The Diaries of Nikolay Punin 1904 1953 University of Texas Press Austin 1999 ISBN 0 292 76589 4 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Leningrader Affare amp oldid 233306153